Der Blick in aktuelle wirtschaftswissenschaftliche Publikationen zu den Themen Managementaufgaben und Managementkonzepte, kann den Leser mit einer erdrückenden Fülle von unterschiedlichsten Problemstellungen und den dazu entwickelten Lösungsansätzen konfrontieren. Es scheint, als würde die Quantität und Qualität der Managementaufgaben von Jahr zu Jahr zunehmen. Das soll nicht heißen, dass es heutzutage schwieriger ist ein Unternehmen zu führen als noch vor 40 Jahren, denn dies war schon immer eine große Herausforderung. Jedoch ist im Vergleich zu früher im Unternehmensumfeld eine deutliche Zunahme an Dynamik und Komplexität zu verzeichnen. Diese Entwicklung, die etwa Mitte der 1970er Jahre begann, ist u.a. durch eine rasante technische Entwicklung, zunehmenden Wettbewerbsdruck und sehr dynamischen Märkten geprägt. Die Unternehmen müssen sich heutzutage unabhängig von deren Größe und Branchenzugehörigkeit mit der zunehmenden Globalisierung, sich stetig verkürzenden Produktionszyklen und einer zunehmenden Macht der Kunden auseinandersetzen. Zudem lassen beim Blick in die oben genannten (o.g.) Publikationen Schlagworte wie E-Commerce, Informations- und Wissensmanagement, Internet, world wide web, Cyberspace und Digitalisierung zu Recht auf den viel zitierten Übergang vom Industrie- ins Informationszeitalter schließen. Manche Autoren sprechen zusammenfassend sogar von einem „revolutionären Veränderungsprozess“, mit dem sich die Unternehmen auseinandersetzen müssen.[1]
Um heutzutage erfolgreich am Markt agieren zu können, wird daher von den Unternehmen und deren Mitarbeitern verlangt, sich schneller als je zuvor auf die ökonomischen, technischen und gesellschaftlichen Veränderungen einzustellen. Die Unternehmen müssen hierfür Strategien entwickeln und diese bestmöglich umsetzen um sich am Markt erfolgreich zu behaupten. Des Weiteren muss die Unternehmensführung mit Instrumentarien versorgt sein, die es erlauben, das Unternehmen in schwierigen Zeiten zielgerichtet und erfolgreich zu steuern.
Einige der o.g. Problemfelder im heutigen Unternehmensumfeld sollen nachfolgend im Kontext[2] mit dem Thema der vorliegenden Arbeit herausgehoben werden.
Umsetzung der Unternehmensstrategie
Im eingangs geschilderten „turbulenten Umfeld“ der Unternehmen wird die „Halbwertszeit“ von Strategien immer kürzer und somit die Kompetenz, eine Strategie schnell und erfolgreich umzusetzen, immer wichtiger.[3] Eine konsequente und umfassende Umsetzung der Strategie erfordert, dass jeder Mitarbeiter die Strategie und seinen Beitrag zur Umsetzung derselben kennt. Hier klafft jedoch Theorie und Praxis weit auseinander. In vielen Fällen ist die Strategie nur in den Köpfen der Unternehmensführung vorhanden - eine unternehmensweite Kommunikation ist nicht erfolgt.
Oder die Strategie ist so „unscharf“ formuliert, dass sich der Beitrag des einzelnen Mitarbeiters zur Umsetzung der Strategie nicht ableiten lässt.[4] Die Strategie wurde in diesem Fall zwar mehr oder weniger formuliert, aber nicht operationalisiert.[5] Die Folgen liegen auf der Hand: Strategie und operatives Tagesgeschäft führen weitgehend ein Eigenleben, die Mitarbeiter verstehen die Unternehmensstrategie nicht und verhalten sich somit nicht selten kontraproduktiv.[6]
Geänderte Anforderungen und Bedingungen im Controlling
Um das Unternehmen erfolgreich steuern zu können, benötigt die Unternehmensführung entscheidungsrelevante Informationen. Zuständig für die Erhebung dieser Informationen ist das Controlling. Hier bringen die oben genannten Entwicklungen gravierende Veränderungen mit sich. Waren die bisherigen Methoden des Controllings sehr stark vergangenheitsorientiert und nach innen gerichtet, ist heute der Schwerpunkt auf die Zukunft und nach außen gerichtet.[7] Den traditionellen Controllingsystemen, im Wesentlichen sind dies Kennzahlensysteme, wird vorgeworfen zu einseitig, vergangenheitsorientiert und unübersichtlich zu sein.[8] Der Ruf nach neuen innovativen Controllinginstrumenten wird laut.
Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, wurden in den vergangenen Jahren verschiedene Managementkonzepte entwickelt. Eines dieser Managementkonzepte ist die Balanced Scorecard (BSC).
Balanced Scorecard
Das Anfang der 1990er Jahre in den USA entwickelte Konzept der BSC basiert auf dem Gedanken, dass der Erfolg des Unternehmens von Faktoren abhängt, die hinter den finanziellen Zielgrößen stehen. Die Problematik der einseitigen finanz- und vergangenheitsorientierten Ausrichtung traditioneller Kennzahlensysteme soll bei der BSC durch die Aufnahme von nicht-finanziellen Kennzahlen ausgeglichen werden. Jedoch möchte die BSC nicht nur ein verbessertes Kennzahlensystem darstellen. Als umfassendes Managementsystem soll sie der Unternehmensführung helfen, Strategien erfolgreich[9] umzusetzen.
Allerdings gehen die Meinungen hinsichtlich des Innovationsgrades der BSC erheblich auseinander. Von den Einen als innovatives Instrument zur Strategieumsetzung bezeichnet[10], sehen die Kritiker das Konzept der BSC als „alten Wein in neuen Schläuchen“[11], das vor allem die Erlöse der Beratungsunternehmen steigert.[12] In der einschlägigen Literatur und in der Praxis zeigt sich die BSC jedoch als das meistdiskutierte und erfolgreichste Managementkonzept der vergangenen Jahre.
Ziel dieser Arbeit ist es, das Konzept der BSC detailliert vorzustellen. Des Weiteren soll im Kontext mit dem Titel der vorliegenden Arbeit die Eignung der BSC zur erfolgreichen Umsetzung der Unternehmensstrategie geprüft werden.
Die Arbeit ist wie folgt aufgebaut:
Um einen adäquaten Einstieg in die Arbeit zu ermöglichen, werden in Kapitel 2 die Grundlagen des Konzeptes der BSC vorgestellt. Hierzu wird zunächst auf die Gründe für die Entwicklung des originären Konzeptes der BSC eingegangen. Danach wird die BSC sowohl als Kennzahlen- als auch als Managementsystem vorgestellt. Ergänzend hierzu erfolgen zum besseren Verständnis Erläuterungen zu den Themen Kennzahlen- und Kennzahlensysteme, Performance Measurement sowie Strategie und Strategisches Management. Anschließend wird die sogenannte „strategiefokussierte Organisation“ beschrieben. Diese stellt nach Kaplan und Norton den Idealzustand einer Organisation hinsichtlich der erfolgreichen Umsetzung der Strategie dar. Um die Vorstellung der theoretischen Grundlagen der BSC abzurunden, werden anschließend Merkmale, die eine BSC charakterisieren, sowie die Erfüllung der Erwartungen bei der Einführung der BSC beschrieben. Den Abschluss dieses Kapitels bildet die Darstellung der bisherigen und weiteren Entwicklung des BSC-Konzeptes, sowie eine Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse des zweiten Kapitels.
Doch wie läßt sich mittels einer BSC die Unternehmensstrategie erfolgreich umsetzen? Welche Rolle spielen hierbei die Kennzahlen und die weiteren Elemente der BSC? Um dies herauszufinden ist es notwendig eine BSC zu erstellen. Hierdurch wird die Unternehmensstrategie erstmalig umgesetzt. Dies ist Thema in Kapitel 3. Hier wird die Vorgehensweise zur Erstellung einer BSC nach Kaplan und Norton sowie die hierfür verwendeten Elemente detailliert betrachtet. Den Abschluss dieses Kapitels bildet die Darstellung der vollständig erstellten BSC und die Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse.
Nachdem in Kapitel 3 die Erstellung einer BSC beschrieben wurde, geht es in Kapitel 4 darum, wie das gesamte Unternehmen mit Hilfe der BSC auf die Umsetzung der Unternehmensstrategie ausgerichtet werden kann. Des Weiteren wird die Integration der BSC in die bestehenden Management- und Steuerungssysteme betrachtet. Dieser Vorgang ist notwendig, um die Strategie des Unternehmens nicht nur einmalig, sondern nachhaltig umzusetzen. In Kapitel 4 werden verschiedene Möglichkeiten hierzu aufgezeigt.
In Kapitel 5 wird die BSC einer ausführlichen kritischen Betrachtung unterzogen. Hierzu wird zunächst auf die Stärken der BSC eingegangen bevor im Anschluss daran die Schwächen der BSC betrachtet werden.
Den Abschluss dieser Arbeit bildet das Kapitel 6 in dem das Fazit gezogen wird.
Der besseren Lesbarkeit wegen wurde in der vorliegenden Arbeit hauptsächlich die männliche Sprachform verwendet (z.B. „Mitarbeiter“). Es sind aber jeweils sowohl männliche wie auch weibliche Personen gemeint.
Das Konzept der BSC kann für eine Vielzahl von Organisationsformen, wie Profit-Unternehmen (z.B. Industriebetriebe, Dienstleistungsunternehmen) aber auch für öffentliche Institutionen und Non-Profit-Organisationen (z.B. gemeinnützige Gesellschaften,...