Kapitel 2,1 – 3,22
Die sieben Sendschreiben
An die Gemeinde in Ephesus 2,1 – 7
2 | 1 Dem Engel der Gemeinde in Ephesus schreibe:
2 | 1 Alle sieben Briefe sind, mit leichten Variationen, gleichförmig aufgebaut: Adresse und Selbstvorstellung des Redenden; Analyse der Situation der Gemeinde mit Lob und Tadel; Bußmahnung und Androhung des Gerichts; Aufforderung zum Hören (theologischer Begriff: «Weckruf») und zugleich Verheißung für diejenigen, die im Kampf treu bleiben und bis zum Sieg durchhalten («Überwinderspruch»). – Ephesus: seit 133 v. Chr. Zentrum der römischen Provinz Asia und Sitz des römischen Prokonsuls. Eine blühende Handelsstadt, in der schon früh der Kaiserkult gepflegt wurde, mit einer bedeutenden, von Paulus gegründeten christlichen Gemeinde. Zu den Weltwundern der Antike zählte der Artemis-Tempel.
‹Dies spricht, der die sieben Sterne in seiner Rechten hält und inmitten der sieben goldenen Leuchter wandelt:
2 Ich kenne dein Walten und Wirken, deine Anstrengung und dein Harren, und weiß, dass du die Bösen nicht ertragen kannst, dass du jene geprüft hast, die sich als Apostel ausgeben und es nicht sind, und sie als Schwindler entlarvt hast. 3 Du hast die Kraft der Beharrlichkeit, und um meines Namens willen hast du Belastendes ertragen und bist nicht müde geworden. 4 Dennoch habe ich gegen dich einzuwenden, dass du nicht mehr brüderlich und schwesterlich liebst wie zu Beginn. 5 Besinne dich daher, wie tief du gefallen bist, ändere dein Denken und wirke wieder Taten wie am Anfang. Andernfalls komme ich zu dir und werde deinen Leuchter wegschaffen – wenn du nicht umdenkst. 6 Dies freilich spricht für dich: Du verabscheust das Tun und Treiben der Nikolaiten, das auch ich verabscheue.
6 Nikolaiten (vgl. auch 2,15): Anhänger einer gnostisch-libertinistischen Bewegung in den Christengemeinden von Ephesus und Pergamon, benannt nach einem sonst unbekannten Nikolaus. Die angesprochenen Gemeinden befanden sich in einem theologisch-philosophischen Wettstreit mit vielen anderen religiösen Strömungen.
7 Wer Ohren hat, der höre, was der Geist Gottes zu den Gemeinden sagt! Wer im Kampf siegt, dem will ich zu essen geben vom Baum des Lebens, der in Gottes Paradiesgarten steht.›
An die Gemeinde in Smyrna 2,8 – 11
8 Und dem Engel der Gemeinde in Smyrna schreibe:
8 Smyrna (heute Izmir): blühende Hafen- und Handelsstadt, die mit Ephesus um die wirtschaftliche Vormachtstellung konkurrierte, war seit 133 v. Chr. römisch und neben Pergamon der wichtigste Sitz des Kaiserkults in Vorderasien.
‹Dies spricht der Erste und der Letzte, der tot war und wieder lebendig wurde:
9 Ich weiß um deine Drangsal und deine drückende Armut – auch wenn du eigentlich reich bist – und um die Verunglimpfung vonseiten derer, die sich als Juden ausgeben, dies aber nicht sind, vielmehr eine Volksgemeinde des Satans! 10 Fürchte nichts von all dem, was du noch wirst leiden müssen! Siehe, der Teufel wird einige von euch ins Gefängnis werfen, um euch auf die Probe zu stellen, und ihr werdet Drangsal erleiden – zehn Tage lang. Bleib treu bis in den Tod hinein, und ich werde dir den Kranz des Lebens verleihen.
10 Kranz des Lebens: Entsprechung zum Siegeskranz des Triumphators. «Der Kranz des Lebens bezeichnet das ewige Heil, das Jesus Christus … jenen zuteilwerden lässt, die in den Drangsalen der gegenwärtigen Weltzeit ausgeharrt … haben.» (Roloff, S. 53)
11 Wer Ohren hat, der höre, was der Geist Gottes zu den Gemeinden sagt! Wer im Kampf siegt, dem wird durch den zweiten, ewigen Tod gewiss kein Leid widerfahren.›
11 durch den zweiten, ewigen Tod: der endgültige Tod in der ewigen Verdammnis, dem keine Auferstehung mehr folgt.
An die Gemeinde in Pergamon 2,12 – 17
12 Und dem Engel der Gemeinde in Pergamon schreibe:
12 Pergamon (heute Bergama): Die alte Hauptstadt des Attalidenreiches, nördlich von Ephesus gelegen und wie Smyrna mit dieser Stadt konkurrierend, war ein bedeutendes Zentrum des geistig-religiösen Lebens. Schon 29 v. Chr. war ein Tempel für Augustus und die Göttin Roma errichtet worden. Berühmt waren der große Zeusaltar (2. Jh. v. Chr.), dessen zentrales Stück heute im Pergamon-Museum in Berlin zu besichtigen ist, und das Heiligtum des Heilgottes Asklepios außerhalb der Stadt. Pergamon war Sitz der zweitgrößten Bibliothek der antiken griechischen Welt.
‹Dies spricht, der das doppelschneidige, scharfe Schwert besitzt:
13 Ich weiß, wo du wohnst: wo der Thron des Satans ist. Du stehst treu zu meinem Namen und hast den Glauben an mich nicht verleugnet, selbst nicht in jenen Tagen, da mein verlässlicher Zeuge Antipas bei euch umgebracht wurde – dort, wo der Satan zu Hause ist. 14 Dennoch habe ich einiges wenige gegen dich einzuwenden, dass du nämlich um dich Leute duldest, die sich an die Lehre Bileams halten, obwohl dieser Balak beigebracht hat, die Söhne Israels in die Sündenfalle zu locken: Fleisch von Götzenopfern sollten sie essen und der Hurerei frönen. 15 Auch duldest du Leute um dich, die sich in gleicher Weise an die Lehre der Nikolaiten halten. 16 Ändere rasch dein Denken! Andernfalls komme ich bald zu dir und werde mit dem Schwert meines Mundes Krieg führen gegen die Verführer.
13 Thron des Satans: wohl keine bestimmte Kultstätte, sondern ganz Pergamon als Zentrum heidnischer Götzenverehrung. – Antipas: ein christlicher Märtyrer der Gemeinde von Pergamon.
14 Nach Num 22 – 24 wurde der heidnische Wahrsager Bileam vom Moabiterkönig Balak gerufen, die Israeliten zu verfluchen. Durch Gottes Verfügung musste er Israel stattdessen segnen. Trotzdem galt er in der späteren jüdischen Tradition als Prototyp des gottlosen Frevlers und Verführers zum Götzendienst.
17 Wer Ohren hat, der höre, was der Geist Gottes zu den Gemeinden sagt! Wer im Kampf siegt, dem werde ich von dem verborgenen Manna geben, und ich werde ihm einen weißen Stein geben, und auf dem Stein steht ein neuer Name geschrieben, den keiner kennt außer dem, der ihn bekommt.›
17 Manna: das Himmelsbrot, mit dem Gott einst sein Volk in der Wüste speiste (Ex 16,32 ff.). – ein neuer Name …, den keiner kennt: der Name Jesu.
An die Gemeinde in Thyatira 2,18 – 29
18 Und dem Engel der Gemeinde in Thyatira schreibe:
18 Thyatira: kleine Provinzstadt im Landesinnern von Lydien. Sie liegt an der großen Straße, die von Pergamon über Sardes und Philadelphia nach Laodizea führt.
‹Dies spricht der Sohn Gottes, der Augen hat wie flammendes Feuer und dessen Füße goldfunkelndem Erz gleichen:
19 Ich kenne dein Walten und Wirken, deine Liebe und deinen Glauben, dein hingebungsvolles Dienen und dein Harren. Dein jüngstes Wirken ist noch eindrücklicher als das anfängliche. 20 Dennoch habe ich gegen dich einzuwenden, dass du das ‚Weib‘ unbehelligt lässt, Jezabel, die sich als Prophetin ausgibt, als Lehrerin auftritt und meine Knechte verführt, der Hurerei zu frönen und Fleisch von Götzenopfern zu essen. 21 Ich habe ihr eine Frist zur Umkehr gesetzt, doch sie will ihrer Hurerei nicht den Rücken kehren. 22 Siehe, ich werfe sie aufs Krankenlager, und die mit ihr unzüchtig und ehebrecherisch Umgang pflegen, bringe ich in schwere Bedrängnis, wenn sie sich nicht reuig abkehren von ihrem Treiben. 23 Ihre Kinder, die Anhänger der Prophetin, werde ich durch tödliche Krankheit hinwegraffen. Und alle Gemeinden werden dann erkennen, dass ich es bin, der euch auf Herz und Nieren prüft, und ich werde es einem jeden von euch vergelten nach seinen Taten. 24 Euch aber, den Übrigen in Thyatira, die dieser Lehre nicht folgen und die sogenannten ‚Tiefen des Satans‘ nicht kennengelernt haben: Euch bürde ich keine weitere Last auf. 25 Nur: Was ihr habt, das haltet fest, bis ich...