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E-Book

Corporate Social Responsibility auf dem Finanzmarkt

Nachhaltiges Investment - politische Strategien - ethische Grundlagen

VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl238 Seiten
ISBN9783531917924
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis40,00 EUR
Finanzmärkte stellen in erster Linie Märkte zur Geldbeschaffung dar, auf denen Nachhaltigkeit kaum eine Rolle zu spielen scheint. Trotzdem reagieren Finanzmärkte auch auf Forderungen nach mehr gesellschaftlicher Verantwortung von Unternehmen. Welche Rolle spielen dabei soziale Gerechtigkeit und Umweltschutz wirklich? Antworten geben in diesem Sammelband ganz unterschiedliche Akteure und Beobachter des Finanzmarkts: Experten aus Banken und Ratingagenturen, Wirtschaftswissenschaftler, Vertreter der Politik und der Zivilgesellschaft. Sie diskutieren, welcher Anreize oder auch politischer Rahmenbedingungen dieser Markt bedarf, um auch im globalen Maßstab zum Wohl von Mensch und Umwelt ausgerichtet zu sein. Und sie erkunden, wie die Investoren selbst Unternehmensentscheidungen hin zu mehr Nachhaltigkeit zu befördern können.

Die Volkswirtin und Theologin Gotlind Ulshöfer arbeitet als Studienleiterin mit dem Schwerpunkt Wirtschaftsethik und -politik an der Evangelischen Akademie Arnoldshain und lehrt an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main.
Die Journalistin und Theologin Gesine Bonnet arbeitet für Unternehmen und Nonprofit-Organisationen und betreut Veröffentlichungen vor allem in den Bereichen Umwelt, Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung.



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Leseprobe
Welche Strategien können zivilgesellschaftliche Akteure ergreifen, damit Geldanlagen eine nachhaltige Entwicklung befördern? (S. 126-127)

Welche Strategien können zivilgesellschaftliche Akteure ergreifen

Antje Schneeweiß

1 Nichtregierungsorganisationen und nachhaltige Geldanlagen – eine Erfolgsgeschichte

Ohne Nichtregierungsorganisationen (NRO) gäbe es nachhaltige Geldanlagen in der heutigen Form nicht. Erst indem NRO die Verbindung von Banken mit dem südafrikanischen Apartheidsregime aufdeckten oder die Unverantwortlichkeit von Pharma- und Chemieunternehmen wie Roche (Dioxin-Katastrophe in Seveso 1976) und Sandoz (Verseuchung des Rheins nach einem Großbrand 1986 in Basel) anprangerten, wurden Anleger des europäischen Festlands darauf aufmerksam, dass mit ihrer Geldanlage ethische Dimensionen verbunden sind. Vor allem vermögende Familien und Kirchen reagierten schnell auf diese Erkenntnis.

Die seit Jahren hohen Wachstumsraten nachhaltiger Geldanlagen können NRO durchaus auch als ihren Erfolg verbuchen. So stieg das Volumen der Publikumsfonds im deutschsprachigen Raum von 1,46 Milliarden im Jahr 2000 auf über 34 Milliarden 2008 an. Trotz dieser Erfolgsgeschichte haben Nichtregierungsorganisationen ein zwiespältiges Verhältnis zu nachhaltigen Geldanlagen. Für lediglich bei zwei von insgesamt 170 Nachhaltigkeitsfonds auf dem deutschen Finanzmarkt übernehmen NRO die Auswahl der zu berücksichtigenden Unternehmen. Erstaunlicherweise haben gerade diese beiden Fonds (Green Effects und Ökovision) über Jahre hinweg eine überdurchschnittliche Performance aufgewiesen.

Ansonsten ist das Verhältnis eher distanziert und misstrauisch. Angesichts der Portfoliolisten vieler Nachhaltigkeitsfonds, in denen inzwischen so gut wie alle Großunternehmen von Coca-Cola über Bayer bis hin zur Deutschen Bank und RWE vertreten sind, hält sich der Applaus in Grenzen – haben doch die NRO gegen dieselben Unternehmen in der Vergangenheit und teilweise bis heute Kampagnen organisiert. Genauso wenig gibt es allerdings bis heute Kampagnen, die sich gegen diese Fonds und ihr Management richten. Das mag auch daran liegen, dass gerade die größeren Nichtregierungsorganisationen zunehmend erkennen, wie mühsam es ist, ihre eigenen Rücklagen auf eine nachhaltige Verwaltung umzustellen.

2 Welche Rolle spielen Nichtregierungsorganisationen heute für das Unternehmensrating?

Nachdem NRO wichtige Impulse für das Entstehen von nachhaltigen Geldanlagen gegeben haben, übernehmen sie heute vor allem die Rolle von Informationsgebern. Für die Glaubwürdigkeit ihrer Unternehmensberichte benötigen Nachhaltigkeitsratingagenturen und Finanzdienstleister mit entsprechenden Abteilungen Hintergrundinformationen von unabhängigen Organisationen. Ist Nachteiliges über den Zulieferer des Markenartikelherstellers X bekannt? Wie schätzt eine NRO die Glaubwürdigkeit des Umweltprogramms der Bank Y ein? NRO stehen für die Beantwortung solcher Fragen in der Regel gerne und kostenlos zur Verfügung.

Die Glaubwürdigkeit und damit die Qualität von Nachhaltigkeitsratings steigt, wenn Nichtregierungsorganisationen regelmäßig und formell als Quellen für Unternehmensberichte und Unternehmensratings angegeben werden können. Auf der anderen Seite haben die NRO kaum Einblick in das, was die von ihnen vermittelten Informationen bewirken. Diese fließen in einen standardisierten Bericht oder in eine Bewertung ein, auf die die NRO in der Regel nur einen geringen Einfluss haben. Je zahlreicher die Kriterien eines Systems, desto geringer ist das Gewicht der einzelnen Information.

Ratingsysteme, die die ökologische und soziale Dimension um die ökonomische Dimension der Nachhaltigkeit erweitern, reduzieren das Gewicht von NROInformationen nochmals deutlich. Selbst dort, wo Nichtregierungsorganisationen im Zuge ihrer Mithilfe den abschließenden Unternehmensbericht erhalten und ihren (möglicherweise ernüchternden) Einfluss auf das Endergebnis verfolgen können, haben sie nicht notwendig die Chance, die Auswirkungen ihrer Informationen auf das Unternehmen oder auf die Entscheidung des Investors zu verfolgen.
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Inhalt5
I. Einleitung7
Finanzmärkte und gesellschaftliche Verantwortung – eine Einführung8
1 Der Finanzmarkt als Bezugsfeld von CSR und Nachhaltigkeit11
2 Zur Entstehung dieses Buches13
3 Zur Anlage dieses Buches14
4 Ausblick22
Literatur22
II. Ethische Grundlagen und marktwirtschaftliche Ausprägungen24
Corporate Social Responsibility auf den Finanzmärkten: Ebenen der Verantwortung25
1 CSR und Finanzmärkte: Zur Diskussion in der Europäischen Union25
2 Finanzmärkte in Zeiten des flexiblen Kapitalismus27
3 Die Bedeutung von „Verantwortung“ im Diskurs um Corporate Social Responsibility29
4 Verknüpfungen von CSR und Finanzmärkten32
5 Chancen und Grenzen von „CSR auf dem Finanzmärkten“39
Literatur41
Vom Guten, vom Schönen und vom Baren: Wie praktikabel ist Ethik als Fondskriterium?43
1 Korporative Verantwortung am Finanzmarkt43
2 Ethisches Investment45
3 Unklare Fondskriterien und mangelnde Transparenz49
4 Ausblick: Zukunftsperspektiven ethischen Investierens56
Literatur59
Verantwortliches Investieren: Zur wachsenden ökonomischen Relevanz von Corporate Social Responsibility auf den internationalen Finanzmärkten62
1 Konzepte und Begriffe62
2 Marktvolumen und Erscheinungsformen von SRI65
3 Corporate Social Responsibility und SRI – konzeptionelle Verbindungslinien zwischen Unternehmen und Finanzmärkten71
4 Fazit und Ausblick76
Literatur77
III. Nachhaltigkeit als Finanzmarktprinzip: Anfragen an Markt, Politik, Unternehmen und Zivilgesellschaft79
Nachhaltige Geldanlagen als Innovationstreiber80
1 Ein weiter Nachhaltigkeitsbegriff ist sinnvoll80
2 Beeindruckende Marktentwicklung nachhaltiger Geldanlagen82
3 Nachhaltige Geldanlagen sind für Anleger auch materiell attraktiv83
4 Das nachhaltige Investment ist ein Innovationstreiber für den Finanzmarkt86
5 Der Klimawandel als Katalysator88
6 Börsennotierte Unternehmen setzen zunehmend auf das Thema Nachhaltigkeit88
7 Nachhaltigkeitsberichterstattung: Zusätzliche Berichtspflichten nicht sinnvoll90
8 Nachhaltigkeit und Shareholder-Value: Kein Widerspruch90
9 Bedeutung guter Corporate Governance und des Faktors Vertrauen92
10 Nachhaltige Geldanlage und Deutsches Aktieninstitut94
Literatur94
Wie sozial ist der Finanzmarkt? Shareholder-Value- Kapitalismus aus Arbeitnehmersicht96
1 Die Erfüllung von Sozialkriterien ist kein selbstständiges Unternehmensziel im Shareholder-Value-Kapitalismus96
2 Unterwerfung von Unternehmen und Beschäftigten unter das Diktat der Finanzmärkte97
3 Wann handelt ein Unternehmen sozial gegenüber seinen Beschäftigten?98
4 Finanzinvestoren als idealtypische Shareholder-Value-Vertreter99
5 Das Geschäftsmodell von Finanzinvestoren kennt keine sozialen Ziele100
6 Finanzinvestoren profitieren von Werttransfer zulasten verschiedener Stakeholder104
7 Finanzinvestoren lehnen ihre Rolle als Arbeitgeber ab105
8 Vorschläge zur Regulierung des Shareholder-Value-Kapitalismus106
9 Fazit und Ausblick: Mehr Mut zur Regulierung!108
Literatur109
Wer zähmt die Monster? Die Rolle der Politik bei der Strukturierung der nationalen und internationalen Finanzmärkte111
1 Wie es zur Finanzmarktkrise kam111
2 Notenbanken und Kapitalzuflüsse aus Schwellenländern sichern Finanzmarktstabilität112
3 Die tieferen Wirkungen der Finanzmarktkrise: Weltweiter Konjunktur-Boom kommt zu einem Ende113
4 Die Lehren der Finanzmarktkrise: Transparenz darf kein leeres Wort bleiben114
Literatur122
Welche Strategien können zivilgesellschaftliche Akteure ergreifen, damit Geldanlagen eine nachhaltige Entwicklung befördern?123
1 Nichtregierungsorganisationen und nachhaltige Geldanlagen – eine Erfolgsgeschichte123
2 Welche Rolle spielen Nichtregierungsorganisationen heute für das Unternehmensrating?124
3 Das Zusammenspiel zwischen Investoren, Ratingagenturen und Unternehmen – ein geschlossener Zirkel?125
4 Wie können Nichtregierungsorganisationen die Wirksamkeit von nachhaltigen Geldanlagen erhöhen?126
5 Fazit128
Literatur129
Die Integration von Nachhaltigkeitsratings in konventionelle Ratings: Wie gelingt das Mainstreaming?130
1 Einführung130
2 Von der Nische zum Massenmarkt – Traum oder Wirklichkeit?131
3 Der mögliche Weg des Mainstreamings132
4 Aktuelle Initiativen zur Integration von Nachhaltigkeitsthemen in Berichterstattung und Unternehmensanalyse136
5 Erfolgsfaktoren für erfolgreiches Mainstreaming138
6 Ausblick141
Literatur142
Investieren in den Klimaschutz? Anforderungen an Politik und Finanzwirtschaft145
1 Einleitung145
2 Klimaschutz und Finanzdienstleistungen – eine Win-win-Situation146
3 Klimafreundlicher Finanzstandort Deutschland?148
4 Anforderungen an Politik und Finanzwirtschaft149
5 Schluss155
Literatur156
IV. Praxisstrategien für nachhaltiges Investieren157
Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau und ihre Anlagepolitik158
1 Kirche und Kapitalanlage158
2 Keine Direktanlage159
3 Entwicklung von Anlagerichtlinien160
4 Negativliste163
5 Aktiver Wertbesitz/Responsible Engagement Overlay165
6 Anlage in Nachhaltigkeitsfonds167
7 Anlage in Direktinvestment (wie Mikrofinanzinstitute)168
8 Allgemeine (ungeschriebene) Anlagegrundsätze169
9 Bewertung und Ausblick170
Literatur171
Das Versorgungswerk MetallRente – Ziele und Strategien einer sozialpartnerschaftlichen Einrichtung172
1 Gesetzliche Rahmenbedingungen: Betriebliche Altersversorgung und SRI-Kapitalanlage173
2 Institutionelle Sozialpartnerschaft: Das Versorgungswerk MetallRente176
3 Vom „Negative Screening“ zu „Best-in-Class“ mit SRI-Benchmark: Ein sozialverantwortliches Kapitalanlagekonzept179
4 Konstruktiver Dialog: Entscheidungsparameter für die SRI-Strategie183
5 Mehr und transparenter: Anliegen eines institutionellen Versorgungswerks185
Literatur188
Nachhaltigkeitsstrategien für Stiftungen189
1 Die deutsche Stiftungslandschaft189
2 Strategien von Stiftungen für mehr Nachhaltigkeit191
3 Anlagestrategien: Stiftungen als Finanzinvestoren193
4 Kooperationsstrategien: Stiftungen als gemeinnützige Unternehmen in Zusammenarbeit mit anderen Akteuren208
5 Abschlussthesen209
Literatur210
Institutionelle Anleger und ethisches Investment – Perspektiven des Bankhauses Metzler212
1 Ethische Grundsätze des Bankhauses Metzler212
2 Die Anwendung von Nachhaltigkeitskriterien bei der Kapitalanlagegesellschaft Metzler Investment GmbH214
4 Stimmrechtsausübung auf Hauptversammlungen217
5 Fazit217
Literatur218
Sustainable Investment bei der Bank Sarasin: Nachhaltigkeitsanalyse nach Positivkriterien als Schlüssel zum Erfolg219
1 Die Blickverengung auf Zukunftsthemen oder Ausschlusskriterien hat Nachteile220
2 Eine konsequente Analyse nach ökologischen und sozialen Positivkriterien bewährt sich221
3 Professionelle Vermögensverwaltung ist die Conditio sine qua non223
Die KfW-Bankengruppe und die UN-Principles for Responsible Investment – Ziele und Erfahrungen225
1 Einleitung225
2 Die KfW-Bankengruppe – wer wir sind, was wir tun, wie wir arbeiten225
3 Integration der PRI in das Asset Management der KfW229
4 Umsetzung weiterer Prinzipien233
Autorinnen und Autoren235

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