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Dazu stehe ich

Mein Leben

AutorUlrich Parzany
VerlagSCM Hänssler im SCM-Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl368 Seiten
ISBN9783775171984
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis17,99 EUR
'Meine Lebensberufung ist die Verkündigung des Evangeliums von Jesus Christus. Vor allem die Verkündigung für Menschen, die Jesus Christus noch nicht nachfolgen.' Seine besondere Hingabe zeigt sich bereits als er mit 14 Jahren eine Entscheidung für Jesus Christus trifft. Durch seine leidenschaftlichen Predigten bei Pro Christ wird er schließlich europaweit bekannt. In seiner spannenden Autobiografie spricht der Autor Klartext und zeigt die Herausforderungen für Christen heute.

Jahrgang 1941, war Leiter der Projektarbeit von ProChrist. Er war Vikar in Jerusalem, Jugendpfarrer in Essen und Generalsekretär des CVJM-Gesamtverbandes in Deutschland. Mit seiner Frau Regine lebt er in Kassel, hat drei Kinder und fünf Enkel.

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Leseprobe

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]

Kapitel 2
Behütet in Schreckenszeiten


Geschenk oder Zumutung?


Am Beginn meines Lebens erlebte ich den Widerspruch zwischen den tatsächlichen Schreckensereignissen, die auch meine Umwelt direkt betrafen, und der kindlichen Geborgenheit in meinem Elternhaus. Meine Mutter, Friedel Parzany, geborene Steinhoff, war bei meiner Geburt 22 Jahre alt. Mein Vater, Kurt, 27 Jahre. Ich betrachte mein Leben als ein Geschenk Gottes, weiß aber, dass sich das nicht von selbst versteht. Viele empfinden ihr Leben als eine Zumutung und hadern mit der Tatsache, dass sie überhaupt geboren wurden. Viele sind nicht willkommen in dieser Welt.

In Deutschland, einem der reichsten Länder der Welt, werden Jahr für Jahr über 100 000 Kinder im Mutterleib getötet, weil sie nicht als Geschenk, sondern als Störung und unerträgliche Last empfunden werden. Sie alle bekommen gar nicht erst die Chance zu entscheiden, ob sie ihr Leben als Geschenk annehmen wollen oder nicht. Und ist es andererseits im Interesse der Kinder, sie in eine Welt zu setzen, die von Katastrophen aller Art bedroht ist? Doch seit dem Sündenfall des Menschen gibt es keine Welt ohne Leid und Schrecken mehr.

Die ersten sieben Jahre meines Lebens müssten mich eigentlich traumatisiert haben. Ich wurde im Krieg geboren und erlebte Trümmer und Not der Nachkriegszeit im Ruhrgebiet. Meine Frau Regine wurde ebenfalls im Krieg in Ostpreußen geboren und musste vor Ende des Krieges mit ihrer Mutter und zwei Brüdern über die Ostsee nach Dänemark fliehen. Sie lebte bis zum Beginn ihrer Schulzeit unter beschwerlichen Bedingungen in einem Internierungslager dort. Wir haben uns gelegentlich gefragt, ob wir schlimme Erlebnisse zu verarbeiten hatten. Wir konnten uns an keine solchen Erfahrungen erinnern. Haben wir sie verdrängt? Wir sind uns dessen nicht bewusst. In den Jahren nach dem Tod unserer Eltern haben wir bedauert, dass wir sie nicht intensiver über Einzelheiten und Zeiten ihres und unseres Erlebens ausgefragt haben.

Sie haben die Auskunft nicht verweigert, wenn wir auf Krieg und Nachkriegszeit zu sprechen kamen. Meine Schwiegermutter erzählte mit tiefer Erschütterung vom Sterben der kleinen Ingrid in Ostpreußen. Ingrid war ein Jahr älter als Regine und starb an Diphtherie und Scharlach, als sie zwei Jahre und drei Monate alt war. Auch die dramatische Flucht mit dem Schiff nach Dänemark, unmittelbar nachdem das Passagierschiff »Wilhelm Gustloff« am 30. Januar 1945 mit wohl mehr als 9 000 Menschen vor der pommerschen Küste von einem sowjetischen U-Boot versenkt worden war, schilderte sie mit Tränen in den Augen. Meine Eltern haben mehr erzählt, als ich behalten habe. Im Nachlass meiner Mutter fand ich ein Bündel Briefe, die mein Vater während des Krieges an sie geschrieben hatte. Beim Lesen dieser Briefe, in denen es ja auch um mich ging, habe ich nachträglich die Schrecken und Nöte dieser Zeit empfunden. Die Informationen, die ich auch vorher über die Ereignisse der Kriegsjahre hatte, haben mich nie so tief getroffen wie das, was ich in den Briefen meines Vaters las – er hatte es selbst erlebt!

Mein Vater musste elf Tage nach meiner Geburt Soldat werden. Bis dahin war er wegen seiner beruflichen Tätigkeit als Ingenieur in der Wasserkraftabteilung des Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerks (RWE) als unabkömmlich eingestuft und vor dem Militärdienst bewahrt worden. Er musste seine Grundausbildung in Aachen machen und kam zu den Pionieren. Seine Kompanie, die zu einem technischen Bataillon gehörte, war in der Ukraine und in Russland, am Ende des Krieges im Ruhrgebiet eingesetzt. Er kam am 17. April 1945 in amerikanische Kriegsgefangenschaft und wurde am 1. März 1946 entlassen. In diesen fünf Kriegsjahren konnten meine Eltern nur wenig Zeit miteinander verbringen.

Aus der Zeit, die mein Vater im Osten war, ist nur ein Brief erhalten. Er schrieb ihn am 7. Juli 1942 zum Geburtstag meiner Mutter am 14. Juli. »O.U.« steht vor dem Datum, was nach den bei der Wehrmacht damals üblichen Abkürzungen »ohne Unterkunftsangabe« bedeutete.4 Bei diesem Brief fand sich auch noch eine vergilbte Spruchkarte mit den Worten von Wilhelm Raabe: »Das Ewige ist stille, laut die Vergänglichkeit; schweigend geht Gottes Wille über den Erdenstreit.« Auf der Rückseite steht der handschriftliche Vermerk meines Vaters: »Aus dem Feldgottesdienst am 2. August 42 in Artemowsk.« Höchstwahrscheinlich stammt auch der Brief vom 7. Juli 1942 aus Artemowsk in der Ukraine. Ich war zu der Zeit ein Jahr und drei Monate alt. Beim Lesen dieses Briefes erlebte ich einen emotional sehr starken Rückblick in die frühe Zeit meines Lebens, die ich ja nicht bewusst erinnern kann. Ich zitiere darum einiges aus diesem Brief:

»Meine liebe Friedel!

Die Wasserwogen im Meer sind groß und brausen mächtig, der Herr aber ist noch größer in der Höhe.

Ich bin der Herr, und ist außer mir kein Heiland!

Ohne dich, wo käme Kraft und Mut mir her?

Ohne dich, wer nähme meine Bürde, wer?

Ohne dich zerstieben würde mir im Nu Glauben, Hoffen, Lieben.

Alles, Herr, bist du!

Mit diesen Worten und dem 2. Psalm grüße ich Dich, meine geliebte Friedel, an Deinem Geburtstag. Wo sollte mir Kraft herkommen, fröhlich an Dich zu schreiben, wenn nicht von unserem Herrn. Der zweite Psalm lässt uns mit Macht seine Größe und Herrlichkeit schauen und alles Sorgen nach hinten werfen. Ich bitte ihn, dass er Dir heute ein tapferes und fröhliches Herz gebe und Dir im kommenden Lebensjahr Gesundheit schenke und Deine Bitten und meine Bitten erfülle. Den ganzen Tag sind meine Gedanken bei Dir, mein Lieb. Hat Dein Junge Dir auch zum Geburtstag gratuliert? Grad heute sah ich das Sorgen einer Mutter für ein Kind. Nach dem Mittagessen ging ich mit einer Reihe Kochgeschirre hinaus, um zu spülen. In einem war noch Linsensuppe. Auf dem Flur traf ich eine Frau, die hier putzt. Sie hatte ihren Jungen an der Hand und bat um die Suppe, die ich ihr gern gab. Als ich mit dem gespülten Kochgeschirr zurückkam, dankte sie ganz herzlich. Ich schnitt Brot ab und schmierte dick Margarine darauf und gab es dem etwa vierjährigen Jungen. Er nahm es gern, aber in der Mutter Augen leuchtete es und sie fand kaum ein Wort. Ich sah in diesem Augenblick die Liebe einer Mutter zu ihrem Kind, die nicht für sich bettelt, sondern für ihr Kind. Meine Gedanken gingen zu Dir, mein Lieb, und ich dankte, dass ich wissen durfte, dass Du nicht in solcher Not leben musst. Wenn ich an die Zukunft denke, dann wird mir oft bange um uns und unseren Jungen, denn wahrhaft gefährlich ist es, in die Hände der Menschen zu fallen. Aber da ist wieder mein Geburtstagsgruß an Dich, der 2. Psalm. Der im Himmel sitzt, lachet und spottet ihrer. Ach, Friedel, dabei wird das Herz fröhlich und zuversichtlich. Dasselbe lese ich immer wieder aus Deinen Briefen, die ich am Samstag in rauen Mengen bekommen habe …«

Ich will einige Daten und Geschehnisse in Erinnerung rufen, um den Kontrast zu meinen geradezu grotesk idyllischen persönlichen Erinnerungen deutlich zu machen.

Diktatur, Gewalt und Zerstörung


Mit dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 hatte Hitler den Zweiten Weltkrieg begonnen. Die Naziherrschaft bedrohte die Welt. Deutsche Truppen standen im Februar 1941 in Nordafrika, eroberten im April 1941 Athen. Im Juni 1941 begann der Überfall auf die Sowjetunion. Die Zahl der Angehörigen der deutschen Wehrmacht stieg im Jahr 1941 von 1,5 Millionen auf 7 Millionen!

Am 31. Juli 1941 beauftragte Hermann Göring den SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich mit der Organisation der sogenannten »Endlösung der Judenfrage«. Die Massendeportation von Juden in die Vernichtungslager begann Ende 1941. Das war mein Geburtsjahr.

Die deutsche Wehrmacht führte den »Vernichtungskrieg« im Osten. Etwa 27 Millionen Sowjetbürger starben. Die Schlacht um Stalingrad tobte seit Sommer 1942. Die 6. Armee unter General Paulus kapitulierte dort am 31. Januar 1943. Joseph Goebbels hielt am 18. Februar 1943 im Berliner Sportpalast seine berüchtigte Propagandarede und verkündete unter tosendem Beifall den »totalen Krieg«. Am gleichen Tag wurden in München die Geschwister Scholl verhaftet und am 22. Februar 1943 zum Tode verurteilt und hingerichtet.

Am 6. Juni 1944 begann die alliierte Invasion in der Normandie. Am 20. Juli 1944 scheiterte das Attentat auf Hitler in Ostpreußen. Am 9. April 1945 wurde Dietrich Bonhoeffer im Konzentrationslager Flossenbürg hingerichtet. Seit Anfang 1945 eroberten die alliierten Truppen Deutschland. Am 30. April 1945 beging Hitler Selbstmord. Die deutschen Truppen kapitulierten endgültig, als die Rote Armee in Berlin einmarschiert war. Am 8. Mai war der Zweite Weltkrieg in Europa vorbei. Deutschland wurde in die amerikanische, britische, französische und sowjetische Besatzungszone aufgeteilt. In Asien ging der Krieg erst am 15. August 1945 mit der Kapitulation Japans nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki zu Ende.

Die Sorgen der Eltern


Schreckliche Zeiten. Die Familien meines Vaters und meiner Mutter lebten in Essen, waren also von der Bombardierung des Ruhrgebiets, das ja ein Zentrum der deutschen Rüstungsindustrie war, direkt betroffen. Wie schon erwähnt, war mein Vater 1942 und 1943 als Soldat in der Ukraine und in Russland, 1944 und 1945 wurde er im Ruhrgebiet eingesetzt. Im Jahr 1944 nahm er einige Monate...

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