Emotionen kommen immer wieder hoch, besonders, wenn’s mal nicht klappt. Doch nicht die einzelne Niederlage entscheidet über den Erfolg, sondern meist der Umgang mit ihr. Hoch motivierte Menschen können Ziele dadurch erreichen, dass sie sich deren Verwirklichung vorstellen. Doch natürlich muss die Denkweise zur psychischen Konstitution passen. Erfolgsdenken allein hilft noch nicht auf die Sprünge.
Wer Emotionen zulässt, gewinnt
Die meisten Menschen tun sich schwer, über Ängste zu sprechen und Selbstzweifel zuzugeben. Besonders im Sport widerspricht das dem Heldenmythos. Dabei gehören starke Emotionen im Büro, in der Kunst und auch im Sport zu den Triebfedern für außergewöhnliche Leistungen.
K.-o.-Gedanken führen ein Eigenleben im Kopf und werden mit der Zeit immer dominanter. Menschen, die sich aus Prinzip gegen eine Verhaltensreflexion wehren, vergessen eines allzu leicht: dass sich Empfindungen, die sie als Gefühlsduselei abtun, genauso wenig abschalten lassen wie der Pulsschlag oder die Verdauung. Wer das nicht einsieht, weil er sich keine Blöße geben möchte, bei dem nagt der Selbstzweifel stets im Hinterkopf.
Viele Menschen werden von Ängsten gequält – trotz eines komfortablen Lebens. Sie fürchten sich vor dem Abstieg, vor Fehlern und vor Wettkämpfen, vor all den Widrigkeiten des Lebens. Im Alltag sehen sie sich in permanenter Konkurrenzsituation. Alles wird verglichen: Körper, Kinder, Kontostand. Medial inszenierte Idealbilder bläuen uns ein, wie wir auszusehen, zu wohnen, zu essen und zu trinken haben. Und eben auch, wie wir erfolgreich Sport betreiben sollen.
Manchmal sieht man Leute, die trotz innerer Hingabe und guter sportlicher Ansätze nicht vorankommen. Zu schnell brennt bei ihnen eine Sicherung durch. Und zu lange brauchen sie, um sich dann wieder zu fangen. Die meisten Menschen haben ja nie richtig gelernt, mit Nervosität umzugehen – im Gegensatz etwa zu Ärzten, Polizisten und Piloten, die nach einem Auswahlprozess vom ersten Tag ihrer Ausbildung an auf Extremsituationen vorbereitet wurden.
Vergleichbare Situationen lassen den einen verzweifeln, während ein anderer sie als Anreiz sieht, um sein Potenzial zu entfalten. Stress macht sich erst dann breit, wenn man meint, bestimmte Ansprüche nicht erfüllen zu können. Deshalb sollte jeder prüfen, was er selbst tun kann, um Stress einzudämmen oder zu verhindern.
Wer vor einer schwierigen Aufgabe, Präsentation oder Prüfung schon im Vorfeld zu sich sagt: »Du brauchst keine Angst zu haben, es wird schon nicht so schlimm«, zieht sich mental runter. Die Schlüsselwörter »Angst« und »schlimm« bleiben im Kopf hängen und belasten. Wir strahlen aus, was wir von uns denken. Trostspendende Allerweltsätze sind in Krisenphasen keinen Pfifferling wert. Von wegen »Kopf hoch«, »Andere sind noch schlechter!« oder »Mensch, reiß dich zusammen, es wird schon wieder!«, auch wenn’s objektiv gesehen sogar stimmen mag. Es tut jedem weh zu verlieren. Wenn die Seele Not leidet, gibt es keine gewöhnlichen Niederlagen. Jeder Misserfolg – egal, ob beim Sport oder im Berufsalltag – wird dann zum Desaster erklärt. Doch wer sich ständig überfordert, verliert den Blick fürs Wesentliche. »Du darfst keine Fehler machen!«, »Hoffentlich geht nicht so viel schief«, »Das packe ich ja doch nicht«: Weg damit!
Gedanken erzeugen Gefühle und schlagen sich oft schmerzlich auf das Verhalten nieder, haben körperliche Reaktionen zur Folge. Es ist nie zu spät, seine Einstellung zu ändern. Sobald man sich bei einem negativen Gedanken ertappt, ersetzt man ihn durch ein positives Gegenargument. Negative Sätze sollten am besten ganz aus der Gedankenwelt gestrichen werden. Tipp: Betten Sie interessante Gedanken in Geschichten ein. Sogar in der Bibel sind es die Geschichten, die uns dazu bringen, darin zu lesen. Motivation ist ohne Geschichtenerzählen schwer möglich. Selbst eine mathematische Gleichung ist eine Geschichte.
Negatives in Positives wenden
Unser Gehirn hört wirklich zu, wenn wir Geschichten mit unseren Gedanken verbinden, wenn wir Negatives in Positives wenden. Der Einsatz von guten Antreibern verbessert die innere Einstellung. Doch ganz so einfach funktioniert das Gedankendrehen bei vielen Menschen nicht, weil sie unterschätzen, wie viel Disziplin man braucht, um sich vor neuen Aufgaben oder Herausforderungen sinnvoll starkzureden, etwa mit Sätzen wie:
- Ich bin gut vorbereitet und bleibe ganz ruhig.
- Ich bin jetzt mutig und lass mich nicht hängen.
- Das werde ich genießen und schaffen.
- Das packe ich noch.
- Daraus werde ich lernen.
- Ich schaffe das – wie vieles zuvor.
Erfolgreiche Sportler führen gern positive Selbstgespräche. Diese Antreiber, also Motivatoren, helfen ihnen in Stresssituationen, zuversichtlich an die Sache ranzugehen. Erfolgreiche Sportler wissen, aufmunternde Gedanken strahlen auf den ganzen Körper aus und richten einen auf, weil die Gefühlslage und die Körperhaltung dieselbe Sprache sprechen.
Oft ist das Abrufen freudiger Erinnerungen der Schlüssel zum Erfolg. Gedanken an einen zurückliegenden Sieg, ein schönes Erlebnis oder eine erfreuliche Einsicht wirken erlösend und setzen Glücksgefühle frei. Gute Erinnerungen auf der »Festplatte im Kopf« zu speichern und sie vor neuen Aufgaben abzurufen ist eine wirksame mentale Technik.
Diese Reminiszenztechnik hilft in akuten wie andauernden Stresssituationen, gezielt an vergangene, positiv verlaufene Ereignisse anzuknüpfen. Die Erfahrung, eine Situation gemeistert zu haben, wirkt positiv nach. Jeder, wirklich jeder von uns verfügt über ein Repertoire an schönen Erinnerungen. Nur wird die stressmindernde Wirkung dieser Reminiszenztechnik selten genutzt, weil man sie halt nie erprobt hat.
Allein durch Erfolgsdenken bleibt meist alles beim Alten
Alltagsstress, Krisen und Konflikte lösen sich natürlich nicht allein durch »Tschakka-Tschakka«-Geschrei auf. Ebenso wenig beim Lauf über glühende Kohlen. Auch wird der Belastungspegel durch das Warten auf ein Wunder nicht geringer.
Hilfesuchende, die zwanghaft positiv denken wollen, bewältigen so in schweren Zeiten kaum ihre Probleme. Es nützt auch nichts, sich im Austausch mit anderen in seinen Absichten nur bestärken zu lassen. Dabei redet man sich bloß günstige Eigenschaften oder Bedingungen ein, für die es mit klarer Sichtweise auf die Anforderungen oft an den Grundlagen fehlt. Es ist gefährlich, einfach zu glauben und darauf zu vertrauen, dass alles gut ausgeht, wenn nur positiv gedacht wird.
Wer sich zu leicht zu optimistischer Zuversicht verleiten lässt, sollte prinzipiell sein Vorhaben hinterfragen: Was ist das Schlimmste, was passieren kann? Besonders bei Leuten mit grandiosen Fantasien, insbesondere mit dem Hang, sich Dinge schönzureden und durch die rosarote Brille zu sehen, ist der Blick für Fallstricke getrübt. Fantasieerfolge verführen oft dazu, die erwünschte Zukunft zu früh zu genießen. Es bringt nichts, sich zu stark mit Luftschlössern zu beschäftigen. Warum? Die Wirkung der Träume im Kopf kann leicht verpuffen, weil die Wirklichkeit sie letztendlich platzen lässt.
Es gibt Situationen, da ist es besser, sich Misserfolgsszenarien hinzugeben. Es kann von unschätzbarem Wert sein durchzuspielen, was alles schiefgehen kann – wenn rechtzeitig ein Plan B vorliegt. Dieser Notfallplan kann ein Mix aus positiven Fantasien und Reflexionen über die Realität sein. Mit dem Ausmalen der erwünschten Zukunft, aber auch mit dem Vorstellen möglicher Hindernisse zeigen sich bereits Lösungen im Vorfeld, die in der Konsequenz ein gutes Ende in Aussicht stellen.
Seelische Stärke gezielt trainieren
Was heißt eigentlich »mental gut drauf«? Mentale Stärke zeichnet jene aus, die unter Druck ruhig bleiben und im Rahmen ihrer Fähigkeiten realistisch denken können. Sie ist nichts weiter als die Fähigkeit, sein Potenzial auszuschöpfen.
Es gibt bei Druck im Alltag – oder im Golfturnier – keine Patentlösung. Doch generell gilt: Jeder hat die Anlagen in sich, mentale Stärke mobilisieren zu können, um, wenn es darauf ankommt, sein Bestes zu geben. Erkenntnisse der modernen Hirnforschung helfen dabei, diese persönliche mentale Stärke (Mental Toughness, wie Experten sagen) abzurufen.
Die Grundzüge des mentalen Trainings werden seit einigen Jahren von der Sportpsychologie intensiv erforscht. Sie funktionieren nach den leicht zu merkenden vier C:
- Control
- Commitment
- Challenge
- Confidence
1. Control: Darunter versteht man die Gewissheit, seine Gefühle beeinflussen und trotz aller Widrigkeiten des Lebens die Kontrolle über sich behalten zu können. »Emotionen und Aktionen sind aufs Engste miteinander verbunden«, lehrt der niederländische Psychologe Nico Frijda, einer der Vordenker der Emotionsforschung. Er ist der Überzeugung: Wer sein Handeln bestimmen will, muss zuerst seine Gefühle unter Kontrolle bekommen.
2. Commitment: Dabei geht es um die Bereitschaft, sich bei dem, was man tut, voll einzubringen und alles dafür zu geben.
Tiger Woods war in seiner besten Golferzeit als Herzensbrecher bekannt. Die Zuschauer liebten ihn wegen seiner Spielweise. Wenn er bei einem Turnier seine Teilnahme zusagte, schossen die Einschaltquoten bei den TV-Sendern durch die Decke. Leidenschaft war für ihn lebenswichtig. Auch heute ist Tiger immer noch ein Spieler, der stets alles geben will – um sein...