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Das 'Heimat-Moment' in Zeiten der Globalisierung: Eine Identitätssuche zwischen Raum, Gefühl und Struktur

AutorTheresa Sophie Obermaier
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl56 Seiten
ISBN9783955497040
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
In spätmodernen Zeiten sehen wir uns mit globalen Prozessen der Fragmentierung, Beschleunigung und Pluralisierung konfrontiert. Die Welt ist komplex und schnell geworden. Das Individuum wird vor die Aufgabe gestellt, sich mit diesen Entwicklungen auseinanderzusetzen und sich innerhalb dieser zu positionieren. Dabei gerät auch die persönliche Identität in Fluss, sie wird fluide, brüchig und instabil. Es wird der Bedarf nach einem stabilisierenden Moment deutlich. Die These lautet an diesem Punkt, dass es in Zeiten der Globalisierung zu einer Wiederentdeckung der Heimat als Reaktion auf die beschleunigte Lebenswelt kommt - dem 'Heimat-Moment'. Heimat wirkt innerhalb des Beschleunigungsstrudels wie eine Brechung, ein Reflex des Festhaltens, ein Orientierungsversuch. Die Haltlosigkeit, mit denen sich das spätmoderne Individuum innerhalb seiner Selbstkonstitution konfrontiert sieht, fördern die Bindung zur Heimat im Sinne einer Konstanzerfahrung. Die gegenwärtig zu beobachtende Renaissance von Heimat wird als Ausgangspunkt genommen, um nach Ursachen und Ausprägungen der spätmodernen Identitätssuche zu fragen. Der Heimat-Begriff wird dabei als Teil der persönlichen Identitätsfindung begriffen, denn die Frage nach der Heimat ist immer auch eine Frage nach der persönlichen Identität. Das hier entwickelte Heimat-Konzept bewegt sich in deinem Spannungsfeld von Raum, Gefühl und Struktur. Wer bin ich, woher komme ich und wo will ich hin - auch oder gerade in Zeiten der Globalisierung haben diese grundlegenden Existenzfragen eine besondere Relevanz.

Theresa Sophie Obermaier, B.A, wurde 1988 in Landshut geboren. 2012 schloss sie ihr Studium der Soziologie und Humangeographie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena mit dem akademischen Grad des Bachelor of Arts erfolgreich ab. Derzeit absolviert sie

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 3.2.1, Was ist Raum?: Die Frage nach dem Raum an sich, stellt sich hier in dem Kontext des besseren Verständnisses von Raum als Kategorie, im speziellen als Heimat-Kategorie. Um Raum als heimat-konstituierend einordnen zu können, muss zunächst klar sein, was Raum eigentlich meint. Folgen wir Doreen Massey, können wir dieses Kapitel damit begründen, dass im Raum-Identitäts-Verhältnis die personale Identität bereits zu Genüge untersucht wurde, der Raum jedoch weitestgehend ausgelassen wurde. Nachfolgend unternehmen wir daher eine historische, disziplingeschichtliche Reise, um verschiedene Raumverständnisse (natürlich nur skizzenhaft) kennen zu lernen. Das traditionelle Raumverständnis geht seit der Antike vom Raum als natürlich gegebenen Landschaftsausschnitt aus und sieht ihn in einer geodeterministischen Denkart als festen Container und unveränderbaren Behälter an. Räume werden identifiziert und als handlungsbestimmend charakterisiert. Erst zur Mitte des letzten Jahrhunderts kam es in der Geographie zu einem eklatanten Umbruch des Raumverständnisses, der einen Wandel von der reinen Landschaftskunde zur Raumwissenschaft aufzeichnet. Im Zuge des Kieler Geographentages 1969 wurde die Abkehr von starren und vereinfachten landschaftsgeographischen Erdbeschreibungen hin zu einer komplexen, problemorientierten Wissenschaftsdisziplin gefordert. Mit Dietrich Bartels, der den raumwissenschaftlichen Ansatz vorantrieb, kann ein wichtiger Paradigmenwechsel für die Geographie als Wissenschaft und den Raum als Forschungsgegenstand beschrieben werden. Mit dieser raumkritischen Wende wurde der Raum nun nicht mehr als objektive Gegebenheit angenommen, sondern als Konzeption, die es ermöglichte, Dinge dreidimensional zu charakterisieren, zu ordnen und in Beziehung zueinander zu setzen. Der Raum wird als Beziehungsgefüge verstanden und mit Raumgesetzen und Lagebeziehungen versehen. Es wird nach Bedeutungszuschreibungen gefragt, nicht mehr nach dem Wesen, womit die hier verwendete Kapitelüberschrift 'Was ist Raum?' eigentlich überholt wäre. Im Zuge einer kognitiven Wende, mit Wolfgang Hartke als Vorreiter, verschob sich das Raumverständnis von einem raumwissenschaftlichen zu einem verhaltenstheoretischen. Nicht die objektiv, metrischen Raumrelationen, sondern die individuelle Wahrnehmung, Bewusstseinsleistung und Verhaltensweise rückten in den Mittelpunkt. Theoretisch wurde dies mit Reiz-Reaktions-Schemata im Sinne des Behaviorismus begründet. Individuelle Raumbilder und persönliche Erlebnisräume gingen mit einer verstärkten Zentrierung des Menschen im Raum einher. Dass der Mensch letztlich im Mittelpunkt steht und nun gänzlich unabhängig von Naturgegebenheiten seinen eigenen Raum kreiert, ist die These des neuerlichsten Raumverständnisses in der Geographie, dem handlungszentrierten Ansatz. Hier wird das Handeln des Menschen im Raum untersucht, wobei Raum eine Reduktion zur Dimension des Handelns erfährt. Raum ist also Ergebnis sozialer Beziehungen und Konstruktionen, er ist relational geworden. Die handlungszentrierte Raumwissenschaft versucht zu verstehen, wie Raumkonzeptionen stattfinden und in welcher Weise Menschen 'Geographie machen', z.B. durch alltägliche Regionalisierung (vgl. dazu Werlen). In der Soziologie hat das geodeterministische Raumbild länger Bestand gehabt und wurde nie wirklich durch ein neues forschungsrelevantes Verständnis abgelöst, sondern eher unter den Tisch fallen gelassen. Regina Bormann diagnostiziert den Raum in der soziologischen Moderne als Residualkategorie zugunsten der Zeit. Erst ab den 1970ern findet eine Aufwertung des Raumes statt, was eine neuerliche Auseinandersetzung mit dem Raum als Gegenstand und Forschungsfeld mit sich bringt. Dieser Wandel der Hinwendung zum Raum, der mitunter als 'spatial turn' bezeichnet wird, und die Postmoderne als 'Epoche des Raumes' charakterisiert, kann auf vier Prozesse zurückgeführt werden. Zum einen rückt durch die Dekonstruktion der Moderne der vernachlässigte Raum gegenüber der Zeit zwangsläufig wieder ins Bewusstsein. Daneben produziert die Globalisierung neue Raumordnungen, in welchen auf wissenssoziologischer Ebene der Raum als neue Leitkategorie gehandelt wird (dagegen wird in Anbetracht des physisch-materiellen Raumverständnisses der Raum als Verschwindendes gesehen). In der Postmoderne ist außerdem eine Kulturalisierung der Soziologie zu verzeichnen, was bedeutet, dass eine Hinwendung zur subjektiven Mikroebene stattfindet und alltagsweltliche Orte und Territorien ins Blickfeld rücken. Und letztlich weisen Globalisierungsprozesse auf Interdependenzen von lokalen und globalen Veränderungen hin, in welchen der lokale Raum keine Residualkategorie mehr ist, sondern auf globale Makroprozesse übertragen werden kann. Der Raum hat theoriegeschichtlich eine Wandlung von einer naturräumlich gegebenen Landschaft hin zu einem individuellen Raumkonstrukt gemacht. Da dies auf verschiedenste paradigmatische Brillen und Forschungsbetrachtungen verweist, ist hoffentlich deutlich geworden, dass es unmöglich ist, den Raum mit einer festen Definition zu versehen. Auch für die Untersuchung des Raumes in der Wiederkehr der Heimat ist es daher von Nöten, sich die Paradigmenvielfalt vor Augen zu führen. Was dennoch nicht passieren darf und gerade in der soziologischen Tradition viel zu oft verfolgt wird bzw. unhinterfragt bleibt, ist die Klammerung an den Container-Raum im Sinne eines 'vulgärräumlichen Denkens', da dieses 'sich tatsächlich nicht wesentlich von den raumdeterministischen Ansätzen des frühen 20. Jahrhunderts unterscheidet, wenn der Raum nun ungebrochen zum Anlass und Gegenstand jeglicher Beschäftigung erhoben wird'. Tatsächlich spielt der Raum vor allem in Zeiten der Globalisierung eine unangefochten wichtige Rolle, geht es doch immer um räumliche Anordnungsmuster sozialer Beziehungen. Dennoch warnt Helmuth Berking vor einer allzu unreflektierten Betrachtungsweise und einem zwanghaften Denkverhalten im Sinne der naiven Containertheorie. Daher fordert und beobachtet er eine 'Renaissance raumtheoretischer Reflexion' , die zusammen mit dem Bewusstsein vom Sozialen als sozialräumliche Vergesellschaftung daherkommt. Raum kann in diesem Sinne nun nicht mehr als starre Kategorie angenommen werden, sondern ist als dynamischer Prozess zu begreifen. Wir folgen daher der 'Prämisse [...], daß Raum weder gegeben noch bloßes Wahrnehmungsphänomen ist, sondern durch Bewegung und durch Wahrnehmung sowie durch soziales und symbolisches Handeln von Menschen hervorgebracht wird'. In Zeiten der Globalisierung findet eine extreme Häufung von verschiedenen Raumparadigmen und Diskussionsbeiträgen statt. Diese differenzierten Raumverständnisse gehen mit einer veränderten Realwelt einher. Soziale Prozesse sind immer auch räumlicher Art. Ebenso zeigen sich individuelle Selbstverhältnisse in räumlichen Anordnungsmustern und umgekehrt. Der Ausgangspunkt dieser Arbeit, das fluide gewordene Identitätskonzept des Menschen, hat Auswirkungen auf dessen räumliche Seinsweise und steht ebenso unter dem Einfluss globaler Raumverhältnisse. Raum und Identität können zusammen gedacht werden, wenn die jeweiligen Konzepte angepasst werden. Massey geht z.B. von einem relationalen Raum- sowie Identitätsverständnis aus. Identitäten konstituieren sich demnach durch Beziehungen zu anderen. Ebenso ist der Raum nicht Produkt von Beziehungen, sondern entsteht durch globale wie lokale Interaktionen.
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