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E-Book

Der Zauber guter Gespräche

Kommunikation mit Kindern, die Nähe schafft

AutorUlrike Döpfner
VerlagBeltz
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl243 Seiten
ISBN9783407866110
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Spricht Ihr Kind auch in Ein-Wort-Sätzen? Antwortet mit »gut« auf Ihre Frage, wie es in der Schule war, aber mehr kommt nicht? Das könnte sich mit diesem Buch ändern. Die Psychologin Ulrike Döpfner hat 100 überraschende Fragen zusammengestellt, mit denen sich lebhafte und intensive Gespräche mit Kindern entwickeln lassen. Sie stellt zahlreiche Kommunikationstechniken für bedürfnisorientiertes Zuhören und Reden vor. Anschaulich erklärt sie, wie Sie Sorgen, Ängste und Glücklichsein von Kindern im Alter zwischen 4 und 12 Jahren erfragen und erkennen können. Wissenswertes zu gelingender Kommunikation und Extrakapitel für Großeltern und getrennt lebende Eltern ergänzen dieses Buch.

Ulrike Döpfner studierte Psychologie und ist Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin mit Schwerpunkt Elterncoaching. Die Mutter dreier Söhne ist Autorin von »Was für ein Kind waren Sie?«, das 2014 erschien und Gespräche mit fünfzehn berühmten Zeitgenossen über ihre Kindheiten in unterschiedlichen Milieus und Zeiten enthält. Ihr zweites Buch, »Der Zauber guter Gespräche. Kommunikation mit Kindern, die Nähe schafft« (Beltz, 2019), erfuhr große Beachtung in Print- und Onlinemedien, Radio und TV und wurde in mehrere Sprachen übersetzt.

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Leseprobe

Aktives Zuhören


Wenn wir uns innige Gespräche mit unseren Kindern wünschen, möchten wir erfahren, was sie denken und wie sie sich fühlen. Unsere größte Angst ist, dass sie sich vor uns verschließen und wir nicht wissen, was in ihnen vorgeht. Schlimmer noch, dass sie vielleicht Sorgen oder Nöte haben, von denen wir nichts wissen, weil wir nicht an sie »rankommen«.

Der Psychologe Carl Rogers entwickelte die Technik des aktiven Zuhörens, eine Spezialform des Zuhörens, und setzte sie in der Gesprächspsychotherapie ein. Hierbei wird die Selbstakzeptanz des Klienten durch das akzeptierende und empathische Eingehen des Therapeuten verstärkt. Der Klient fühlt sich durch dieses Zuhören verstanden. Thomas Gordon, ebenfalls Psychologe, setzte die Technik des aktiven Zuhörens in der Elternarbeit ein und unterrichtete sie in Elternkursen. In seinem Buch »Familienkonferenz« geht er ausführlich auf diese Technik ein. Aktives Zuhören nach Gordon ermöglicht es Eltern, ihre Kinder dabei zu unterstützen, ihre Gedanken und Gefühle zum Ausdruck zu bringen. Beim passiven Zuhören schweigen wir und hören lediglich zu. Das kann, wenn unsere Körpersprache durch einen aufmerksamen Blick und anteilnehmendes Nicken Interesse signalisiert, vom Kind als Annahme aufgefasst werden.

Beim aktiven Zuhören schweigen wir nicht, wir versuchen zu verstehen, was unser Kind empfindet und was seine Botschaft besagt. Wir fassen hierbei das, was wir verstanden haben, in unseren eigenen Worten zusammen und melden es dem Kind zurück. Hierbei geht es nicht nur um die Sachaussage, sondern auch um die hinter der Aussage stehenden Gefühle. Wir versuchen, den emotionalen Kern seiner Aussage zu verstehen, und melden dem Kind zurück, wie wir seine Botschaft verstanden haben. Hierzu bedarf es einer speziellen Haltung: Das Verständnis dessen, was unser Kind mit seiner Botschaft ausdrücken möchte, wird uns nur durch Feinfühligkeit und Empathie gelingen. Nur wenn wir uns wirklich in unser Kind hineinversetzen und die Welt aus seinen Augen betrachten, können wir wahrnehmen, was es empfindet. Wir müssen »zwischen den Worten« hören, um zu verstehen, was unser Kind fühlt und meint. Dazu bedarf es einer annehmenden Offenheit, wir müssen wirklich verstehen wollen, was unser Kind gerade versucht auszudrücken. Mit unserer Rückmeldung an das Kind halten wir unsere eigenen Anteile zurück und beschränken uns auf das von uns Verstandene. Wir fügen dem keine eigene Aussage hinzu, wie beispielsweise einen Ratschlag oder eine Bewertung. Mit unserer Rückmeldung wollen wir dem Kind zeigen, dass wir seine Empfindungen und Gedanken verstehen und dass es in diesem Moment nur um das, was es ausdrückt, geht – und nicht um das, was wir Eltern darüber denken. Dies befördert bei unserem Kind ein Gefühl des Angenommenseins. Durch unsere aktive Rückmeldung des von uns Verstandenen können wir überprüfen, ob wir die Bedeutung seiner Botschaft und die dahinterstehenden Empfindungen richtig erfasst haben – seine Reaktion darauf zeigt, ob wir es korrekt verstanden haben oder nicht.

Durch Einfühlung in das Kind und unsere nicht wertende Zusammenfassung des von uns Verstandenen laden wir es dazu ein, seine Gedanken und Gefühle im Gespräch mit uns weiter zu klären. So ermuntern wir es, eine eigene Lösung für ein mögliches Problem zu entwickeln.

*

Die zehnjährige Eva berichtet zu Hause aufgebracht: »Ich hasse Anna, sie spielt nur noch mit Lisa und nie mehr mit mir.« Eltern sind dann oft schnell mit Antworten dabei wie:

  • »Ach, Anna ist doch nicht das einzige Mädchen in deiner Klasse, suche dir eine andere Freundin.« – Es wird ein Ratschlag erteilt.

  • »Mein Schatz, das sind Phasen, das geht vorbei – morgen sieht die Welt schon wieder ganz anders aus.« – Es wird versucht, das Problem zu minimieren.

  • »Das erstaunt mich nicht, ich wusste schon immer, dass Anna keine richtige Freundin ist.« – Es wird bewertet.

Mit solchen Sätzen wollen Eltern der Tochter helfen, sie werden in guter Absicht geäußert. Wenn wir Erwachsenen so reagieren, gehen wir aber nicht auf die Befindlichkeit unseres Kindes ein. Im Gegenteil: Wir versuchen tatsächlich alles, um seine Befindlichkeit (Wut, Traurigkeit) zu verändern und aufzuhellen. Dazu geben wir Tipps oder Einschätzungen, von denen wir denken, dass sie nützlich sind. Das Ergebnis aber ist, dass das Kind sich nicht wirklich verstanden fühlt und auch nicht die Chance hat, eigene Lösungsstrategien zu entwickeln. Durch diese sehr lenkende Haltung verhindern wir ein Gespräch, in dem das Kind uns erzählt, wie es empfindet. Die Richtung, in die wir es führen, hat mehr mit uns und unseren Vorstellungen als mit denen des Kindes zu tun.

Es ist schwierig für uns, Gefühle, die unsere Kinder belasten, auszuhalten. Deshalb sind wir schnell mit Ratschlägen oder Einschätzungen zur Hand, mit denen wir hoffen, unsere Kinder von ihren belastenden Gefühlen zu befreien. Wir überspringen hierbei jedoch eine entscheidende Gesprächsphase – die der Anerkennung der Gefühle unserer Kinder. Indem wir ihnen signalisieren: »Ich verstehe, was du fühlst, ich kann nachvollziehen, was du gerade durchmachst«, vermitteln wir ihnen Empathie und Akzeptanz. Erst dann fühlt sich unser Kind verstanden und angenommen. Dieses Gefühl ist die Grundlage dafür, dass es sich öffnet und von dem berichtet, was es belastet.

Beim aktiven Zuhören melden wir die Emotion des Kindes zurück, die wir herausgehört haben:

Eva: »Ich hasse Anna, sie spielt nur noch mit Lisa und nie mehr mit mir.«

Vater: »Du fühlst dich von Anna ausgegrenzt und alleingelassen, das macht dich wütend, richtig?«

Hier würde sich unsere Tochter in ihrer Emotionalität verstanden und akzeptiert fühlen. Der Dialog könnte sich konstruktiv weiterentwickeln:

Eva: »Ja, das ist so gemein, wenn Anna mich nicht beachtet, ich fühle mich dann wie Luft.«

Vater: »Du fühlst dich dann, als ob du gar nicht da wärest – und das, obwohl du eigentlich Annas Freundin bist.«

Eva: »Genau! Freundinnen sind doch dafür da, zusammenzuhalten. Wir haben immer so toll zusammen gespielt. Und jetzt ist diese doofe Lisa da, die mir meine Freundin wegnimmt.«

Vater: »Du bist traurig, weil nun Anna und Lisa zusammen spielen, und du denkst, dass deine Freundschaft mit Anna vorbei ist.«

Eva: »Ja … Hm, vielleicht ist sie ja nicht vorbei. Vielleicht sollte ich versuchen, mit beiden zu spielen.«

In diesem Gesprächsverlauf gibt der Vater seiner Tochter durch aktives Zuhören die Möglichkeit, ihre Gedanken weiterzuführen und ihre Gefühle auszudrücken. Durch das väterliche Wiedergeben ihrer Gefühle fühlt sie sich verstanden und angenommen. Durch das Besprechen ihrer Gefühle und ihrer Gedanken mit ihrem Vater ist sie schlussendlich in der Lage, selbstständig eine Strategie zum Umgang mit der problematischen Situation zu entwickeln.

Beim aktiven Zuhören signalisieren wir unserem Kind, dass wir ihm zutrauen, eine eigene Lösung für die Situation zu entwickeln. Spiegelnde Sätze beginnen deshalb in der Regel mit »du«. Folgen wir unserem ersten Impuls, mit einem Ratschlag aufzuwarten, versteht unser Kind implizit, dass wir ihm keine Lösung zutrauen, und wir geben ihm durch diese Form des Gesprächs auch keinen Raum, diese Lösung selbstständig zu entwickeln – unsere Vorstellungen stehen dann im Vordergrund des Gesprächs.

Wie Gordon ausführt, kann das Kind in vielen Fällen durch aktives Zuhören tatsächlich eine eigene Lösung für sein Problem entwickeln. Manchmal hilft ihm auch das Gefühl der elterlichen Akzeptanz, eine Situation, die es nicht ändern kann, einfach anzunehmen. Manchmal entwickelt sich durch aktives Zuhören ein Gespräch, in dem unser Kind nach unserer Meinung fragt oder auch einen Vorschlag von uns akzeptieren kann. Manchmal endet ein Gespräch, das durch aktives Zuhören...

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