Recruiter und Personalverantwortliche müssen bereits im Vorfeld der Stellenbesetzung einige Dinge beachten, um bei der Ausführung ihrer Arbeit nicht mit gesetzlichen Bestimmungen in Konflikt zu geraten. Von der Stellenausschreibung über die Informationsgewinnung bis hin zur Fragestellung im Vorstellungsgespräch lauern viele Vorschriften, deren Missachtung letztlich dem ganzen Unternehmen schaden kann.
Bewerbungs- und Einstellungsverfahren haben sich in den letzten Jahren immer stärker verrechtlicht. Dies wurde nicht zuletzt durch die Einführung des AGG ausgelöst.[85]
Bereits bei der Formulierung der Stellenausschreibung sind gesetzliche Vorgaben zu beachten, deren Missachtung schwerwiegende Folgen für das Unternehmen haben kann. Nach § 11 AGG darf die Ausschreibung eines Arbeitsplatzes nicht unter Verstoß gegen die Benachteiligungs-verbote des § 7 AGG erfolgen. Mit dieser Regelung soll erreicht werden, dass der ausschreibende Arbeitgeber schon in der Wahl der Worte seinen Willen zu Erkennen gibt, den Arbeitsplatz ohne Rücksicht auf das Vorliegen eines der in § 1 AGG genannten Merkmale zu besetzen.[86] In der Stellenausschreibung sollten daher unbedingt Formulierungen vermieden werden, die den Eindruck erwecken könnten, dass die Einstellung an das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Diskriminierungs-merkmals geknüpft ist.[87]
Abweichungen von diesem Neutralitätsgebot sind nur dort zulässig, wo die Rechtfertigungsgründe der §§ 5, 8-10 AGG greifen. In diesen Fällen können Merkmale des § 1 AGG ausnahmsweise als Einstellungskriterien verwendet werden. Demnach ist es auch legitim, sie bereits in der Stellenausschreibung zu berücksichtigen.[88]
Die wichtigste Ressource erfolgreicher Unternehmen ist und bleibt der Mensch. Deshalb ist es umso wichtiger, sich von zukünftigen Mitarbeitern ein umfassendes Bild zu machen. Denn nicht immer entspricht der Inhalt der vorgelegten Bewerbungsunterlagen der Realität, sodass sich einige Risiken bereits vor der Einstellung andeuten können.[89]
Der Ausdruck Pre-Employment-Check bezeichnet im Allgemeinen Hintergrundrecherchen zu Bewerbern. In Deutschland versteht man darunter „eine präventive Maßnahme zur Vermeidung von Korruptions-risiken durch Ablehnung potenziell riskanter Bewerber, welche dem Zweck dient, umfassende Erkenntnisse über den jeweiligen Bewerber zu erlangen und zu verifizieren“[90]. Etwas weiter gefasst, bedeutet das, dass im Rahmen von Einstellungsverfahren umfassende Erkenntnisse über Charakter, Fähigkeiten, Zuverlässigkeit und Integrität des jeweiligen Bewerbers erlangt werden sollen.
Während Pre-Employment Checks im angelsächsischen Raum durchaus etabliert sind, stellen sie in Deutschland nach wie vor ein ambivalent betrachtetes Thema dar. Die Durchführung bedeutet für Unternehmen eine sensible Angelegenheit, welche zumeist diverse Stolpersteine beinhaltet.[91]
Theoretisch sind dem Personaler bei der Auswahl der Informationsquellen keine Grenzen gesetzt. Denkbar sind unter anderem die Überprüfung von Zeugnissen, Zertifikaten und Referenzen, amtliche Auskünfte und kommerzielle Dienstleistungen wie etwa die Anforderung eines polizeilichen Führungszeugnisses, ein Auszug aus dem Gewerbezentralregister oder eine SCHUFA-Auskunft, Presse- und Internetrecherchen, psychologische Tests und graphologische Gutachten sowie Gesundheits-checks, Alkohol- und Drogentests.[92] Praktisch ist die Nutzbarkeit dieser Informationen jedoch aufgrund rechtlicher Vorgaben stark begrenzt, weshalb viele Unternehmen die Möglichkeiten von Pre-Employment Checks mit größter Vorsicht genießen, um die scheinbar unsichtbare Grenze zwischen Erlaubtem und Unerlaubtem nicht zu überschreiten.[93]
Zwar haben Unternehmen einerseits ein begründetes Interesse daran, gute Mitarbeiter einzustellen, die sich im Verlauf ihres Arbeitslebens ordnungsgemäß verhalten. Andererseits müssen sie jedoch bei der Durchführung von Pre-Employment Checks die Wahrung der Rechte der Mitarbeiter beachten, da eine Missachtung dieser fatale Folgen für Image und Reputation nach sich ziehen kann.[94]
5.2.1.1 Datenerhebung beim Bewerber
Entsprechende Antworten auf die Frage, inwiefern man personen-bezogene Daten beim Bewerber erfragen darf, finden sich im Bundesdatenschutzgesetz. In erster Linie ist jedoch zu klären, ob der Anwendungsbereich des BDSG überhaupt eröffnet ist. Privat-wirtschaftliche Unternehmen müssen die Regelungen des BDSG beachten, soweit sie Daten unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen verarbeiten, nutzen oder dafür erheben. Ohne die einzelnen Fallgruppen der §§ 3 und 4 BDSG zu thematisieren, kann man davon ausgehen, dass zumindest immer eine Nutzung der Daten vorliegen wird, da unter Zugrundelegung von § 3 Abs. 5 BDSG jede Verwendung personen-bezogener Daten als Nutzen bezeichnet werden kann, soweit es sich nicht um Verarbeitung handelt.[95] Außer in Ausnahmefällen wird das BDSG folglich für die Gewinnung von Informationen über Bewerber einschlägig sein.
Dem Grundsatz von § 4 Abs. 1 BDSG nach, ist die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten dann zulässig, wenn eine Erlaubnis durch das BDSG selbst oder durch eine andere Rechtsvorschrift vorliegt oder wenn eine Einwilligung durch die betroffenen Person stattgefunden hat.[96] Von einer Einwilligung der betroffenen Person ist im Normalfall nicht auszugehen, weshalb lediglich eine Erlaubnis durch Gesetz in Betracht kommt. Theoretisch besteht zwar die Möglichkeit, die Einwilligung einzuholen, in Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses wird der Bewerber, welcher an der Stelle interessiert ist, jedoch befürchten, dass eine Versagung der Einwilligung eine Absage durch den Arbeitgeber zur Folge haben könnte. Es würde folglich an der gebotenen Freiwilligkeit des § 4a BDSG fehlen.[97]
Gemäß § 32 Abs. 1 BDSG dürfen personenbezogene Daten eines Bewerbers erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist.[98] Demnach ist für jede Datenerhebung, -verarbeitung oder -nutzung in Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses eine Begründung erforderlich. Es ist jedoch nicht zulässig, die Begründung auf das Fragerecht des Arbeitgebers zu stützen. Vielmehr muss umgekehrt nach einer positiven Rechtfertigung für jede Informationserhebung gefragt werden, soweit es um das Beschäftigungsverhältnis geht.[99]
Bezüglich des Umfangs der Daten, die ein Arbeitgeber ermitteln darf, besteht in jedem Fall eine Rechtfertigung hinsichtlich der Stammdaten eines jeden Bewerbers. Diese Umfassen den Namen, die Adresse, die Telefonnummer sowie auch ggf. die E-Mail-Adresse, da diese für die Zuordnung der Bewerbungsunterlagen und zur Kontaktaufnahme unerlässlich sind.[100] Inhaltlich dürfen lediglich Daten erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, die für die Feststellung der Eignung des Bewerbers für die vorgesehene Tätigkeit erforderlich sind. Das Interesse des Arbeitgebers muss jedoch so stark sein, dass das Interesse des Bewerbers am Schutz seines Persönlichkeitsrechtes und an der Unverletzbarkeit seiner Individualsphäre zurücktreten muss.[101]
Nach § 1 AGG untersagte Differenzierungsgründe, hat der Arbeitgeber gemäß §§ 6, 7, 1 AGG bei Auswahlentscheidungen grundsätzlich nicht zu berücksichtigen.[102] Von dieser Regelung kann jedoch ausnahmsweise abgewichen werden, wenn der fragliche Grund gemäß § 8 AGG eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und angemessen ist.[103]
Ein neuer Trend, welcher momentan in den USA für Aufregung sorgt, ist es den Bewerber während eines Vorstellungsgespräches zur Heraus-gabe seines Facebook-Passwortes bzw. zum spontanen Einloggen in sein Profil aufzufordern. Je nach Argumentation der Arbeitgeber soll dieses Verfahren dazu dienen, die Richtigkeit der Angaben des Bewerbers zu überprüfen oder um dessen Profil besser einschätzen zu können.[104] In Deutschland sind bislang nur wenige Fälle bekannt, in denen Unternehmen dieser Praxis gefolgt sind. Es ist hierzulande jedoch definitiv zu untersagen. Auch wenn der Bewerber die Daten auf Nachfrage herausgibt, ist die Freiwilligkeit dieser Handlung zu bezweifeln.[105] Außerdem gilt es zu beachten, dass ein Arbeitgeber in diesem Fall nicht nur die Privatsphäre eines Bewerbers verletzen würde, sondern...