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E-Book

Die Abschaffung des Bargelds und die Folgen

Der Weg in die totale Kontrolle

AutorNorbert Häring
VerlagVerlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl256 Seiten
ISBN9783732528523
Altersgruppe16 – 
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR

Stehen Sie gern nackt vor Ihrem Bankberater? Das tun Sie künftig aber, weil er jede einzelne Zahlung von Ihnen kennt. Er weiß deshalb auch, was Sie mit wem letztes Wochenende gemacht haben. Das Finanzamt ebenfalls. Und der Hacker sowieso.

Weltweit arbeiten Regierungen und Banken daran, Münzen und Scheine abzuschaffen - vorgeblich im Kampf gegen Terrorismus und Steuerhinterziehung. Dabei gefährdet das Bargeld nicht unsere Sicherheit und Freiheit, es bewahrt sie.

Der Wirtschaftsjournalist Norbert Häring zeigt, wie Politik und Finanzwelt alles daran setzen, um die völlige Informationskontrolle über uns und unser Leben zu bekommen. Stasi war gestern. Bargeldlos ist heute.



Dr. Norbert Häring, 1963 geboren, ist Wirtschaftsjournalist und Autor populärer Wirtschaftsbücher. Er schreibt für Deutschlands führende Wirtschaftstageszeitung Handelsblatt und betreibt den Blog Geld und mehr. Der Bestseller Ökonomie 2.0, den er gemeinsam mit Olaf Storbeck schrieb, gewann den Wirtschaftsbuchpreis 2007. 2014 wurde er mit dem Preis der Keynes-Gesellschaft für Wirtschaftspublizistik ausgezeichnet.

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Leseprobe

Mit Bargeld gegen den Rundfunkbeitrag


Im Februar 2015 widerrief ich meine Einzugsermächtigung für den »Beitragsservice ARD, ZDF, Deutschlandradio«, wie die frühere Gebühreneinzugszentrale GEZ heißt, seit die frühere Gebühr (die keine Gebühr war) in einen Beitrag (der in Wahrheit eine Wohnungssteuer ist) umbenannt wurde. Am 6. März bekam ich die erste Zahlungserinnerung.

Ich teilte dem Beitragsservice mit, dass ich künftig mit dem gesetzlichen Zahlungsmittel Bargeld den Beitrag begleichen möchte, und bat darum, mir mitzuteilen, wo ich das tun könne. Dabei berief ich mich auf § 14 Absatz 1 des Bundesbankgesetzes, der Banknoten zum »unbeschränkten« gesetzlichen Zahlungsmittel erklärt: »Die Deutsche Bundesbank hat unbeschadet des Artikels 128 Absatz 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union das ausschließliche Recht, Banknoten im Geltungsbereich dieses Gesetzes auszugeben. Auf Euro lautende Banknoten sind das einzige unbeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel.«

Gleiches bestimmt der noch höher stehende EU-Vertrag (VAEU) in Artikel 128, auf den das Bundesbankgesetz ausdrücklich verweist: »Die von der Europäischen Zentralbank und den nationalen Zentralbanken ausgegebenen Banknoten sind die einzigen Banknoten, die in der Union als gesetzliches Zahlungsmittel gelten.« Auch Münzen sind gesetzliches Zahlungsmittel, aber nicht ganz unbeschränkt. Niemand muss mehr als 50 Münzen auf einmal annehmen. Sind es mehr, kann man stattdessen Scheine verlangen.

Die Bundesbank erklärt die Bedeutung von § 14 Bundesbankgesetz auf ihrer Website so: »Jeder Gläubiger einer Geldforderung muss vom Schuldner Banknoten in unbegrenztem Umfang als Erfüllung seiner Forderung annehmen, sofern beide nichts anderes vereinbart haben.«3

Der Beitragsservice würdigte mich dennoch keiner Antwort und mahnte auch nicht weiter. Als ich zwei Monate lang nichts mehr gehört hatte, vermutete ich, dass man mich dort ganz gern vergessen würde. Der Verzicht auf einen einzigen Rundfunkbeitragszahler wäre schließlich ein ziemlich geringer Preis dafür, sich dieses potenziell peinliche oder gar gefährliche rechtliche Problem vom Hals zu halten. Im Nachhinein sehe ich diesen Verdacht durch Zuschriften von Lesern meines Blogs bestätigt. Bei normalen Beitragspflichtigen ist der Beitragsservice offenbar ziemlich schnell bereit, Zwangsvollstreckung zu beantragen, wenn diese ein Recht auf Barzahlung geltend machen oder die Überweisung aus anderen Gründen verweigern. Wenn aber Anwälte solches tun und ihr Anliegen fundiert und in juristischer Fachsprache begründen, dann geht man offenbar der gerichtlichen Klärung gern aus dem Weg. Das wäre keine dumme Strategie, wenn man ungünstige Gerichtsurteile mit Massenwirkung gern vermeiden möchte.

Also berichtete ich am 8. Mai auf meinem Blog von der Aktion. Der Blog norberthaering.de ist gut besucht, zu seinen Lesern gehören auch viele Journalisten. Der Beitrag verbreitete sich im Internet lawinenartig, und der rebellische ehemalige FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler, dessen Prometheus-Institut gegen den Rundfunkbeitrag Front macht, rief zur Nachahmung auf.4

Die Bild-Zeitung erklärte mich am 6. Juni auf Seite 1 zum »Gewinner des Tages«, auch Bild am Sonntag brachte eine Story an prominenter Stelle. Heftig.co, eine der meistbesuchten deutschen Websites, berichtete ebenso wie viele andere große Internetportale.

Warum diese Aktion, und warum der Beitragsservice?


Vielen Lesern meines Blogs fehlte jedes Verständnis für diese Aktion, andere hielten sie für einen netten Gag. Der Hessische Rundfunk meinte im Zuge unserer rechtlichen Auseinandersetzung, mein Beharren auf mein Recht auf Barzahlung stelle eine unzulässige Rechtsausübung dar, die dem Grundsatz von Treu und Glauben zuwiderlaufe. Denn schließlich hätte ich ja ein Bankkonto, sodass für mich »keine unbedingte Notwendigkeit« bestehe, bar zu zahlen, und ich könne doch wirklich nicht jeden Monat zur Zahlstelle laufen wollen, um meinen Rundfunkbeitrag zu bezahlen. So ähnlich argumentierten auch andere, die mich nach dem Sinn der Aktion fragten. Bargeld sei doch so unpraktisch und setze einen der Gefahr aus, bestohlen oder beraubt zu werden. Ich könne doch nicht wirklich wollen, dass man zur Lohntüte zurückkehrt oder dass man ständig auf irgendwelche Ämter und Servicestellen laufen muss, um Steuern, Wasser, Strom und Gas, Telefonrechnung und Rundfunkgebühr bar zu bezahlen.

Warum also das Ganze? Mein Beharren auf Barzahlung des Rundfunkbeitrags geschieht nicht aus Jux und Tollerei, sondern weil ich mich von der schleichenden Bargeldabschaffung, die ich beobachte, in meinen Freiheitsrechten und meinem Eigentumsrecht nach Artikel 14 Grundgesetz beschnitten fühle. Wenn selbst Behörden wie das Finanzamt oder eben der öffentlich-rechtliche Rundfunk keine Barzahlung mehr erlauben und auch keine gleichwertige Alternative anbieten, dann werde ich immer mehr gezwungen, meinen gesamten Zahlungsverkehr nur noch mit Schulden von privaten Geschäftsbanken abzuwickeln. Das zwingt mich, diesen privaten Geschäftsbanken, die ich für nicht kreditwürdig halte, Kredit zu geben. Nichts anderes als ein Kredit an die Bank ist es nämlich, wenn ich bei einer Bank ein Kontoguthaben habe, wie wir noch genauer sehen werden.

In Griechenland sieht man derzeit, was denen passieren kann, die in Geschäftsbanken Einlagen halten. Nachdem die Banken Ende Juni 2015 geschlossen wurden, kamen die Einleger nicht mehr an ihr Geld heran, das sich die meisten hart erarbeitet hatten und von dem sie dachten, dass es ihnen gehöre. Nur noch ein besseres Taschengeld von 60 Euro pro Tag konnten sie abheben. Bevor diese Begrenzungen eingeführt wurden, hatten viele versucht, ihr Geld in Sicherheit zu bringen, was in der internationalen Presse so heftig kritisiert wurde, als sei es ein Akt des Raubes an der europäischen Gemeinschaft. So als würden die Einleger ihr eigenes Geld stehlen, indem sie es von der Bank abheben. In Zypern geschah den Einlegern schon 2013 etwas ganz Ähnliches, mit dem Unterschied, dass viele von ihnen am Ende enteignet wurden, was den Griechen bisher erspart geblieben ist.

Die Griechen hatten nicht freiwillig noch einen guten Teil ihres Geldes auf der Bank, als die Banken geschlossen wurden. In Griechenland gibt es viele fragwürdige Regelungen, die die Nutzung von Bargeld einschränken. Wenn man aber vieles – darunter alle größeren Rechnungen – nur durch Überweisung bezahlen kann, dann muss man auch das nötige Geld auf dem Konto haben. Ich will nicht, dass es auch bei uns so weit kommt. Wir sind nicht mehr weit davon entfernt. Deshalb ist es dringend erforderlich und mir sehr wichtig, dass die Gerichte feststellen, staatliche Stellen seien nach § 14 Bundesbankgesetz und Artikel 128 des EU-Vertrags verpflichtet, Bargeld anzunehmen.

Anders als der Hessische Rundfunk meint, habe ich also durchaus einen Nutzen davon, meinen Rundfunkbeitrag und andere Zahlungen an Behörden in bar begleichen zu können. Ich zahle auch sonst alles bar, was sich mit vertretbarem Aufwand bar bezahlen lässt. Wenn einmal gerichtlich geklärt ist, wer Bargeld annehmen muss, werde ich noch mehr bar zahlen. Das ist auch keineswegs so unpraktisch, wie es immer dargestellt wird. Inzwischen ermöglichen es sogar einige Dienstleister, Käufe im Internet komfortabel in bar zu begleichen.

Noch lieber wäre es mir natürlich – und Hauptziel meiner Aktion ist es, dazu beizutragen –, dass unsere Parlamentarier endlich ihre Pflicht tun und sich gesetzgeberisch mit dem Geldsystem befassen. Obwohl mengenmäßig betrachtet der größte Teil des Zahlungsverkehrs heute mit dem Buchgeld der Banken abgewickelt wird, gibt es weder in Deutschland noch in anderen Ländern ein Gesetz, das die Zahlungsmitteleigenschaft dieses Bankengeldes regelt und bestätigt. Alles beruht auf Gewohnheitsrecht; sehr zum Gefallen und Gewinn der Banken, die dieses Gewohnheitsrecht geprägt haben.

Ich bin mir sicher, dass die Parlamentarier, wenn sie ein Gesetz machen würden, gar nicht anders könnten, als zu dem Schluss zu kommen, dass auch der bargeldlose Zahlungsverkehr mit echtem, staatlich garantiertem Geld stattfinden sollte – mit einem gesetzlichen Zahlungsmittel. Dann würde ich – wenn auch noch der Datenschutz gewährleistet wird – sehr gern das meiste wieder unbar zahlen, auch den Rundfunkbeitrag.

Warum habe ich mir für meine Aktion den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ausgesucht? Ich hätte ja auch das örtliche Finanzamt auffordern können, mir Barzahlung zu ermöglichen. Denn sogar das Finanzamt versieht seine Steuerbescheide mit dem gesetzwidrigen Hinweis, dass man nur mit Überweisung oder Bankeinzug zahlen könne, nicht aber mit dem Bargeld, das der Staat selbst zum einzigen unbeschränkten gesetzlichen Zahlungsmittel erklärt hat. Vor den Finanzämtern sollte man aber großen Respekt haben. Die fackeln nicht lange und vollstrecken, wenn sie meinen, man schulde ihnen etwas. Erst wird vollstreckt, dann wird nötigenfalls gerichtlich geklärt. Eine Kontenpfändung ist kein Spaß.

Der Beitragsservice und die Rundfunkanstalten sind weniger rabiat. Der Beitragsservice ist nicht rechtsfähig. Die Rundfunkanstalten haben kein eigenes Vollstreckungspersonal, sondern sind für Vollstreckungen auf die Amtshilfe örtlicher Behörden angewiesen. Das dauert viel länger und geht oft schief.

Ein anderer Grund dafür, dass ich mich mit meinem Barzahlungsansinnen zuerst den Rundfunkanstalten zugewendet...

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