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Brückenbau

Eine Entdeckungsreise zu meinen Vorfahren Bacciocco, David, Deden, Jansen, Johnen, Lochner und Zurhelle

AutorHermann-Victor Johnen
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl188 Seiten
ISBN9783741219382
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,99 EUR
Eigentlich begann die »Forschungsreise« zu seinen Vorfahren bereits in Kindertagen, als Hermann-Victor Johnen auf dem Sofa seiner Großmutter Jeanne Deden geb. David saß. Zusammen mit ihr hatte der Autor oft stundenlang in den alten Fotoalben der Familie geblättert und sich die Familiengeschichte(n) vergangener Tage erzählen lassen. Die Großmutter war im elterlichen Schloss Moresnet in Belgien aufgewachsen und hatte 1909 seinen Großvater Arnold Deden geheiratet. In späteren Jahren sammelte der Autor dann alles, was mit den Dedens, den Vorfahren seiner Mutter, zusammenhing, die über mehrere Generationen hinweg als Tuchfabrikanten im Aachener Pontviertel aktiv waren. Im Laufe der Generationen heirateten die Geschwister und Nachfahren des Firmengründers in andere Fabrikanten-Familien sowohl aus Deutschland als auch aus Belgien und den Niederlanden ein. Die Vorfahren seines Vaters Walter Johnen stammten ursprünglich aus Lennep, wo sie einen Tuchhandel, eine Spedition sowie eine Gaststätte betrieben. Großvater Hermann Johnen kam um 1900 nach Aachen und arbeitete zunächst als Geschäftsführer der Tuchfabrik Meyer, die er in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts schließlich übernahm, als sein jüdischer Arbeitgeber vor den Nationalsozialisten nach Brasilien floh. Nach jahrelanger Forschungsarbeit gelingt Hermann-Victor Johnen mit diesem Buch der Brückenschlag zwischen der mütterlichen und väterlichen Seite der Familie, zwischen dem »alten« Europa und der »neuen Welt« Amerika, wo er Nachfahren seines Ururgroßvaters Ludwig Johnen ausfindig machen konnte.

Hermann-Victor Johnen wurde 1955 in Aachen-Laurensberg geboren und ist seiner Heimat bis heute eng verbunden, auch wenn er derzeit entweder an der berühmten Brücke in Remagen lebt oder an der »Golden Gate Bridge« in San Francisco.

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Leseprobe

Lieselotte Johnen geb. Quade Prött


Ein Sohn von Louis I und Henrietta Johnen geb. Wilms hieß Louis Gustave Johnen, der am 7. Dezember 1869 in Cincinnati/ Ohio zur Welt kam.

Louis Gustave Johnen, im Folgenden Louis Johnen II genannt, gehörte eine Gaststätte in Cincinnati, die sich wahrscheinlich in der Main Street 1019 befand und die er vermutlich zusammen mit seiner Mutter Henrietta führte. Außerdem könnte seine Schwester Augusta dort als Kellnerin gearbeitet haben.

Etwa 1890 heiratete Louis Johnen II die aus Cincinnati stammende Barbara Stenger (1871-1944). Ein Kind des Ehepaars kam tot zur Welt, ein anderes starb bereits im Kindesalter. Die Namen und Daten dieser Kinder sind nicht überliefert. Genaueres wissen wir nur über den Sohn von Louis II und Barbara Johnen: Er hieß Louis John Johnen (von mir Louis III genannt) und kam am 21. September 1898 in Cincinnati zur Welt. Als junger Mann war es sein größter Wunsch, Musik zu studieren, doch seine Eltern erlaubten dies nicht. Sie wollten, dass er nach seinem kurzen Dienst in der Armee etwas Anständiges lernte, womit er später auch seinen Lebensunterhalt bestreiten könnte. Louis Johnen III beugte sich zunächst dem Willen seiner Eltern und begann ein Chemiestudium, das er auch abschloss.

Aber er arbeitete nicht einen einzigen Tag in diesem Bereich, sondern machte sich sofort nach seinem Studium auf den Weg nach Deutschland, um seinen Traum vom Musikstudium doch noch zu verwirklichen. 1928 kam er in Berlin an und lernte hier auch seine zukünftige Frau Lieselotte Quade Prött kennen. 1932 kehrte er in die Vereinigten Staaten zurück, Lieselotte folgte ihm kurze Zeit später.

Die beiden lebten nach ihrer Heirat in Cincinnati, wo Louis Johnen III in den dreißiger Jahren als Opernsänger arbeitete. Außerdem leitete er verschiedene Chöre, gab Musikunterricht und war seit den vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts auch als Musikkritiker für die »Cincinnati Post« und die »Cincinnati Times« tätig. Louis III und Lieselotte Johnen hatten zwei Kinder, Louis Eric (* 17.11.1934) und Barbara Phyllis (* 30. Mai 1939). Vor Barbara war noch ein weiteres Kind zur Welt gekommen, das allerdings kurz nach der Geburt verstarb.

Louis Eric Johnen starb bereits am 16. März 1962 an den Folgen einer plötzlich auftretenden Gehirnblutung. Er hinterließ seine Frau Paulette (Polly) sowie seinen erst zehn Wochen alten Sohn Louis Eric junior. Polly heiratete 1963 Billy Randall und zog nach San Marino in Kalifornien. Dort kam auch der gemeinsame Sohn Robert zur Welt. Der kleine Louis Eric Johnen bekam den Nachnamen seines Stiefvaters und hieß nun Louis Eric Randall. Heute lebt er mit seiner Frau Catherine in Turlock (Kalifornien), wo wir uns schon einige Male getroffen haben.

Barbara Phyllis Johnen heiratete 1961 C. David Beato. Die beiden leben heute nicht mehr Cincinnati, sondern in Denver/Colorado, und haben zwei Söhne: Brian David (* 1964) und Kevin Eric (* 1967). Brian ist Doktor der Chemie und lebt in Lafayatte/Indiana, sein Bruder Kevin wurde Hausarzt in Golden/ Colorado. Beide Brüder sind verheiratet. Kevin und seine Frau Laura, die inzwischen auch Kinder haben, wohnen keine 400 Meter von dem Buffalo-Bill-Grab entfernt, das ich, wie ich im nächsten Teil noch ausführlicher beschreiben werde, schon einmal besucht hatte, ohne zu wissen, dass es amerikanische Verwandte gab, die ganz in der Nähe lebten ...

Mit Kevin Eric und Laura in Golden/Colorado

Lieselotte Johnen überlebte ihren Mann Louis Johnen III um mehr als vierzig Jahre. Als sie am 11. September 2001 ihren Geburtstag feiern wollte und die Gäste gerade eingetroffen waren, flogen die beiden Flugzeuge in das »World Trade Center« – zu feiern gab es an diesem Tag dann nichts mehr. Im biblischen Alter von fast 100 Jahren verstarb Lieselotte am 23. September 2003.

Lieselotte Johnen (im Sessel), links hinter ihr Schwiegersohn David Beato, ganz rechts ihre Tochter Barbara Beato geb. Johnen

Der leibliche Vater von Lieselotte war Georg Viktor Schramm gewesen. Offensichtlich hatte er Gertrud Quade, ihre Mutter, verlassen und konnte auch später nie mehr ausfindig gemacht werden. Da die Mutter allein für den Lebensunterhalt sorgen musste, wurde Lieselotte von verschiedenen Verwandten aufgezogen. Sie war zehn Jahre alt und lebte bei ihrer Tante Betty in Köln, als ihre Mutter Paul Prött heiratete. Er wurde ein guter Vater für sie.

Entweder kurz vor oder kurz nach dem Tod der Mutter, die bereits im Alter von 40 Jahren starb, zog der Stiefvater mit ihr nach Berlin, wo er eine Pension betrieb. Hier lernte Lieselotte 1928 auch ihren zukünftigen Mann Louis Johnen III kennen. Bevor er im Juni 1931 nach Amerika zurückkehrte, machte er Lieselotte einen Heiratsantrag. Doch sie zögerte zunächst und gab erst im Dezember 1931 ihre Zustimmung. Im Mai 1932 folgte sie Louis III dann in die Vereinigten Staaten und heiratete ihn am Tag ihrer Ankunft.

Ich lernte Lieselotte Johnen, wie bereits beschrieben, 1997 in Cincinnati kennen. Zu diesem Zeitpunkt war sie bereits 93 Jahre alt. Sie faszinierte mich sehr, da ihr Leben sich fast über ein gesamtes Jahrhundert erstreckte und sie noch gute Erinnerungen an das kaiserliche Deutschland hatte.

Aus diesem Grund führte ich 1999 ein Interview mit ihr, um mehr über ihr Leben zu erfahren. Obwohl sie damals schon fast siebzig Jahre in den USA lebte, beherrschte sie die deutsche Sprache noch perfekt und ich konnte das Interview auf Deutsch führen:

»Meine Erinnerungen an den letzten deutschen Kaiser Wilhelm II. sind Folgende: Immer, wenn die Leute ihn sahen, dann riefen sie: » Tatütata, da kommt er an.« In Köln erlebte ich einmal die Ankunft des Kaisers in der Stadt. Ich war zehn Jahre alt, als Wilhelm II. den Ersten Weltkrieg erklärte.

Ich kam in Marburg an der Lahn zur Welt, eine kleine Universitätsstadt. Dort gibt es ein Schloss, und ich wurde in einem Nebengebäude dieses Schlosses geboren. Meine Mutter und ich zogen zu meiner Großmutter, später zogen wir nach Berlin. Dann fuhr ich das erste Mal nach Köln, da unsere Verwandten Spieckermanns dort lebten. Ich war 15 Jahre alt und ging noch zur Schule.

Diese Einladung, die ihr Stiefvater Paul Prött gemalt hatte, schenkte mir Lieselotte Johnen

Meine Mutter war sehr, sehr krank. Drei Jahre kümmerte ich mich um sie und half meinem Vater in seinem kleinen Betrieb. Mein Cousin brachte mich dorthin, nach dem Ersten Weltkrieg, das war in der Weißenburger Straße in Köln. Sie haben nach dem Krieg alles wieder aufgebaut, viel schöner, als es vorher war. In der Weißenburger Straße lebten wir im fünften Stock. Ich musste die schmutzige Wäsche in den Keller tragen und nach dem Waschen wieder hoch in den Dachboden, wo sie aufgehängt wurde. Das war sehr anstrengend.

Die Kohlen wurden von einem Mädchen in die Wohnung getragen, die für meine Tante arbeitete. Spieckermanns waren Verwandte von uns, sie war eine Schwester meiner Mutter. Sie hatten fünf Kinder, von denen nur noch zwei am Leben sind – Rosemarie und Helga. Ich telefoniere regelmäßig mit ihnen. Sie leben in Oering, Helga lebt in Waldenburg, eine kleine Stadt in den Bergen.

Meine Schulzeit verbrachte ich überwiegend in Köln, nur zwei Jahre ging ich in Berlin zur Schule. Eine andere Schwester meiner Mutter führte eine Privatschule in Berlin, die ich besuchte. In Köln gefiel es mir sehr gut.

Dann starb meine Mutter an Leukämie. Da mein Vater als Künstler bessere Kontakte in Berlin hatte, zogen wir nach Mutters Tod dorthin. Vier Jahre lang lebten wir mit meinem Onkel in seinem 15-Zimmer-Appartement in Berlin-Schöneberg. Mit meinen 21 Jahren übernahm ich den Haushalt. Dann kaufte mein Onkel uns ein Appartement, und so zogen wir schließlich in unser eigenes kleines Appartement ein – mein Vater und ich. Ich mochte Berlin nicht besonders, denn ich war mehr oder weniger allein und ohne Kontakte und ich war noch immer sehr jung. Ich konnte kaum allein in die Stadt gehen. Mein Onkel war der Präsident einer Bank. Einmal musste ich auf ihn warten, weil wir zusammen zu Mittag essen wollten. Ich verließ die U-Bahn-Station und wartete nur eine kurze Zeit dort, als schon eine Prostituierte auf mich zukam und schrie: »Geh weg, das hier ist mein Bereich!« Das war sehr, sehr schlimm für mich.

Mein Studium nahm ich nicht sehr ernst. Ich hatte eine gute Stimme und konnte gut singen, aber ich arbeitete nicht hart. Mit einer meiner Tanten studierte ich Klavier und machte Musik. Ich machte von allem ein bisschen.

Nachdem ich in Cincinnati angekommen war, begann ich in einem Chor zu singen – dort lernte ich mehr als zuvor in Deutschland. In Berlin hatte ich mehrere Jahre studiert. Mein Mann studierte bei demselben Professor wie ich. Er bezahlte 50 Dollar pro Stunde und nahm vier Stunden pro Woche. Ich bezahlte nichts, weil meine Tante für diesen Professor spielte, aber das reichte nur für eine Stunde pro Monat. Der reiche Amerikaner, der eigentlich nicht reich war, lebte ausschließlich von geliehenem Geld.

Mein Mann wollte mich am liebsten schon in Berlin heiraten, doch das wollte ich nicht. Schließlich hatte ich nicht...

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