Warum wir kämpfen
Kampf als Kommunikation
Jeff Grubb
Ich kenne eine ganze Menge Autoren, die exzellente, aber letztlich unnötige Kampfszenen schreiben. Sie sind flüssig und glatt und lassen dich so richtig in den Kampf eintauchen. Sie sind angefüllt mit weiten Schwüngen, Rückhandparaden und heimtückischen Treffern. Du hörst das Aufeinanderprallen der Klingen, fühlst den Luftzug eines Schwertstreichs oder eines beinahe tödlichen Armbrustbolzens. Solche Kämpfe sind, in einem Wort, poetisch.
Im größeren Zusammenhang des Werks allerdings sind sie vor allem eines: unnötig. Du kannst ans Ende der Kampfszene springen, die Handlung wieder aufnehmen und dir sicher sein, dass nichts Bedeutsames während des Blitzens der Klingen und des Donnerns der Gewehre passiert ist. Es handelt sich um das Äquivalent der Musical-Nummer in der Mitte eines 30er-Jahre Films, in der du aufstehen und neues Popcorn holen kannst, ohne allzu viel vom Plot zu verpassen: Unterhaltsam, aber von der Geschichte her gehaltlos.
Vergleiche das mit dem Kampf am Höhepunkt von Das Imperium schlägt zurück, in dem Darth Vader Luke bis zum Handgelenk entwaffnet und dann, quasi als Gnadenstoß, seine wahren Verwandtschaftsverhältnisse enthüllt. Oder dem ersten Star Wars Film, in dem Obi-Wan sich seinem ehemaligen Schüler stellt und sich opfert, um seinem neuen Schützling ein Ziel zu geben. Oder mit Die Braut des Prinzen, wo Westley und Inigo während ihres Duells auf den Klippen des Wahnsinns gepflegte Konversation betreiben:
Inigo Montoya: Du scheinst ein anständiger Mensch zu sein ... Ich würde dich ungern umbringen.
Westley: Du scheinst ein anständiger Mensch zu sein ... Ich würde ungern sterben.
In den ersten beiden Beispielen ändert sich die Welt des Abenteuers als Resultat des Kampfes. Die gesamte Handlung hängt von diesem Augenblick ab. Der Einsatz ist hoch und hat weitreichende Auswirkungen. Das dritte Beispiel ist weniger klimaktisch, aber wir sehen darin, wie sich zwischen Inigo und Westley eine Freundschaft entfaltet, während sie sich auf ihr allem Anschein nach tödliches Duell vorbereiten. Inigo bringt sein Bedauern zum Ausdruck, während Westley ehrlich und witzig ist. Die Figuren erhalten Charakter, Bindungen entstehen und wir Zuschauer bekommen eine Ahnung davon, wer die Leute hinter den Degen wirklich sind.
Dies ist die Herausforderung des Kampfes, ob nun in Geschichten oder Rollenspielen (RPGs) oder Massive Multiplayer Online Games (MMOs). Wenn nicht etwas mit den Charakteren selbst geschieht, ist Kampf nur nackte Aktivität, ein Lückenfüller auf der Seite, am Tisch oder auf dem Bildschirm.
Wenn aber Kampf als Kommunikation verstanden wird, statt bloße Action zu sein, wird er gleichzeitig packender.
Kampf als Dialog
Kampf ist dramatisierter physischer Konflikt zwischen zwei oder mehr Charakteren. Das simpelste Beispiel ist im klassischen Fantasy-Rollenspiel zu finden, in dem die Spieler in irgendein unterirdisches Gewölbe hinabsteigen, um für Gold, Ruhm und/oder Erfahrungspunkte zu streiten (das genaue Ziel hängt vom Spiel ab, aber ein Großteil dieser Abhandlung bezieht sich auf Dungeons & Dragons als größten Genrevertreter).
Viel von dem, was da geschieht, ist ungeschminkte Action, der Kampf gegen Monster und das genüssliche Einsammeln von allerhand Zeug als wohlverdiente Belohnung. Das ist die grundlegende Aktivität der typischen Dungeon-Crawl-Abenteuer und für die meisten von uns stellt es eine vollkommen akzeptable Art und Weise dar, einen angenehmen Abend mit Freunden zu verbringen.
Aber es weist nicht die emotionale Basis der Filmbeispiele von weiter oben auf. Es mag ein paar Rufe und Kommentare und Sprüche geben, die man in Erinnerung behält, aber im Allgemeinen sind die Widersacher austauschbar und die dem Kampf zugrunde liegende Kommunikation simpel.
Ja, Kampf ist eine Form der Kommunikation. Die Teilnehmer erklären ihre Ziele und Wünsche und was sie zu tun bereit sind, um diese zu erreichen. Konversation funktioniert so: Ich will dich informieren, überzeugen, beeindrucken oder beschwatzen. Es gibt einen Austausch von Wissen, Anerkennung oder Status. Das macht interessante Unterhaltungen aus. Dialoge, die nur aus Smalltalk über ein paar Drinks hinweg bestehen, sind ganz wortwörtlich das: kleine Unterhaltungen ohne große Bedeutung.
Analog dazu haben Kämpfe zwar ein Ziel, aber oftmals sind sie nur Zeitvertreib. Die grundlegende Konversation der meisten Fantasy-Rollenspiele (und ihrer Nachfahren, der MMOs) fällt in die Smalltalk-Kategorie. Die Grundpfeiler der Unterhaltung sind bereits gesetzt und werden in leichten Variationen im Verlauf des Abenteuers/Dungeons/sonstigen Werks wiederholt. Hier ist die Quintessenz:
Spieler: Du da! Du bist böse! Du musst für das höhere Wohl sterben, und ich werde dein Zeug nehmen!
Monster: Argh! Ich bin böse und hasse dich, weil ich böse bin! Du bist es, der sterben wird!
Diese Unterhaltung ist fest im Spiel verdrahtet, durch Mechanismen wie die Gesinnung, die Gutes von Bösem und Rechtschaffenes von Chaotischem trennt und dadurch eine einfache Begründung für den Einsatz von Gewalt liefert. Das Monster ist in der anderen Mannschaft (die mit dem unübersehbaren Banner der Boshaftigkeit) und dem Spieler wird versichert, dass seine Handlungen richtig sind. Das Monster ist zudem, nun, monströs. Es ist eine idealisierte Version des Fremden, eine bucklige Bestie mit unaussprechlichen Gewohnheiten und unverzeihlichen Taten.
Das soll dem Spieler versichern, dass Kampf die einfache Handlung darstellt. Viele Kreaturen in Rollenspielen greifen an, sobald sie die Charaktere sehen, was den Spielern die moralische Verantwortung des Erstschlags abnimmt. In MMOs haben Kreaturen farbkodierte Namensschilder, um sie einfacher erkennen zu können: rot für unmittelbar feindlich, gelb für feindlich wenn sie angegriffen werden und grün für nicht-feindlich. Die letzte Kategorie schließt auch feindliche Kräfte ein, die man noch nicht angreifen kann, wie ein Schurke, der seinen Monolog loswerden muss, bevor er zu rot wechselt. Leider sind die Chancen gering, dass die Spieler diesem Monolog tatsächlich zuhören, statt einfach nur abzuwarten, bis sie endlich den ersten Schlag führen können.
Diese simpelste Form der Kommunikation funktioniert sehr gut in einer Fantasy-Umgebung und mag ein Grund dafür sein, weshalb Spiele dieses Genres so erfolgreich sind. Eine binäre Welt von Richtig und Falsch rechtfertigt den Gebrauch von Gewalt, während Welten mit moralischen Grautönen ihn problematisch machen. Ein weiteres erfolgreiches Genre sind Superhelden, bei denen ebenfalls ein klares Verhältnis von Recht und Unrecht herrscht. Es handelt sich zwar um eine Konversation und eine Methode der Kommunikation, aber eine sehr simple Variante.
Kampf kann weitaus interessanter werden, wenn mehr auf dem Spiel steht oder eine andere Art von Belohnung in Aussicht gestellt wird.
Szenario: Kapitulation
Eine einfache Abwechslung für die Spieler: Kapitulation. Ihr kämpft euch den Weg frei zum Schatzhort eines bösen Kultes. Eine Welle von schreienden Kultisten nach der anderen stürzt sich auf deine Gruppe, den widerlichen Namen ihrer dunklen Gottheit auf den Lippen. Die Schlacht tobt. Und dann wirft der letzte Überlebende seine Waffe weg und ergibt sich. Was nun?
Traditionellerweise (insbesondere bei monströsen Gegnern) wird der Feind erschlagen und man geht weiter. Aber wenn der Kultist ein Mensch ist (oder einer anderen „guten“ Rasse angehört), wird die moralische Begründung schon etwas schwieriger. Der Gegner stellt keine direkte Bedrohung mehr dar. Er greift nicht mehr an. Er ist ziemlich harmlos. Und jetzt?
Ich habe Abenteurergruppen gesehen (und war Teil von ihnen), die sich an diesem Szenario aufgerieben haben. Das Drehbuch hat sich plötzlich geändert. Einige Spieler bleiben beim alten Skript und erschlagen den Gefangenen. Andere nehmen die Herausforderung an und versuchen ihren Spielstil anzupassen. Es ist als ob man plötzlich bemerkt, dass der Smalltalk in eine philosophische Debatte mit dem Gesprächspartner übergeglitten ist.
Seltsamerweise wird Kapitulation in vielen Rollenspielen kaum behandelt (vermutlich als Resultat des oben erwähnten binären Konflikts), und es gibt kaum Spielregeln, die diesen Fall regeln. Das ursprüngliche D&D verfügte über einen Mechanismus, mit dem immerhin die Kapitulation von Drachen abgehandelt werden konnte. Nur diese Biester konnten überwältigt werden (was oftmals Drachen zu beliebteren Gegnern machte, weil man sie so besiegen konnte, ohne die volle Menge an Schaden anrichten zu müssen). Solche Drachen konnte man außerhalb des Spiels verkaufen, oder sie konnten sich mit ihrem eigenen Hort auslösen. Das einzig annähernd vergleichbare Beispiel aus der Literatur, soweit ich weiß, ist Tolkiens Bauer Giles von Ham, in dem der Drache ins Dorf zurückgebracht wird und dabei seinen eigenen Schatz trägt. Aber das ist eine Seltenheit.
Um Kapitulation zu handhaben, musst du entscheiden, welche Regeln in deiner Kampagne diesbezüglich gelten sollen. Eine einfache Möglichkeit besteht darin, zu sagen, dass ein Wesen, sobald es einmal besiegt ist, besiegt bleibt und nicht mehr gegen seine Bezwinger kämpfen wird. Intelligente Wesen von einigermaßen rechtschaffener Gesinnung können ihr Wort geben, sich davonzustehlen und nie mehr wiederzukehren. Chaotische oder böse Kreaturen wären wahrscheinlich eher von der Furcht motiviert, den...