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Der Philosoph und der Tod

"Philosophieren heißt sterben lernen"

AutorHorst Poller
VerlagTWENTYSIX
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl152 Seiten
ISBN9783740719050
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,49 EUR
"Leben muss man ein Leben lang lernen, und ein Leben lang muss man sterben lernen." Diese Erkenntnis des Philosophen Seneca haben sich viele Philosophen zu eigen gemacht. Sie sind den Gedanken über Tod und Sterben nachgegangen und ebenso den bewegenden Fragen, die sich dahinter aufbauen, Fragen nach Gott, Seele, Unsterblichkeit und Religion. Einiges von dem, was die Philosophen dachten, hat der Autor hier zusammengestellt und er hat versucht, daraus seine eigenen Schlüsse zu ziehen. Auf diese Weise mögen die Erkenntnisse, die hier zu finden sind, auch den Lesern helfen, ihren eigenen Weg zu finden.

Der Autor, Dr. Dr. Horst Poller, Jahrgang 1926, Publizist und Verleger, hat unter anderen eine vielgelesene Geschichte der Philosophie, "Die Philosophen und ihre Kerngedanken", geschrieben, auf die er sich in dieser Publikation stützt.

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Leseprobe

Antike


Pythagoras (580 – 496)


Auch in Griechenland traten um diese Zeit die ersten Philosophen auf den Plan. Ihr Interesse galt zunächst einer prosaischen Weltdeutung, sie suchten nach Erklärungen für das unablässige Werden und Vergehen, das sie in der Natur beobachteten, waren hervorragende Naturwissenschaftler. So auch Pythagoras, den Zahlen faszinierten und dessen mathematischer Lehrsatz noch heute in unseren Schulen gelehrt wird. Seine Zahlenlehre und das Streben nach Harmonie, das er daraus ableitet, steht auch im Zentrum seiner Philosophie. Er soll übrigens der erste gewesen sein, der das Wort „Philosophie“ in dem uns geläufigen Sinne gebrauchte. Einen „sophos“, das heißt einen Weisen, wollte er sich nicht nennen, das schien ihm zu anmaßend. So nannte er sich bescheidener einen „Freund der Weisheit“, einen „Philosophen“. Als Philosoph fand Pythagoras Bewunderer, die ihn zum Teil wie einen Heiligen verehrten. Die „Pythagoreer“ bildeten einen Orden, der strengen Regeln folgte.

Pythagoras, der den indischen Seelenwanderungs-Glauben gekannt haben dürfte, lehrte, dass die Seele unsterblich sei und nach dem Tod des Körpers in anderen lebenden Wesen wiedergeboren wird. Das bedeutete die Aussicht auf ein neues Leben nach dem Sterben und nahm dem Tod seinen Schrecken. Durch die Seelenwanderung (Reinkarnation) werden die Seelen geläutert, wenn sie in diesem Leben nicht den nötigen Grad der Reinheit erlangen konnten. Sie werden immer wieder in einen Körper eingesperrt, bis sie sich völlig gereinigt haben und sich dann mit dem Kosmos vereinigen können.

Sokrates (470 – 399)


Das große Beispiel, das Sokrates mit seinem Leben, seiner Haltung zum Tod und seinem Sterben gab, wirkte über die Jahrtausende hin und hatte eine unermessliche geschichtliche Wirkung. Sokrates hatte keine Furcht vor dem Tod. Er meinte, die den Tod fürchten, bilden sich ein zu wissen, was man nicht wissen kann. Denn vielleicht ist der Tod nicht das größte Übel, sondern das größte Glück. Sokrates war zu Unrecht zum Tode verurteilt worden, doch er lehnte es ab, zu fliehen und starb für seine Überzeugungen, ein innerlich freier Mensch, der das Gute um seiner selbst willen tut. Die Aufzeichnungen in Platons „Phaidon“ über die Apologie und das Sterben des Sokrates, gehören zu den unersetzlichen Dokumenten der Menschheit, meint Karl Jaspers. Die Menschen lasen Sie auch in späteren Jahrhunderten und lernten am Beispiel des Sokrates, der starb in der Ruhe des Hinnehmens, der sein Schicksal annahm, auch wenn es unheilvoll war.

Platon (427 – 347)


Für Platon war die sichtbare Welt nur eine Scheinwelt, ein bloßes Abbild der wahren Welt, die hinter den äußeren Erscheinungen steht. Auch der Mensch ist zweigeteilt (Dualismus) und gehört beiden Welten an: mit seiner Seele und ihrer Vernunft der Ideenwelt, mit seinem Leib der Körperwelt. Mit dem Tod wird die Seele vom Leib getrennt. Die Seele ist unsterblich. In seiner Seele trägt der Mensch die Urbilder der Tugenden, die sein Handeln bestimmen sollen. Die Seele hat vor dem Eintritt in den menschlichen Leib dem Reich der Ideen angehört und dort die Ideen geschaut. Durch die Vernunft, die den Anteil der Seele am göttlichen Wesen darstellt, wird in der Seele die Erinnerung an die vor der Geburt geschauten Ideen ausgelöst. Erkenntnis ist Wiedererinnern. Durch die Vernunft gehört die Seele der Ideenwelt an, zugleich aber durch ihre sinnlichen Fähigkeiten der Sinnenwelt. Mit Hilfe der Vernunft strebt die Seele danach, sich der Fesseln der Sinnenwelt zu entledigen und ganz ins Reich der Ideen zurückzukehren. Gelingt ihr dies nicht in einem Menschenleben, muss sie so lange durch menschliche Leiber wandern, bis sie ihre Reinheit wiedererlangt hat. Diesen Glauben an die Seelenwanderung hat Platon wahrscheinlich von den Pythagoreern übernommen.

Aristoteles (384 – 322)


Platons Meisterschüler, Aristoteles, ein nüchterner Wissenschaftler, sah die Welt weniger idealistisch. Für ihn war Platons Ideenlehre eine willkürliche Konstruktion, die mit den Tatsachen der Erfahrung nicht in Einklang gebracht werden konnte. Er war zwar auch der Meinung, dass es neben den wechselnden Einzelerscheinungen der Materie (Stoff) auch etwas Unveränderliches gibt, das er Form nennt. Gott, die reine stofflose Form, der erste Beweger, war von Ewigkeit an. Er durchdringt die Welt und treibt sie zur Entwicklung nach höheren Formen. Gott ist nicht der Schöpfer der stofflichen Welt, sondern ihre kraftspendende Gestalt. Er bewegt sie nicht von außen, sondern als innere Richtung. Die Seele ist ein Teil dieser schöpferischen Kraft des Universums, die Gott ist, und als solche ist sie unsterblich. Diese Unsterblichkeit ist jedoch unpersönlich. Was erhalten bleibt ist die Kraft, nicht die Persönlichkeit. Das Individuum ist eine einzigartige und sterbliche Mischung ernährender, wahrnehmender und vernunftmäßiger Anlagen. Es gelangt nur zu einer relativen Unsterblichkeit, nämlich durch die Fortpflanzung und zu einer unpersönlichen, durch den Tod.

Epikur (341 – 271)


Für Epikur hat die Philosophie die Aufgabe, den Weg zum Glück zu weisen. In seiner Naturlehre führt er den Begriff des ursachlosen Zufalls ein. Aufgrund dieses Zufallsbegriffs sehen die Epikureer auch die Menschen vom Druck eines „Fatums“ befreit, eines vorherbestimmten Schicksals, wie es die Stoiker lehrten. Im Gegensatz zu den Stoikern waren die Epikureer Anhänger der Willensfreiheit. Der Mensch ist Herr seines Lebens und kann es in Freiheit gestalten, wie es ihm beliebt. Epikur leugnet nicht, dass es Götter gibt, „weil die Natur die Vorstellung von ihnen allen Seelen eingepflanzt hat.“ Aber sie nehmen keinen Einfluss auf das Schicksal der Menschen, deshalb hält Epikur die Furcht vor Göttern für unbegründet und wendet sich gegen die religiösen Mythen.

Für Epikur kommt Erkenntnis nur aus der Sinneswahrnehmung, „alles Gut und Übel (ist) ...in der Empfindung“. Daraus folgert er, dass der Tod kein Übel ist. Der Tod bedeutet, dass sich die Seele auflöst und damit unsere Empfindung erlischt. Mit dem Tod ist für den Menschen alles zu Ende. Wir können also nicht mehr wahrnehmen, ob der Tod gut oder übel ist, er betrifft uns überhaupt nicht. Solange wir sind, ist der Tod nicht da, und sobald er da ist, sind wir nicht mehr.

Zuerst müssen wir uns unserer Angst vor dem Tod bewusst werden, dann müssen wir erkennen, dass es irrational ist, sich vor dem Tod zu fürchten. Schließlich, so argumentierten die Epikureer, kann nur dem Schlimmes passieren, der der Wahrnehmung mächtig ist. Tote haben keine Empfindungen mehr, so wie wir alle, bevor wir gezeugt wurden. Tot zu sein ist also derselbe Zustand, wie nie existiert zu haben. Niemand denkt mit Angst an die Zeit, da er noch nicht geboren war, warum also mit dem Tod hadern, da er doch derselbe Zustand der Fühllosigkeit ist, der Unzeiten vor unserer Zeit geherrscht hat? Sobald wir das verinnerlicht haben, verschwindet die Todesfurcht, und wir hören auf, nach Unsterblichkeit zu lechzen. Damit, so Epikur, macht die Sterblichkeit das Leben genussreich.

Im Jahre 270 v.Chr., er war 72, erkrankte Epikur an einem Nierenstein, der ihm die Harnröhre versperrte. Seiner Philosophie getreu ertrug er die heftigen Schmerzen gelassen und heiter, hatte er doch als erster behauptet, der Mensch könne selbst auf der Folterbank glücklich sein. Vom Krankenlager aus schrieb er seinen letzten Brief an seinen Schüler Idomeneus: „An diesem wahrhaft glücklichen Tag meines Lebens, da es für mich ans Sterben geht, schreibe ich dir dieses. Mein Blasen- und Magenleiden nimmt mit der üblichen Heftigkeit seinen Verlauf; dem steht aber meine Herzensfreude bei der Erinnerung an meine Gespräche mit Dir gegenüber...“ Vierzehn Tage lang hatte er die schmerzvolle Tortur ausgehalten, nun ließ er sich ein warmes Bad richten. Dazu verlangte er starken Wein, den er begierig trank. Ein letztes Mal ermahnte er seine Freunde, seine Lehren zu befolgen, dann verschied er.

Zenon (340 – 230)


Epikurs gleichaltriger philosophischer „Gegenspieler“ war Zenon. Beide hatten vieles gemeinsam, in einigen entscheidenden Punkten aber waren sie die schärfsten Gegner. Zenon lehrte in einer bunt ausgemalten Wandelhalle, der „stoa poikile“, die seiner Schule und seiner Philosophie den Namen gab: die „Stoa“. Seine Schüler und Anhänger nannte man dementsprechend „Stoiker“. Noch heute spricht man von einem Stoiker, wenn ein Mensch sein Unglück ruhig und gelassen hinnimmt.

In ihrer Naturlehre gingen die Stoiker von der Vorstellung aus, dass dem Weltganzen eine strenge Gesetzlichkeit innewohnt. Diese von innen wirkende Kraft nannten sie Logos, Seele, Notwendigkeit oder auch Gott. Die Stoiker waren die ersten Philosophen, die an einen...

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