Verkaufen, vererben oder vermieten? Ein Überblick
Ihr Haus ist Ihnen aufs Alter hin zu gross geworden? Sie müssen aus beruflichen Gründen den Wohnort wechseln? Sie möchten Ihr Eigenheim bereits zu Lebzeiten innerhalb der Familie weitergeben? Oder Sie planen gar auszuwandern? In unserer multioptionalen Gesellschaft ist es im Gegensatz zu früher keine Seltenheit, dass sich jemand von seinem Wohneigentum trennt – sei es durch Verkauf oder durch eine vorzeitige Weitergabe in der Familie. Das zeigen auch Markterhebungen: Jährlich verkaufen oder vererben in der Schweiz im Schnitt 30 000 Besitzer ihr Einfamilienhaus oder ihre Eigentumswohnung und erzeugen dabei ein Marktvolumen von rund 50 Milliarden Franken.
Das Eigenheim verkaufen
In den meisten Fällen ist der Verkauf des Eigenheims durchaus wohlüberlegt und erfolgt aus freien Stücken. Typische Beispiele sind:
■Die Stadtwohnung, die ein junges, kinderloses Paar gekauft hat, ist für die Familienphase zu klein oder ungünstig gelegen und soll durch ein Haus ersetzt werden.
■Die Kinder sind ausgezogen, die Eltern möchten vom grossen Haus in eine Wohnung wechseln, die Kinder haben aber kein Interesse am Elternhaus oder besitzen selber schon Wohneigentum.
■Man wandert aus und benötigt das im Eigenheim gebundene Kapital, um im Ausland eine neue Existenz aufzubauen.
■Man möchte das im Eigenheim gebundene Kapital auf die Pensionierung hin für andere Zwecke nutzen, etwa für eine grosse Reise.
Manchmal kommt es aber auch vor, dass der Verkauf durch äussere Umstände erzwungen wird. Typische Beispiele sind:
■Ein neuer Job erfordert den Umzug an einen Ort, der sich nicht in Pendeldistanz befindet.
■Die finanzielle Situation hat sich so verändert, dass man mittelfristig den Hypothekarzins nicht mehr bezahlen kann oder auf das im Eigenheim gebundene Eigenkapital angewiesen ist.
■Die gesundheitliche Situation macht den Wechsel in eine alters- oder rollstuhlgerechte Wohnumgebung nötig.
■Man ist nicht mehr mobil und ist deshalb gezwungen, das abgelegene Haus auf dem Land gegen ein Objekt mit gutem Anschluss an den öffentlichen Verkehr zu tauschen.
■Die ehemals angenehme Wohnumgebung hat sich negativ verändert, beispielsweise durch grosse Neubauten oder zunehmenden Verkehrslärm.
Ein Verkauf aus freien Stücken hat verschiedene Vorteile: Durch das frei werdende Eigenkapital stehen Ihnen alle Möglichkeiten offen, etwa für den Kauf einer anderen Immobilie oder zur Erfüllung lang gehegter Wünsche. Zudem ziehen Sie – etwa im Vergleich mit einer Weitervermietung – einen klaren Schlussstrich und sind offen für Neues. Der Verkauf des zu gross gewordenen Hauses kann gerade im Alter eine Befreiung von einer drückenden Last sein und die Türen zu einem neuen Lebensabschnitt öffnen. Handkehrum ist der Entscheid endgültig und Sie müssen sich vom vertrauten Besitz trennen. Kaufen Sie anschliessend kein neues Eigenheim, kann sich zudem Ihre steuerliche Situation negativ verändern.
Das Eigenheim vererben
Das eigene Zuhause hat einen hohen emotionalen Stellenwert. Hier haben Sie einen Grossteil Ihres Lebens verbracht, hier sind vielleicht auch Ihre Kinder aufgewachsen. Und allenfalls haben schon Ihre Eltern oder sogar Grosseltern im selben Haus gewohnt. Eine Liegenschaft, die mit derart vielen, meist wertvollen Erinnerungen verbunden ist, verkauft man nicht gerne an eine wildfremde Drittperson. Kein Wunder, ist es der Wunsch vieler Eigenheimbesitzer, ihre Liegenschaft weiterhin in der Familie zu behalten. Viele stellen dies bereits zu Lebzeiten sicher – mit einem Erbvorbezug oder einer Schenkung. Andere regeln zu Lebzeiten zumindest schon das gewünschte Vorgehen für die Erbteilung nach dem eigenen Ableben.
Gerade für die Weitergabe des Eigenheims bereits zu Lebzeiten sprechen aber nicht nur emotionale Gründe. Auch finanzielle Überlegungen können ein Rolle spielen: Je nachdem lässt sich damit beispielsweise die Höhe der Erbschafts- oder Schenkungssteuer positiv beeinflussen. Oder vielleicht geht es Ihnen auch einfach darum, eine gerechte Erbteilung unter Ihren Nachkommen zu garantieren – ohne die sonst häufigen Konflikte.
Und nicht zuletzt wollen viele Eheleute sich mittels Testament oder Erbvertrag gegenseitig finanziell absichern – damit der Partner, die Partnerin nach dem eigenen Tod im Eigenheim bleiben kann, ohne in finanzielle Probleme zu geraten.
Zu Lebzeiten weitergeben?
Wenn Sie vor dem Entscheid stehen, ob Sie Ihr Eigenheim verkaufen oder doch lieber in der Familie weitergeben wollen, werden Sie sich unweigerlich auch mit den Vor- und Nachteilen beider Varianten aus-einandersetzen (siehe Tabelle auf Seite 16). Bei einer Schenkung zu Lebzeiten machen Sie diese Überlegungen wahrscheinlich nicht nur für sich selbst, sondern Sie werden auch die Vor- und Nachteile für die Beschenkten abwägen. Die Vorteile einer Schenkung zu Lebzeiten aus Ihrer Sicht sind klar: Sie können das Vorgehen und die faire Aufteilung im engsten Familienkreis besprechen und zu aller Zufriedenheit regeln. So vermeiden Sie spätere Konflikte unter den Erben. Ausserdem bleibt das Haus, die Wohnung nach wie vor in Familienbesitz. Auch aus steuerlicher Sicht kann die Weitergabe in der engsten Verwandtschaft sinnvoll sein – weil dadurch die Grundstückgewinnsteuern aufgeschoben werden können.
Die Nachteile einer Schenkung zu Lebzeiten sind vor allem finanzieller Art: Weil Sie damit bereits einen grossen Vermögenswert aus der Hand geben, könnten Ihnen diese Mittel später fehlen – etwa falls die Renten für Ihren Lebensunterhalt nicht ausreichen. Auch für die Beschenkten sind die Nachteile vor allem im monetären Bereich zu suchen: Sie werden nicht nur ihre bisherigen Lebenshaltungskosten bezahlen, sondern neu auch für den Unterhalt der Liegenschaft und für die Hypothekarzinsen aufkommen müssen. Sind die Beschenkten weiter entfernte Verwandte oder Nichtverwandte, fallen ausserdem schnell hohe Erbschaftsbeziehungsweise Schenkungssteuern an.
Ist eine zwischenzeitliche Vermietung sinnvoll?
Wenn Sie sich Gedanken darüber machen, Ihre Immobilie zu verkaufen oder zu Lebzeiten weiterzugeben, kann auch eine zwischenzeitliche Vermietung zum Thema werden. Beispielsweise weil Sie sich eine Rückkehr ins angestammte Eigenheim offenlassen wollen, falls es mit dem neuen Job anderswo nicht klappt, die Mietwohnung in der Stadt doch nicht das Richtige ist, Sie sich emotional noch nicht ganz lösen können oder Ihr Kind die Wohnung erst zu einem späteren Zeitpunkt übernehmen möchte.
Eine Vermietung ist, so die Erfahrung von Fachleuten, in der Regel nur für einige Monate oder maximal ein Jahr sinnvoll. Denn zum einen übernehmen Sie während der Vermietungsdauer alle Pflichten eines Vermieters, müssen also etwa für den Unterhalt, die Abrechnung der Nebenkosten und die Reparatur defekter Bauteile sorgen. Zum andern können Sie nicht über das in der Immobilie gebundene Kapital verfügen. Zudem ist der Weiterverkauf einer bewohnten Liegenschaft in der Regel schwieriger und – je nachdem, wie das Objekt finanziert wird – lohnt sich die Vermietung auch finanziell nicht.
VORZEITIGE WEITERGABE, VERKAUF ODER ZWISCHENVERMIETUNG – VOR- UND NACHTEILE
| Verkauf | Weitergabe | Befristete Vermietung |
Emotionale Seite | Klare Zäsur In der Regel weniger Hemmungen, den maximal möglichen Verkaufspreis anzustreben, als bei Weitergabe innerhalb der Familie Trennung von Vertrautem | Immobilie bleibt in der Familie Keine vollständige Trennung von der Immobilie Allenfalls anspruchsvolle Diskussionen mit den Nachkommen | Immobilie bleibt Eigentum Rückkehr jederzeit möglich Fremde bewohnen das Eigenheim |
Finanzen | Eigenkapital, das im Wohneigentum steckte, frei verfügbar Bei Verkauf zum richtigen Zeitpunkt: hoher Verkaufspreis/Gewinn Bei Verkauf zu schlechtem Zeitpunkt: tiefer Verkaufspreis/Verlust | Eigenkapital geht an Erben über Finanzielle Unterstützung der Kinder zu einem Zeitpunkt, da sie diese auch wirklich brauchen können Eventuell zusätzlicher Kapitalbedarf für Ausgleich bei mehreren Erben Mögliche Abstriche bei den Ergänzungsleistungen | Mieteinnahmen decken zumindest die laufenden Kosten Kapital bleibt in der... |