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E-Book

Der Trainer - Ein Leben für den Radsport

AutorPeter Becker
VerlagHallenberger Media Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl264 Seiten
ISBN9783944257020
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR

Einer der erfolgreichsten Trainer des nationalen und internationalen Radsports schreibt über seine Arbeit, die immer eine intensive Beschäftigung mit dem Wichtigsten ist, das es für ihn gibt: mit dem jungen Menschen an seiner Seite, der ihm anvertraut war für eine kürzere oder längere Zeit, die er nicht nur zu hervorragenden Sportlern, sondern vor allem auch zu Individuen mit großer sozialer Akzeptanz formen wollte.

Dass ihm dies in hohem Maße gelungen ist, belegt dieses Buch, das den Leser auch ein wenig hinter die Kulissen des Sports blicken lässt.



Das Buch wurde im Jahr 2004 geschrieben und deckt damit die wohl schönste und spannendste Zeit des Radsports ab.



Vom "Erfolgsgeheimnis" des DDR-Sports ist ebenso etwas zu erfahren wie über seine Trainingsmethoden, durch die er mehr Meisterschaftsmedaillen mit seinen Sportlern gewann, als er Trainerjahre erlebte.

Das Buch beinhaltet über 200 interessante Bilder.

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Leseprobe

Dieses Buch widme ich allen Sportlern,
die mit mir Freude und Leid geteilt,
die Siege gefeiert haben,
Niederlagen ertragen mussten.
Nicht alle wurden Meister ihres Sports,
haben aber erfahren, dass mein Ziel immer war,
sie auch auf das Leben vorzubereiten,
sie zu ehrlichen, aufrichtigen,
fleissigen und zielstrebigen Persönlichkeiten zu erziehen.
Ich glaube und hoffe,
dass es mir zu großen Teilen auch gelungen ist.

Peter Becker

„Ich weiß noch wie heute: So manches Mal haben wir ihn sonstwohin gewünscht. Er hatte seine Augen einfach überall, sah alles, wußte über uns stets Bescheid. Die Anlässe der ungezählten lauten und leisen Flüche sehe ich heute natürlich in einem ganz anderen Licht. Peter Becker legte in dieser Zeit den Keim zum Willen, hart an sich zu arbeiten, sich selbst nicht zu betrügen. Um keinen Trainingsmeter, keine Trainingsminute. Auch wenn wir x-mal unsere Internatsschränke aus- und umräumten, manche zusätzliche Putzstunde im Materiallager verbrachten, weil wir unsere Maschinen nicht gründlich genug gepflegt hatten, dies alles half uns, eigenverantwortlich zu denken, die Selbstdisziplin zu schulen.“

Bill Huck

Sprinterweltmeister des Jahres 1989

ERSTE LEBENSJAHRE


 

Für den 3. Tag des Sommermonats August im Jahre 1938 vermeldete der Reichswetterdienst warme subtropische Festlandsluft und ließ die Berliner unter der Sommerhitze stöhnen. Ein heißer Sommertag also, als ich im noch unzerstörten, blühenden Berlin geboren wurde. Ziemlich schnell und komplikationslos drängte ich mich in das Leben. Warum auch nicht, denn vom Leben würde ich später immer viel und Besonderes erwarten. Meine Wiege stand vorerst am Tiergarten. Hier lebte ich zwei Jahre, wohlgeborgen und umsorgt, bis meine Mutter es vorzog, mich nach den ersten Bombenangriffen aufs Land zu meinem Opa zu schicken.

Nach Baitz, am Rande des Flämings, einem herrlich ruhigen, verträumten Dorf, in dem die Zeit ein wenig stehen geblieben schien. Das wurde mir Jahre später, wenn ich zu Oma und Opa fuhr, so richtig bewusst und ich meine, die Jugenderfahrungen und Erlebnisse gerade dieser Zeit waren prägend für mein ganzes Leben. Hier hatte ich meinen ersten Freund, Willi Rudolf-Brüning, einen Hans-Dampf-in-allen-Gassen, was er bis zu seinem viel zu frühen Tode blieb. Als Vierjähriger versuchte ich, mit ihm dahin zu gelangen, wo Himmel und Erde zusammenstoßen. Eigentlich müssten wir heute noch wandern...

Hier in Baitz war es auch, dass mir mein Opa für immer das Rauchen vermieste, indem er mich neugierigen Knaben an seiner in Ermangelung echten Tabaks mit Kirschblättern gestopften „Tobakspfeife“ ziehen ließ und meinte, „richtig ziehen und runterschlucken“! Die Folgen waren absehbar, und damit wurde ich für alle Zeiten zum militanten Nichtraucher. Bis heute kann ich nicht einsehen, warum sich denkende intelligente Menschen mit diesem Kraut die Gesundheit wissentlich ruinieren.

 

Meine Mutter im Jahr 1938
 

 

1940 im Wald von Baitz. Irgendetwas scheint mir nicht zu gefallen. Daraus habe ich schon damals kein Geheimnis gemacht...
 

 

Furchtbar ist es für mich, wenn der Besuch von Restaurants oder Speisegaststätten notwendig wird und der blaue Dunst mir den Aufenthalt zur Hölle macht. Das Gefühl für die Natur, den Umgang mit Tieren, den Genuss der Natur - Opa und die Möglichkeiten dieses Fleckchens Erde brachten es mir bei. Dauerhaft und ein ganzes Leben lang anhaltend. Der Duft nach Heu, Holunder, Brennnessel, Kartoffelkraut und Getreidefeld zaubert sofort Bilder aus dieser Zeit hervor.

Nach Berlin ging es nicht wieder zurück. Meine Mutter heiratete und wir zogen in die idyllische Kleinstadt Belzig, acht Kilometer von Baitz entfernt, eine Stadt, die sich heute zum Luftkurort gemausert hat, eine sehr schöne Therme besitzt und heute über 9000 Einwohner zählt. Hier, inmitten einer Gärtnerei, wuchs ich auf, hatte schöne, erlebnisreiche und sehr freie und umsorgte Kinder- und Jugendjahre, wenn ich mal die Schule und ihre Eindrücke auf mich unberücksichtigt lasse.

 

Mein Vater, Francisco de Soler, im Jahre 1938
 

 

Von meinem leiblichen Vater, den der spanische Bürgerkrieg nach Berlin verschlagen hatte, erbte ich den Hang zur Perfektion und das Temperament, das mich nun schon mein ganzes Leben begleitet und für Menschen, die mich nicht kennen, manchmal recht anstrengend sein kann und oft genug zu völlig irrigen Schlussfolgerungen und Nachreden geführt hat. Schon in meinen frühen Kindertagen fühlte ich mich deswegen oft unverstanden, auch unwohl. Besonders litt ich unter jenen Mitmenschen, denen man beim Laufen gut und gern die Schuhe zubinden konnte und die dazu auch noch bewusst und böswillig falsche Meinungen über mich verbreiteten, was so manches Mal meinen Zorn entfachte.

Heute kann ich damit gelassener umgehen, weiß ich doch, wie oft solches Tun egoistischem Interesse entspringt und Verleumder eigentlich nur durch Missachtung zu strafen sind.

Ich wurde noch in den Frieden hineingeboren, in einen Frieden, der jedoch trügerisch war, denn längst arbeiteten die Menschen und Maschinen auf Hochtouren für einen neuen Krieg. Kurz nach meinem ersten Geburtstag begann er dann, der größte Krieg aller Zeiten, der Zweite Weltkrieg, mit dem Überfall auf Polen.

Das deutsche Volk hatte sich verführen lassen, rannte zu großen Teilen begeistert einem irren, traumatisierten aber raffinierten Weltkriegsgefreiten und seinen Helfershelfern nach. Mit den bekannten Folgen, die uns heute mehr denn je einholen. Wenn es auch niemand wahr haben will, 1945, mit dem Ende dieses Krieges meine ich, hörte Deutschland eigentlich auf, das Volk der Dichter und Denker zu sein. Deutschland hat in diesem Krieg unter anderem die gesamte deutsche jüdische Intelligenz und darüber hinaus den Großteil seiner hoffnungsvollen Jugend verloren. Die Umstände nach dem Krieg taten dann ein Übriges, sowohl in Ost- wie in Westdeutschland. Die Strukturen in beiden „Deutschlands“, sicher in guter Absicht installiert, verkrusteten leider in den Jahrzehnten und verhinderten aktuell notwendige, rechtzeitige und progressive Reformen. Die geistige und politische Elite Deutschlands ist deshalb gerade heute mehr denn je gefordert. Meiner Meinung nach bleibt sie schon viel zu lange tragfähige Modelle und wirksame Reformen schuldig.

Vom Krieg mit seinen Auswirkungen, von Tod und Verderben, Verwundeten und dem Grauen erfuhr ich hautnah, als meiner Mutter der Tod ihres Lieblingsbruders an der Ostfront, in der Sowjetunion, mitgeteilt wurde. Ich hörte auch vom Tod einiger Väter von Spielkameraden, die auf dem „Feld der Ehre“ geblieben und „für Führer, Volk und Vaterland“ gefallen waren und sehr bald wusste ich, dass dieses Wort „gefallen“ eine euphemistische Umschreibung war für „getötet“ oder „erschossen“ oder „zermalmt“, und die Väter nie zurückkommen würden. Auf diese Weise, durch mehrere Tieffliegerbeschüsse und den Niedergang einer Luftmine, die eine Vielzahl von Dächern und Fenstern zerstörte, war der Krieg auch in Belzig spürbar. Die kleine Stadt wurde glücklicherweise aber nie Kriegsschauplatz.

Die Folgen des Krieges wurden allerdings auch in Belzig immer sichtbarer, denn ständig nahm die Zahl verwundeter, verstümmelter deutscher Soldaten zu, die in das Belziger Lazarett eingeliefert wurden.

Interessant für mich kleinen Knirps waren damals die Veranstaltungen, das Gepränge mit Fanfaren und Fahnen an Feiertagen des NS-Staates, auch die jährlich stattfindenden Manöver in den Straßen Belzigs. Fahnen hingen zu jedem Anlass aus den Fenstern und auch auf dem Bergfried der Burg Eisenhardt wehte weithin sichtbar die Hakenkreuzfahne.

In den ersten Jahren des Krieges noch ziemlich oft. Zufriedene, stolze Gesichter sah man auch, denn die deutsche Wehrmacht war ständig auf dem Vormarsch, okkupierte Land für Land. Der Krieg war weit weg.

 

Einschulung im Jahre 1944 in Belzig
 

 

Die im Elternhaus von Beginn des Krieges an als aussichtslos eingeschätzte Lage Deutschlands wurde erst offensichtlicher, als endlose Flüchtlingstrecks durch Belzig Richtung Westen strömten, denen später dann unablässig Teile der Deutschen Wehrmacht, ebenfalls Richtung Westen, folgten. Das unheimliche Gedröhn der immer häufiger hoch über uns Richtung Berlin fliegender Bomberverbände der Amerikaner und Engländer ließ ahnen, was von Berlin und anderen deutschen Städten übrigbleiben würde.

Und einmal, es war wohl schon 1944, stürzte ein Flugzeug der Alliierten mit einem kanadischen Piloten ab. Etwa 250 Meter Luftlinie von unserem Haus entfernt. Sensation und Gesprächsstoff für mehrere Tage, wenn nicht sogar Wochen.

Das Kriegsende ist mir heute noch gegenwärtig, denn ich habe noch Mutters lachende Augen vor mir. Immer wieder sagte sie, dass der Krieg nun beendet sei, endlich beendet, und unter Tränen beim Läuten der Friedensglocken der Belziger Marienkirche verdammte sie die braune Pest, die ihr den Bruder genommen hatte.

Ich hörte, dass die stadtbekannten Nazis entweder geflohen waren oder sich mit ihren Familien erschossen hatten, voller Angst vor den anrückenden Russen, die dann aber einen Bogen um Belzig machten, die kleine Ackerbürgerstadt gewissermaßen erst einmal als „militärisches Niemandsland“ betrachteten. Umso nachhaltiger war mein Eindruck, als eines schönen Tages Panzerketten auf der Straße klirrten und wir die ersten Sowjetpanzer und Sowjetsoldaten...

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