Die Einführung eines TM-Konzeptes muss auf der Grundlage einer klar definierten und den Mitarbeitern bekannten Unternehmensstrategie erfolgen. Hierfür müssen Visionen und Strategien festgelegt oder, falls bereits vorhanden, dokumentiert und den Mitarbeitern präsentiert werden. Visionen sind als Leitziele für das gesamte Unternehmen zu betrachten. Strategien betreffen hingegen die Ziele der einzelnen Geschäftsbereiche. Es ist nicht erwünscht, diese Ziele im Detail festzulegen.[74]
Vielmehr müssen Kernelemente erfasst werden, welche sich auf technische Veränderungen, neue Gesetze und andere Umwelteinflüsse anpassen lassen. Um eine entsprechende mittel- und langfristige Zieldefinition zu erreichen, müssen Kunden, Produkte und die relevanten Märkte in den Zielfindungsprozess einbezogen werden. Hierbei können Kundenbefragungen und ein Vergleich der Marktposition mit dem stärksten Wettbewerber hilfreich sein.[75]
Die hieraus gewonnen Erkenntnisse führen zur Ableitung der TM-Strategie. Diese stellt eine „Verknüpfung wertfundierter Ziele mit geeigneten Maßnahmen dar“[76]. Innerhalb der Strategie werden Instrumente festgelegt, welche zur Erreichung der Unternehmensziele benötigt werden.
Das Talent-Management soll als Prozess vertikal in die Unternehmenspolitik sowie in die einzelnen Aufgabenfelder der Führungskräfte und Mitarbeiter integriert werden.[77]
Dadurch ergibt sich die optimale Ausgangssituation für die erfolgreiche Umsetzung eines zielorientierten und ganzheitlichen TM-Konzeptes.
Zur Bestimmung der Schlüsselfunktionen muss das Unternehmen sich zunächst einen Überblick über seine Kernkompetenzen sowie die damit im Zusammenhang stehenden Stärken und Schwächen verschaffen.
Innerhalb der Entwicklung der TM-Strategie bietet sich ein branchenunabhängiges Prozess-Benchmarking an. Voraussetzung hierfür ist das systematische Vorgehen bei der Analyse und Validierung der eigenen Geschäftsprozesse. Darauf aufbauend erfolgt der Vergleich mit den Besten, um dadurch eine Best-Practice-Lösung zu generieren.
Die Problematik beruht darauf, den entsprechenden Benchmarking-Partner zu finden, welcher bereit ist, seine Daten und Abläufe offenzulegen. Dies kann nur gewährleistet werden, wenn beide oder mehrere Unternehmen über ähnliche Abläufe verfügen und ein gegenseitiger Lernprozess gewährleistet werden kann. Beim branchenunabhängigen Benchmarking besteht der Vorteil, dass die Benchmarking-Partner nicht im direkten Wettbewerb stehen und sich somit keine Marktanteile streitig machen. [78]
Ziele des Benchmarkings sind:[79]
eigene Stärken und Schwächen zu analysieren;
einen Vergleich zu den Besten herzustellen;
das Gelernte innerhalb der Organisation zu integrieren;
die Optimierung der Geschäftsprozesse zu erreichen.
Nachdem sowohl die Unternehmens- als auch Geschäftsbereichsziele und Kernkompetenzen klar definiert sind, müssen diese Erkenntnisse auf die Ermittlung der Schlüsselfunktionen umgelegt werden. Grundsätzlich soll neben der Auswirkung der Strategie auf alle Funktionen stets die Auswirkung auf die Führungskräfte sowie auf die kundenorientierten Funktionen
(Vertrieb) beleuchtet werden.[80] Denn diese stellen in den meisten Unternehmen Schlüsselfunktionen dar.
Tabelle 1: Ableitung der Schlüsselfunktionen aus den Kernkompetenzen
Quelle: In Anlehnung an: Thomas (2003), S. 47
Wie oben in der Abbildung zu sehen ist, muss zunächst der Bereich festgelegt werden, welcher für das Unternehmen von zentraler Bedeutung ist.
Hierbei kann das Ziel verfolgt werden, Kernkompetenzen auszubauen, Schwächen in Stärken umzuwandeln oder auch neue Stärken zu entwickeln. [81] Dies muss unternehmensspezifisch entschieden werden.
Folgende interne Faktoren beeinflussen diese Entscheidung:[82]
Erweiterung oder Veränderung der Produktpalette
Produktlebenszyklusphase[83]
Rationalisierungsmaßnahmen
Umstrukturierung / Standortwechsel
Änderung der Führungsstrategie
Angestrebte Marktstellung
Änderung oder Erweiterung der Zielgruppe
Marketingpolitik[84]
Wachstumspolitik (aufbauen, halten, ausbauen, abbauen)
Produktions- und Beschaffungspolitik (Make or Buy) ...
Neben den internen Faktoren müssen externe Einflüsse bei der Entscheidungsfindung beachtet werden:[85]
Wettbewerbsverschärfung
Technologieänderungen [86]
Internationalisierung und Globalisierung
Politikänderungen
Gesetzliche Bestimmungen
Bevölkerungsstruktur
Bildungsniveau- und verhalten ...
Nebst den erwähnten Einflüssen und Faktoren muss auch die personale Variable, d. h. der Mitarbeiter in den gesamten Prozess einbezogen werden.
Es muss z. B. über Mitarbeiterbefragungen und -gespräche ermittelt werden, welche Karriere- und Laufbahnvorstellungen die einzelnen Mitarbeiter verfolgen. Außerdem können die gewonnen Erkenntnisse dazu dienen, das Fluktuationsrisiko durch adäquate Mittel zu senken.[87]
Die internen, externen sowie personalen Variablen bilden die Grundlage zur Ermittlung der Anforderungen für die Schlüsselfunktionen als auch der Mengenbedarfsplanung.
Aus den ermittelten Unternehmenszielen sowie den Zielen für die einzelnen strategischen Geschäftsfelder bedarf es nun einer Ableitung der Mitarbeiterqualifikationen. Welche zukünftigen Anforderungen werden an die Mitarbeiter gestellt, um die geplanten Vorhaben zu erreichen?[88] Anforderungen stellen in diesem Zusammenhang „spezifische Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Verhaltensweisen und Eigenschaften dar, welche ein Stelleninhaber aufweisen muss, um die Stelle erfolgreich auszufüllen“.[89]
Grundsätzlich muss ein Soll-/Ist-Abgleich der unternehmensspezifischen bzw. stellenspezifischen Kompetenzen mit den Mitarbeiterkompetenzen durchgeführt werden. Im besten Fall erfolgt dieser Abgleich auf Grundlage eines entwickelten Anforderungsprofils für die einzelnen Schlüsselstellen.[90]
Folgende Unterteilung der individuellen Mitarbeiterkompetenzen in Kompetenzklassen stellt für alle weiteren Instrumente die Grundlage zur Einordnung der Anforderungen,
Kompetenzen und Verhaltensweisen dar:[91]
Fachkompetenz: Beschreibt die fachspezifischen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse, welche ein Mitarbeiter dem Unternehmen zur Verfügung stellt. Darunter fällt die Fähigkeit, mit Hilfe des Fachwissens aufgabenspezifische Probleme zu erkennen, zu strukturieren und entsprechende Lösungsansätze zu generieren. Sie beinhaltet z. B. Berufswissen, sprachliche -und betriebswirtschaftliche Kenntnisse.
Methodenkompetenz: Schwerpunkt ist die Planung und Durchführung der Arbeit (über die fachlichen Kompetenzen hinaus). Zentrale Bausteine sind analytische und konzeptionelle Kompetenzen, sprachliche Kompetenzen (rhetorische Fähigkeiten) sowie berufsspezifische Methodenkompetenzen (Projektmanagement, Qualitätsmanagement, Moderatorenwissen etc.).
Sozialkompetenz: Steht in Verbindung mit der eigenen Persönlichkeit und den eigenen Erfahrungen. Soziale Kompetenz zeichnet...