3 Publizität durch Datenbanken
3.1 Begriffliche Grundlagen
3.1.1 Publizitätsbegriff
Als Publizität wird die „allgemein zugängliche Bekanntmachung von Signalen, Nachrichten und Informationen“[63] verstanden. Bezogen auf die Unternehmung ist damit die regelmäßige Veröffentlichung wirtschaftlicher Einzelheiten oder anderer spezifischer Unternehmensdaten gemeint.[64]
Eine gesetzlich geregelte oder auch freiwillige Publizität dient zum Abbau von asymmetrischen Informationsverteilungen unter den Marktteilnehmern und trägt somit zu einer höheren Informationseffizienz der Märkte bei.[65] Denn nur auf einem informationseffizienten Kapitalmarkt ist es gewährleistet, daß alle Investoren zur gleichen Zeit über dieselben Informationen verfügen.[66] Durch eine nun „einheitliche Erwartungsbildung [...] reflektieren die Marktpreise (Wertpapierkurse) ohne Verzögerung (d. h. die Anleger disponieren sofort) und vollständig alle relevanten Informationen“[67]. Eine Erhöhung der Markttransparenz soll die Investoren in die Lage versetzen, ihr Kapital in diejenigen Anlageformen zu lenken, die ihnen objektiv den größten Nutzen bringen.[68]
Dagegen können Informationsvorsprünge gegenüber der Konkurrenz zu individuelle Handlungen führen, die von Insidern ausschließlich zu einer Erhöhung des eigenen Einkommens genutzt werden.[69] Als Insiderhandel werden Geschäfte bezeichnet, die auf der Grundlage von unveröffentlichten, extrem kursbeeinflussenden Informationen abgeschlossen werden können, bevor diese am Markt überhaupt bekannt werden.[70] So entstehen falsche Marktpreise, die andere am Markt agierende Teilnehmer schädigen und u. U. Handlungen verhindern, die sonst zu einem durchaus positiven Nutzen für alle Teilnehmer geführt hätten.[71]
Von dem o. g. Publizitätsbegriff läßt sich die Ad-hoc Publizität unterscheiden. Börsennotierte Unternehmen sind hierdurch zusätzlich verpflichtet, sämtliche kursrelevanten Informationen unverzüglich zu veröffentlichen.[72] Neben den o. g. Auswirkungen auf die Informationseffizienz der Märkte werden die Marktteilnehmer hier besonders vor dem Insiderhandel geschützt.
3.1.2 Datenbanken
Eine Datenbank ist eine strukturierte Datensammlung, die es dem Anwender ermöglicht, selektiv auf einzelne Komponenten und Informationen zuzugreifen bzw. diese nach bestimmten Kriterien zu sortieren.[73]
Sie entwickelten sich aus der Notwendigkeit der Speicherung großer Datenmengen. Bis in die achtziger Jahre hinein speicherten und archivierten Unternehmen und Behörden ihre Daten ausschließlich in schriftlicher Form. Später wurden Dokumente und Akten verfilmt oder als Mikrofiche archiviert. Diese Art der Aufbewahrung beansprucht allerdings enorme räumliche und zeitliche Kapazitäten und verursacht zudem hohe Kosten. Preiswerter und schneller ist eine elektronische Verarbeitung und Speicherung aller Daten, die durch eine verbesserte Computertechnologie möglich wurde.
Datenbanken lassen sich nach der Art ihrer Nutzer differenzieren. Offene Datenbanken stehen grundsätzlich jedem, kostenlos oder gegen Gebühr, zur Verfügung. Im Gegensatz zu den geschlossenen Datenbanken, die einem beschränkten Personenkreis bestimmte Informationen und Leistungen zugänglich machen, enthalten die offenen Datenbanken allgemeine, umfassende oder spezielle Informationen auf einer breiten Basis.[74]
Der interne oder externe Datenbankanbieter übernimmt dabei die Funktion der Datenverwaltung. Zu diesem Bereich gehören die Pflege und Zusammenstellung der Daten und eine Zugriffskontrolle, um die Informationen vor unberechtigten Benutzern zu schützen.[75] Die Anwender können die Daten nur zu Informationszwecken abrufen, sie sind nicht in der Lage, Veränderungen oder Manipulationen vorzunehmen. Dies macht die folgende Abb. 1 deutlich; ein direkter Zugriff auf die Daten ist nur durch die Verwaltung möglich.[76]
Abb. 1: Schematischer Aufbau einer Datenbank
Quelle: Zehnder (1989), S. 9.
Für die Verbindung mit einer externen Datenbank ist ein leistungsfähiges Computersystem mit der entsprechenden Software erforderlich. Per Modem bzw. über die Nutzung einer direkten Online-Verbindung, kann auf die Daten zugegriffen werden.[77]
Viele internationale Datenbankbetreiber sind, ebenso wie die meisten größeren Unternehmen, bereits mit einem Angebot im Internet oder World Wide Web (WWW) vertreten. Das WWW ist inzwischen das größte Datennetz der Welt und verbindet verschiedene Datenbanken miteinander. Mit Hilfe der o. g. technischen Voraussetzungen besteht so die Möglichkeit, sich global Informationen über Unternehmen und Wirtschaftsdaten anderer Länder zu beschaffen.
3.2 Publizitätswirkung
Wirtschaftsdatenbanken basieren auf der Zusammenstellung von Unternehmensdaten oder wirtschaftlichen Rahmendaten[78] und werden weltweit von einer Reihe von Anbietern unterhalten. In der Regel bestehen diese Datensammlungen aus bereits in anderer Form veröffentlichten Informationen. In Deutschland sind dies z. B. Angaben aus dem Handelsregister, Bundesanzeiger oder aus veröffentlichten Jahresberichten der Unternehmen. In anderen Ländern sind, bedingt durch die meist umfangreicheren Publizitätspflichten, detaillierte Informationen in Datenbanken abrufbar. Dargestellt werden die angebotenen Daten zumeist in einer standardisierten Form, so daß eine Vergleichbarkeit gegeben ist. Von einigen Betreibern können gleichwohl die unveränderten Informationen bezogen werden.[79]
Bei einem Vergleich der Informationen durch die bisherigen Publizitätsmittel mit dem Angebot von Datenbanken wird deutlich, daß inhaltlich keine Veröffentlichung von wesentlich anderen Informationen stattfindet. Durch die Nutzung der Datenbank könnten sich allerdings weitere Möglichkeiten zur Informationsverwertung und Recherche ergeben.[80] So könnten die standardisierten Daten z. B. für eine Jahresabschlußanalyse oder einen Branchenvergleich genutzt werden.[81] Vor allem sei durch die Datensammlung ein schneller Zugriff auf sonst eher mühsam zu beschaffende Informationen möglich.[82]
Müller-Baader spricht in diesem Zusammenhang von einer verbesserten „Publizitätsqualität“[83]. Problematisch sei allerdings, daß neben den Vorteilen bedenkliche Möglichkeiten einer Informationsverwertung entstehen können. Dies sind „Informationsgewinne, die einen skeptisch stimmen können“[84], wie
z. B. die Möglichkeit eines elektronisch publizierten Handelsregisters. Bei dieser Datenbank könnte gezielt nach Unternehmensbeteiligungen bestimmter Personen gesucht und selektiert werden.[85]
Problematisch ist weiterhin die Standardisierung von Daten. Wertvolle Informationen gehen verloren, da Angaben aus den „verbalen Erläuterungen“[86] zu Bilanzpositionen oder Informationen über Bewertungsmethoden u. U. nicht mehr abgebildet werden. Ein Vergleich von Unternehmen ist auf dieser Basis nur noch erschwert bzw. überhaupt nicht mehr durchführbar.[87]
Durch die Verzerrung von Informationen, bzw. durch Fehler beim Anlegen einer Datenbank, könnte es außerdem zu einer Veröffentlichung falscher Zahlen oder Fakten kommen. Fehleinschätzungen der Nutzer würden in diesem Fall eine deutlich negative Publizitätswirkung zur Folge haben. Hier müßte dann sogar von einer negativen Publizitätsqualität gesprochen werden.[88]
3.3 Beispiele für bestehende Datenbanken
Oftmals werden Datenbanken im Bereich der Wirtschaft von Unternehmen angeboten, die schon längere Zeit im Bereich der Informationsvermittlung
tätig sind.[89] Dabei präsentieren die meisten Betreiber ihre Angaben in einer standardisierten Form mit den in Kapitel 3.2 beschriebenen möglichen Publizitätseffekten. Nur einige wenige übernehmen Originalabschlüsse in ihre Datenbank.
Vor allem im angloamerikanischen Sprachraum ist die Nutzung von Wirtschaftsdatenbanken ein bekanntes und übliches Mittel zur Informationsbeschaffung.[90] In Großbritannien bietet beispielsweise die ICC Information Group, London eine Datenbank mit den „vollständigen...