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E-Book

Des Kobolds Handbuch des Spieldesigns

Spieltheorie

VerlagUlisses Spiele
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl244 Seiten
ISBN9783957523495
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Sie wollten schon immer mehr über die Entwicklung eines Rollenspiels wissen? Wolfgang Baur, Monte Cook, Ed Greenwood, Mike Stackpole und viele andere Veteranen der amerikanischen Rollenspielszene haben Ihnen einiges darüber zu berichten. Dieses Buch hilft Ihnen dabei, Abenteuer, Monster oder Magie für Ihre Rollenspielkampagne und vielleicht sogar Ihr eigenes Rollenspiel zu entwickeln. Des Kobolds vollständiges Handbuch des Spieldesigns bietet Ihnen auf 240 Seiten umfangreiche Essays darüber, wie ein Rollenspiel funktioniert. In dieser Sammlung sind neben einer Menge neuen Materials alle drei Bände der Reihe Kobold Guide to Game Design enthalten. Die 40 leicht verständlichen Essays in diesem Buch beantworten zahlreiche Fragen zum Rollenspieldesign, von den Grundregeln und Magiesystemen über Fantasyabenteuer und Monsterdesign bis hin zum Testspielen u.v.m. Gewinner des 2012 ENnie-Awards für das beste Rollenspiel-Zubehör.

Wolfgang Baur (*1968) ist, trotz seines deutsch anmutenden Namens, ein amerikanischer Spieleentwickler, Autor und Herausgeber, der sich mit zahlreichen Publikationen im Bereich der Rollenspiele einen Namen gemacht hat. Er war als Entwickler und Herausgeber bei TSR tätig, der Firma, die das Hobby Rollenspiel erst populär gemacht hat. Wolfgang Baur schrieb für die Magazine Dragon und Dungeon, arbeitete an den Hintergrundwelten zu Planescape, Al-Qadim sowie an Star*Drive und Dark•Matter für das Science-Fiction-Rollenspiel Alternity. Nach dem Ende von TSR gründete Wolfgang Baur seinen eigenen Verlag Kobold Press und brachte bis 2012 das Magazin 'Kobold Quarterly' heraus. Seit 2014 erschienen bei seinem Verlag die ersten Abenteuer für die 5. Edition von Dungeons & Dragons.

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Leseprobe

1.
Was ist Design eigentlich?

Die offensichtlichste Frage, wenn man über Spieldesign nachdenkt, ist nicht, wie man vielleicht erwartet „Was ist Design?“

Die Frage, die ich am häufigsten höre, ist, wie man designt, genauer gesagt, wie man die mathematischen und mechanischen Elemente des Designs angeht. Manches davon wird später in diesem Buch behandelt.

Die zweithäufigsten Fragen haben damit zu tun, wie man ein Design einem Verlag näherbringt, wie man ein fehlgeschlagenes Design verbessert und testspielt und so weiter. Vorherige Bände des Kobolds Handbuch des Spieldesigns haben die praktischen Elemente behandelt.

Für mich ist die erste Frage – Spieldesign zu definieren – vielleicht weniger pragmatisch, aber definitiv wichtiger, um verstehen zu können, was es heißt, gut zu designen, und was es bedeutet, etwas Neuartiges zu erschaffen, Spieler zu begeistern und ein bahnbrechendes Spiel oder Setting zu veröffentlichen. Wenn Deine Arbeit am Design komplett eine Sache der mechanischen Verfeinerung, Vermarktung und Testrunden ist, kannst Du Erfolg haben. Du kannst aber noch erfolgreicher sein, wenn Du über die zugrunde liegende Natur des Designs nachdenkst. Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass Neulinge sich über das Wie wundern, die Veteranen sich aber mit dem Was und Warum aufhalten, vor allem in den Fällen, in denen sich das Warum mit der Spielekultur zu verändern scheint.

Ich komme auf die Frage zurück, was Spieldesign mehr und mehr über das letzte Jahr ausgemacht hat. Ich tu mal so, als hätte ich keine besonders erstaunliche Einsicht in die generellen menschlichen Impulse für Spiele, aber ich habe mir ein paar bestimmte Lektionen durch schiere Wiederholung und Beobachtung klargemacht. Ich denke, ich bin bereit, es zu versuchen.

Unsere Arbeit definieren

Wenn wir uns als Spieleentwickler hinsetzen und über unsere Arbeit nachdenken, passieren ein paar Dinge. Wir stellen uns eine spezifische Zielgruppe mit einem bestimmten Satz an Erwartungen vor, von der benötigten Lesemenge bis hin zum Stil des Spiels, das wir erwägen. Wir denken an wirtschaftliche Elemente und Anreize für die Zielgruppe: Was wird Spieler anziehen? Und wir denken an Immersion und die Häufigkeit, mit der das Spiel noch mal gespielt wird: Welche Siegbedingungen oder Begegnungsbeschreibungen sind am verlockendsten?

Wenn ich ein Spiel entwickle, denke ich darüber nach, welcher Regelsatz ein fesselndes Spielerlebnis für die intendierte Zielgruppe in einem neuen oder bestehenden Spielmodus oder -stil erschaffen wird.

Design ist die vom Spiel losgelöste Schöpfung von Spielerlebnissen. Das heißt, als Designer ermöglicht Deine Arbeit anderen Erlebnisse im Spiel. Wenn Du das außergewöhnlich gut machst, wirst Du neue Spielgenres und -stile erfinden; das heißt also komplett neue Spielmethoden, -stile und -systeme. Du verwendest Technologie, Kunst und Deine eigene Vorstellung davon, was es heißt, zu spielen, um das neue Spiel zu erschaffen. Design enthält das Schaffen neuer Orte, die man erkunden kann, und das Erstellen neuer Regeln und Systeme, um das Spiel zu lenken.

Jeder Typ von Design – neue Regeln, neue Erlebnisse und sogar neue Modi oder Spielstile – bedarf einer eigenen Garnitur von Fähigkeiten.

Design ist...

Design ist eine eigene Disziplin, aber es leiht von und baut stetig auf anderen Arten kreativer Arbeit auf. Design ist:

  • Kunst
  • Mathematik und Wahrscheinlichkeit
  • Literatur und Sprache
  • Geographie und Geschichte
  • das Erstellen eines Spielfeldes
  • die Förderung der Wiederholung bestimmter Verhaltensmuster
  • sich wiederholende Regelsetzung, um den Wettbewerb zwischen den Spielern zu verbessern
  • Regelsetzung, um Spielerkooperation zu fordern
  • eine Fusion von erforschendem Spiel und Meisterschaft im Laufe der Zeit
  • das Studieren von Spielerpsychologie und der bewussten Manipulation des Verhaltens

    Die Natur des Spieldesigns ist, dass es Verständnis der vielen zusammenhängenden Felder erfordert. Es ist sowohl eine Sache synkritischen als auch analytischen oder reduktiven Denkens. Das ist Teil der Anziehungskraft; in manchen Spielen besteht Deine Arbeit aus reiner Geometrie, Wahrscheinlichkeit und der zeitlichen Abstimmung von Ereignissen, wie bei der Erschaffung von Regeln für Brettspiele oder Arcade-Spiele, wo die Form des Spielareals und das Auftauchen von Ressourcen und Objekten präzise kalibriert werden muss, um die Aufmerksamkeit der Spieler zu halten, einen stetigen Anreiz zu liefern, und eine Vielzahl erfolgreicher Strategien zu erlauben. In anderen Arten von Spielen musst Du Siegbedingungen, Regeln, Landschaften, Arbeitshilfen und Charaktere festlegen. Hier geht es weniger um die zeitliche Abstimmung und Geometrie und mehr darum, ein Gefühl des Entdeckens und Erstaunens zu erzeugen, wenn der Spieler Teile des Settings und neue Herausforderungen des Spiels entdeckt. Wenn Du Dich irgendwann einmal fragst, ob Du die richtigen Probleme löst, sieh Dir die Liste hier an und überlege, welche anderen Herangehensweisen an das Problem eventuell eine Verbesserung des Kerns des Spiels vorantreiben.

Neue Regeln

Das ist das einfachste und wichtigste Element des Spieldesigns: Wie sind die Regeln des Spiels? Welche Taktiken ermöglichen sie? Welche Chancen legen sie fest? Welche Verhaltensweisen werden gefördert oder unterbunden? Welche auftauchenden Elemente leiten sich aus den Regeln ab? Sind die Regeln dehnbar? Sind die Regeln vollständig und in sich abgeschlossen? Können die Regeln zusammengefasst werden? Können sie eingeplant werden? Welche Siegbedingungen verlangen sie? Wie sehen die Konsequenzen des Versagens aus? Wie ermutigen sie dazu, nochmals zu spielen?

Und belohnen sie den Spieler für seine Fähigkeiten, für Können? Oder ist im Grunde ihr Zweck investierte Zeit und investiertes Geld? Beide Herangehensweisen sind vielleicht für verschiedene Zielgruppen richtig; nicht jedes Spiel muss ein Geschicklichkeitsspiel sein, wie die Spiele auf Facebook so umfangreich belegen.

Neue Erfahrungen

Spiele erlauben uns, uns das Unmögliche oder wenigstens das Ungewöhnliche vorzustellen, daher sollten Spiele aus Fantasy und anderen Genres neue Erfahrungen ermöglichen: Drachen reiten, interstellarer Handel mit feindseligen Spezies, Meuchelmorde im Mittelalter oder die Verführung eines Bondgirls in Monte Carlo. Sogar ein einfaches Fahrspiel muss ein komplexes Erlebnis aus Geschwindigkeit, Kontrolle und Wettbewerb liefern.

Diese Eigenschaft des Spieldesigns ist besonders ausschlaggebend für Franchise-Spiele, die das meiste ihrer Anziehungskraft über Zeit erlangen: Sportspiele und neue Ausgaben bestehender Titel. Es ist wichtig, dass ein Designer „dasselbe, aber anders“ machen kann, um eine sehr beliebte Serie, Setting oder Eigenschaft frisch und fesselnd zu halten.

Neue Modi zu Spielen

Neue Modi erfordern die Fähigkeit, sich neue Spielstile vorstellen zu können: Spiele in Alternativen Realitäten (ARS), Egoshooter, Rollenspiele ohne Spielleiter (SL). Neue Regeln und Systeme sind nötig, um diese neuen Spielstile zu unterstützen – aber zum größten Teil sind diese neuen Systeme Variationen bereits existenter Systeme. Es ist sehr selten, dass eine wirklich komplett neue Regel auftaucht, wie z.B. die Deckkonstruktionsregeln, die Magic: The Gathering (MTG) zu einem bahnbrechenden Verkaufsschlager machten. Die anderen Regeln von MTG (Ressourcenmanagement und Attacke/Parade) waren größtenteils Variationen bestehender anderer Regeln anderer Spielstile.

Wenn Du eine Idee auf dem Level von MTG hast, verfeinere sie und bring sie auf den Markt, denn ich kann Dir vermutlich nichts beibringen. Andererseits ist das Gros des Rollenspiel- und Massively-Multiplayer-Online-Game-Designs (MMO) etwas anderes: Die Schöpfung von Spielerlebnissen innerhalb eines bestehenden Regelgerüsts oder mit einer bestehenden Spielengine. Diese Stufe des Designs ist ein Bereich des Handwerks, auf dem ich über die Jahre viel Erfahrung sammeln konnte, indem ich die Wendepunkte mit einem komplexen Regelcorpus, den fruchtbarsten Stil­ausprägungen der Erkundung und dem Potenzial eines Settings entdeckte. Das ist es, was die Definition von Design so schwierig macht; es gibt so viele verschiedene Arten zu arbeiten.

Für mich dreht sich Design weniger um Bindung und Immersion, sondern letztendlich mehr um das Spiel selbst. Die Zeit, die man mit Entscheidungen vor, während und nach dem Spiel verbringt, ist nur zum Teil immersiv. Sicherlich assistiert das Spieldesign der Immersion des Spielers durch eine sorgfältige Auswahl der Regeln und Komponenten, Kunstfertigkeit der Spielbretter und Spielteile, Karten, Animationen und Hintergrundtexte. Aber in vielen Spielen sind die visuellen und taktilen Elemente nur zusätzliche Ausstattung. Zum Beispiel konzentriert sich der europäische Stil des Spieldesigns (und in geringerem Maß Hasbros Stil bei Karten- und Rollenspielen) primär auf die Entwicklung von Regeln; Kunstgriffe, Grafik und Hintergründe werden später zugefügt und sind eventuell recht beliebig. Diese Herangehensweise funktioniert extrem gut für Brett- und Kartenspiele, jedoch weniger gut für Erzähl- und Rollenspiele.

„Spieldesign ist eine Funktion menschlicher Aufmerksamkeit: Bekomme sie, lenke sie, behalte sie.“

Design ist ein klein wenig wie Gedankenkontrolle

Design ist die bewusste Arbeit an der Manipulation des Verhaltens des Spielers. Das klingt schlimmer, als es ist. Du versuchst...

Blick ins Buch

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