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Das Berufsbild der Altenpflege

Eine qualitative Studie zur beruflichen Entwicklung der Altenpflege

AutorRolf Beiersdorff
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl191 Seiten
ISBN9783638875875
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis35,99 EUR
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich Gesundheit - Pflegewissenschaft - Altenpflege, Altenhilfe, Note: 1,3, Hochschule Neubrandenburg (Pflegewissenschaft/ Pflegemanagement), 108 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: In dieser Arbeit 'Altenpflege - Ein Berufsbild im Wandel?' sollen unterschiedliche Professionalisierungsbestrebungen des noch relativ jungen Berufes herausgearbeitet werden. Der 'Arbeitsmarkt Pflege' erhält durch die zunehmende Anzahl älterer und pflegebedürftiger Menschen einen besonderen Stellenwert in unserer Gesellschaft. Mehr als 2 Millionen Pflegebedürftige leben heute in Deutschland, die Tendenz steigt. Über 80 % der Betroffenen sind älter als 65 Jahre, jede Dritte Person ist hoch betagt. In den ambulanten und stationären Einrichtungen arbeiten 142.000 Altenpflegerinnen und -Pfleger sowie 118.000 Krankenschwestern und -pfleger. (vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2005). Die Nachfrage nach qualifizierten und motivierten Pflegekräften wird weiterhin steigen. Durch welche Maßnahmen dieser entstandene Personalbedarf gedeckt werden kann, diskutieren derzeit Politik, Gesellschaft, Wissenschaft und die Vertreter der Praxis. Mit dem Altenpflegegesetz von 2003 wurden neue Weichen für eine neue Altenpflegeausbildung gestellt, es regelt die Ausbildung bundesweit einheitlich, setzt die Ansprüche an eine moderne Pflegeausbildung um und schärft das Profil der Altenpflege als Gesundheitsfachberuf. (vgl. Renate Schmidt 2005). Aber die Altenpflege gerät auch laut Sieger (2005) zunehmend unter den Druck der 'Europäisierung und Globalisierung', Im europäischen Vergleich sind die entsprechenden Qualifikationen nur erschwert zu erlangen und dies dauere in der Regel 5 Jahre länger als in anderen Ländern. (Sieger, 2005, Innere Mission München, equalmünchen GmbH, Fachtagung 'Altenpflege - Wohin?')

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Leseprobe

2. Entwicklung der Altenpflege


 

Altenpflege ist nach Brockschmidt und den „Blättern zur Berufskunde“ der „(…) einzige Beruf, der die Gesamtsituation der alten Menschen mit ihren sozialen menschlichen und gesundheitlichen Problemen schon in seiner  Ausbildung  erfasst.“ (vgl. Bundesanstalt für Arbeit 1985, S.4). In der relativ kurzen Geschichte ihrer Entstehung  sind jedoch bereits laut Hammer (1994) drei zentrale Merkmale erkennbar, die für die gegenwärtige und zukünftige Entwicklung des Berufes entscheidend sind, nämlich ihr Charakter als Krankenpflege-Hilfsberuf, als typischer Frauenberuf und damit tendenziell auch als alltagsgeprägter Nichtberuf. Die Geschichte der Altenpflege als Beruf war immer schon eine Klärung der Beziehung zur großen Schwester Krankenpflege. (vgl. Hammer, 1994, S. 114). Sie verdankt ihre Entstehung als eigenständiger Beruf dem Zusammentreffen  von zwei gegenläufigen Entwicklungen, dem zunehmenden Pflegebedarf durch eine rasche Zunahme Älterer Ende der 50er Jahre einerseits und einem mangelnden Angebot an Pflegenden andererseits. (vgl. Hammer, 1993, S. 113). Die häusliche Versorgung konnte nicht mehr gewährleistet werden, auf dem Arbeitsmarkt nahm die Konkurrenz um weibliche Arbeitskräfte zu, ebenso misslang die Ausstattung stationärer Altenpflegeeinrichtungen mit qualifiziertem Krankenpflegepersonal und die Krankenpflege tendierte zur Ausgliederung der Altenpflegetätigkeiten aus ihrem Berufsprofil. Nach Ballusek (1980) wiederholte dieser Differenzierungsprozess in kleinerem Maßstab die Entwicklung des Krankenpflegeberufes und die Ausdifferenzierung von früher den Ärzten vorbehaltenen Tätigkeiten. So wie im 19. Jahrhundert die Krankenpflege Hilfsfunktionen der Medizin übernehmen sollte, war nun der neue Beruf Altenpflege als Kompensator für die Krankenpflege vorgesehen. (vgl. Hammer 1994, S.114). Sie übernahm nun Aufgaben, die eine Krankenschwester ungern ausübte, weil sie nicht so viel Ansehen wie Tätigkeiten in der Akutmedizin versprachen, denn laut Bäcker (1988) seien  Alter, chronische Krankheiten und Sterben keine erfolgsorientierten Tätigkeiten im Sinne der  naturwissenschaftlichen Medizin. So wurde der Altenpflege die dritte Abstufung ähnlich der alten Pflegehierarchie nach Grund- und Behandlungspflege unterstellt, die eigentlich keiner besonderen Qualifizierung bedürfe. Bis zu Beginn der zwanziger Jahre wurden pflegebedürftige und alte, auch an Demenz erkrankte  Menschen in Siechenheimen untergebracht. Krankenschwestern waren zu diesem Zeitpunkt der Geschichte rar und für die Dauerbetreuung zu teuer. Die Pflege wurde von Personen organisiert, die über keinerlei fachliche Kompetenz verfügten und aus Berufung und Überzeugung handelten. 1949  wurde hinsichtlich der Professionalisierung der Altenpflege im Nachrichtendienst des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge festgestellt, dass die Verkehrsformen von Mensch zu Mensch eher eine Rolle spielen, als materielle Aufwendungen und Pflegepersonal in diesem Bereich sollte „lebenserfahren, seelisch ausgeglichen, tatkräftig und gütig“  sein. (vgl. Ballusek 1980, S.142). So wurde dem jungen Beruf der Altenpflege die gleiche Bestimmung zuteil wie auch schon der Krankenpflege. Es entstand laut Bischoff (1992) ein so genannter „Nicht-Beruf“, indem man Krankenpflege und Frau-Sein ideologisch gleichsetzte, die Übereinstimmung beider Bereiche betonte und die Krankenpflege als einfache Ausweitung der Hausfrauen- und Mutterrolle darstellte. (Bischoff, 1992, S. 92 ff). Als Ergebnis der Reformen des Pflegewesens im 19. Jahrhundert stellte die Krankenpflege einen ersten  Frauenberuf mit Qualifikation und Professionalität dar. Ähnlich erlebte dies die Altenpflege. Ende der 50 er Jahre etablierten sich die ersten Halbjahreskurse für die Altenpflege durch verschiedene Wohlfahrtsverbände. Gefordert wurde zwar zunehmend eine Verberuflichung der Altenpflege, nicht jedoch eine Professionalisierung, denn dies hätte eine weitere Entprivatisierung und Institutionalisierung zur Folge. Durch diese Schulungen sollte ein problemloser Statuswechsel von der pflegenden Angehörigen zur Angehörigen der Pflege gelingen.  1958 fordert der Nachrichtendienst: (…) spezielle Helfer für die Altenpflege aus den Kreisen von Mädchen und Frauen, denn oft würden Unfähigkeit und Unkenntnis die Versorgung alter Menschen durch Angehörige hemmen. (vgl. Ballusek, 1980, S. 142). 1965  beschreibt der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge erstmals das Berufsbild der „Altenpflegerin“, das sich deutlich durch seinen sozialpflegerischen Anspruch von der Krankenpflege abheben sollte. Vorgesehen war bereits ein zweijähriger Ausbildungsplan, jedoch wurden ebenfalls  Ausbildungsgänge für Hilfskräfte entwickelt, um auch hier laut Hammer (1994) „ (…) in der Altenpflege durch hierarchisierte Tätigkeiten eine vertikale Binnendifferenzierung einführen zu können.“  Sie war somit durch formale und rechtliche Ausbildungsbestimmungen von der Krankenpflege getrennt worden. (vgl. Hammer, 1994, S. 116).  Die ab 1969 geltenden Ausbildungsverordnungen in der Altenpflege, ausgehend von Nordrhein Westfalen, über verschiedene Länderverordnungen, wurden schließlich und endlich 1984/ 1985 über eine Rahmenvereinbarung der Kultus-, Sozial- und Arbeitsminister geregelt. Die mindestens zweijährige Ausbildung gliederte sich in theoretische und praktische Lernbereiche. Im Gegensatz zur bundeseinheitlich geregelten Krankenpflegeausbildung unterlag jedoch die schulische Ausbildung in der Altenpflege  allerdings den einzelnen Bundesländern. Sie bewegte sich zwischen zwei und drei Jahren mit unterschiedlichen Zugangsvoraussetzungen,  Ausbildungsinhalten, Ausbildungsformen und finanziellen Regelungen. (vgl. Hammer, 1994, S.117). Becker (1992) spricht von einem „(…) Ausmaß an beruflicher Zersplitterung, das in Worten  kaum wiederzugeben ist.“ (Becker, 1992, S.16). Bis ins Jahr 2003 gab es in 16 Bundesländern 17 verschiedene Ausbildungsmodelle. Am 1. August 2003 wurde nun endlich seitens der Bundesregierung ein Gesetz verabschiedet, das den Beruf des Altenpflegers durch eine dreijährige Ausbildung mit staatlicher Prüfung zu einem Lehrberuf machte. Der Bundesrat hat dem vom Deutschen Bundestag angenommenen Gesetz über die Berufe in der Altenpflege  am 29.September 2000 zugestimmt, das am 1. August 2003 in Kraft getreten ist. Damit wurde eine Vereinheitlichung der Ausbildung erreicht. Ausbildungsstätten haben nunmehr die Aufgabe Lernende auf die Bewältigung ihrer Lebens- und Arbeitswelt so vorzubereiten, dass sie in der Lage sind, ihren Lebens- und  Berufsweg aktiv zu gestalten. Von Pflegeschulen und deren Teams wird heute gefordert, Fächerintegration, Handlungsorientierung und Handlungswissen in problem- und fallorientierten Lernarrangements zusammenzuführen, um den Lernenden den Erwerb der Berufskompetenz zu erleichtern. (vgl. Schneider, 2005, S. 34). Die Novellierung des Krankenpflegegesetzes und die Verabschiedung des bundeseinheitlich geregelten  Altenpflegegesetzes sowie darin enthaltene Modellklauseln, führten bundesweit zur Initiierung verschiedener Modellprojekte mit integriertem, integrativem oder generalistischem Ansatz. Inhaltlich, so Hammer (1994) scheint die Altenpflege aber immer noch hin und her gerissen zwischen dem Selbstbehauptungswillen als eigenständige, sozialpflegerische Disziplin einerseits, und dem Wunsch nach Anerkennung durch die große Schwester Krankenpflege andererseits. (Hammer, 1994, S. 116).  Diese Ambivalenz zeigt sich in der Einrichtung verschiedener Modellprojekte in der Ausbildung einschließlich eines geplanten gemeinsamen Studiums, in tarifrechtlichen Bestrebungen und  in der Forderung nach Erhöhung der geriatrisch-krankenpflegerischen Kompetenz in ambulanten wie stationären Einrichtungen. Zusammenfassend  lässt sich sagen, dass die Altenpflege, dem aufgrund seiner Entstehungskonstellation der Charakter eines Hilfs- und Frauenberufes in die Wiege gelegt wurde,  trotz  bundeseinheitlich geregelter Ausbildung immer noch in einer beruflichen Entwicklung steckt.  Die Voraussetzungen für  weitere Schritte in Richtung Professionalisierung, (Verberuflichung, Verfachlichung in verschiedene Richtungen und Verwissenschaftlichung) können laut Thiersch (1986) nur erfüllt werden, wenn „(…) sie zu einer Form der Kollegialität mit Nicht-Professionellen, mit Laien, die diese in ihren eigentümlichen, anderen Kompetenz akzeptiert; Kollegialität bedeutet Gleichheit in der Unterschiedlichkeit von Kompetenz.“  Dies wird im nächsten Abschnitt eingehender betrachtet.

 

2.1. Berufung – Beruf – Profession?


 

Professionalisierung ist in der gesamten Pflegelandschaft der am häufigsten verwandte Begriff. Schlagworte wie „Krankenpflege auf dem Weg der Professionalisierung“ (Albert 1998 in: Schmidbauer 2002 S. 9), „Krankenpflegekammern und Professionalisierung der Pflege“ (Kellenhauser 1994 in: Schmidbauer 2002 S. 9), „Auswirkung der Professionalisierung am Beispiel von deutschen und US-amerikanischen Intensivpflegekräften“ (Laubach & Brosing 1998 in: Schmidbauer 2002 S.9) bilden nur einen kleinen Ausschnitt der aktuellen Themenlage in der Professionalisierungsdebatte. Nur beziehen sich die Inhalte dieser Beiträge auf unterschiedliche Sachverhalte. Professionalisierung ist mit der Etablierung von pflegewissenschaftlichen Studiengängen an Hochschulen zu Beginn der 1990er Jahre,  durch die Novellierung der Pflegeausbildung zu einem zentralen Thema in der Kranken-  und Altenpflege  geworden.

 

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