Unter diesem Punkt wird im Folgenden die Wahl der Methoden vorgestellt. Im Anschluss daran werden die verwendete Forschungsmethode sowie die verwendete Auswertungsmethode in Kürze dargestellt.
Es wurde überlegt, durch welche Methode man den größtmöglichen Einblick in das Verhalten von pädagogischen Fachkräften in der Praxis erlangen könnte. Dadurch fiel die Wahl auf ein qualitatives methodisches Verfahren, da sich hier zentral am Forschungsobjekt orientiert wird. Es war wichtig, dass das Handeln des pädagogischen Fachpersonals so unverfälscht und realitätsnah wie möglich sein sollte, um einen Eindruck bekommen zu können, wie sich ErzieherInnen und PädagogInnen in ihrem Alltag verhalten. Die optimale Untersuchungsstrategie stellte in diesem Fall zunächst eine verdeckte Videoaufzeichnung dar. Dadurch, dass sich die Akteure nicht beobachtet fühlen, agieren sie in ihren gewohnten, alltäglichen Verhaltensmustern. Außerdem stellt eine Videoaufzeichnung eine zuverlässige und detaillierte Beobachtungsbasis dar. Neben der Tatsache, dass es a) an dem nötigen Kameraequipment fehlte und b) es nicht möglich gewesen ist, mehrere verdeckte Kameras in dem Gruppenraum der ausgewählten Kindertagesstätte zu positionieren, ist auch der forschungsethische Aspekt bedeutend, dass es moralisch nicht unbedingt vertretbar ist, Personen in ihrem Verhalten zu beobachten und dieses aufzuzeichnen, ohne dass sie davon wissen. Außerdem dürfen erhobene Daten auch nur mit Zustimmung der beteiligten Personen weiter verwendet werden. Aufgrund dieser zahlreichen Probleme ist die Wahl auf die teilnehmende Beobachtung gefallen. Auch hier wurde eine verdeckte Beobachtung favorisiert, jedoch konnte dies aufgrund der Räumlichkeiten innerhalb der Kindertagesstätte nicht umgesetzt werden. Daher wurde entschieden, dem pädagogischen Fachpersonal zwar mitzuteilen, dass es sich um eine Beobachtungsuntersuchung handelt, ihm jedoch nicht zu erzählen, auf welche Aspekte genau Wert gelegt wird. Diese Strategie sollte dazu dienen, das Verhalten der Akteure so wenig wie möglich zu verfälschen. Da durch die Beobachtung hauptsächlich Verhaltensmuster des pädagogischen Fachpersonals untersucht und analysiert werden sollten, wurde die dokumentarische Methode zur Auswertung der beobachteten Interaktionen als am geeignetsten empfunden. Durch die dokumentarische Methode werden Verhaltensmerkmale untersucht, verglichen und anschließend zu einem übergeordneten Verhaltenshabitus zusammengefasst, was zielführend für die Kernfrage der Arbeit ist.
Will man sich der Begriffsdefinition der Teilnehmenden Beobachtung annähern, müssen zunächst die übergeordneten Forschungsmethoden und –bereiche erläutert werden. Ethnologie bedeutet zu Deutsch „Völkerkunde“ und beschäftigt sich mit dem Erforschen und Vergleichen von Völkern, Kulturen und Gruppen. Eine Methode zur Generierung dessen stellt die Ethnographie als Forschungsstrategie bzw. Methodik dar: "Genauer handelt es sich um eine sozialwissenschaftliche Forschungsstrategie, bei der mehr oder weniger unbekannte ethnische Gruppen, Gemeinschaften oder andere soziale Einheiten und deren Handlungsweisen, Wissensformen und materiale Kulturen untersucht werden" (Knoblauch, 2014, S. 521). Das gezielte Untersuchen und Erforschen von bestimmten Gruppen oder Kulturen wird auch als Feldforschung bezeichnet. In diesem Fall wird von der pädagogischen Ethnographie gesprochen, weil sich die Untersuchung konkret auf ein pädagogisches Handlungsfeld bezieht. Genauer bedeutet das, dass ein Ethnograph eine ihm unbekannte Lebenswelt besucht und versucht, unter anderem die Handlungspraxen und Rahmenbedingungen des Handlungsfeldes zu dokumentieren, um sie später zu analysieren und zu verstehen (Zinnecker, 2000, S. 383–384). Dies erreicht er durch verschiedene Methoden, wie zum Beispiel unter anderem durch Interviews, audiovisuelle Aufzeichnungen, Fotografien und teilnehmende Beobachtungen (Knoblauch, 2014, S. 521). Der Ursprung der Teilnehmenden Beobachtung liegt sowohl in der Ethnologie, als auch in den Bewegungen der Sozialreform zwischen dem Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts (Lüders, 2008, S. 385). Die Methode zeichnet sich dadurch aus, dass sie „methodenfeindlich“ ist, das heißt, dass es keine genauen Rahmenbedingungen oder einen einzigen optimalen Weg gibt, teilnehmend zu beobachten. Die Forschungspraxis hängt dabei nämlich von vielen Variablen ab, welche die Persönlichkeit des Forschers, die Beschaffenheit des Feldes und die Interaktion des Forschers mit dem Feld betreffen (Bachmann, 2009, S. 250). Diese Elemente sind stets bei jeder Forschung so unterschiedlich, dass keine „Universalrichtlinien“ für die Methode Teilnehmende Beobachtung geltend gemacht werden können. Man unterscheidet zwischen einer offenen und verdeckten Beobachtung im Feld. Bei einem offenen Vorgehen ist das Feld über das Vorhaben informiert, während man bei der verdeckten Beobachtung versteckt agiert, um das Feld in seinen Handlungen nicht zu beeinflussen (Bachmann, 2009, S. 252). Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei der durchzuführenden Untersuchung um eine offene Beobachtung, da die Einwilligung bezüglich der Weiterverarbeitung der Daten von den Akteuren eingeholt werden musste. Nichts desto trotz werden die Akteure bezüglich des Forschungsinteresses nicht informiert, um so ihr Verhalten so wenig wie möglich zu beeinflussen. Außerdem ist der Beobachter während des ganzen Beobachtungszeitraumes für das pädagogische Fachpersonal präsent, jedoch nicht interagierend, sondern nur distanziert beobachtend. Um die beobachteten Szenarien, Situationen, Interaktionen, Dialoge etc. zu dokumentieren, werden Feldnotizen angefertigt. Dabei unterscheidet man zwischen der Niederschrift und der Abschrift. Bei der Niederschrift werden Notizen, meist in Form von Stichpunkten angefertigt. Die Abschrift schließt sich an die Niederschrift an, dabei werden die Notizen und Stichpunkte ausgeführt, detailliert und ergänzt (Senganata Münst, 2010, S. 382). In diesem Fall werden die Feldnotizen auf DIN- A3 Karteikarten niedergeschrieben. Anschließend werden die Notizen in einen eigens erstellten Beobachtungsbogen übertragen und zur weiteren Verarbeitung detailliert ausformuliert.
Aufgrund der eher vage festgelegten Rahmenbedingungen der Methode, sind der Teilnehmenden Beobachtung auch einige Nachteile zuzusprechen. Generell ist es schwer, die Beobachtungen ganz objektiv darzustellen. Man selbst nimmt in der Beobachterposition bestimmte Handlungen und Situationen anders wahr als beispielsweise ein Anderer. Auch wird man, je nach dem Grad der Teilnahme des Beobachters, die Eindrücke anders bewerten und somit auch niederschreiben und ausarbeiten. Daher sollte auch mit Generalisierungen vorsichtig umgegangen werden. Je mehr man in dem Feld aktiv eingebunden ist, desto befangener wird man in Bezug auf die Datenerhebung (Bachmann, 2009, S. 267). Daher ist es in diesem Fall angebracht, eine möglichst große Distanz zu dem Feld mitsamt seinen Akteuren zu wahren. Trotz der Nachteile, die die Teilnehmende Beobachtung hat, darf eines nicht vergessen werden:
Sie ist wie keine andere Methode dazu geeignet, etwas zu entdecken, das man vorher nicht gewusst hat (…). (…) [Sie kann] besonders dichte, kontextuell eingebettete, widersprüchliche und ambivalente Daten sowohl über außergewöhnliche Ereignisse als auch über alltägliche Routinen generieren. Dabei baut sie Komplexität eher auf als ab – insbesondere dann, wenn Sachverhalte erforscht werden, die die Erforschten selbst wenig oder gar nicht in versprachlichtem Wissen abgelagert präsent haben oder die den Erforschten selbst als nicht wichtig genug erscheinen (Bachmann, 2009, S. 267).
Um die Beobachtungsprotokolle der teilnehmenden Beobachtung bestmöglich auswerten zu können, schien die dokumentarische Methode nach Bohnsack (2001) am geeignetsten.[2] Bezeichnend für diese Methode ist die komparative Sequenzanalyse. Dies meint, dass die Auswertung der Beobachtungsprotokolle durch ständiges Vergleichen von einzelnen Situationen/Sequenzen/ Äußerungen stattfindet. Ziel ist es, so einen übergreifenden Orientierungsrahmen zu finden (Bohnsack, Nentwig-Gesemann & Nohl, 2013, S. 16). Geht man davon aus, dass jede Handlung und jede Äußerung einen Sinn hat, so fragt man nach Mannheim (2003) nicht nur nach dem „Was“ (also was getan/gesagt wurde und aus welchem Grund), sondern auch nach dem „Wie“ (wie etwas getan/gesagt wurde und was es über denjenigen dokumentieren lässt): "In einem praxeologischen Verständnis ist die Frage nach dem Sinn einer Handlung oder Äußerung diejenige nach der Struktur, nach dem generativen Muster oder der generativen Formel, dem Modus Operandi des handlungspraktischen Herstellungsprozesses“ (Bohnsack, 2013, S. 248). Dabei spricht man auch von Beobachtung erster Ordnung (dem wörtlichen Sinngehalt, die Frage nach dem „Was“) und der Beobachtung zweiter Ordnung (dem metaphorischen und dokumentarischem Sinngehalt, die Frage nach dem „Wie“) (Bohnsack et al., 2013, S. 15–16). Vergleicht man in dieser Hinsicht also mehrere Interaktionen, Handlungen oder Äußerungen miteinander, so lassen sich bestimmte Muster...