Seit 1990 ist Billy Beane im Management der Oakland Athletics (A‘s) aus der Major League Baseball (MLB), seit 1997 ist er deren General Manager. Mit einem der kleinsten Budgets der Liga stellt Beane seine Mannschaften Jahr für Jahr zusammen, die erfolgreich und konstant um die Play-Offs mitspielen. Dabei wählt er Spieler aus, die nach bekannten Statistiken mittelmäßig zu sein scheinen, jedoch gemäß sogenannter sabermetrics überdurchschnittlich zum Erfolg der Mannschaft beitragen. Bei sabermetrics handelt es sich um "the search for objective knowledge about baseball"[1], sinngemäß im Deutschen der Suche nach objektiviertem Wissen über Baseball. Trotz signifikanter finanzieller Unterlegenheit gelang es den A‘s zum Beispiel zwischen den Jahren 2000 und 2003 stets die Play-Offs zu erreichen[2]. Dort unterlagen die A‘s zwar den New York Yankees zwei- und den Boston Red Sox einmal knapp, jedoch hatten diese Teams ein drei- bis vierfach höheres Budget für ihre Spielerabteilung zur Verfügung als die Athletics[3]. Die genannten Jahre zwischen 2000 und 2003 werden heute als Moneyball Years bezeichnet und dienten dem Buch-Bestseller „Moneyball: The Art of Winning an Unfair Game“ aus dem Jahr 2003 von Michael Lewis sowie dem Hollywood-Film „Moneyball“ mit Brad Pitt und Philip Seymour Hoffman in den Hauptrollen 2011 als Grundlage.
Diese Form der unkonventionellen Bewertung von Sportlern entwickelte sich daraufhin weiter und ist nun auch in anderen Sportarten, wie zum Beispiel im Eishockey, anzutreffen. In der Wirtschaft wird schon seit Jahrzehnten ein ähnliches Prinzip bei der Personalauswahl angewandt: die Eignungsdiagnostik. Diese Methode war bislang noch frei von softwaregestützten Computerprogrammen. Doch dies scheint, so zeigen jüngste Entwicklungen, der Geschichte anzugehören.
In Deutschland können nach Schätzungen rund 800.000 Arbeitsplätze mit dem Sport- und Sportmanagementbereich in Verbindung gebracht werden. Dieses dynamische Arbeitsumfeld stellt komplexe Anforderungen an potentielle Mitarbeiter, wie Fachwissen, aber auch Sozialkompetenzen.[4]
Für angehende Sportmanager sind Profi-Sportvereine dabei ein möglicher und attraktiver Arbeitgeber. Dies kann zum Beispiel ein eingetragener Vereine (e. V.) oder eine Gesellschaft sein, die Teile des Vereins vermarkten. Hauptcharakteristika eines Profi-Sportvereins ist es, dass dort Sportler als Angestellte einer Betätigung nachgehen und ein entsprechendes Einkommen erhalten, womit sie ihren Lebensunterhalt bestreiten. Die zentrale Aufgabe von Profi-Sportvereinen ist dabei die Sicherstellung überdurchschnittlicher sportlicher Leistung, durch die zum Beispiel Ticketing-, Sponsoring- und Medieneinnahmen generiert werden. Die Gesamteinnahmen fließen überwiegend kreislaufartig zurück in die Sicherstellung der sportlichen Leistung.
Die Devise ist dabei oftmals: maximaler Erfolg bei Vermeidung der Insolvenz; dieses Prinzip kann national wie international bei einer Vielzahl von Sportvereinen beobachtet werden[5].
Profi-Sportvereine sind durch die Immaterialität des angebotenen Kernproduktes, der Produktion selbst sowie dessen simultaner Verbrauch durch den Kunden, als Dienstleistungsunternehmen zu bezeichnen. Eine wesentliche Eigenschaft von Dienstleistungen ist die häufig untrennbare Erbringung dieser durch die Mitarbeiter[6]. Eine Mitarbeiterorientierung jedoch findet oftmals, besonders wenn Vereine nach der oben genannten Devise wirtschaften, nur einseitig und mit der vollsten Konzentration auf die Sportler und den maximalen sportlichen Erfolg statt. Der unternehmerische Bereich, also alle im Hintergrund ablaufenden Tätigkeiten neben der sportlichen, kommt hierbei nach eigenen Erfahrungen in der Wahrnehmung vieler nicht selten zu kurz. Es gilt hier, ein um ein Vielfaches geringeres Budget effektiv und effizient einzusetzen, um erforderliche Auflagen und Aufgaben zu erfüllen.[7] So konnten bspw. in der Saison 2010/11 jeweils sechs Prozent der Gesamtaufwendungen in der 2. und 3. Fußballliga sowie der Handball Bundesliga (HBL) dem Bereich Personal Handel/Verwaltung zugerechnet werden, jedoch durchgängig nahezu oder mehr als 40 Prozent dem Personal Spielbetrieb[8]. Abbildung 1 ermöglicht einen Überblick über die Aufwandsverteilungen besagter vier deutscher Profi-Sportligen in der Saison 2010/11.
[Hinweis: Der Aufwandsposten Personal Spielbetrieb in dem Tortendiagramm der Basketball Bundesliga (BBL) enthält den kumulierten Aufwand für Personal Spielbetrieb und Personal Handel/Verwaltung.]
Abb. 1: Aufwandsverteilung der Profi-Sportligen in der Saison 2010/11
Quelle: Ludwig 2011, Zugriff vom: 28.12.2014
Nennenswert in diesem Zusammenhang ist, dass viele hauptamtliche Mitarbeiter bereit sind „für eine verglichen mit anderen Branchen geringe Bezahlung zu arbeiten“[9]. Hier muss von einer besonderen Mischform aus haupt- und ehrenamtlicher Arbeit gesprochen werden.
Die Thematik der vorliegenden Masterarbeit ist in der allgemeinen Betriebswirtschaftslehre dem Bereich der Personalwirtschaft zuzuordnen. Nach Vahs/Schäfer-Kunz gelten in der Personalwirtschaft Personalbeschaffung, -einsatz, -beurteilung, -entwicklung und -freisetzung als ihre zentralen Aufgabenbereiche[10] (siehe Abbildung 2).
Die Personalauswahl, die in dieser Arbeit zentral behandelt wird, ist in dem Bereich der Personalbeschaffung und dort der Personalbereitstellung einzugliedern. Eine Personalplanung, die eine quantitative sowie qualitative Bedarfsermittlung und ggf. Anpassungsmaßnahmen vornimmt, ist der Personalbereitstellung vorgeschaltet.
Abb. 2: Zentrale Aufgabenbereiche der Personalwirtschaft
Quelle: Eigene Darstellung; in Anlehnung an: Vahs/Schäfer-Kunz 2007, S. 361
Im Bereich der Sportökonomie und der vorgenommenen Eingrenzung auf die Profi-Sportvereine kann das Thema ebenfalls in der Personalwirtschaft verortet werden. Ein Bezug zwischen dem Mitarbeitermanagement in Profi-Sportvereinen und den bekannten Aufgabenbereichen der Personalwirtschaft kann dabei identifiziert werden[11]. Sportvereine können jedoch im Vergleich zu anderen wirtschaftlichen Betrieben neben hauptamtlichen Mitarbeitern die zentrale Besonderheit der unentgeltlichen Arbeit (z. B. ehrenamtliche Tätigkeiten, freiwillige Mitarbeit etc.) oder eine Bezahlung durch Dritte (z. B. Freiwilliges Soziales Jahr etc.) aufweisen[12]. Dabei stellt die „Freiwilligenarbeit [...] die wichtigste Ressource der Sportvereine“[13] dar. Ohne diese genannten Mischformen im Personalbereich wären viele Sportvereine, unabhängig von ihrem Professionalisierungs- und Kommerzialisierungsgrads, ökonomisch wie sportlich oftmals langfristig nicht überlebensfähig. Im weiteren Verlauf der Masterarbeit wird lediglich auf die hauptamtliche Tätigkeit eingegangen.
Im Bereich der Personalauswahl beschreibt der Moneyball-Ansatz, heruntergebrochen auf seine wesentliche Eigenschaft, die objektive, anonyme und kennzahlenorientierte Betrachtung von Individuen unter der Prämisse, dem Erfolg eines Teams dienlich zu sein. Nach dem benannten Ansatz kann ein Team als die Gesamtsumme aller Individuen, das für einen kalkulierten, erwarteten Erfolg kreiert wird, angesehen werden. Fällt ein Individuum aus diesem Gebilde heraus, dann gilt es nicht das Individuum zu rekreieren, sondern die Gesamtsumme des Systems, welches dieses verlassen hat[14].
An dieser Schnittstelle, dem Arbeitsumfeld Profi-Sportverein und einer objektiven, auf Daten basierenden und anonymen Personalauswahl unter der Voraussetzung der Zusammenstellung eines erfolgreichen Teams im unternehmerischen Bereich, setzt die vorliegende Masterarbeit an.
Ziel der vorliegenden Masterarbeit ist es, eine auf Basis von quantitativen Daten beruhende, ganzheitliche Methode zu entwickeln, die die Personalauswahl im unternehmerischen Bereich von deutschen Profi-Sportvereinen erleichtert. Hierbei sollen nicht nur die klassischen Elemente der Eignungsdiagnostik Berücksichtigung finden. Aspekte der Arbeit in einem unternehmerischen Team im Berufsfeld deutscher Profi-Sportverein vervollständigen die Überlegungen.
Die Ergebnisse der vorliegenden Masterarbeit sind neben der theoretischen Erschließung hinsichtlich beschriebener Themen ein Bewertungstool und ein exemplarisches Beispiel für ein Personalauswahlverfahren. Das Bewertungstool, das in Form einer Excel-Datei aufbereitet wurde und in der in komprimierter Form die durch eine Online-Befragung gewonnen Daten...