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E-Book

Das Therapiebegleithunde-Arbeitsbuch

Kinder in der Kita stark machen

AutorSimone Steltenkamp
VerlagDogs&Jobs
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl172 Seiten
ISBN9783944473338
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Der Hund ist der beste Freund des Pädagogen, zumindest wenn es um den Einsatz in Kindertagesstätten geht. Doch warum ist es sinnvoll, einen Hund in einer Therapie mit Kindern einzusetzen? Wie gestaltet sich der Alltag in einer Kita? Welche Anforderungen werden dafür an Hund und Halter gestellt und wie sehen konkrete Trainingsinhalte aus? Die Autorin zeigt professionell und praxisorientiert die verschiedenen Möglichkeiten und Herausforderungen der tiergestützten Pädagogik in der Kita auf. Neben Vorschlägen und Tipps, beschreibt sie auch persönliche Erlebnisse, die das Besondere an der Arbeit mit Mensch und Tier verdeutlichen.

Simone Steltenkamp ist Diplom-Sozialpädagogin und Heilpädagogin und immer schon Hundefan. Als Integrationsfachkraft in einer Kita entdeckte sie die tiergestützte Pädagogik für sich. Seitdem hat sich sowohl ihr Wissensstand als auch die Anzahl der Hunde im Haus stetig erweitert. Mittlerweile betreibt sie ihre eigene heilpädagogische Praxis mit Hund. Aktuell begleiten drei Hunde ihr Leben und das ihrer Familie. Außer den Hunden haben ein Ehemann, zwei Söhne und ein Kater das Bleiberecht im Hause Steltenkamp.

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Leseprobe

Kapitel 4


Möglichkeiten der tiergestützten Pädagogik


Die Chancen und Möglichkeiten der tiergestützten Pädagogik sind vielfältig. Besonders in der Arbeit mit Vorschulkindern gibt es eine große Bandbreite an Fähigkeiten und Fertigkeiten, die mit tierischer Unterstützung sehr gut geübt werden können. Dabei merken die Kinder nicht, dass sie üben oder „gefördert“ werden, denn alles geschieht spielerisch und ohne Zwang und Druck. Den Spaß und den Erfolg bemerken sie aber durchaus! Durch den Hund werden die Kinder viel besser motiviert und animiert als durch den Erwachsenen.

Heute ist mein kurzer Tag. Vier Stunden Dienst in der Kita. Darum ist heute Hunde-Tag. Gemeinsam mit meiner Hündin Nelly betrete ich die Einrichtung. Fast sofort sind wir von Kindern umringt, die uns begrüßen wollen und sich freuen uns zu sehen. „Nelly! Nelly ist da!“, ruft Yasemin freudig und stürzt auf uns zu. „Darf ich die Leine haben und Nelly in die Gruppe führen?“, fragt sie aufgeregt. Kaum zu glauben, dass dieses Mädchen vor ein paar Monaten schreiend auf den Gruppentisch sprang, wenn ich mit Nelly den Gruppenraum betrat. Nun ist sie ganz und gar nicht mehr ängstlich, sondern sehr sicher im Umgang mit meiner Hündin und in ihrem Eifer kaum zu bremsen. Sie streichelt Nellys Rücken und wagt sogar eine Umarmung. Ich erlaube ihr, Nelly in die Gruppe zu führen. Sie übernimmt die Leine aus meiner Hand und damit die Führung des Hundes. Ihre Schultern straffen sich, sie wirkt entschlossen. „So ist es richtig, zeig Nelly, dass du der Chef bist!“, ermuntere ich sie noch, obwohl sie diese Bestätigung nicht mehr nötig hat. Mit klarem Blick schaut das vierjährige Mädchen meine Hündin an, die ihren Blick erwidert und den Kopf leicht senkt. „Geh mit“, sage ich zu Nelly, das Kommando für die Fremdführung und somit das Signal für den Hund, mit dem Menschen, der die Leine jetzt hat, mitzugehen. Bereitwillig folgt Nelly Yasemin, die mit festen Schritten Richtung Gruppenraum geht. Ich folge ihnen und bin stolz: Auf Yasemin, die ihre Angst überwunden und an Selbstbewusstsein gewonnen hat. Auf Nelly, die mit ihrer unaufdringlichen Art mitgeholfen hat, Vertrauen aufzubauen wo vorher Angst war. Ich bin froh, ein Teil dieses Prozesses gewesen zu sein und diese Verwandlung einmal mehr miterleben zu dürfen. Es ist so schön, was diese wunderbare Arbeit mit diesen wunderbaren Tieren bewirken kann!

Die Überwindung von Ängsten ist ein Bereich, der auch in der Kita immer wieder eine große Rolle spielt. Dabei geht es nicht nur um die Angst in Bezug auf den Hund. Hunde können gerade in sozialen Kontexten Kinder stärken, die unsicher sind und wenig Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl besitzen. Ich blicke immer wieder in erstaunte Gesichter, wenn Kinder merken, dass ein großer, starker Hund mit gefährlich aussehenden Raubtierzähnen auf sie hört, auf sie, die sich als klein, schwach und oft unterlegen empfinden. Das ist ein wichtiger Aha-Effekt für viele - und kann ein Öffner zu ihren eigentlichen inneren Stärken sein. Der Aufbau von Selbstvertrauen und die Stärkung des Selbstwertgefühls sind für mich fast die wichtigsten und somit essentiellen Bereiche der heilpädagogischen Arbeit, auch der mit dem Hund. In sehr vielen Fällen ist es der Bereich, auf den es letztendlich ankommt, Dreh- und Angelpunkt für einen Erfolg und eine Weiterentwicklung.

Viele Kinder haben Schwierigkeiten, soziale Beziehungen zu gestalten. Sie verfügen noch nicht über genügend angemessene Umgangs- und Kommunikationsformen sowie Konfliktstrategien. Die Stärkung sozialer Kompetenzen ist daher ein weiterer wichtiger Bereich in der Arbeit, die Hunde unterstützen können.

Was bei Kindern ebenfalls oft einer Unterstützung bedarf, sind Konzentration und Aufmerksamkeit. Damit sind Fokussierung, Erhöhung der Konzentrationsspanne, Verringerung der Ablenkbarkeit sowie Verbesserung des Durchhaltevermögens gemeint.

Der große Bereich der Wahrnehmung ist prädestiniert für den Einsatz von Hunden, bieten sie doch Unmengen an Reizen, mit denen sich wunderbar arbeiten lässt. Gerade Kleinkinder benötigen eine Vielzahl von unterschiedlichen Reizen, um ihre Wahrnehmungsfähigkeit und die Fähigkeit, Reize richtig einzuordnen zu schulen. Diese Tatsache macht die Wahrnehmung zu einem der wichtigen Bereiche in der Kleinkindpädagogik und daher auch in der tiergestützten Arbeit mit Kindern dieser Altersstufe.

Natürlich werden auch die Bereiche angesprochen, die mit konkreten Fertigkeiten einhergehen wie Motorik und Sprache. Für entsprechende Angebote zur Förderung dieser Fertigkeiten lassen sich ebenfalls die Hunde nutzen. Sehr beliebt bei den Kindern ist immer wieder der Aufbau eines Parcours für den Hund, den zu überwinden die Aufgabe des Hundes, aber auch des Kindes ist. Hierbei kann entweder der Hund dem Kind die Bewältigung vormachen oder aber umgekehrt.

Bei vielen Kindern im Vorschulalter hapert es noch mit den sprachlichen Fähigkeiten. Pädagogen müssen vorsichtig sein mit der Förderung, damit die Kinder den Mut zum Sprechen und die Freude an der Sprache als wichtigstes gesellschaftliches Kommunikationsmittel nicht verlieren. Oft erleben sie es, nicht verstanden zu werden, sie werden verbessert, es wird für sie gesprochen etc. Insgesamt werden sie immer wieder mit dem Gefühl konfrontiert, nicht richtig zu sein, nicht zu genügen, anders zu sein. Der Hund gibt dem Kind all diese Gefühle nicht, weil es nicht wichtig für ihn ist. Er beurteilt nicht, wertet nicht. Das spürt das Kind und kann sich öffnen. Wenn es nicht mit dem Erwachsenen sprechen kann, geht das vielleicht mit dem Hund! Dem ist es egal, ob es lispelt oder die Wörter falsch ausspricht. Er achtet vielmehr auf die Körpersprache des Kindes, kann daher auch seine Befehle verstehen, selbst wenn sie falsch ausgesprochen werden. Das Sichtzeichen ist daher das wichtige, darauf reagiert der Hund – wenn es ihm so beigebracht wurde.

Hunde lernen Kommandos sowohl auf Wortsignal als auch auf Sichtzeichen auszuführen. Je nach Einsatzgebiet ist es sinnvoll, ihm entweder das eine oder das andere Signal anzutrainieren. Wenn die zukünftige Klientel nicht oder noch nicht feststeht, macht es Sinn, beide Arten zu trainieren. Gerade in der Kita wissen wir nie genau, welche Art Kommando gefragt ist. Es gibt Kinder mit motorischen Defiziten, die vielleicht nicht in der Lage sind, die Sichtzeichen korrekt zu geben. Oder es gibt die Kinder, die Schwierigkeiten haben, die Wortsignale auszusprechen. In jedem Fall ist es gut, wenn der Hund beides beherrscht, so dass im Fall eines Scheiterns mit Weg A immer noch Weg B gegangen werden kann.

Das Kind erlebt sich im Umgang mit dem Hund als selbstwirksam und kompetent. Ausgehend von diesem guten Gefühl können sowohl die Beziehung zum Erwachsenen als auch die Bereitschaft wachsen, an den Schwächen zu arbeiten.

Das wohl schönste und emotional berührendste Erlebnis in diesem Zusammenhang hatte ich mit einem selektiv mutistischen Mädchen.

Seit ein paar Monaten arbeite ich mit der inzwischen sechsjährigen Eva. Sie sprach nur mit ihren engsten Familienmitgliedern und mit einigen Kindern in der Kita, wenn sie mit diesen alleine war. Sobald ein Erwachsener mit im Raum war, verstummte sie. Auch Gestik und Mimik waren deutlich reduziert. Die Diagnose „selektiver Mutismus“ steht erst seit kurzem fest. Durch die Arbeit mit meinem Krümel konnte ich langsam Evas Vertrauen gewinnen. Ich habe zu keinem Zeitpunkt von ihr verlangt zu sprechen, obwohl das manchmal sehr schwer war. Krümel benötigte nie Sprache, um zu verstehen, was Eva von ihm wollte. Das muss sehr wohltuend für sie gewesen sein, denn der Druck von außen wurde immer größer: Die Schule stand an! Auch wenn sich Evas Eltern alle Mühe gaben, das Mädchen nicht unter Druck zu setzen, wird das Mädchen diesen unausgesprochenen, sehnlichen Wunsch gespürt haben, sie möge doch endlich anfangen sich zu öffnen und sprechen.

Die Arbeit mit Eva gestaltete sich mühsam, es gab nur ganz kleine Zeichen des Fortschritts. Während sie anfangs noch zurückzuckte, wenn ich sie berührte, um beispielsweise ihre Hand zu führen, damit sie ein Sichtzeichen korrekt ausführen konnte, ließ sie es nach einer Weile bereitwillig zu. Auch ihre Gesten wurden ausladender, freier. Sie fing an mit ihrer Mimik zu spielen. Nach einiger Zeit nahm sie sogar aktiv Kontakt zu mir auf, indem sie ein dialogisches Spiel initiierte. Aber: es kam kein einziges Wort von ihr. Als Kommunikationsmittel hatte ich anfangs das Malen von Bildern ausgewählt; darüber teilte mir Eva einiges mit. Außerdem war sie in der Lage, in das Handy ihrer Mutter zu sprechen, so dass über dieses digitale Medium so etwas wie eine Unterhaltung stattfinden konnte. Dies wollte ich auch in die Stunden mit aufnehmen (durch den Gebrauch von Walkie-Talkies, die ich mir besorgen wollte). Das sollte ich jedoch nicht benötigen.

Den Kontakt zum Hund hatte sie schon sehr schnell aufgebaut. Da dieser ihrer gesprochenen Sprache nicht bedurfte und sie...

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