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Den Wortschatz entdecken

Theorie und Praxis der Förderung semantisch-lexikalischer Sprachkompetenzen in Unterricht und Therapie

AutorTimm Albers
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl99 Seiten
ISBN9783638805148
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis27,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2002 im Fachbereich Pädagogik - Heilpädagogik, Sonderpädagogik, Note: 1,0, , 49 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Angesichts der sich ständig verändernden begrifflichen Strukturierungsprozesse in der kindlichen Wortbedeutungsentwicklung stellt sich die Frage, wie sich die Begriffssysteme der Schülerinnen und Schüler dem Sprachsystem der Erwachsenen annähern können, wie sie begriffliche Kriterien entwickeln und verallgemeinern, Begriffe ordnen und miteinander vernetzen. Ein Zugang zum Begriffssystem der Kinder erschließt sich nur über eine Analyse der kindlichen Begriffskriterien. Die epigenetische Entwicklungstheorie (vgl. SZAGUN 2001, 14) bildet dabei das Fundament entwicklungsgemäßer Betrachtung von Wortbedeutungsentwicklung im Kontext Schule. Schlüsselwörter: Wortbedeutung, Begriffssystem, Begriffskriterien, Sprachförderung im Unterricht In view of a continuous alteration of the child's semantic concepts, the question occurs, how children manage to achieve semantic markers and establish organized structures of the meaning of terms and words. Analyzing the child's language-system helps us to understand the process of language acquisition of children with specific language impairments. An epigenetic theory of development (SZAGUN 2001, 14) implies a process-orientated view on the child's language system and provides the basis of intervention in school. Keywords: language acquisition, level of the lexicon, semantic markers, epigenetic theory

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Leseprobe

7 Individuelle Prozessanalyse und Wortbedeutung


 

Der Unterricht für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf berücksichtigt die individuelle Entwicklungssituation, die physisch-psychischen Voraussetzungen und das Umfeld der Schülerin oder des Schülers. Die sonderpädagogische Förderung orientiert sich auch im Förderbereich Sprache an den Ressourcen der Kinder, das heißt, sie setzt an den Stärken und Voraussetzungen von Schülerinnen und Schülern sowie an den förderlichen Bedingungen ihres lebensweltlichen Zusammenhangs an (vgl. Erlass Sonderpädagogische Förderung, Niedersächsisches Kultusministerium 2005). Sonderpädagogische Förderung bezieht Fähigkeiten und Erfahrungen, Interessen und Neigungen, Sorgen und Nöte der Kinder und Jugendlichen ebenso ein wie Belastbarkeit, Lernvermögen, Lerntempo und Motivation sowie fördernde und hemmende Bedingungen des Umfelds. Wie eingangs bereits dargelegt, stellt die Einbeziehung des individuellen Entwicklungskontextes eine Herausforderung an Therapeut und Lehrkraft dar, ist jedoch insbesondere im Bereich semantisch-lexikalischer Sprachkompetenzen von besonderer Bedeutung, da es gilt, die individuellen Zugänge des Kindes zum Wortschatz zu beleuchten.

 

Im Vordergrund dieser individualisierten qualitativen Diagnostik im Vergleich zur quantitativ ausgerichteten klassischen Testdiagnostik steht dabei die Erkenntnis, dass jede Diagnose nur eine Momentaufnahme durch den beteiligten Therapeuten oder Lehrer ist und sich jederzeit ändern kann. Vorhersagen aufgrund diagnostischer Beobachtungen können bereits das Vorhergesagte verändern (vgl. Eggert, 2000). Die sprachliche Entwicklung eines Kindes also stets als ein ständiger Prozess der Veränderung gesehen werden.

 

Durch vielfältige Angebote im Unterricht und Therapie, die sprachliches Handeln evozieren, soll die Entwicklung von Haltungen, Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten in allen Kompetenzbereichen gefördert und unterstützt werden. Damit dies keine inhaltsleere Aussage bleibt, die dem Therapeuten zwar als Leitidee präsent ist, nicht aber konkrete Handlungsmöglichkeiten offen legt, ist die Formulierung konkreter Förderziele auf der Grundlage der Feststellung individueller Lernausgangslagen für jedes Kind handlungsleitendes Prinzip. 

 

Individuelle Förderpläne sind nicht nur zentrales Anliegen sonderpädagogischer Förderung, sondern Grundlage jeder pädagogischer Förderung mit dem Leitprinzip der Individualisierung. Dies bezieht sich nicht nur auf Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf, sondern wird in Zukunft auch Qualitätsmerkmal der Regelschulen sein. 

 

Im gemeinsamen Unterricht dient die Darstellung der individuellen Förderziele mit Hilfe der Entwicklungspläne dem Austausch und der gezielten Zusammenarbeit der Lehrerinnen und Lehrer, die Schülerinnen und Schüler unterrichten, fördern oder betreuen. Ziel der Förderung ist dabei, die bestmögliche Förderung für eine Schülerin bzw. einen Schüler zu erreichen. Dies gilt auch im Bereich Sprachförderung (vgl. Dawid 2004).

 

Der zum 01.08.2005 in Niedersachsen in Kraft getretene Erlass Sonderpädagogische Förderung sieht für den Förderschwerpunkt Sprache die Bestimmung und Berücksichtigung individueller Sprachförderziele für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf im sprachlichen Handeln vor. Aufgabe sonderpädagogischer Förderung im Bereich Sprache ist es also gemäß Grundsatzerlass, die sprachliche Beeinträchtigung und deren Auswirkungen in ihrem jeweiligen Bedingungsgefüge zu ermitteln und individuelle pädagogische Fördernotwendigkeiten für Erziehung und Unterricht abzuleiten. Dabei wird die Erhöhung der sprachlichen Handlungsfähigkeit unter den individuell zu ermittelnden Bedingungen des Kindes als Sprachlich Handelnder als Ziel jeder Sprachförderung ausgewiesen.

 

Ziel ist es in diesem Zusammenhang, den Schülerinnen und Schülern sprachliche Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen und Sprache als Mittel und Gegenstand sprachlichen Handelns nutzbar zu machen, so dass sie ihre individuelle Sprachhandlungskompetenz erweitern können. Die Bestimmung und Berücksichtigung individueller Sprachförderziele wird im Grundsatzerlass somit als Leitprinzip sonderpädagogischer Förderung benannt.

 

Sprachbehindertenpädagogisches Handeln wird jedoch erst sinnvoll durch den Bezug zum aktuellen sprachlichen Wissen des Kindes und optimale (Weiter-) Entwicklung der sprachlichen Fähigkeiten. Dies setzt die Kenntnis des Schülers als sprachlich Handelnder in seinen individuellen sprachlichen Bezügen im Sinne einer Kind- Umfeld –Analyse ebenso voraus wie das Wissen um sprachliche Kompetenzen der Schüler und um Diagnostische Verfahren zur Ermittlung seines Sprachstandes.

 

Hier wird der Förderplan als Instrument pädagogischer Diagnostik und individueller Förderung herangezogen.

 

Die Förderplanung klärt den aktuellen Lern- und Entwicklungsstand einer Schülerin bzw. eines Schülers ab und beschreibt seine Lernausgangslage. Darauf aufbauend formuliert sie Ziele und Maßnahmen, die zum Aufbau von alters- und situationsangemessenem Verhalten, zum Aufbau von Motivation, zur Entwicklung kognitiver und sprachlich/kommunikativer, motorischer und sozialer Kompetenzen beitragen.

 

Die Förderplanung verzahnt fachdidaktische Anliegen mit entwicklungsspezifischen und fachrichtungsspezifischen Förderaspekten. Sie bietet Hinweise auf Umsetzungsmöglichkeiten im Unterricht und für die Unterrichtsvorbereitung. Sie versteht sich als Prozess- und Entwicklungsdiagnostik.

 

Die Förderplanung wird prozessual und flexibel fortgeschrieben. Die erzielten Ergebnisse eines Förderplanes sind demnach nicht „festgeschrieben“, sondern dienen der Ausweisung entwicklungsproximaler Lernziele und müssen in der unterrichtlichen Arbeit laufend überprüft und aktualisiert werden. Eine zeitliche Orientierungsgröße ist die vierteljährliche Fortschreibung der individuellen Förderpläne, kürzere Überprüfungsabstände können je nach individuellen Erfordernissen notwendig werden. Diese prozessimmanente Diagnostik sichert den Lernzuwachs des einzelnen Schülers und macht seine Entwicklungsfortschritte transparent (vgl. Dawid 2004).

 

Zur Erstellung des Förderplans sind Analysekriterien hilfreich, die auf dem Hintergrund eines übergeordneten sprachbehindertenpädagogischen Bezugssystems Kriterien für die Erstellung des Förderplans bereitstellen. Das Sprachhandlungskonzept liefert Beschreibungskriterien für die Analyse der Sprachkompetenzen des Kindes und stellt diese in den Zusammenhang Kind-Umwelt und ist damit konform zum neuen Grundsatzerlass.

 

Folgende Leitfragen determinieren ein sprachbehindertenpädagogisches professionelles Handeln gemäß dem Sprachhandlungskonzept und ermöglichen gleichzeitig wichtige Informationsgewinnung für die Förderplanung (vgl. Ahrbeck / Schuck / Welling 1992):

 

Wie und warum entwickelt ein Kind unter welchen Voraussetzungen seine Sprache?

 

Unter welchen Bedingungen und Voraussetzungen ist seine Sprachentwicklung in welcher Form und warum gestört?

 

Welche Bedingungen und Voraussetzungen sind pädagogisch herzustellen, damit sprachlich beeinträchtigte Kinder sich in ihrem sprachlichen Handeln weiter entwickeln können?

 

7.1 Analyseebenen


 

Es werden drei Analyseebenen beim Verfassen individueller Förderpläne für den Bereich Sprache unterschieden:

 

1. Biographische Analyse

2. Sprachhandlungsanalyse

3. Mikroanalyse der Sprache

 

Zunächst erfolgt eine biographische Analyse, d.h. die Rekonstruktion der individuellen Sprachentwicklungsgeschichte des Kindes mit seinen individuellen Entwicklungsbedingungen im Sinne einer Kind-Umfeld-Analyse. Zielfrage hierbei: Welche Informationen erhalte ich über das Kind in seinen sozialen Gefügen, über die Biographie des Kindes?

 

Damit eng verbunden ist die Sprachhandlungsanalyse, die die Rekonstruktion der Sprachverwendung des Kindes beinhaltet. Hier geht es darum, zu erschließen, wie und unter welchen Bedingungen das Kind seine Sprache zum Erreichen seiner Handlungspläne und Ziele einsetzt, wie es mit anderen Personen kommuniziert.

 

Im Rahmen der Mikroanalyse erfolgt eine genaue sprachbehindertenpädagogische Diagnostik der individuellen Sprachverwendung. Sprachliche Kompetenzen und Sprachenwicklungsrückstände werden hier erfasst und auf dem Hintergrund sprachbehindertenpädagogischer Modelle interpretiert und Fördermaßnahmen abgeleitet (vgl. Ahrbeck / Schuck / Welling 1992). Abschließend stellt sich die Aufgabe, diese verschiedenen Analyseebenen zu integrieren, erhaltene Informationen miteinander in Beziehung zu setzen und einen relevanten Förderschwerpunkt für das Kind für die kommenden Schulwochen zu bestimmen.

 

7.2 Allgemeiner Aufbau des Förderplans


 

Persönliche Angaben, biographischer Überblick

 

Angaben zur Vorgeschichte im Sinne der Kind-Umfeld-Analyse, Analyse der Bedingungen der...

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