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Das grüne Wunder

Das geheime Zusammenspiel der Tier- und Pflanzenwelt im Garten entdecken

AutorIna Sperl
VerlagGRÄFE UND UNZER
Erscheinungsjahr2019
ReiheGU Natur 
Seitenanzahl192 Seiten
ISBN9783833870095
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,99 EUR
  Gewinner des Dehner-Sonderpreises für den besten Ratgeber für Einsteiger beim Deutschen Gartenpreis von Schloß Dennenlohe 2020.  Im kleinen Kosmos Garten ereignen sich ziemlich viele erstaunliche Dinge: Im Boden sorgen Kleinstlebewesen dafür, dass Nährstoffe von den Pflanzen aufgenommen werden können. Manche Pflanzen geben Stoffe in den Boden ab, um sich Konkurrenz vom Leib zu halten. Andere Pflanzen wiederum fördern sich gegenseitig im Wachstum. Im Buch Das grüne Wunder erklärt die Gartenexpertin Ina Sperl auf lockere Weise das faszinierende Zusammenspiel von Bodenleben, Pflanzen- und Tierwelt im eigenen Garten und beantwortet wichtige Fragen: Warum vermehren sich Schädlinge wie Blattläuse bei bestimmter Witterung explosionsartig? Warum sieht man kaum mehr Schmetterlinge in den Gärten? Warum wächst das Unkraut (gefühlt) immer schneller als die eigentliche Beetbepflanzung? Mit diesem Wissen lassen sich die Lebewesen im eigenen Garten entsprechend schützen und fördern. Man wird mit gesunden Pflanzen und reicher Ernte belohnt und leistet auch noch einen großen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt.

Ina Sperl studierte Kunstgeschichte und Ethnologie in Aachen, Münster, Manchester/UK und Leiden/NL. Seit 1999 arbeitet sie als Journalistin und schreibt für verschiedene Zeitschriften und Magazine (z. B. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, WDR Print, Garten Design Inspiration, Gartenpraxis, Gardens Illustrated). Gärten und Gärtnern sind ihre Leidenschaft (seit 2001 Gärtnern auf Kölner Balkons, seit 2013 eigener Garten). Sie hat bereits verschiedene Gartenbücher bei Ulmer veröffentlicht (Wildobst - Schlehe, Hagebutte und Co. Für meinen Garten; Grüne Leidenschaften - 16 Gartenprofis ins Beet geschaut; die Vielfalt kehrt zurück - Alte Gemüsesorten nutzen und bewahren).

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Leseprobe

1. ERSTFRÜHLING
DER GARTEN WIRD BUNT.


Forsythien und Narzissen blühen gelb, Küchenschellen rosa, Tulpen in vielen Farben. Buschwindröschen bilden weiße Teppiche, Obstbäume verwandeln sich in zarte Wolken, wenn sie ihre Knospen öffnen. Beerensträucher und Birken bekommen im Erstfrühling Blätter, etwas später folgen Rosskastanien, Ahorn und Linden.

DIE FORSYTHIE STEHT IN VOLLER BLÜTE.


WAS SEHE ICH?

Blüten in allen Farben. Grüne Blättchen an den Zweigen, ungebetene Kräuter im Gemüsebeet. Bienen, Erdkröten und vielleicht Borkenkäfer.

WAS SEHE ICH NICHT?

Saftmale, die die ersten Bienen in Blüten locken. Die ätherischen Öle, die die Luft mit Düften erfüllen. Pflanzenzellen, die sich jetzt munter teilen.

LANGE GENUG hat es gedauert. Doch jetzt ist der Frühling wirklich da. Den Anfang haben vor Wochen Winterlinge und Schneeglöckchen gemacht. Wertvoll waren diese ersten Blüten – vor allem für die Tiere, aber auch fürs menschliche Gemüt. Doch nun ist kein Halten mehr.

Dies ist die Zeit der Zwiebelblumen: Tulpen verwöhnen mit Rot, Orange und Lila – mit Farben, die in den Wintermonaten beinahe in Vergessenheit geraten waren. Narzissen leuchten gelb oder halten sich mit edlem Weiß zurück. Seit dem Vorfrühling blüht nun auch die Netzblatt-Iris. Manche Sorten sind dunkelviolett, andere himmelblau. Dezenter als andere, knallige Zeitgenossen ist die Küchenschelle in Lila oder Hellrot, die jetzt Bienen und Hummeln anlockt. Und auch grüne Blüten gibt es: Die Mittelmeer-Wolfsmilch, die in der kalten Jahreszeit ihr Laub behalten hat, trägt nun an jedem Trieb einen hellgrünen Schopf. An den Lenzrosen stehen noch die Blüten aus dem Winter. Sie hängen nicht mehr herab, um ihren Pollen vor Regen zu schützen, sondern haben sich aufgerichtet. Ein Zeichen, dass sie bestäubt worden sind. Die Kelchblätter bleiben ansehnlich, auch wenn die Samen schon reifen.

Doch auch die kleinen Dinge zählen. An den Rosen treiben erste Blättchen aus, zunächst noch winzig, dennoch stimmen sie froh. Alles wächst! Hier und da ist noch eine vereinzelte Blüte aus dem Vorjahr zu finden – bald schließt sich der Kreis, wenn neue Knospen kommen. Selbst wenn sich schon frisches Grün zeigt: Nun ist es Zeit, die Edelrosen zu schneiden. Zur Forsythienblüte ist die kälteste Zeit vorbei, die Rose mobilisiert all ihre Kräfte für den Austrieb. Kappt man die Zweige, beginnt das Wachstum an den schlafenden Augen weiter unten an der Rose.

Auch die Akelei macht glücklich: Ihre sich langsam entrollenden jungen Blätter ähneln Jugendstil-Ornamenten. Wenn sie dann noch von Regen- oder Tautropfen benetzt sind, gleichen sie kleinen Juwelen. Nicht immer keimt sie jedoch da, wo man sie haben will. Zum Beispiel im Gemüsebeet. Dort stehen noch letzte Spinatpflanzen, die den Winter überdauert haben und jetzt zu kräftigen Büscheln heranwachsen – sie müssen schnell geerntet werden, ehe sie hochschießen. Auf freien Flächen haben sich in den letzten Monaten Ehrenpreis, Gartenschaumkraut und Gräser angesiedelt. Sie müssen nun leider weichen, denn jetzt kann gesät werden: Erbsen, Radieschen und Spinat, auch Pflücksalate und Mangold kommen in die Erde. Im Gegensatz zu Bohnen brauchen sie keine Wärme, um zu keimen.

NEUES LEBEN


Wenn ein Samenkorn in die Erde kommt, quillt es auf. Manchmal geht das schnell, manchmal dauert es aber auch– eine solche Dormanz genannte Ruhe kann mehrere Jahre dauern. Was nicht sofort sprießt, erspart es sich, bei ungünstiger Witterung groß werden zu müssen. Samen von Christrosen zum Beispiel brauchen einen Kältereiz, erklärt Patrick Knopf, Direktor des Botanischen Gartens Rombergpark in Dortmund. Sie keimen erst, wenn der Winter vorbei ist, denn ein junger Sämling würde Eis und Schnee nicht überleben. Gärtner können sich dieses Wissen zunutze machen und die Saat stratifizieren, das heißt, für eine Zeit in feuchten Sand gepackt im Kühlschrank aufbewahren. Die Schale solcher Samen wird durch Frosteinwirkung porös, sodass das Wasser eindringen kann.

Bei vielen Pflanzen wie Radieschen, Erbsen oder Sonnenblumen funktioniert das auch ohne kalte Temperaturen. Das Wasser dringt ins Samenkorn ein und lässt den Keim aufquellen. Eine Wurzel schiebt sich ins Erdreich, dann beginnt der Spross zu wachsen. Im Garten geschieht dies im Idealfall so, wie der Mensch es haben möchte, etwa in schönen Reihen im Gemüsebeet. Doch meist versamen sich Pflanzen ohne gärtnerisches Zutun: Wildkräuter, Gräser, Gehölze wie auch Stauden wachsen dort, wo die Saat landet und passende Lebensbedingungen vorfindet. Denn an dem Ort, wo sie keimen, stimmen für sie die Beschaffenheit des Bodens, die Menge von Licht und Wasser und die Temperatur.

Was sich von selbst ansiedelt, ist besser eingewurzelt als alles, was angepflanzt wird. Denn ein Keimling entwickelt eine Hauptwurzel, die tief in die Erde reicht. Eine Eiche, die von alleine keimt und einwurzelt, steht fest und kann uralt werden. Gehölze aus der Baumschule dagegen, die verschult – also mehrfach umgepflanzt– wurden haben oft Wurzeln, die wie die Borsten von Rasierpinseln in alle Richtungen gehen. Damit werden sie nie so standhaft wie Sämlinge, sagt Patrick Knopf. Was vom Gärtner gepflanzt wird, muss mit dem Platz vorliebnehmen, der dafür ausgesucht wurde – dann wächst die Pflanze gut, mittelprächtig oder geht ein.

Zitronenfalter sind schon früh im Jahr unterwegs. Bald suchen sie sich einen Partner für die Fortpflanzung. Die neuen Raupen schlüpfen dann im Frühsommer.

TIERE KEHREN ZURÜCK


Auf den Primeln sitzen jetzt schon erste Zitronenfalter. Auch viele Bienen und Wollschweber sind unterwegs. Die Kätzchen der Salweide bieten dem Großen und Kleinen Fuchs, Tagpfauenauge und C-Falter Nektar. Am Pfaffenhütchen und Schneeball sind jetzt die ersten Läuse zu sehen: Die Schwarze Bohnenlaus hat dort im Herbst ihre Eier abgelegt. Sie vermehrt sich in den nächsten Wochen rasant. Im Frühsommer fliegen die ersten der Läuse auf Gemüsepflanzen wie Bohnen und Rote Bete, aber auch auf Zaun-Wicken (>). Erst im Spätsommer kehren sie zu Pfaffenhütchen und Schneeball zurück. Dort werden dann männliche und weibliche Läuse geboren, die sich paaren. Ihre Eier, die Generation des kommenden Jahres, überdauern den Winter auf den Gehölzen.

Auch die Borkenkäfer tauchen bald aus der Winterruhe auf. Nicht nur im Wald, auch im Garten können sie auftreten. Besonders in geschwächten Bäumen finden Käfer wie der Buchdrucker Lebensraum, zum Beispiel an Fichten, Douglasien oder Lärchen. Manche von ihnen sind frisch geschlüpft und suchen sich an warmen Tagen neue Bäume. Die Käfer nagen sich in die Borke und starten die erste von bis zu drei Generationen pro Jahr. Der Baum reagiert mit Harz, an dem die Tiere zunächst kleben bleiben. Doch können sie aus dem Harz Duftstoffe produzieren, die wiederum neue Käfer anlocken. Unter der Borke legen sie ihre charakteristischen Gänge an. Wird der Platz knapp, wandeln sie die Duft- in Abwehrstoffe um, sodass Nachzügler einen anderen Baum aufsuchen. Mit dem Käfer gelangen Pilze in das Holz, die zusätzlich schwächen. Borkenkäfer können sich rasant vermehren. Sollen die umstehenden Gehölze nicht geschädigt werden, bleibt meist nur, den befallenen Baum zu beseitigen, damit sich die Tiere nicht weiter ausbreiten.

EXPERTEN
WISSEN


THEMA: WACHSTUM
DR. PATRICK KNOPF

EINE ZELLE IST FÜR DAS GESAMTE WACHSTUM EINER PFLANZE VERANTWORTLICH.

In jeder Knospe oder Triebspitze, in jedem Samen, in jeder Blumenzwiebel gibt es eine Scheitelzelle oder einen Vegetationskegel, der unter dem Mikroskop wie ein winzig kleiner Zuckerkegel aussieht. Algen, Moose und Farnpflanzen haben oben eine Scheitelzelle. Diese eine Zelle macht das gesamte Wachstum einer Pflanze aus! Samenpflanzen haben dagegen ein meristematisches, das heißt teilungsfähiges Gewebe. Dieses teilt sich und sondert weitere Zellen ab, bleibt aber immer oben an der Spitze. Es gibt verschiedene Wachstumsarten. Beim Breitenwachstum wird der Spross dicker: Die Zellen teilen sich von oben nach unten, aus einer werden zwei, sie füllen sich mit Flüssigkeit und dehnen sich aus. Für das Längenwachstum teilen sich die Zellen meist nicht, sondern sie verlängern sich einfach. Das kann sehr schnell gehen: Ein Zentimeter Gewebe kann am nächsten Morgen schon viermal so lang sein. Teilungsfähige Zellen hält die Pflanze im ganzen Körper vor, zum Beispiel die »schlafenden Augen«. Deswegen können wir Gehölze auch zurückschneiden: Sie treiben einfach wieder aus. Theoretisch ist das Wachstum von Pflanzen unendlich. Eine Geranie zum Beispiel können Sie immer wieder durch Stecklinge verjüngen, bis zum Ende aller Zeit. In der passenden Umgebung lässt sich teilungsfähiges Gewebe immer wieder verjüngen. Das macht die Pflanze quasi unsterblich.

Kröten sind unterwegs

Auch anderes Leben regt sich im Garten: Die Amphibien sind aus ihrem Winterversteck gekommen. Kröten und Frösche sind hungrig, vertilgen jede Menge Regenwürmer, aber auch junge Schnecken im Garten. Jetzt machen sie sich bereit für die Fortpflanzung. Grasfrösche kommen aus ihren sicheren Plätzen tief am Boden des Teichs, wo sie den Winter verbracht haben. Sie bleiben meist im angestammten Gebiet, und ihr Quaken ist nun oft zu hören....

Blick ins Buch

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