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E-Book

Das Kaninchen - Nahrung und Gesundheit

AutorAndreas Rühle
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl312 Seiten
ISBN9783744805216
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Mit diesem Buch werden umfangreiche Informationen zur Nahrung und ihrem Einfluss auf die Gesundheit des Kaninchens geliefert. Die Basis bildet die Beschreibung der Nahrung des Wildkaninchens mit zahlreichen Beispielen und Fotos. Ausführlich wird auf die einzelnen Nährstoffe und ihre Bedeutung für Gesundheit und Immunsystem eingegangen. Dabei werden die Besonderheiten der Physiologie wie Gebiss und Verdauungssystem berücksichtigt und erläutert. Tabellen, Diagramme und Bilder liefern anschauliche Vergleiche, die jeden Kaninchenhalter in die Lage versetzen sollen, selbst eigenverantwortliche und bewusste Entscheidungen für eine Fütterung seiner Tiere zu treffen, die diese langfristig gesund erhält.

Andreas Rühle ist Jahrgang 1964 und beschäftigt sich seit über 15 Jahren mit der tiergerechten Haltung und Ernährung von Kaninchen. Aus den Erfahrungen mit einer kleinen Zucht von Zwergkaninchen in Freilandhaltung und weitgehend arttypischer Nahrung resultierte 2009 das Buch "Kaninchen würden Wiese kaufen". Gelegentlich veröffentlicht er Artikel in Fachzeitschriften, unterstützt angehende Wissenschaftler und berät vor allem Kaninchenhalter, deren Tiere nicht selten von Tierärzten als austherapiert angesehen und aufgegeben wurden. Der kritische Umgang mit etablierten Fachmeinungen resultiert aus einem langjährigen, umfangreichen Studium der Fachliteratur und wird durch die eigenen Erfahrungen ergänzt. Seit vielen Jahren beobachtet und dokumentiert er zudem die Lebensweise von Wildkaninchen in ihren natürlichen Lebensräumen. Beruflich arbeitet Andreas Rühle in den Bereichen "Forschung & Entwicklung" sowie "Qualitätsmanagement" in der Automotive-Branche und lebt mit seiner Familie am Rand des nördlichen Schwarzwaldes.

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Leseprobe

Das Wildkaninchen


Bild 1: Europäisches Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus)

Allgemeines

Das Europäische Wildkaninchen gehört im zoologischen System zur Ordnung der Hasentiere (Lagomorpha) und ist nicht mit Nagetieren (Rodentia) verwandt. Alle uns bekannten Hauskaninchen und deren Züchtungen gehen auf diese Stammform zurück, so z.B. auch das Deutsche Riesenkaninchen mit einem Gewicht von bis zu 12 kg.

Die ältesten Vorfahren der Lagomorpha (Hasenartige), zu denen das Wildkaninchen und der Hase zählen, können ca. 53 Millionen Jahre bis in das Eozän zurückverfolgt werden. (Rose, et al., 2008) ermittelten dieses Alter an einem Knöchel-Knochen, der in Gujarat in Westindien gefunden wurde. Weitere Fossilienfunde aus dieser Zeit stammen aus der Mongolei in Zentralasien. In einigen, etwas jüngeren Erdschichten, wurden Hasenartige auch in Nordamerika gefunden. In der Gattung „Eigentliche Kaninchen“ (Oryctolagus) ist das Europäische Wildkaninchen die einzige Art. Genetische Untersuchungen von domestizierten und Europäischen Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus), dem Kaphasen (Lepus capensis) und dem Florida-Waldkaninchen (Sylvilagus floridanus) zeigen, dass die Art auf einen gemeinsamen Ahnen zurückgeht, der vor ca. 6 - 8 Mio. Jahren lebte.

In der Literatur werden gelegentlich Unterarten beschrieben, aber ebenso oft angezweifelt. Die Beschreibungen der Unterarten beruhten oft nur auf unterschiedlichen Fellfarben sowie der Größe einzelner Exemplare. So wurde zum Beispiel von (Haltenorth, 1958) nach einem Vergleich von Festlandkaninchen mit denen auf der Insel Borkum eine überwiegende Übereinstimmung wichtiger Merkmale festgestellt. Insbesondere die Schädelmaße der Tiere von (Harrison, 1952) lagen innerhalb der normalen Variationsbreite von „Oryctolagus cuniculus cuniculus“. Das Ergebnis legt nahe, dass die Unterart „Oryctolagus cuniculus borkumensis“ zu Unrecht geführt wird.

Biochemische, genetische Untersuchungen lassen auf eine Trennung von Lepus und Oryctolagus vor 2,43 Millionen Jahren schließen (Hartl, 1987). Nach einem Vergleich der mtDNA trennten sich vor ca. 2 Millionen Jahren in der Art „Oryctolagus cuniculus“ zwei genetische Linien als Unterarten voneinander (Biju-Duval, et al., 1991):

  • Oryctolagus cuniculus cuniculus,
  • “Oryctolagus cuniculus algirus”.

Die Trennung korreliert mit der süddeutschen Mindel- bzw. der norddeutschen Elster-Kaltzeit, deren Höhepunkt auf 460.000 bis 400.000 Jahre vor unserer Zeit datiert wird. Nach der letzten Eiszeit besiedelte das Wildkaninchen von Spanien aus zunächst wieder Südfrankreich. Knochenfunde in Ausgrabungen von Siedlungen in der Provence im Südosten von Frankreich zeigen, dass sich deren Bewohner bereits 8.000 - 7.000 Jahre vor Beginn der Zeitrechnung in größeren Mengen von Kaninchenfleisch ernährten. Im Neolithikum (1400-1300 Jahre v. Chr.) existierten auf der Baleareninsel Menorca Kaninchen, die vom spanischen Festland stammten.

Vermutlich waren es seefahrende Phönizier, die Wildkaninchen im Mittelmeerraum verbreiteten. Die Gestalt und Lebensweise der Kaninchen in Spanien erinnerten sie an die Klippschliefer (Procavia capensis) aus ihrer Heimat. Sie übertrugen also die Bezeichnung für die Klippschliefer auf die Kaninchen und nannten das heutige Spanien „I-shaphan-Im" (Insel der Klippschliefer). Die Römer übersetzten diesen Namen später in „Hispania". Spanien erhielt also seinen Namen nach Tieren, die dort nie gelebt haben. Heute kommt das Europäische Wildkaninchen auf mindestens 150 Inseln im Mittelmeerraum vor (Chapman, et al., 2008).

(Luther, 1534) übersetzte die Bibel mit weiteren Theologen aus dem Altgriechischen und Althebräischen in die deutsche Sprache. Der Begriff hebräische Begriff „shaphan“ bedeutet auf Deutsch der „sich Verbergende“. Offenbar kannten Luther bzw. seine Mitarbeiter die Klippschliefer nicht. Es musste sich aber der Beschreibung nach um Tiere handeln, die im ganzen Volk bekannt waren und im Untergrund lebten. Also wurde der Begriff, der eigentlich die Klippschliefer meinte, auf das Kaninchen übertragen: „Caninichen ein schwach volck / Dennoch legts sein haus inn den felsen“ (Sprüche Salomonis, XXX). Zoologisch gesehen war die Entscheidung korrekt, auch wenn der Begriff der Hebräer falsch übersetzt wurde. Neuere Bibelübersetzungen benutzen den Begriff Klippdachs, ein anderes Wort für Klippschliefer.

Vor allem die Kaubewegungen des Kaninchens, auch „Mümmeln“ genannt, hielt man für Wiederkäuen, weshalb die Tiere für die Kirche als „unrein“ galten.

Bild 2: Klippschliefer-Weibchen mit Jungtier

In Deutschland wurden die ersten urkundlich belegten Kaninchen wahrscheinlich um 1149 eingeführt. In einem Brief an seinen Amtsbruder Gerald, Abt des Klosters Solignac in Südfrankreich bittet Wibald, der Abt von Stablo und Corvey, um 4 Kaninchen - jeweils zwei männliche und zwei weibliche Tiere: „…per ipsum nobis quatuor cuniculos, duos videlicet mares et duas feminas, mittetis.“ (Jaffé, 1864).

Ausgesetzt wurden Kaninchen in Deutschland nachweislich zum ersten Mal auf der nordfriesischen Insel Amrum, wie aus dem „Erdbuch“ von Waldemar II. aus dem Jahr 1231 hervorgeht. Dabei handelt es sich um ein Steuererfassungsbuch, in dem alle Besitzungen und Einkünfte des Königs aufgeführt wurden. Eine Liste der Inseln seines Reiches enthielt auch Bezeichnungen der dort vorkommenden Tiere. Für Amrum wurde „ha“ für „hare“ = Hase und „cu“ für „cuning“ = Kaninchen vermerkt (Newig, 2004). Seit 1597 gab es Kaninchen auf Helgoland, und hundert Jahre später auf den ostfriesischen Inseln Juist und Borkum (Nachtsheim, et al., 1977).

(Winckelmann, 1671) berichtete in einer Oldenburgischen Chronik von ausgesetzten Kaninchen auf der ostfriesischen Insel Wangerooge, die dort in den Dünen lebten und sich stark vermehrt hätten.

(Hale, et al., 1763) schrieben über zahme und wilde Kaninchen in Deutschland, wobei angemerkt wurde: “daß diejenigen, die man gewöhnlich als zahme Caninchen betrachtet, sehr gut wild leben können, vornehmlich die härtere Art. […] Diese ist diejenige, die unter dem Namen der silberhaarichten bekannt ist“. Eine andere Namensbezeichnung für diese Art wäre „türkisches Caninchen“ nach dem Land, wo diese Tiere herkommen würden. Die Namensbezeichnung „Angora“ geht auf den alten Namen der Hauptstadt und gleichnamigen Provinz der Türkei, „Ankara“ zurück. Mit der härteren, silberfarbenen Art war also das Angorakaninchen gemeint, welches wahrscheinlich um 1777 von England aus nach Deutschland eingeführt und dort auch unter dem Namen „Englisches Kaninchen“ bekannt wurde (Mayer, 1789).

Um 1732 wurden Kaninchen auf Sylt ausgesetzt, die zwischenzeitlich von Fressfeinden ausgerottet wurden. Später wanderten wahrscheinlich wieder Tiere über das Watt auf die Insel ein, wobei diese jedoch stark mit „Stallhasen“ vermischt waren (Witt, 1991).

Im Gegensatz zu Hasen graben Kaninchen Röhren in das Erdreich, die eine Länge von bis zu 40 m erreichen können. Die Weibchen bringen ihre Jungen in so genannten Satzröhren zur Welt, die normalerweise abseits des Hauptbaus liegen. Nach (Kraft, 1976) gräbt gelegentlich das ranghöchste Weibchen eine Satzröhre, die vom Wohnbau abzweigt. Rangniederen Weibchen bleibt dies zu Beginn einer Fortpflanzungsperiode meist verwehrt. Um Baue graben zu können, werden leichte, lockere Böden mit einem möglichst hohen Anteil an Sand benötigt. Schwere, dunkle Böden werden gemieden, weil sie sich vor allem bei hohen Niederschlagsmengen zu stark mit Wasser vollsaugen. Auf Grund der festen, steinigen Böden und der Schneemengen, die auch länger liegen bleiben, findet man Wildkaninchen auch nur selten in gebirgigen Lagen. Bei Möglichkeit der freien Wahl des Habitats bevorzugen sie nicht unbedingt Lebensräume, in denen die meiste und beste Nahrung vorhanden ist, sondern jene, in denen der Feinddruck am niedrigsten ist (Iason, et al., 2002).

In Mitteleuropa leben Wildkaninchen bevorzugt in halboffener Feldflur mit Büschen und Bäumen, Dünen, in Parkanlagen, an Eisenbahndämmen, Böschungen, Erddämmen und auf Friedhöfen. Dank ihrer Anpassungsfähigkeit leben sie in Gegenden, die ihnen nicht das Graben von Bauen ermöglichen, zum Teil auch oberirdisch. Der Aktionsradius der Gruppenmitglieder um den Bau beträgt ca. 150-200 m, dieser kann zur Nahrungssuche auf bis zu 600 m erweitert werden. Durchschnittlich beansprucht eine Kaninchengruppe ein Terrain von etwa 20 ha, was einer Fläche von 28 Fußballfeldern entspricht. Die Grenzen der Gruppenterritorien können sich bei dieser Größe auch überlappen.

Die Temperaturen in den Bauen, die sie bis zu 2m tief in die Erde graben, schwankt,...

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