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Der Debt Equity Swap im Insolvenzplanverfahren

Die Umwandlung von Fremdkapital in Eigenkapital per Insolvenzplan nach der Reform durch das ESUG

AutorHelge Pühl
VerlagRWS Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl506 Seiten
ISBN9783814554730
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis88,00 EUR
Seit der Insolvenzrechtsreform durch das ESUG ist es möglich, mithilfe des Dept Equity Swap ein Unternehmen in der Insolvenz zu sanieren. Geregelt sind dabei aber bisher lediglich die Rahmenbedingungen, entscheidende Einzelfragen sind weiterhin ungeklärt. Das vorliegende Werk gibt eine Überblick über die Möglichkeiten einer Unternehmenssanierung durch einen Dept Equity Swap. Insbesondere analysiert der Autor die Vereinbarkeit der Neuregelung mit höherrangigem Recht und hilft dabei, zahlreiche offene Fragen zu klären.

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Leseprobe
§ 2
Der Debt Equity Swap als Verwertungsoption in der Insolvenz

I.  Sanierungseffekte durch die Umwandlung von Fremdkapital in Eigenkapital


13  Im Folgenden soll zunächst dargelegt werden, aus welchen Gründen und in welchen Fällen der DES eine taugliche Verwertungsoption des insolventen Unternehmens darstellen kann. Die Sanierungsmaßnahme des DES kann nämlich auf verschiedenste Weise sanierend wirken, zugleich aber auch nicht zu unterschätzende Risiken mit sich bringen.

1.  Verbesserung der Liquiditätslage


14  Zu den unmittelbar aus einem solchen DES resultierenden Vorteilen gehört die Verbesserung der Liquiditätslage. Dies geschieht zum einen, indem die Liquidität durch die Verminderung der Tilgungs- und Zinslast langfristig erhöht wird.11) Wenn zum anderen durch den Wegfall der Forderung Sicherheiten frei werden, können diese dazu genutzt werden, Liquidität in Form neuer Kredite zu erhalten.12) Gleiches gilt, wenn durch den DES eine Reduzierung des Verschuldungsgrades erreicht wird, der zu einer Verbesserung des Ratings führen kann.13)

2.  Motive auf Seiten der Gläubiger


a)  Motive genereller Art
15  Mit dem DES eröffnet sich für die Gläubiger die Chance, nach erfolgreicher Sanierung an einer Erhöhung des Unternehmenswertes teilzuhaben.14) Ein Motiv kann dabei nicht nur in einer etwaigen Wertsteigerung der Anteile und zukünftigen Dividenden-Ansprüchen, sondern in den durch die Gesellschafterstellung erlangten Kontrollrechten und Weisungsrechten bestehen, die es dem nunmehrigen Neugesellschafter erlauben, Weisungen an die Geschäftsführung zu erteilen, entsprechende Sanierungsmaßnahmen umzusetzen15) oder etwa einen Sanierungsspezialisten als Geschäftsführer einzusetzen.16) Für ansonsten verlorene Darlehen kann bei aktiver Unterstützung des Sanierungsprozesses die Aussicht bestehen, dass diese wieder bedient werden.17)
16  Aus Sicht der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung als Ziel der InsO ist dies eine der Möglichkeiten, zugunsten der Gläubiger den Fortführungswert (oftmals auch als going-concern-Wert bezeichnet) zu erhalten. Dieser beinhaltet den über die einzelverwertbaren Vermögenswerte hinausgehenden Mehrwert, der in der etablierten Struktur und Anordnung der einzelnen assets als Unternehmung verkörpert ist.18)
b)  Erhalt rechtsträgergebundener Berechtigungen
17  Die Restrukturierung des Fremdkapitals per DES kommt dabei vor allem bei solchen Firmen in Betracht, die einen hohen Anteil an immateriellen Vermögensgegenständen und rechtsträgergebundenen Berechtigungen aufweisen und einen nicht unbeträchtlichen Anteil von Fremdkapital bei Banken oder etwa Anleihegläubigern aufgenommen haben. Entscheidend ist dabei, dass die wertvollen assets des Unternehmens gerade in diesen schuldrechtlichen Verträgen bestehen können, die bei einem Verkauf im Rahmen einer übertragenden Sanierung nicht mit übergehen würden und somit für die Gläubiger verloren wären.19)
c)  Relevanz sog. distressed debt-Forderungen für den DES
18  Bei Existenz einer nur geringen Anzahl von Gläubigern wird der DES dabei besonders oft eine Option sein. Diese Bündelung eines großen Teils des Fremdkapitals in einer Hand muss dabei aber nicht von vornherein vorliegen: wenn aufgrund der Finanzierungsstruktur nicht bloß einige wenige Großgläubiger bestehen, sondern etwa mehrere Banken sowie Lieferanten als Gläubiger Ansprüche haben, so heißt dies nicht, dass der DES damit weniger wahrscheinlich wird. Auf einem hinreichend liquiden Markt für distressed debt können große Teile dieser anfangs zersplitterten Forderungen in einer Hand vereinigt werden.20) Dabei handelt sich vielfach um notleidende Forderungen, die auch als sog. Non-Performing Loans (NPL) bekannt sind.
19  Die Gründe für einen Gläubiger, seine Forderungen am Markt für distressed debt zu verkaufen, können dabei vielfältig sein. So scheuen viele Banken als Gläubiger und Sicherungsnehmer die Verwertung von Sicherheiten und die damit vielmals einhergehende Zerschlagung des Unternehmens.21) Wenn sie zudem den Fortführungswert höher einschätzen als den Zerschlagungswert, so kann der DES oder der Verkauf der Forderung an einen hierauf spezialisierten Investor eine lohnende Alternative sein. Viele Banken haben die Kredite ohnehin schon abgeschrieben und stehen einem Verkauf auch mit hohen Abschlägen offen gegenüber, solange diese nur ein wenig mehr einbringen als die schon korrigierten Restwerte.22) Steuerliche Aspekte können eine Rolle spielen, wenn es dem Verkäufer darum geht, einen Verlustvortrag auf das Investment geltend machen zu können.23)
20  Daneben können auch regulatorische Gründe relevant sein: die Basel-II und III-Eigenkapital-Anforderungen können einen Verkauf notwendig machen, weil die ausgegebenen Kredite ansonsten mit Eigenkapital unterlegt werden müssen.24) Ebenso zu nennen sind bilanzielle Regeln und buchhalterische Vorgaben.25) Es können aber auch selbstgesetzte Vorgaben sein, etwa wenn die Regeln eines Investmentfonds es diesem nicht erlauben, wertreduzierte Forderungen zu halten.26)
21  Zuletzt können Gläubiger, wenn die Insolvenz sich abzeichnet, einen Verkauf bevorzugen, um den Aufwand und die Kosten der Teilnahme am Insolvenzverfahren zu vermeiden.27) Eine gewisse Treue oder Vertrauensbeziehung zum Schuldner muss sich zudem nicht zwingend in dem Halten der Verbindlichkeiten ausdrücken, sondern kann auch zum Verkauf führen: wenn ein erbittertes Insolvenzverfahren droht, so kann es der Gläubiger für angebracht halten, sich diesem zu entziehen, wenn ihm auch weiterhin an einer Geschäftsbeziehung zu dem Schuldner gelegen ist.28) Umgekehrt kann ein Verkauf bei beschädigtem Gläubiger-Schuldner-Verhältnis eine Entspannung der Lage herbeiführen, wenn der distressed debt-Investor als vormals Unbeteiligter an den Verhandlungen teilnimmt.29)
d)  Loan to own-Strategien
22  Der gezielte Aufkauf solcher notleidender Forderungen mit dem Ziel der Wandlung in Eigenkapital wird als sog. loan to own-Strategie bezeichnet.30) Akteure sind vielfach Finanzinvestoren, die auf die Investition über Eigenkapital an Firmen bis hin in den Mittelstand spezialisiert sind.31) Sind dies etwa auf dem deutschen Markt seit einiger Zeit tätigen sog. Private Equity Firmen, so sehen sich diese zudem als Turnaround-Spezialisten, die die nötige Fachkompetenz gerade für die vielfach daneben nötige leistungswirtschaftliche Sanierung mitbringen. Der Aufkauf kann sich gerade deshalb lohnen, da die Forderungen auf dem Markt für distressed debt mit erheblichen Abschlägen gehandelt werden, sobald eine Krise des Unternehmens bekannt wird.32) Dabei wird ein auf loan to own ausgerichteter Investor versuchen, bei Vorhandensein mehrerer Kredittranchen mit unterschiedlichen Ranghöhen diejenigen Forderungen zu erwerben, die den Zugriff auf das Eigenkapital ermöglichen; im US-Recht werden diese Forderungen als sog. fulcrum security bezeichnet.33)
23  Das erleichterte claims trading und das Aufkommen und die Finanzkraft von Hedge-Fonds können dabei auch und insbesondere die Insolvenzpraxis in erheblichem Maße verändern, wie sich an neueren Entwicklungen in den USA beobachten lässt.34) Der Erwerb von Forderungen kann gegenüber einem Erwerb von Geschäftsanteilen vorzugswürdig sein, sofern die Durchführung des DES hinreichend planbar ist und für den Investor die Hemmschwelle des Insolvenzverfahrens als Wertvernichter nicht mehr besteht.35) Dies ist insbesondere im Rahmen eines pre-arranged Insolvenzplan denkbar, wenn der Prozess ausreichend dokumentiert ist und somit gezeigt werden kann, dass dies insgesamt vorteilhafter ist für die Gläubigergesamtheit als die übertragende Sanierung.36) Dies würde allerdings nur dann gelten, wenn eine gewisse Form von Berechenbarkeit für den umwandlungswilligen Gläubiger besteht. Dies müsste zwar nicht die Art von Transaktionssicherheit sein, die sich durch eine Übernahme (kurz) vor der Insolvenz ergibt. Sie müsste aber dennoch besser sein als die der übertragenden Sanierung, wo der Insolvenzverwalter einen anderen Bieter bevorzugt behandeln kann. Eine solche verbesserte Planbarkeit sollte durch das ESUG durch Ausbau des Gläubigereinflusses erreicht werden.37) Zudem besteht für die Gläubigerversammlung nach § 157 S. 2 InsO die Möglichkeit, den Insolvenzverwalter mit der Ausarbeitung eines Insolvenzplans zu beauftragen und ihm dabei auch das Ziel des Plans vorzugeben. Halten die umwandlungswilligen Gläubiger hier Forderungen in ausreichender Höhe, können sie den Beschluss der Gläubigerversammlung in diese Richtung beeinflussen.
e)  Optimierung des Insolvenzplanprozesses
24  Der Eintritt eines distressed debt-Investors muss dabei nicht negativ sein für den Verhandlungsprozess, der mit einer Insolvenzplanerstellung einhergeht. Zwar wird dieser oftmals eine aggressive Strategie verfolgen, da das Aufkaufen für ihn ein renditeorientiertes Investment darstellt. Zugleich kann aber auch eine höhere Flexibilität beim distressed debt-Investor vermutet werden, gerade weil dieser die Forderungen...
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