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E-Book

Christliche Soziale Arbeit

Menschenbild, Spiritualität, Methoden

AutorRoland Mahler
VerlagKohlhammer Verlag
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl242 Seiten
ISBN9783170333758
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis20,99 EUR
Christliche Soziale Arbeit, wie sie seit den Anfängen des Christentums praktiziert wird, umfasst eine Vielfalt von Formen kirchlicher bzw. kirchennaher Dienstleistungen. Für Personen in der Ausbildung für gegenwärtige Berufe in diesen Arbeitsfeldern präsentiert dieser Band eine wissenschaftlich-theoretische Selbstbestimmung, sowohl im Rahmen der Professionalisierungsdebatte in der Sozialen Arbeit als auch auf der Ebene von Konzept- und Methodenfragen. Auf anthropologischer, philosophischer und theologischer Ebene geht es im Kern um den Menschen als soziales Wesen, der als Geschöpf stets mit Möglichkeiten und Grenzen konfrontiert ist, aber auch als verantwortliches Wesen handelt und dabei u. U. professionelle und institutionalisierte Unterstützung benötigt, die er auch im Rahmen christlicher Sozialer Arbeit erfährt. Deren Handeln zu reflektieren und systematisieren sowie als ein theoretisches, methodisches und praktischen Ganzes zu bestimmen ist das Bestreben des vorliegenden Bandes.

Dr. Roland Mahler war Leiter des Instituts für christliche Psychologie, Therapie und Pädagogik, das eine Höhere Fachschule für Sozialpädagogik in Wisen, Kanton Solothurn betreibt.

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Leseprobe

Lyotard, Jean-François (2012): Das postmoderne Wissen, 7. unv. Aufl. Wien (franz. Originalausgabe von 1979)

Mahler, Roland (2012b): Authentisch leben. Christliche Integrität und Glaubwürdigkeit als Herzensbildung, Berlin

May, Michael (2008): Aktuelle Theoriediskurse Sozialer Arbeit, Wiesbaden

Moltmann, Jürgen (1966): Theologie der Hoffnung. Untersuchung zur Begründung und zu den Konsequenzen einer christlichen Eschatologie, 6. durchges. Aufl. München

Philippi, Paul (1963): Christozentrische Diakonie. Ein theologischer Entwurf, Stuttgart

Ruppert, Lothar (1996): Zur Anthropologie der biblischen Urgeschichte, insbesondere Gen 1–3, in: Catholica 50 (1996)

Rüegger, Heinz/Sigrist, Christoph (2011): Diakonie – Eine Einführung. Zur theologischen Grundlegung helfenden Handelns, Zürich

Schilling, Johannes/Klus, Sebastian (2015): Soziale Arbeit, Geschichte, Theorie, Profession, 6. Aufl. Basel/Wien/München

Scholem, Gershom (2000): Die jüdische Mystik in ihren Hauptströmungen, Frankfurt a. M.

Strohm, Theodor (2008): Diakonie – biblisch-theologische Grundlagen und Orientierungen. Problemhorizonte, in: Herrmann, V./Horstmann, M. (Hg), Studienbuch Diakonik Bd 1, Neukirchen

Theißen, Gerd (2008): Kulturanthropologische Exegese, EvTh 68 (2008)

Wagner, Jochen (2011): Die Anfänge des Amtes in der Kirche. Presbyter und Episkopen in der frühen Kirche, Tübingen

Wendland, Heinz-Dietrich (1962): Christos Diakonos, Christos Doulos. Zur theologischen Begründung der Diakonie, in: Herrmann, V./Horstmann, M. (Hg), Studienbuch Diakonik Bd 1, Neukirchen 2008

Wolff, Hans-Walter (1973): Anthropologie des Alten Testaments, München

1.2.  Der helfende Mensch – Christliche Soziale Arbeit zwischen Job und ­Berufung


In diesem Abschnitt geht es um den helfenden Mensch im Auftrag Gottes, um entsprechende biblische Bezüge und Referenzen dieses Auftrags, um das Wahrnehmen der eigenen Berufung und um die Herausforderung, ihr zu folgen, sowie um die Frage nach Berufung und Professionalität.

Christliche Soziale Arbeit versteht sich als Aufgabe, die mit einer göttlichen Beauftragung verbunden ist. Damit ist eine komplexe subjektive Betroffenheit angesprochen, die im Folgenden erörtert werden soll.

Daher ist das Folgende auch geeignet, zu einer persönlichen Auseinandersetzung mit dem beruflichen Engagement in der Sozialen Arbeit anzuregen.

1.2.1.  Der Auftrag

Das Verständnis des geschichtlichen diakonischen Auftrags im Zeichen der Nächstenliebe soll in diesem Abschnitt ebenso geklärt werden wie die Aspekte der persönlichen Motivation und Entwicklung bzw. Veränderung der sozial Arbeitenden.

Der göttliche Auftrag zur Hilfe an den Notleidenden ist eine in der christlichen Tradition tief verankerte Wirklichkeit, die sich auf vielfältige Art und Weise artikuliert und ihre kulturellen Spuren hinterlassen hat. Dabei sind mit dieser Tradition verschiedene Elemente christlicher Frömmigkeit und christlicher Theologie verbunden. Schon im Judentum greifbar ist der Gedanke des »Guten Werkes«, des menschlichen Altruismus im Dienste des göttlichen Wohlgefallens und der damit verbundenen letztlichen Anerkennung und Belohnung. Daran orientiert sich eine entsprechend geprägte gesellschaftliche Moral, welche den Altruismus als Ideal des menschlichen sozialen Handelns proklamiert. Damit ist selbstverständlich noch lange keine professionelle Handlungsweise intendiert, sondern die allgemeine zwischenmenschliche Hilfeleistung im Alltag. Individuen, die anderen helfen und sie unterstützen, werden in allen großen Kulturen und von allen Weltreligionen idealisiert (Weber, 1998). Die darüberhinausgehende Askese, der Verzicht auf die Güter dieser Welt im Zeichen der Hinwendung zu einer geistigen Welt der Erlösung und Überwindung, war und ist (im Buddhismus etwa genauso wie im Christentum) eher als eine professionelle Überhöhung des für alle Menschen gültigen Aufrufes zu Rücksicht und Mitleid zu verstehen. Natürlich kennt die Religionsgeschichte nicht nur ordinierte Vertreter radikaler Nächstenliebe, sondern auch Laienbewegungen, welche sich der Askese verschrieben haben und hatten (beispielsweise die christlichen Begarden-/Beginen-Gemeinschaften des Mittelalters oder der frühe von Spener inspirierte Pietismus des 17. Jahrhunderts). Freilich sind dies historisch gesehen eher Ausnahmen ‒ vor allem auch, was die soziale Ausrichtung des asketischen Lebensstils betrifft.

Helfen als Hilfsbereitschaft gehört diesseits von jeglicher Professionalität zur Haltung eines Christenmenschen ebenso wie zu derjenigen heutiger humanistisch gesinnter Atheisten. Der Auftrag, sich um die Benachteiligten und Notleidenden zu kümmern, wird in einer postsäkularen Gesellschaft als moralischer Standard akzeptiert und meritiert (belohnt) ‒ wie die medial großangelegten jährlich wiederholten Spendenrallys zeigen (Lotz, 2014). Der helfende Mensch – oft auch im Erweis von Zivilcourage – ist der »gute« Mensch, dem zurecht auch gesellschaftliche Anerkennung zukommt.

Der professionelle Auftrag der christlichen Sozialen Arbeit kann durchaus als eine postsäkulare Weiterentwicklung des initialen jüdisch-christlichen Gebots der Fürsorge (vgl. etwa Ps 112) im Zeichen der Nächstenliebe interpretiert werden. Die Professionalisierung des Auftrags entspricht in gewisser Weise (darauf verweist die Begriffsgeschichte des Terminus »Profession«) der Ordnung der traditionellen kirchlichen Mission der Barmherzigkeit (wie sie sich bis heute noch in den Regeln der katholischen und evangelischen Diakoniegemeinschaften ausdrückt). Die vor Gott dem »ordo« geleistete »professio«7, das Bekenntnis zu den überkommenen Regeln des Lebens und Handelns, liegt jeder Professionalität zugrunde und bindet sie an einen eigentlichen gesellschaftlichen Stand – auch wenn dies heute meist nur noch in mehr oder weniger verbindlichen Formulierungen berufsethischer Kodizes zum Ausdruck kommt. Für die christliche Soziale Arbeit bedeutet dies, dass sich die Fachperson als Beauftragte einer sinnhaften und von Gott gewollten Ordnung des Lebens empfindet, die es zwar jeweils situativ zu aktualisieren und zu verifizieren gilt, der sie aber – wie auch immer – ihr Bekenntnis schuldet. In diesem Sinne ist sie eine Fachperson, die sich damit selbstredend auch zu einer kompetenzgestützten und systematisch zu reflektierenden Handlungsweise verpflichtet sieht.

Die begriffliche Ableitung des Terminus »Profession« verweist auf dessen Herkunft aus dem mittelalterlichen Ordenswesen.

Dabei geht es um das Bekenntnis zu einer Ordnung und Regel des Lebens.

Daran erinnern indirekt heutige Berufs- und Standesregeln.

Eng mit der asketischen Akzentuierung der christlichen sozialen Hilfeleistung verbunden ist der Aspekt der persönlichen »Heiligung«. Diese vom frühen Pietismus (Spener/Francke 1697) betonte Wirklichkeit des christlichen »Dienens« im Zeichen der Hilfe an Notleidenden meint die besondere »Gnade«, welche demjenigen zuteilwird, der sich für das Wohlergehen des Mitmenschen einsetzt. Diese Gnade beinhaltet die Förderung des christlichen Wesens, die Ausgestaltung der Christusähnlichkeit. War diese »imitatio christi« (Nachahmung Christi) im 15. Jahrhundert noch definitiv dem ordinierten Stand (vorab dem Mönchtum) vorbehalten (vgl. Thomas v. Kempen um 1418), wird sie nun, im 17. Jahrhundert, als Anspruch an die Gläubigen der Kirche formuliert (Spener 1676). Das Ziel dieser Heiligung ist nichts weniger als die Überwindung der zerbrochenen Natur des Menschen in der Sichtbarwerdung seiner Gottebenbildlichkeit. Solches geschieht in und durch Gemeinschaft, in welcher die Liebe den Menschen zum Nächsten seines Mitmenschen macht. So will der Pietismus den Glaubenden zunächst unter die wortbestimmte Gemeinschaft der Predigt und des Bibelstudiums bringen, um ihn so in die Gemeinschaft mit den Menschen zu schicken. Immerhin löste dieses Konzept eine der wirksamsten und weitreichendsten sozialen Aufbrüche der frühen Neuzeit aus. Seine Spuren sind bis heute erkennbar (Erweckungsbewegung, Diakonenhäuser, Heilsarmee etc.).

Im frühen Pietismus war das soziale Engagement mit dem Begriff der persönlichen »Heiligung« verbunden.

Ähnliche Bezüge finden sich schon früher in der christlichen Tradition unter dem Begriff der »imitatio«, der Nachahmung Christi.

Dabei geht es um die Veränderung und um die Persönlichkeitsentwicklung der sozial Arbeitenden.

Die Veränderung des sozial Arbeitenden im Sinne der Persönlichkeitsentwicklung bildet auch ein zentrales Postulat der christlichen Sozialen Arbeit. Ihr Auftrag hat gleichsam eine Innenseite, welche den Hilfeleistenden qua Person, d. h. als Individuum mit eigener Geschichte, zur Sprache bringt. Dass dieser Prozess der Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte freilich nicht ausschließlich in der und durch die christliche Gemeinschaft bzw. Gemeinde geschehen kann, ist in unserer Zeit offensichtlich. Vielmehr bedarf es dazu eigener professionell konzipierter Gefäße und Einrichtungen, welche die sozialen Fachpersonen begleiten, beraten, unterstützen und wenn nötig korrigieren. Verschiedene bewährte Konzepte wie Supervision und Intervision, aber auch fachspezifische Weiterbildungen und sorgsam reflektierte Selbsterfahrung können dazu von Nutzen sein. Grundsätzlich ist nicht alles, was die christliche Soziale Arbeit bzw. die damit verbundenen Prozesse der Hilfeleistung, der Pädagogik, der Beratung und unterstützenden Begleitung beinhalten zur sog....

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