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Das ICH-Schwache Kind als schulischer Aussenseiter

AutorJohannes Krüger
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2003
Seitenanzahl82 Seiten
ISBN9783638216791
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis27,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Pädagogik - Pädagogische Psychologie, Note: 1,0, Pädagogisches Institut des Bundes in Wien (FB Humanwissenschaften), Sprache: Deutsch, Abstract: 'Warum immer ich? Warum bin immer ich derjenige, der gehänselt wird und mit dem sie ihren Spott treiben? Ich hab' ihnen doch gar nichts getan! Gestern sind sie wieder alle auf einmal auf mich losgegangen und haben mir meine Schulsachen weggenommen. Und kein Einziger, der zu mir halten und mir helfen würde! Warum?' So, oder so ähnlich geht es immer wieder Kindern in unseren Schulklassen. Hilflos sind sie dem Spott und den Hänseleien ihrer Mitschüler ausgeliefert und wissen sich meist nicht zu helfen. Vielfach sind es Kinder, die dem Lehrer1 gar nicht besonders auffallen. Sie verhalten sich eher ruhig, still, schüchtern und melden sich fast nie von sich aus zu Wort. Im Schulalltag besteht die Gefahr, dass Lehrer - voll in Anspruch genommen von den 'lebhaften', 'aktiven', 'lauten' Kindern - diese 'ruhigen' Kinder nicht ausreichend wahrnehmen und ihren Bedürfnissen entsprechend unterstützen. Dabei wären gerade diese Kinder auf Hilfe von außen angewiesen, weil sie sich aus eigener Kraft meist nicht aus ihrer misslichen Situation befreien können. Mögliche Ursachen und Erklärungsmodelle In dieser Arbeit sollen - ausgehend von einer Fallbeschreibung - gruppentheoretische und individuelle Aspekte dieses Phänomens beleuchtet sowie mögliche Ursachen und Erklärungsmodelle dafür gefunden werden. Warum haben manche Kinder so große Schwierigkeiten, sich in einer Gruppe von Gleichaltrigen zurechtzufinden und zu behaupten? Welche Faktoren sind dafür verantwortlich? Pädagogische Interventionsmöglichkeiten Anschließend soll untersucht werden, welche pädagogischen Hilfestellungen Lehrern zur Verfügung stehen, um solchen Kindern zu helfen. Dabei soll der Schwerpunkt auf Interventionsmöglichkeiten gelegt werden, die im Regelschulbetrieb der Hauptschule umgesetzt werden können.

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Leseprobe

IV. Ich-Schwäche


 

1. Begriffsbestimmung


 

Im Folgenden soll der Begriff der Ich-Schwäche näher bestimmt werden. Dazu werden zunächst einmal die Kriterien für Ich-Stärke definiert.

 

1.1. Ich-Stärke


 

FEND verwendet den Begriff der Ich-Stärke folgendermaßen: „Der für produktive Problembewältigung wichtige Kern selbstreflexiver Prozesse besteht u. E. in Kognitionen, die man zusammenfassend ‚Kontrollbewusstsein’, ‚Selbstvertrauen’ oder ‚Ich-Stärke’ nennen könnte.“[31] Für FEND beinhaltet der Begriff „Ich-Stärke“ ein „Positives Selbstbild“, „Kompetenzbewusstsein“ und „Psychische Stabilität“.

 

Im Folgenden möchte ich eben genannte Begriffe (Positives Selbstbild, Kompetenzbewusstsein, Psychische Stabilität) dem Begriff „Selbstkompetenz“ unterordnen. Der Begriff der Ich-Stärke soll erweitert werden.

 

 

Für die vorliegende Problematik sollen im Weiteren zwei für die Ich-Stärke wesentlichen Kompetenzen herausgegriffen werden, die Selbstkompetenz und die Sozialkompetenz. Abbildung 3 soll der Veranschaulichung der Begriffe dienen. Anzumerken ist auch hier, dass die in diesem Modell künstlich getrennten Begriffe zum Teil fließend ineinander übergehen und einander gegenseitig bedingen.

 

1.1.1. Anlage

 

Damit soll der Anteil der Anlage an der Gesamtheit eines Individuums mit einbezogen werden. Selbst- und Sozialkompetenz sind natürlich auch in einem gewissen Maß[32] durch die „Gene“ bestimmt, gemeint sind aber vor allem körperliche Anlagen wie das Aussehen, sowie motorische und musische Fähigkeiten.

 

1.1.2. Selbstkompetenz

 

Damit meine ich sämtliche Fähigkeiten eines Menschen, mit der Umwelt und deren Einflüssen aber auch mit sich selbst umzugehen und fertig zu werden. Es kann darunter die Bereitschaft verstanden werden, „neue Aufgaben zu übernehmen, sich auf Risiken einzulassen, Widerstand bei vorübergehenden Misserfolgen zu zeigen, Ziele konsistent zu verfolgen, Rückschläge fruchtbar zu verarbeiten, Verführungen zu widerstehen und problematische Abhängigkeiten zu vermeiden. Selbst die Fähigkeit des Umganges mit den eigenen Emotionen, mit Erfolgs- und Misserfolgserfahrungen, mit Enttäuschungen und Rivalitätsgefühlen, mit dem Verzicht auf kurzfristige Befriedigungen dürfte von diesen mediatisierenden und auf die eigene Person bezogenen Kognitionen beeinflusst sein.“[33]

 

 

Abbildung 3: Modell zur Veranschaulichung der für die Ich-Stärke wesentlichen Kompetenzen

 

Zugeordnete Fähigkeiten

 

Folgende Aspekte können der Selbstkompetenz zugeordnet werden:

 

 Selbstkonzept

 

 Selbstbild

 

 Selbstakzeptanz

 

 Kompetenzbewusstsein

 

 Psychische Stabilität

 

Selbstkonzept

 

Das Selbstkonzept stellt nach PETERMANN & PETERMANN „das gesamte Wissen über die eigene Person und die Summe der gesammelten Erfahrungen dar.“[34] Ich verstehe darunter auch eine Art „Grundeinstellung“ dem Leben gegenüber. Dieses Konzept beginnt sich bereits vor der Geburt als Interaktionsprodukt zwischen Anlage und Umwelt[35] zu entwickeln. Je nach Ausprägung spricht man von einem positiven oder einem negativen Selbstkonzept.

 

Selbstbild

 

Unter Selbstbild soll das „Bild“ verstanden werden, das eine Person von sich selbst besitzt. Dieses beinhaltet beispielsweise das Aussehen, die Stellung in der Gruppe, Einschätzung der eigenen Fähigkeiten, aber auch die Vorstellung darüber, welches Bild die Umwelt von der eigenen Person hat. Je nachdem spricht man auch hier von einem positiven oder negativen Selbstbild.

 

Selbstakzeptanz

 

Darunter verstehe ich die Fähigkeit eines Menschen, sich – obwohl er sich gewisser Fehler bewusst ist – als „gute“, „gelungene“ Person akzeptieren und „In-Ordnung“ fühlen zu können.

 

Kompetenzbewusstsein

 

Hierbei geht es um das Wissen einer Person um die eigenen Fähigkeiten. Das kann sich auf die Schule beziehen, die Zukunftsbewältigung, die Handlungskontrolle (z.B. Sachen zu Ende führen)[36], aber auch auf die hier angeführten Kompetenzen selbst.

 

Psychische Stabilität

 

FEND zieht in einer Untersuchung Emotionskontrolle und schulische Leistungsangst[37] als Indikatoren für psychische Stabilität heran. In diesem Zusammenhang zu erwähnen ist meiner Meinung nach auch die soziale Angst und Formen der Depression.

 

1.1.3. Wahrnehmungskompetenz

 

Wahrnehmungskompetenz bezeichnet die Fähigkeit eines Menschen, sich und die Umwelt wahrzunehmen. In diesem Zusammenhang ist damit insbesondere die Kompetenz, menschliche Persönlichkeits- und Beziehungsstrukturen erkennen und einordnen zu können, gemeint. Bei Störungen der kognitiven Verarbeitungsprozesse, kann es auch zu Wahrnehmungsverzerrungen kommen.[38]

 

Die Wahrnehmungskompetenz stellt in diesem Modell (Abbildung 3) die „Schnittstelle“ zwischen dem Ich und seiner Umwelt dar.

 

1.1.4. Sozialkompetenz

 

„Sozial kompetentes Verhalten befähigt eine Person, in spezifischen Situationen langfristig ein günstiges Verhältnis von positiven und negativen Konsequenzen herzustellen.“[39] Voraussetzungen für sozial kompetentes Verhalten sind nach PETERMANN & PETERMANN:

 

 Frei sein von sozialer Angst

 

 Verfügen über soziale Fertigkeiten

 

WOLPE & LAZARUS[40] listen vier Merkmale sozial kompetenten Verhaltens auf:

 

 Nein zu sagen

 

 Wünsche und Forderungen zu äußern

 

 Kontakte anzuknüpfen, Gespräche zu beginnen sowie zu beenden

 

 Positive und Negative Gefühle zu äußern

 

Zugeordnete Fähigkeiten

 

Der Sozialkompetenz können folgende Fähigkeiten zugeordnet werden:

 

 Rollenübernahmefähigkeit

 

 Interaktionsfähigkeit

 

 Selbstbehauptungsfähigkeit

 

Rollenübernahmefähigkeit

 

Bezeichnet im Wesentlichen die „Fähigkeit, sich in die Lage von anderen (...) versetzen (zu können, Anm. d. Verf.). Eine sensible Wahrnehmung der eigenen Person und die der Interaktionspartner trägt zur Rollenübernahmefähigkeit bei.“[41]

 

Interaktionsfähigkeit

 

„Die Interaktionsfähigkeit bezieht Verhaltensweisen mit ein, die für unterschiedliche Kontakt- und Kommunikationssituationen unverzichtbar sind. Kontakte knüpfen, kooperieren, fragen, erklären und eigene Vorstellungen darlegen können, gehören genauso dazu wie zuhören und Anerkennung akzeptieren können. Die Interaktionsfähigkeit setzt Wahrnehmungs- und Rollenübernahmefähigkeit voraus.“[42]

 

Selbstbehauptungsfähigkeit

 

Nach FEND[43] sind soziale Durchsetzungsfähigkeit und Selbstbehauptung zentrale Aspekte sozialer Kompetenz.

 

„Die Selbstbehauptungsfähigkeit vervollständigt die Interaktionsfähigkeit in einem wesentlichen Bereich und trägt zur Entwicklung einer eigenständigen und unabhängigen Person bei. Sie zielt auf die Fähigkeit ab, nein zu sagen, Wünsche zu äußern sowie Forderungen zu stellen, Kontakte zu beenden und negative Gefühle sowie Kritik anzubringen. (...). Zur Selbstbehauptung müssen Konflikte richtig beurteilt werden und angemessene Bewältigungsstrategien zur Verfügung stehen.“[44]

 

Zusammenfassend könnte man also sagen, dass unter Ich-Stärke das funktionierende System aus den beschriebenen Fähigkeiten, Kompetenzen und körperlichen Anlagen verstanden werden kann.

 

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