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Der Kalte Krieg

Eine Weltgeschichte

AutorOdd Arne Westad
VerlagKlett-Cotta
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl763 Seiten
ISBN9783608191912
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Der «Kalte Krieg» und seine Auswirkungen auf die Welt von heute »Ein Meisterwerk der Geschichtsschreibung.« The Times Literary Supplement, Books of the Year In dieser Weltgeschichte des »Kalten Kriegs« erzählt und analysiert Odd Arne Westad präzise und elegant zugleich die Geschichte eines der bis heute wirkmächtigsten Konflikte der Neuzeit. Dabei porträtiert er die Epoche des »Kalten Kriegs« länderübergreifend in globalgeschichtlicher Perspektive und stellt scharfsinnig die Bezüge zu unserer Gegenwart her. Der »Kalte Krieg« dominierte die internationale Politik und prägte das Leben der Menschen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts - in allen Teilen der Welt. Er verursachte Angst und Verwirrung von Hollywood bis Hanoi. Auf der Höhe der Forschung präsentiert Odd Arne Westad eine große, umfassende Geschichte dieses Weltkonfliktes und deutet ihn erstmals aus globaler Perspektive. Glänzend zeigt er, dass er weit mehr war als eine begrenzte Konfrontation zwischen den beiden Supermächten, die mit dem Kollaps der Sowjetunion endete. Eindrücklich argumentiert er, dass der »Kalte Krieg« den globalen Transformationen des 19. Jahrhunderts entsprang, und begreift ihn im Zusammenhang des weltweiten wirtschaftlichen, technischen, sozialen und politischen Wandels. Höchst anschaulich analysiert er die verschiedenen Phasen der Konfrontation zwischen Kapitalismus und Sozialismus. Das neue Standardwerk und unerlässliche Lektüre für alle, die verstehen wollen, wie tiefgreifend der »Kalte Krieg« das Leben der Menschen prägte, und welche Rolle er bei der Entstehung unserer heutigen Welt gespielt hat. »Eine großartige Gesamtdarstellung von einem unserer großen Historiker.« Timothy Snyder

Odd Arne Westad, geboren 1960, ist einer der international renommiertesten Experten zum »Kalten Krieg«. Von 1998 bis 2014 forschte und lehrte er an der London School of Economics. Seit 2015 ist er Professor für internationale Beziehungen und Globalgeschichte in Harvard an der »Kennedy School of Government«.

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Leseprobe

1

Ausgangspunkte


Der Kalte Krieg hatte seinen Ursprung in zwei Prozessen, die um die Wende zum 20. Jahrhundert stattfanden. Der eine war die Verwandlung der USA und Russlands in zwei mächtige Imperien mit der immer stärkeren Überzeugung, eine internationale Mission zu haben. Der andere war die Verschärfung der ideologischen Kluft zwischen dem Kapitalismus und seinen Kritikern. Diese beiden Prozesse fielen zusammen, als die Vereinigten Staaten in den Ersten Weltkrieg eingriffen und sich der Sowjetstaat 1917 nach der Russischen Revolution mit einer alternativen Vision zum Kapitalismus etablierte. Dank des Weltkriegs und der Weltwirtschaftskrise bekam die sowjetische Alternative rund um den Erdball viel Unterstützung, aber sie wurde auch zur Zielscheibe für ihre Feinde und Rivalen. Bis 1941, als sowohl die Sowjetunion als auch die Vereinigten Staaten in den Zweiten Weltkrieg eintraten, war die Sowjetunion zwar in ihrem Inneren mächtiger denn je, aber auch international stärker isoliert als je zuvor. Das Zusammenspiel der Sowjets, der Vereinigten Staaten und Großbritanniens, der größten Macht des 19. Jahrhunderts, sollte den Rahmen für die künftigen internationalen Beziehungen setzen.

Die Sowjetunion agierte als Gegner des Weltkapitalismus, wohingegen die Vereinigten Staaten dessen Führungsmacht wurden, wenn auch unter Umständen, die sich eine Generation zuvor kein Europäer hätte träumen lassen. Die Geschichte der Welt im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert ist in allererster Linie eine Geschichte des Wachstums der wirtschaftlichen, technologischen und militärischen Macht der USA. In den 50 Jahren zwischen dem amerikanischen Bürgerkrieg und dem Ersten Weltkrieg stieg das amerikanische Bruttoinlandsprodukt (BIP) um mehr als das Siebenfache. Die Stahlproduktion der USA, die 1870 erst fünf Prozent des britischen Niveaus ausgemacht hatte, betrug bis 1913 das Vierfache der britischen Produktion. In diesem Jahr wurden in den USA mehr Patente registriert als in irgendeinem anderen Land auf der Welt. Dank der Kombination von technologischem Wandel und einem Überfluss an natürlichen Ressourcen entstand ein kapitalistischer Moloch, der innerhalb einer einzigen Generation alle seine Konkurrenten weit in den Schatten stellte.

Ein Teil des amerikanischen Erfolgs beruhte darauf, wie die massive wirtschaftliche Macht der USA mit dem täglichen Leben ihrer Bürger verknüpft war. Bei anderen aufsteigenden Mächten in der Geschichte hatte ihr Aufstieg vor allem den Eliten genutzt, und das einfache Volk hatte sich mit den auf dem Tisch des Imperiums zurückgelassenen Speiseresten begnügen müssen. Mit den Vereinigten Staaten änderte sich das. Durch ihren wirtschaftlichen Aufstieg entstand eine Konsumgesellschaft, der anzugehören jedermann hoffen durfte – auch neue Einwanderer oder Afroamerikaner, die ansonsten diskriminiert wurden und kaum politischen Einfluss besaßen. Neue Produkte verbesserten den Status und dienten der Bequemlichkeit, und das Erlebnis der Moderne durch Waren, die mithilfe neuer Technologien hergestellt waren, definierte, was es hieß, Amerikaner zu sein: Es ging um einen Transformationsprozess, um einen Neuanfang in einem Land, in dem Ressourcen und Ideen einander durch ihre Fülle befruchteten.

Im späten 19. Jahrhundert führte die Verknüpfung der Konzepte Einzigartigkeit, Mission und Überfluss zu einer Ideologie der amerikanischen Außenpolitik, die eine außerordentliche Kraft und Geschlossenheit besaß. In der Vorstellungswelt der Amerikaner waren die Vereinigten Staaten anders als andere Länder: moderner, entwickelter und rationaler. Außerdem fühlten sich die Amerikaner gegenüber dem europäisch beherrschten Rest der Welt verpflichtet, zu dessen Neugestaltung nach amerikanischem Vorbild beizutragen. Nahezu alle Amerikaner waren sich sicher, dass die Vereinigten Staaten über eine fortschrittlichere Form der europäischen Zivilisation verfügten, aber sie waren in der Frage gespalten, zu welcher Art von Machtausübung sie dieser Vorsprung berechtigte. Einige glaubten immer noch an den Rahmen, den die Amerikanische Revolution gesetzt hatte, nämlich dass das Vorbild des US-amerikanischen Republikanismus, der amerikanischen Sparsamkeit und des amerikanischen Unternehmungsgeists den Rest der Welt beeinflussen und die Völker in anderen Ländern zu einem Neustart der europäischen Erfahrung nach amerikanischem Muster anregen werde. Andere waren der Überzeugung, dass die Vereinigten Staaten in einer Welt expandierender Imperien die Führung übernehmen müssten. Statt nur Vorbild zu sein, sollten sie intervenieren, um die Welt auf den rechten Weg zu bringen. Ihrer Ansicht nach brauchte die Welt nicht nur amerikanische Ideen, sondern auch amerikanische Macht.

Ideen und Macht wirkten um die Jahrhundertwende beim Sieg der Amerikaner im Spanisch-Amerikanischen Krieg zusammen. Obwohl der Krieg weniger als vier Monate dauerte, erwarben die USA durch ihn ein Kolonialreich, das die früheren spanischen Besitzungen Philippinen, Guam, Puerto Rico und Kuba umfasste. Der erste amerikanische Gouverneur der Philippinen, William Howard Taft, unterwarf die Inseln einem Experiment, in dem sich seiner Auffassung nach die Kennzeichen der typisch amerikanischen Entwicklung spiegelten: Kapitalismus, Bildung, Modernität und Ordnungsliebe. Als er 1908 zum amerikanischen Präsidenten gewählt wurde, betonte er die positive Rolle, die das amerikanische Kapital im Ausland, wie etwa in der Karibik, in Mittelamerika oder im asiatisch-pazifischen Raum, spielen könnte. Aber er unterstrich auch die daraus für amerikanische Unternehmen erwachsenden Möglichkeiten, im Ausland Geld zu verdienen, und die Pflicht des amerikanischen Staates, diese Unternehmen zu schützen. Tafts »Dollardiplomatie« war ein Zeichen für den globalen Aufstieg seines Landes.

1914 stiegen die Vereinigten Staaten zur Weltmacht auf. Doch ihre führenden Politiker waren noch unsicher, welche Rolle ihr Land auf der Weltbühne spielen sollte. Sollte das amerikanische Ziel in der wirksamen Intervention oder in der perfekten Isolation bestehen? War es der wichtigste Zweck der amerikanischen Macht, das eigene Volk zu schützen oder die Welt zu retten? Diese Fragen waren Gegenstand der Debatte, als Präsident Wilson 1917 beschloss, in den Weltkrieg einzutreten. Wilsons Ansicht nach gehörte es zu den Aufgaben Amerikas, die Welt in Ordnung zu bringen. Seine Politik gegenüber Mexiko, wo er zweimal intervenierte, beruhte auf dem Prinzip, dass es im Interesse der Vereinigten Staaten lag, ihren Nachbarn zum Konstitutionalismus und einer amerikanischen Form von Demokratie zu drängen. Seine Sympathien lagen ganz bei den Alliierten, die unter Führung Großbritanniens, Frankreichs und Russlands gegen die von Deutschland und Österreich geführten Mittelmächte kämpften. Was ihn zum Eingreifen trieb, war der deutsche U-Bootkrieg gegen die internationale Schifffahrt zwischen den Vereinigten Staaten und den Ländern der Alliierten. In seiner Kriegserklärung versprach er, »die Grundsätze des Friedens und der Gerechtigkeit gegen selbstsüchtige und autokratische Macht zu verteidigen«, und forderte: »Die Welt muss sicher gemacht werden für die Demokratie.«[1] In seinen Verlautbarungen während der kurzen amerikanischen Beteiligung am Krieg in Europa konzentrierte er sich auf die Notwendigkeit, Chaos und Unruhe zu bekämpfen und die Freiheit zu erhalten: für die Menschen, für die Geschäfte und für den Handel.

Wilson war der erste Südstaatler, der nach dem Bürgerkrieg zum Präsidenten gewählt wurde, und seine Ansichten über die Rassenlehre und die Mission...

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