Los geht’s – und wie viele Sprachen sprichst du?
Daniel und Emily sind echt glücklich miteinander, aber wird tatsächlich mehr daraus? Das lässt sich noch nicht wirklich sagen. Seit zehn Monaten sind sie zusammen. Für ihr Zehn-Monats-Jubiläum hat Emily die zehn Dinge aufgeschrieben, die sie am meisten an Daniel mag. Sie hat dafür extra ein kleines Buch gestaltet, in das sie viele liebe Worte und Gedanken hineingeschrieben hat. Emily hat sich wirklich Mühe gegeben.
Daniel hat für Emily zehn kleine Geschenke ausgesucht, die sie an zehn ganz besondere Dates der vergangenen Monate erinnern sollten: einen Wimpel ihres Lieblingsvereins, Essstäbchen aus Holz, Spezialsocken fürs Trampolinspringen und eine Trinkflasche zum Wandern. Daniel hat sich total viele Gedanken gemacht.
Und trotzdem sind sie beide enttäuscht.
Erkennst du, was schiefgegangen ist? Emily mag es besonders, wenn jemand etwas Schönes über sie sagt; also drückt sie ihre Liebe zu Daniel mit Worten aus. Daniel dagegen bedeuten Geschenke viel; deshalb zeigt er seine Liebe zu Emily mit Geschenken. Jeder will dem anderen eine Freude machen, aber sie sprechen irgendwie nicht die gleiche Sprache. Sie geben sich beide sehr viel Mühe, aber Mühe geben allein garantiert nicht, dass der andere sich auch tatsächlich geliebt fühlt.
Es wird Zeit, dass Daniel und Emily lernen, eine andere Sprache zu sprechen.
Lernst du eine Fremdsprache? Vielleicht schlägst du dich gerade mit französischen Konjugationen rum, musst lateinische Vokabeln auswendig lernen oder Spanisch üben. Wer wirklich etwas auf sich hält, meistert natürlich gleich mehrere Sprachen auf einmal und ganz nebenbei auch noch so eine exotische wie Chinesisch.
Eine Fremdsprache zu lernen kann tierisch anstrengend sein. Aber stell dir einfach mal vor, du wärst zweisprachig aufgewachsen. (Vielleicht bist du das ja sogar, du Glückspilz!) In zwei Sprachen kommunizieren zu können, wäre für dich das Natürlichste der Welt, fast so normal wie ein- und ausatmen. Oder du hättest nicht erst ab der neunten Klasse Spanisch gelernt, sondern schon ab der ersten. Und zwar nicht mit einem Schulbuch in der Hand, sondern einfach dadurch, dass deine Lehrerin eine halbe Stunde am Tag nur Spanisch mit dir geredet hätte. Wie ein Schwamm hättest du alle neuen Wörter aufgesogen und würdest die Sprache jetzt fließend sprechen.
Eine Fremdsprache zu lernen ist ein hartes Stück Arbeit, braucht Zeit und erfordert viel Geduld. Du kannst dir nicht einfach ein Französischbuch unter das Kopfkissen legen und erwarten, dass du am nächsten Tag aufwachst und auf wundersame Weise en français denkst.
Genauso verhält es sich mit emotionalen „Fremdsprachen“. Um diese zu erlernen, müssen wir uns eine neue Denkweise aneignen. Gedankenübertragung oder positives Denken funktionieren hier nicht. Wenn wir die Sprachen der Liebe unserer Mitmenschen nicht beherrschen, werden über kurz oder lang unsere Beziehungen darunter leiden. Dann kommt es unweigerlich zu Spannungen mit den Menschen, die uns am nächsten stehen – Freunden, Eltern, Geschwistern, dem Freund oder der Freundin, unseren Lehrern, Trainern, etc. Also: Worum es geht? Niedriges Sprachlevel = viel Spannung; hohes Sprachlevel = wenig Spannung. Beziehungen stehen für dich entweder für Dauerstress oder lassen dich so richtig aufblühen. Es wird Zeit, dass du eine neue Sprache lernst:
FÜNF EMOTIONALE SPRACHEN
Die Hauptaussage eines Buches zu entschlüsseln, ist bei der Pflichtlektüre in der Schule meistens ziemlich anstrengend. (Zum Glück gibt es Lektürehilfen!) Deswegen nehme ich euch diese Aufgabe diesmal ab – ich liefere euch die Lektürehilfe gleich mit. Die Hauptaussage meines Buches wird klar und deutlich für jeden zu erkennen sein. Viele Jahre als Seelsorger und Berater haben mir gezeigt, dass das besser so ist.
Im Grunde genommen gibt es nur fünf Sprachen der Liebe –
fünf verschiedene Arten, wie Liebe emotional zum Ausdruck gebracht werden kann.
In den folgenden Kapiteln werden wir uns jede Einzelne davon anschauen. Jeder von uns hat eine dieser Liebessprachen als Muttersprache – Zuneigung und Zuwendung auf eine Art, die uns im tiefsten Innersten berührt, sodass wir uns wirklich und ganz persönlich geliebt fühlen. Eine der Liebessprachen spricht uns emotional mehr an als die anderen vier. Liebe kann mit allen fünf Sprachen kommuniziert werden. Wenn wir jedoch nicht in unserer Muttersprache angesprochen werden, fühlen wir uns nicht geliebt, selbst dann nicht, wenn die entsprechende Person die vier anderen spricht. Das Wichtigste ist, dass der andere unsere Muttersprache einigermaßen beherrscht; die anderen Sprachen sind dann lediglich nette Zugabe.
DIE RICHTIGE SPRACHE
Jetzt kommt die eigentliche Herausforderung: Von Natur aus tendieren wir dazu, unsere eigene Liebessprache zu sprechen. Das heißt, wir drücken unsere Liebe anderen gegenüber genau auf die Art und Weise aus, durch die wir uns selbst geliebt fühlen. Aber wenn unsere Liebessprache nicht die Muttersprache des anderen ist, kommt unsere Liebe bei ihm nicht an – zumindest nicht so, wie es bei uns der Fall wäre.
Das ist genau wie bei einem Touristen im Ausland, der von nichts einen Plan hat. Er spricht nur eine Sprache (seine eigene). Er spricht extra laut und deutlich, um sich bei „den Fremden“ verständlich zu machen. (Obwohl – eigentlich ist ja er der Fremde hier!) Als ob das helfen würde! Die Szene ist einerseits total komisch, andererseits einfach nur furchtbar traurig.
Das Gleiche passiert total oft bei Kommunikation auf emotionaler Ebene. Beispiel gefällig?
Nehmen wir einmal an, die Liebessprache deiner Schwester ist Hilfsbereitschaft. Ständig findet sie neue kreative Wege, um dir zu helfen und Gutes zu tun. Sie überlässt dir das größte Stück Pizza, räumt deine Jacke und Schuhe weg, bleibt bis spät in die Nacht auf, um dir mit deinem Bioprojekt zu helfen. Deine eigene Liebesprache ist jedoch Lob und Anerkennung. Also schickst du ihr liebe Nachrichten und schwärmst deinen Freunden vor, wie toll sie ist. Ihr habt euch beide sehr lieb, aber ihr redet aneinander vorbei. Verbindung gestört! Viel mehr als alle deine lieben Worte würde es ihr etwas bedeuten, wenn du ihr Auto aussaugst oder ihre T-Shirts bügelst.
Situationen wie diese kommen tagtäglich vor, überall dort, wo Menschen zusammenleben. Jeder spricht seine eigene Sprache und versteht nicht, warum der andere sich nicht geliebt fühlt. Wenn wir wollen, dass der andere sich geliebt fühlt, müssen wir herausfinden, welches seine Muttersprache der Liebe ist, und lernen, diese zu sprechen. Es geht nicht darum, uns noch mehr anzustrengen. Wir müssen es nur richtig anstellen und unsere Liebe in die Sprache übersetzen, in der sich der andere auch angesprochen fühlt.
LOGIK ZÄHLT NICHT
Logischerweise könnte man davon ausgehen, dass wir uns automatisch zu den Menschen hingezogen fühlen, die die gleiche Muttersprache haben wie wir. Wir könnten (fälschlicherweise) annehmen, dass hilfsbereite Menschen mit anderen hilfsbereiten Menschen zusammen sind (um sich gegenseitig die Einfahrt freizuschaufeln) oder dass alle Schüler mit der Liebessprache Zweisamkeit in der Schwimm-AG sind (weil nur sie sich Zeit für das frühmorgendliche Schwimmtraining nehmen). Oder dass Zärtlichkeit innerhalb einer Familie derart ansteckend ist, dass sich alle Familienmitglieder permanent in den Armen liegen. Wir könnten (fälschlicherweise) denken, dass Menschen mit ähnlichen Interessen und Beziehungen ein und dieselbe Liebessprache sprechen und ihre Zuneigung zueinander ganz einfach und ungezwungen kommunizieren, und zwar für immer und in Ewigkeit, Amen.
Wie logisch geht es in deiner Familie zu? Oder bei deinen Freunden? Oder in überhaupt irgendeiner Beziehung? Vermutlich eher weniger. Nein, wir lieben Menschen, weil es eben Menschen sind, die uns wichtig sind. Das hat mit Logik nicht viel zu tun.
Immer da, wo Menschen zusammenkommen, werden verschiedene Liebessprachen gesprochen. Das ist die Realität. Jemand, den ein ermutigendes Wort unheimlich aufbaut, ist mit jemandem befreundet, der sich über Geschenke freut. Jemand, für den Liebe gleich Zweisamkeit bedeutet, heiratet einen Partner, dessen Liebessprache Zärtlichkeit ist. Und, man mag es kaum glauben, ihre Kinder haben wieder eigene Liebessprachen.
Und schon gibt es das totale Sprachenchaos.
Selbst wenn der seltene Fall eintritt, dass sich zwei Menschen mit der gleichen Sprache der Liebe finden, stellen sie fest, dass es innerhalb ihrer Sprache noch unzählige „Dialekte“ gibt. Es gibt keine zwei Menschen, die Liebe auf die exakt gleiche Weise geben und empfangen. Jeder von uns ist ein Individuum mit seiner ganz eigenen Sprache.
Ist dann also Versagen vorprogrammiert? Oder zeigt das alles nur, wie zutreffend doch das alte Sprichwort ist: „Gegensätze ziehen sich an“? Die Vielfalt in unseren Beziehungen fordert uns heraus und sorgt dafür, dass es immer spannend bleibt. Es wäre extrem langweilig, wenn du bei allem genauso denken würdest wie deine Freunde oder deine Familie und ihr immer die exakt gleichen Vorlieben hättet! Sprachbarrieren müssen in deinen Beziehungen kein Hindernis sein. Schau dir doch mal den Profisport an, zum Beispiel die deutsche Bundesliga oder die amerikanische NBA....