Kapitel 2
Welcher Typus bin ich?
Bevor man sich nun überlegt, welchen der drei „Primaten-Typen“ man sich für den gemeinsamen Trip durch den Urwald suchen möchte oder welchen man bereits im heimischen Gehege hat, ist es unumgänglich, nachzuforschen, zu welchem Typus man selbst gehört.
Vielleicht meinen Sie, dass Sie sich bereits in einer der drei Typenbeschreibungen wiedergefunden haben. Das wäre immerhin ein Anfang, eine wertvolle Information, durch die man der Sache leichter auf die Schliche kommen könnte. Warum man aber dem ersten Verdacht nicht gleich trauen sollte, hat mehrere Gründe. Zum einen muss man berücksichtigen, dass wir von allen Typen einen Anteil in uns tragen, jedoch mehr oder weniger stark gewichtet. Entscheidend ist es, herauszufiltern, welcher Typus am stärksten in uns ausgeprägt ist. Dazu bedarf es zum einen einer sehr genauen Selbstbeobachtung, die zunächst subjektiv ist. Zum anderen ist es hilfreich, sich Rückmeldungen von Familienmitgliedern, Freunden oder Kollegen einzuholen. Denn sie erleben uns womöglich ganz anders als wir uns selbst. Hinzu kommt, dass verschiedene Lebensumstände es uns manchmal abverlangen, unser übliches Verhalten zu verändern und uns anzupassen. „Last but not least“ spielen auch die Erfahrungen, die wir im Laufe der Zeit machen eine Rolle. Mit jedem Jahr mehr auf dem Buckel können sie unsere Wahrnehmung, unser Denken und unser Handeln beeinflussen.
Sie sehen, ganz so einfach, wie es zunächst den Anschein hat, ist es nicht. Also machen Sie sich mit uns auf den Weg.
• Anleitung zur Selbstanalyse
Wie Sie eine Selbstanalyse angehen könnten, möchten wir Ihnen durch einige Beispiele veranschaulichen. Die Autoren der folgenden Texte beschreiben den Prozess der Typerkennung dabei in ihren eigenen, zum Teil sehr typischen, Worten.
Nadine Fornaçon, Handlungstyp, Untertyp Macher
Wie habe ich mich als den Typ erkannt, der ich bin?
Meine erste Begegnung mit der Psychographie hatte ich in einem Seminar mit Werner Winkler. Schnell wollte ich herausfinden, welchem Typ ich zugehöre. Basierend auf dem Test im Internet und verschiedenen Literatur-Recherchen ordnete ich mich zunächst dem Beziehungstypen zu, da ich meinte, vor allem in diesem Bereich die Eigenschaften zu haben, wie beispielsweise vielfältige Mimik und Interessen, Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Themen, Begeisterungsfähigkeit und auch ein guter Umgang mit Kindern, da ich ja mehrere Jahre im Kinderheim tätig war. Hinzu kam, dass ich glaubte, anderen Menschen gegenüber immer aufgeschlossen und freundlich zu sein, obwohl dies eine Eigenschaft ist, die ich mir quasi angeeignet hatte, weil ich damit in der Vergangenheit immer wieder an meine Grenzen gestoßen war.
Nach und nach allerdings entdeckte ich mich immer mehr als Handlungstyp. So stellte ich fest, dass ich wohl doch eher praktisch veranlagt bin, immer Herausforderungen benötige und meine Arbeit mein Lebensmittelpunkt ist. Zum anderen fällt es mir immer leicht zu wissen, was meine Ziele sind, auch wenn es zunächst bedeutet, dass ich weiß, was ich nicht will. Für meine Typerkennung von großer Bedeutung war auch, was ich als meine „Krisenthemen“ kenne: Im Arbeitsbereich gibt es kaum Schwierigkeiten - wenn etwas nicht funktioniert, wird es geändert, bzw. anders gemacht. Konflikte entstehen vor allem in Beziehungen, sei es zu Freunden, Angehörigen oder in der Partnerschaft. Wenn hier Probleme auftreten, kommt es oft zu Blockaden, welche ein hohes Maß an Energie einfordern, und es mir nahezu unmöglich machen, in einer Beziehungssituation angemessen zu reagieren. Dann flüchte ich mich lieber in Arbeit, lenke mich ab, um dieser Situation zu entkommen. Inzwischen ist mir klar, dass die Eigenschaften des Beziehungstyps meine Ressourcen sind und diese, wenn ich sie lebe, mir gut tun. Dennoch wird es für mich als Handlungstyp immer „Arbeit“ bleiben, mich in den Beziehungsbereich zu bewegen.
Gisela Schucht, Handlungstyp, Untertyp Fühler:
Mein Interesse an Psychographie wurde durch einen Bekannten geweckt, und zufällig ergab sich kurze Zeit später während einer Urlaubsreise ein spontanes Treffen mit Werner Winkler. Neugierig wollte ich natürlich dem Fachmann gleich eine Typanalyse entlocken, und nach einem längeren Spaziergang hieß es: Handlungstyp, Untertyp Fühler, wir-bezogen, zukunftsorientiert. Soweit - so gut. Erstmal fand ich das ganz in Ordnung, eine tatkräftige Handlungstypfrau zu sein. Erste Zweifel tauchten auf, als ich den Selbsttest im Internet machte. Handlungs- und Beziehungstyp hielten sich die Waage, Sachtyp-Eigenschaften hatte ich kaum. Je mehr ich über Beziehungstypen las, desto mehr fühlte ich mich zugehörig. Neugierig, vielseitig interessiert, schnell im Ja-Sagen, leicht ablenkbar, optimistisch? Alles Eigenschaften, die ich auch bei mir sah. Außerdem schienen mir die Beziehungstypen einfach netter, attraktiver, lebensfroher. So ein starrer, disziplinierter, polternder Handlungstyp wollte ich nicht sein. Ich mutierte also zum Beziehungstyp – der Fachmann musste sich geirrt haben! Dann nahm ich an einer Psychographie-Klausurtagung teil und hatte zum erstenmal die Gelegenheit, die unterschiedlichen Typen in Grüppchen zu sehen. Da wurde mir sofort klar, das meine Heimat bei den Handlungstypen ist, die Beziehungstypen waren mir dann doch zu verspielt ... Ganz gezielt habe ich außerdem andere Teilnehmer um Feedback gegeben, wieso sie mich schon beim Eintreten in den Raum als Handlungstyp eingeordnet hatten. Sie nannten z.B. Kleidung, Gang, Gestik, Wortwahl und so konnte ich immer mehr Einzelheiten an mir selber überprüfen. Durch die persönlichen Begegnungen und immer wieder den Vergleich mit anderen bin ich inzwischen ganz sicher, dass die „Erstdiagnose“ zutreffend war. Das Erkennen und Anerkennen meines Typs hat mein Leben einfacher und klarer gemacht. In Beziehungen (jeder Art) erkenne ich schneller meinen Anteil, falls die Kommunikation nicht klappt. Psychographie gibt mir Handwerkszeug, auf die gleiche Wellenlänge mit anderen Typen zu kommen und mich klarer verständigen zu können. Gleichzeitig bin ich mir auch klarer geworden, wo ich zu Kompromissen oder Veränderung bereit bin, und wo die Grenze ist - wo ich mir selber untreu werde, sozusagen meinen Typ verraten würde. Das hilft mir besonders in Partnerbeziehungen.
Coco Kammerer, Beziehungstyp, Untertyp Macher
Geschwankt habe ich anfangs zwischen Handlungstyp-Fühler und Beziehungstyp/Macher. Mein Leben war immer sehr von meiner Aktivität geprägt und ich bin auch eine kämpferische, zuweilen störrische Person. Schnell habe ich jedoch erkannt, dass der Antrieb, der hinter allen Aktivitäten steckt, meine Liebe zu Menschen, aber auch die Suche nach Anerkennung ist. Nach Festlegung der Untertypen ergab ein Puzzlestück das nächste und plötzlich war mir wirklich sehr viel klar. Ja, ich bin kreativ, kann schnell umdenken, mich sehr schnell begeistern, ritt schon auf so manchen Wellen mit – von Discogirl bis zu linken Protestbewegungen und dem Ticket nach Nicaragua zum Kaffeepflücken in der Tasche. Meine erste Firma gründete ich mit zwanzig Jahren, und wie es sich für einen Beziehungstyp gehört, zusammen mit drei Freunden. Auch die negativen Seiten des Beziehungstypen habe ich erfahren – die Firma bescherte mir neben viel Erfahrung leider auch Schulden. Dank meiner beziehungstypisch positiven Lebensseinstellung und meiner Macher-Power kam ich aus dem Schlamassel heraus, fand und finde immer wieder Menschen, die mir zur Seite stehen und kann sagen, dass ich mich, auch gezielt durch Psychographie, immer weiter entwickle, getreu der Devise „Leben ist Lernen“.
Werner Winkler, Beziehungstyp, Untertyp Denker
Während des Lesens von „Wer bin ich? Wer bist du?“, dem ersten Psychographie-Buch, das ich in die Hände bekam, wurde mir sehr schnell klar, dass ich zu den Beziehungstypen gehöre. Die Frage „Woher kennen mich diese Autoren so gut?“ war noch die geringste Herausforderung – das könnte auch Zufall sein. Aber als ich in den Kapiteln zum Handlungstyp meine Mutter und beim Sachtyp meinen Vater deutlich wiederfand, war meine Neugier endgültig angestachelt – und bis heute, über zehn Jahre später, hat sich daran wenig geändert. Meine Untertyp-Zugehörigkeiten erkannte ich zwischen 1998 und 1999 als ich das Friedmannsche Modell zunächst um den „Wir-Typ“ und dann um die „Landkarte der Psychographie“ erweiterte. Dass ich kein „Fühler“ war, wie aus den älteren Büchern abzuleiten (damals galten alle Beziehungstypen gleichzeitig als Fühler) war mir schon länger klar. Die Auflösung des Rätsels, was stattdessen passte, gelang mir aber erst durch die erwähnte Landkarte. Meine Wir-Bezogenheit und Zukunftsorientierung hatte ich schon als kleines Kind bei verschiedenen Gelegenheiten beobachtet (ohne es natürlich so zu benennen). Zum Beispiel war es mir immer ein Anliegen, zu wissen, wie viele Menschen in einem Haus, einem Raum oder meiner Schulklasse waren. Oder ich rechnete mir sehr früh aus, wie alt ich im Jahr 2000 sein würde oder dachte darüber nach, welchen Beruf ich einmal ausüben würde. Letztlich „sicher“ wurde ich jedoch durch das Beobachten meiner Lösungsstrategien – hier erkannte ich bald und anhaltend den Wert der Ressourcen-Nutzung und die Gefahren des Übertreibens der Bevorzugungen.
Heike Hoge, Sachtyp, Untertyp Denker
Wie ich meinen Typ erkannte?...