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Das Reiss Profile

Die 16 Lebensmotive. Welche Werte und Bedürfnisse unserem Verhalten zugrunde liegen

AutorSteven Reiss
VerlagGabal Verlag
Erscheinungsjahr2010
ReiheDein Erfolg 
Seitenanzahl312 Seiten
ISBN9783862001330
FormatePUB/PDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis25,99 EUR
Was ist Ihnen wichtig, was treibt Sie an? Was macht Sie glücklich? Wo kollidieren Wertvorstellungen in Ihnen oder in Ihrem Verhältnis zu anderen? Das Verständnis der 16 Lebensmotive kann Sie in diesen Fragen weiterbringen. Die 16 Lebensmotive des Reiss ProfileTM geben Antwort darauf, welche Werte und Bedürfnisse unserem Verhalten zugrunde liegen. Sie zeigen uns, was uns Spaß macht, was uns Energie gibt, aber auch, was uns unglücklich macht und Kraft kostet, was Konflikte verursacht. Alle Menschen - so die Forschungsergebnisse von Prof. Dr. Steven Reiss - haben 16 Grundbedürfnisse, allerdings in individuell unterschiedlicher Ausprägung. Durch die kombinatorische Vielfalt der Einzelmotive ist Ihr persönliches Profil einzigartig wie ein Fingerabdruck. Mit dem Reiss Profile werden Sie Ihr Verhalten und das Ihrer Mitmenschen in einem neuen Licht sehen. Steven Reiss zeigt, wie sich die Ausprägung bestimmter Lebensmotive auf die Persönlichkeit und auf Beziehungen auswirkt und wie man diese Kenntnisse beruflich und privat, in der Beratung, bei Jugendlichen, in Paarbeziehungen und in der alltäglichen Interaktion nutzen kann.

Steven Reiss ist Professor für Psychologie und Psychiatrie an der Ohio State University und Direktor des Nisonger Center für Mental Retardation. Seine Forschungsarbeiten wurden durch zahlreiche amerikanische Auszeichnungen gewürdigt und in mehr als 35 Sprachen übersetzt. Prof. Reiss ist Begründer der Reiss Profile Motivationsanalyse.

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Leseprobe

Überblick


Wertvorstellungen, nicht eine unbewusste Psychodynamik, sind die Triebkraft für die Psyche des Menschen.

MOTTO DIESES BUCHS

Ich trete für eine neue Auffassung vom Menschen ein, die ich als Motivationsanalyse bezeichne. Psychodynamische Berater und Therapeuten fragen: »Was geschah, als diese Person ein Kleinkind war? Welche Gefühle für ihre eigenen Eltern hat sie tief in ihrem Innern?« Diese Theoretiker erklären die Persönlichkeitsmerkmale von Erwachsenen durch frühe Kindheitserlebnisse, durch Angst und Abwehr; sie sehen viele der gewöhnlichen Probleme im Leben als leichte Formen einer seelischen Krankheit. Im Gegensatz dazu fragen sich Motivationsanalytiker: »Was sind die Lebensziele und die intrinsischen Wertvorstellungen eines Individuums? Was versucht es durch dieses oder ein anderes Verhalten zu erreichen? Kommen die momentane Arbeitssituation und die Beziehungen seinen Wünschen und Wertvorstellungen entgegen oder nicht?« Motivationsanalytiker erklären die Persönlichkeit eines Erwachsenen als Gewohnheiten, durch die die Menschen lernen, ihre Lebensmotive, ihre psychischen Bedürfnisse und ihre intrinsischen Wertvorstellungen umzusetzen. Motivationsanalytiker erklären viele persönliche Schwierigkeiten als Ergebnis nicht erfüllter oder frustrierter Bedürfnisse; dazu gehört möglicherweise ein Wertekonflikt zwischen dem Individuum und seiner momentanen Berufskarriere, seinem sozialen Leben, seinen Beziehungen oder seinem Familienleben.

Die abnorme Persönlichkeit


Sigmund Freud (1963/1916) ging davon aus, dass es drei wichtige Ähnlichkeiten zwischen Persönlichkeitsmerkmalen und Symptomen seelischer Krankheiten gibt: (1) Beide gehen auf Kindheitserfahrungen zurück; (2) beide bringen unbewusste seelische Konflikte zum Ausdruck (dies bezeichnete er als Psychodynamik); (3) beide sind motiviert durch Angst oder den Abbau von Spannung. Aufgrund dieser angenommenen Ähnlichkeiten verwendeten die psychodynamischen Theoretiker eine psychiatrische Begrifflichkeit, um die Persönlichkeitsmerkmale gewöhnlicher Menschen zu beschreiben. Als ich z.B. am Dartmouth College und an der Yale University studierte, brachten mir landesweit bekannte Vertreter der psychodynamischen Theorie bei, dass Misstrauen eine leichte Form von Paranoia ist, Ordentlichkeit eine leichte Form der Zwangsstörung, Traurigkeit eine leichte Form der Depression, eine Scheidung das Resultat unbewusster Triebkräfte, ähnlich jenen, die eine Neurose verursachen, dass Magengeschwüre durch ein starkes Bedürfnis nach anderen Menschen (Abhängigkeit) hervorgerufen werden und dass Fettsucht ihre Ursache im unbewussten Wunsch nach Selbstzerstörung hat. Bis heute ist mir kein wissenschaftlicher Beleg für irgendeine dieser Lehren bekannt geworden (Doan-Sewell, Krueger & Shea, 2001; Kline, 1972).

Psychodynamische Theoretiker verstehen unter Persönlichkeit die von uns aktivierten Verhaltensweisen, die am ehesten Symptomen einer seelischen Krankheit ähneln. Um das Ausmaß einschätzen zu können, in dem Psychologen Persönlichkeitsmerkmale aus Theorien über seelische Krankheiten abgeleitet haben, sollten Sie die im Folgenden aufgeführten beiden Listen miteinander vergleichen. Auf der nächsten Seite finden Sie die zehn Persönlichkeitsmerkmale, wie sie vom Minnesota Multiphasic Personality Inventory erfasst werden (MMPI; Hathaway & McKinley, 1943). Beachten Sie bitte, in welchem Ausmaß sich die Persönlichkeitsmerkmale im MMPI wie eine Liste seelischer Krankheiten lesen. (Die Persönlichkeitsmerkmale in derselben Zeile entsprechen sich nicht.)

Original MMPI

Reiss Motivation Profile

Hypochondrie

mutig/vorsichtig

Depression

sicher/unsicher

Hysterie

auf sich selbst vertrauend/interdependent

Asoziale Psychopathie

redlich/berechnend

Maskuline und feminine Interessen

Sparer/Verschwender

Paranoia

förmlich/nicht förmlich

Psychasthenie

halsstarrig/nicht-direktiv

Schizoidie

organisiert/spontan

Hypomanie

sportlich/körperlich träge

Soziale Introversion

kontaktfreudig/introvertiert

Selbst ein kurzer Blick auf diese beiden Listen zeigt, wie sehr man sich bei der Erfassung der Persönlichkeit gewöhnlicher (normaler) Menschen auf Symptome für Abnormalität konzentriert hat. Obwohl der MMPI inzwischen überarbeitet wurde (Butcher etal., 1989), bleibt dieser Test weiterhin, wie in der ursprünglichen Fassung, auf die Erfassung klinischer Diagnosen und auf Konstrukte fokussiert.

Viele Psychologen sehen Persönlichkeit und seelische Krankheit immer noch als eng miteinander verwandte Konstrukte. Die amerikanische Society for Personality Assessment (SPA) beispielsweise ist eine landesweite Organisation von etwa 4000 Klinischen Psychologen und Sozialpsychologen. Die SPA beschäftigt sich vorwiegend mit der Erfassung klinischer Diagnosen, als hingen die Erfassung der Persönlichkeit und klinische Diagnosen so eng zusammen, wie es Freud behauptet hatte. Nach Claridge und Davis (2003, S. 1) ist es zum Beispiel »selbstverständlich«, dass »psychische Störungen eng mit der Persönlichkeit zusammenhängen«.

Psychopathologie des Alltagslebens


Freud (1963/1916) sah viele gewöhnliche persönliche Schwierigkeiten – wie etwa Scheidung, geringe Leistungsfähigkeit, Traurigkeit und Ungleichgewicht zwischen Arbeit und Leben – als leichte Formen seelischer Krankheiten an. Er formulierte die Hypothese von der »Psychopathologie des Alltagslebens«. Diese Hypothese geht davon aus, dass es einen schmalen Grat zwischen Normalität und Abnormalität gibt; die psychodynamische Theorie begünstigt eine breite Definition von »Störung«. Im Folgenden finden Sie eine unvollständige Liste dessen, was der Psychiater Norman Cameron (1963), Autor eines einflussreichen Lehrbuchs der Psychiatrie, als »Ausdruck der Psychopathologie des Alltagslebens« ansah:

•Ein Geschäftsmann, der einen Wutausbruch bekommt, als seine Urteilsfähigkeit infrage gestellt wird.

•Ein Mann, der sich missverstanden fühlt und sich als Zielscheibe einer ungerechten Kritik empfindet.

•Menschen, die nur für Lob und Anerkennung leben.

•Eine ausdruckslose, verwirrte Frau, die sich zu sehr mit dem Sinn des Lebens beschäftigt.

•Mystische Erlebnisse.

•Eine reiche Person, die immer mehr Reichtum anhäufen möchte.

Cameron legt keine wissenschaftlichen Belege dafür vor, dass irgendeine der persönlichen Schwierigkeiten tatsächlich etwas mit einer seelischen Krankheit zu tun hat, wie etwa einer Schizophrenie, einer Panikstörung oder einer Zwangsstörung.

Als die Freudianer die Grenze zwischen dem, was normal ist, und dem, was abnormal ist, verschwimmen ließen, nahmen die Schätzungen über das Vorkommen psychopathologischer Befunde rapide zu. Bei der Lektüre meiner Tageszeitung erfuhr ich z.B. 2004, dass ein Sportberater 15 Prozent einer Sportlerstichprobe des amerikanischen Sportbunds NCAA als klinisch depressiv eingestuft hatte (The Plain Dealer, 2006). Ich untersuchte 150 Sportlerinnen und Sportler aus dem NCAA, von denen allem Anschein nach nur wenige klinisch depressiv waren. Die meisten von ihnen zeigten ein Verhalten, das nicht mit einer Depression in Einklang zu bringen war: Heiterkeit, Wachheit und Elan. Ich habe den Verdacht, dass der Sportberater »Traurigkeit« mit klinischer Depression verwechselte. Niemanden würde es überraschen, zu erfahren, dass 15 Prozent der Sportler im NCAA unglücklich sind. Aber die Diagnose zu stellen, dass sie seelisch krank sind, geht einfach zu weit.

Die Hypothese von der Psychopathologie des Alltagslebens hat weiterhin einen großen Einfluss. Auch in den heiligen Hallen der führenden...

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