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E-Book

Des Kobolds Handbuch der Magie

Spieltheorie

VerlagUlisses Spiele
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl160 Seiten
ISBN9783957523532
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,99 EUR
Was macht Fantasy fantastisch? Die Magie natürlich! Seien es unirdische Kreaturen, ränkeschmiedende Zauberer, legendäre Schwerter oder Örtlichkeiten, an denen die Gesetze der Logik und der Physik außer Kraft gesetzt werden - eine spannende Fantasygeschichte braucht ein magisches Element. Damit eine Geschichte funktioniert, müssen Sie den Leser oder Spieler jedoch dazu bekommen, das Unglaubliche zu glauben, und das ist gar nicht so einfach. Des Kobolds Handbuch der Magie verrät Ihnen die Berufsgeheimnisse von 20 erfolgreichen Fantasyautoren und Spieleentwicklern. Sie erfahren, wir Sie Magie spannend und mitreißend gestalten und erlebbar machen - im Spiel und in Geschichten. Die behandelten Themen sind vielseitig, vom Zauber Irlands und nicht funktionierender Magie über das Erschaffen eines 'Sense of Wonder' am Spieltisch und das Verändern eines Teleportspruchs für eine bessere Geschichte bis hin zur Frage, wie man die Seele eines Charakters verkauft oder eine Kampagne leitet, in der Visionen und Prophezeiungen eine Rolle spielen. Es gibt sogar einen Abschnitt über die Magie von J.R.R. Tolkien und welche Werkzeuge dem Spielleiter im Umgang mit der Magie helfen können. Mit Essays von: Wolfgang Baur, Clinton Boomer, David Chart, David 'Zeb' Cook, James Enge, Ed Greenwood, Jeff Grubb, Kenneth Hite, James Jacobs, Colin McComb,, Richard Pett, Tim Pratt, John Rateliff, Thomas Reid, Aaron Rosenberg, Ken Scholes, F. Wesley Schneider, Amber E. Scott, Willie Walsh, Martha Wells, Steve Winter

Wolfgang Baur (*1968) ist, trotz seines deutsch anmutenden Namens, ein amerikanischer Spieleentwickler, Autor und Herausgeber, der sich mit zahlreichen Publikationen im Bereich der Rollenspiele einen Namen gemacht hat. Er war als Entwickler und Herausgeber bei TSR tätig, der Firma, die das Hobby Rollenspiel erst populär gemacht hat. Wolfgang Baur schrieb für die Magazine Dragon und Dungeon, arbeitete an den Hintergrundwelten zu Planescape, Al-Qadim sowie an Star*Drive und Dark•Matter für das Science-Fiction-Rollenspiel Alternity. Nach dem Ende von TSR gründete Wolfgang Baur seinen eigenen Verlag Kobold Press und brachte bis 2012 das Magazin 'Kobold Quarterly' heraus. Seit 2014 erschienen bei seinem Verlag die ersten Abenteuer für die 5. Edition von Dungeons & Dragons.

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Leseprobe

Die Farben der Magie

Rollenspielzaubern das Wunderbare verleihen

Jeff Grubb

So sollte Magie in Spielen sein:

Als ich jung war, sah ich die Disneyversion von Die Hexe und der Zauberer (grob basierend auf T.H. Whites Version von Das Schwert im Stein) am King‘s Court Theater. Einer der Höhepunkte des Films war das Zaubererduell zwischen Merlin und der bösen Hexe Mim. Mim schummelt gleich am Anfang, indem sie sich unsichtbar macht, danach verwandeln sich beide in eine Vielzahl von Kreaturen (Mim wird zum Krokodil, Merlin zuerst zu einer Schildkröte, um es zu beißen, und dann zu einem Hasen, um wegzulaufen, Mim wird zum Fuchs, Merlin zum Wurm, Mim zum Huhn, Merlin zum Walross und so weiter). Das Duell endet damit, dass Mim ein Drache wird und Merlin ein Bakterium, das den Drachen mit einer fiesen Krankheit flachlegt.

Und das war cool, denn Magie handelt von allen erdenklichen Möglichkeiten.

Jahre später sah ich im Chiller Theatre, einer Horror-Fernsehsendung, Roger Cormans Version des Raben (nur dem Namen nach mit dem Gedicht von Poe verwandt). Das Finale des Films war ein Zauberduell zwischen Boris Karloff und Vincent Price. Die verwendeten Zauber waren Vorgänger der frühen D&D-Bücher - Levitation, Magisches Geschoss und Schild. Das war cool, weil wir wussten, dass beide Männer vorgeblich Zauberer waren, aber wir wussten nicht, was sie für Zauber benutzten. Wie sie Attacken und Riposten gegeneinander ausführten.

Und darum ging es bei der Magie - den Sense of Wonder, das Gefühl des Wunder-
baren.

Aber wenn wir Magie in Spielen wiedergeben, finden wir dort meist weder Möglichkeiten noch Wunderbares. Magie in Rollenspielen ist nur ein weiteres Werkzeug in der Kiste, eine weitere Ressource, die, wenn auf die richtige Art aktiviert, ein bestimmtes Ergebnis erzeugt, nicht mehr und nicht weniger.

Ein Teil des Problems ist die Natur der verschiedenen Medien. Bücher und Filme können erfreuen, indem sie die Tür zu unbekannten Wundern aufstoßen. Wenn die lokale Magierin einen Hasen (oder einen Drachen) aus ihrem Hut zieht, wird das im Genre erwartet und wir verlangen keine Erklärung. Zauberer sollen bis zum Bersten mit Geheimnissen gefüllt sein, die man offenbaren kann, wenn es benötigt wird.

J.R.R. Tolkien selbst ging darauf in seinem Essay On Fairy-Stories ein: „Faerie selbst kann man am ehesten als Magie übersetzen - aber es ist Magie von einer besonderen Atmosphäre und Macht, so weit wie möglich weg von den vulgären Klauen des gelehrten, wissenschaftlichen Zauberers. Es gibt eine Bedingung: Wenn die Geschichte Satire enthält, darf sie sich nicht über die Magie selbst lustig machen. Diese muss in der Geschichte ernstgenommen werden, weder verlacht noch wegerklärt.“

Magie hat damit eine Art des Wunders und des Mysteriums, des Vielfältigen und des Unerwarteten. Hier ist etwas Neues. Hier ist etwas, was du noch nie zuvor gesehen hast. Hier ist etwas, das cool aussieht.

Spiele und insbesondere Rollenspiele drehen sich hingegen um die Ermächtigung des Spielers und damit brauchen wir so viele Informationen wie möglich darüber, was Magie kann, wie sie funktioniert und, am wichtigsten, wie man sie nach Bedarf wiederholt einsetzt. Ein Zauberwirker in Dungeons & Dragons und den meisten Nachfahren des Spiels (an die sich dieses Kapitel hauptsächlich, aber nicht ausschließlich, richtet) bevorzugt es, wenn seine Zaubersprüche jedes Mal das Gleiche tun.

Ein Anteil davon kommt aus der Herkunft der Spiele von den Tabletops, wo Zauberer ein kleiner Teil einer größeren Streitmacht sind. Wenn eine Magierin oder ein Kleriker gewaltige Macht bekommt, aber dafür auch eine hohe Chance des plötzlichen Ausscheidens (oder wie es die Wargames Research Group 1973 ausdrückte: „Magier verschwindet in einer Wolke blauen Rauchs, hinterlässt einen starken Schwefelgeruch und kehrt nicht zurück“), ist die Nutzung dieser Figur riskant, aber noch immer akzeptabel als eine Einheit unter vielen. Wird aus dieser Magierin die einzige vom Spieler kontrollierte Einheit und sein Avatar im Spiel, ist diese Art von Einschränkung inakzeptabel. Kurz gesagt ist ein Spielercharakter zu wichtig, um ihn mit zufälligen Zaubersprüchen zu riskieren.

Also werden die Zauber kontrollierbarer, weniger gefährlich für den Benutzer und konsistenter, was Form und Funktion angeht. Einen Blitzschlagzauber zu sprechen erzeugt einen gewissen erwartbaren Effekt, genau wie Person Bezaubern oder Schlaf oder Magisches Geschoss. Aber in diesem Versuch, das Spiel zu ordnen und spielbar zu machen, geht ein Teil des Wunderbaren verloren. Die Frage ist dann, wie kriegt man es zurück? Wie kann man das Gefühl der Spannung der Magie in einem System wiedergewinnen, das Magie so nutzbar und wiederholbar wie möglich macht? Können genau die Mechaniken des Spiels, das reproduzierbare Resultate beim Zaubern verlangt, genutzt werden, um das Gefühl des Staunens wiederherzustellen? Welche Optionen stehen dem Spielleiter offen?

Option 1: Zufällige Effektivität und Patzer

Eine der offensichtlichen Möglichkeiten, die Ergebnisse zu variieren, ist durch die Nutzung zufälliger Faktoren. Der Feuerballzauber eines Zauberers auf Stufe 6 richtet zum Beispiel nicht 21 Punkte Schaden an, sondern 6W6. Das sorgt für ein wenig Variabilität, aber das Gefühl des Staunens bringt es nicht zurück. Ein Spieler mag sich an besonders tolle Ergebnisse (30 auf 6 Würfeln!) oder besonders fürchterliche (8... und das im Kampf gegen den Troll...) erinnern, aber die meisten Zauber sind letztlich jenseits von ein paar Schadenspunkten bedeutungslos.

Rettungswürfe haben auf meist binäre Weise den gleichen Effekt - der Person Bezaubern-Spruch ist entweder wirksam oder verpufft komplett. Wie gesagt: Das verändert zwar deutlich den Kampfverlauf, aber es macht die Magie nicht magischer. Es ist ein binäres Ergebnis, das uns unserer Hauptherausforderung nicht näher bringt.

Systeme mit Patzertabellen hingegen mögen beim ersten Mal amüsant sein, aber ohne genaues Balancing hat das den gleichen Effekt wie die vorher genannten Tabletopschlachten. Wer spielt schon einen Zauberer, wenn jeder Zauber eine Chance (und sei es eine kleine Chance) auf frustrierende bis fast tödliche Resultate hat?

All diese Konzepte im Design können einen anderen Kampfverlauf bringen, aber letztlich spielen sie nur mit Zahlen herum, mit denen sich Merlin und Mim, Price und Karloff nie beschäftigt zu haben scheinen. Wie erweckst du also das Gefühl des Wunderbaren und der Variation, wenn du einen Zauber wirkst - oder wenn jemand einen Zauber gegen dich wirkt?

Option 2: Ein sehr großes Zauberbuch

Eine mögliche und erfolgreich angewandte Lösung ist es, das Spielfeld zu fluten - also so viele Zauber bereitzustellen, dass es schwierig wird zu bestimmen, welcher davon gerade wirkt, was nur noch die Betrachtung der Ergebnisse übrig lässt. Statt einem Zauber, der eine feurige Kugel erstellt, gibt es ein Dutzend davon. Einige schaffen rollende Kugeln; einige haben andere Formen wie Mauern oder Strahlen mit anderen Ergebnissen; einige erzielen Nebeneffekte. Die meisten Editionen haben irgendein Grundgerüst für das Hinzufügen neuer Sprüche und es gibt Spieler und SLs, die das Potenzial der neuen Frühjahrszauberkollektion mögen. Zauberbücher auszubauen stellt mehrere Herausforderungen. Die erste ist die begrenzte Aufnahmefähigkeit von Spielern und SLs für neue Informationen. Zauber in vielen verschiedenen Quellen zu verstreuen (oder auch nur einer großen Quelle) macht es schwierig, diese Informationen schnell abzurufen. Jeder, der schonmal im Kampf eine Zauberbeschreibung nachschlagen musste, kennt dieses Problem, das im Zeitalter von Apps, PDFs und Wikis reduziert, aber nicht eliminiert wurde. Schwieriger hingegen ist die Spielbalance, der Versuch herauszufinden, welche Versionen welcher Sprüche auf welchen Stufen angemessen sind, und wie sie sich miteinander messen - insbesondere bei Zaubern, die das gleiche tun, aber unterschiedliche Ergebnisse haben.

Als Beispiel schaue ich mir meine Arbeit am Spell Compendium für D&D in der 3. Edition an, die Jahre von Quellenbüchern und Abenteuermodulen in ein Buch kondensierte. Bei meiner Recherche fand ich um die fünf Zauber, die damit zu tun hatten, die Knochen des Ziels zu verflüssigen. Alle hatten verschiedene Stufen. Einige dienten als offensive Zaubersprüche, um Schaden zuzufügen. Andere wurden als Kontrollzauber genutzt, um Bewegung und Fähigkeiten des Ziels einzuschränken. Einer sollte nur dem Ziel Schmerzen bereiten. Und dann gab es noch einen positiven Zauber, der die Knochen des Zaubernden (schmerzlos und ohne Schaden) verflüssigte, um ihm zu erlauben, durch kleine Öffnungen zu gelangen.

Am Ende entfernten wir einige der Zauber komplett und standardisierten beim Rest den Effekt bezüglich der Frage, ob das Ziel seine knochenlose Form kontrollieren kann. Wir hatten noch immer einen Haufen Knochenschmelzzauber, aber dadurch, dass wir sie alle passend gemacht hatten, verloren wir einen Teil des Wundersamen.

Ein ähnlicher Fall liegt bei den metamagischen Talenten der dritten D&D-Edition vor, wo man Zauber verlängern, vergrößern, still zaubern oder ohne materielle Komponenten sprechen konnte. Das war ein gutes, wenn auch sperriges System und obwohl es sichtbare Varianten von Zaubern erzeugte, ließen die Kosten (meist ein oder zwei zusätzliche Zauberstufen, sodass der Spruch mit effektiveren...

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