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E-Book

Die bedeutendsten Staatsmänner

AutorIsabella Ackerl
VerlagEdition Erdmann in der marixverlag GmbH
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl256 Seiten
ISBN9783843802093
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,99 EUR
Von ihnen erwarten wir alles - doch was zeichnet einen Staatsmann aus, was sind seine Absichten und Leitgedanken, welcher Mittel bedient er sich zur Erreichung seiner Ziele und wie kann er sich der Unterstützung sicher sein?Das Buch der 'berühmtesten Staatsmänner' vermittelt einen spannenden und klar formulierten Einblick in ihr tatsächliches Leben und Wirken - seien es auch so unterschiedliche Persönlichkeiten wie Antonius, Caesar und Cicero in der Antike oder Tito, Charles de Gaulle und Helmut Kohl im 20. Jahrhundert.Mit Lebensdaten, Abbildungen und Register mit Begriffserklärungen.

Dr. Isabella Ackerl, geb. 1940 in Wien, Studium der Geschichte und Germanistik an der Universität Wien, Promotion zum Dr. phil.; seit 1971 wissenschaftliche Sekretärin der 'Wissenschaftlichen Kommission des Theodor-Körner-Stiftungsfonds und des Leopold-Kuntschak-Preises zur Erforschung der Geschichte der Ersten Republik'. Seit Dezember 1981 Bundespressedienst in Wien. Zahlreiche Publikationen und Lexikonartikel.

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Leseprobe

KONRAD ADENAUER


Der aus dem katholischen Rheinland stammende Adenauer war schon durch seine Herkunft für eine Karriere in einer christlichen Rechtspartei bestimmt. Der Sohn aus einer Beamtenfamilie, die einen sehr bescheidenen Lebensstil pflegte sowie Pflichterfüllung und religiöse Werte als Lebensleitlinien hochhielt, besuchte das humanistische Gymnasium in Köln. Er hatte zwei ältere Brüder und eine jüngere Schwester. Nach dem Abitur 1894 begann er eine Banklehre, brach diese aber ab, als er ein Kölner Bürgerstipendium erhielt. Er studierte Jura und Politikwissenschaft in Freiburg, München und Bonn. Sein Interesse für Politik äußerte sich nicht nur ideell durch sein Studium, er wandte sich auch früh der praktischen politischen Arbeit zu. Seine Partei war das Zentrum – die einzig wählbare Partei für einen Katholiken aus dem Rheinland. Bereits 1906 wurde er in den Kölner Stadtrat gewählt, noch während des Ersten Weltkrieges wurde Adenauer zum Oberbürgermeister von Köln bestellt, eine Funktion, die er bis zu seiner Vertreibung durch die Nationalsozialisten unangefochten und höchst anerkannt ausübte. Als Kommunalpolitiker war Adenauer ein hervorragendes Beispiel, wie man bereits in den 20er- und 30er-Jahren des 20. Jahrhunderts moderne Kommunalpolitik machen konnte. Durch den Ausbau des Rheinhafens verbreiterte er die wirtschaftliche Grundlage der Stadt, gleichzeitig schuf er rund um Köln an Stelle des Festungsgürtels einen Grüngürtel, um es auch für die Bevölkerung attraktiv und lebenswert zu machen. Er förderte die Ansiedlung von Industriebetrieben, unter anderem der Ford-Werke, er investierte in Kultur- und Freizeitanlagen und betrieb die Wiedergründung der Kölner Universität, die 1798 aufgelassen worden war.

Parlamentarische Erfahrungen sammelte Adenauer schon vor 1918 – als Mitglied des preußischen Herrenhauses. Ab 1920 gehörte er dem preußischen Staatsrat an, 1928 wählte ihn das Zentrum zum Parteisprecher.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten verlor Adenauer alle politischen Funktionen und wurde aus Köln verbannt. Er lebte in dieser Zeit in Rhöndorf, wurde immer wieder Verfolgungen ausgesetzt, zuletzt 1944 nach dem Attentat auf Hitler verhaftet und ins KZ geschickt. Versuche verschiedener Vertreter des deutschen Widerstandes, ihn für eine Mitarbeit zu gewinnen, lehnte er dezidiert ab.

Nach Kriegsende installierten ihn die Amerikaner sofort wieder als Bürgermeister, aber als die Briten das Rheinland als Besatzungszone übernahmen, wurde er seines Amtes enthoben.

Schon vor Kriegsende war die Christ-Demokratische Union gegründet worden, die den alten Zwist zwischen Katholiken und Protestanten auf der politischen Ebene überwinden sollte. In dieser Partei spielte Adenauer von Anfang an eine große Rolle, bereits 1946 wurde er Parteivorsitzender in der britischen Zone, von wo aus sich die Partei über alle vier Besatzungszonen ausbreitete.

Als die Parteien in Deutschland darangingen, eine neue Verfassung zu formulieren, wurde der Parlamentarische Rat gebildet, zu dessen Präsident Adenauer 1948 bestellt wurde. Die zu beratende Verfassung für einen Bundesstaat konnte allerdings nur für die westlichen Besatzungszonen Gültigkeit erlangen, da die russische Besatzungszone, die spätere Deutsche Demokratische Republik, sehr schnell eigene Wege ging.

Nach Abschluss der Verfassungsberatungen, an deren Ende die Formulierung des Grundgesetzes stand, wurden die ersten freien Wahlen ausgeschrieben. Adenauer stand mittlerweile an der Spitze der westdeutschen CDU, die gemeinsam mit der bayerischen CSU einen Stimmenanteil von 31 Prozent erringen konnte. Adenauer, ein strikter Gegner der SPD und einer egalitären Massengesellschaft, formte eine Koalitionsregierung aus CDU/CSU sowie FDP und DP, die nur eine geringe Mehrheit besaß. Um seinen Gegnern den Wind aus den Segeln zu nehmen, ließ er sich von Ärzten bescheinigen, dass er, immerhin 73 Jahre alt, das Amt eines Bundeskanzlers durchaus zwei Jahre ausüben werde können. Tatsächlich blieb er Kanzler der Bundesrepublik Deutschland bis 1963.

Adenauers Kanzlerschaft war die Zeit des deutschen Wirtschaftswunders, jener Phase, in der Deutschland wieder seinen Platz in der Gemeinschaft der Staaten einnahm, die Zeit, in der es auch seine außenpolitischen Präferenzen und Ziele klar formulierte. In tagespolitischen Fragen agierte Adenauer pragmatisch und kompromissfähig, vor allem wenn es um die Verteidigung der Einheit der Bundesrepublik ging. In seiner Ära schaffte das Land immerhin die Eingliederung von fast zehn Millionen Heimatvertriebenen und Flüchtlingen.

Sein Hauptinteresse, seine Liebe und seine Grundsatztreue galten der Außenpolitik, die er nach rigorosen Vorgaben lenkte, an denen er nicht rütteln ließ. Er sah die große Gefahr und Bedrohung für die Mitte Europas und ihren Frieden in der kommunistischen Herrschaft in Osteuropa. Er konnte und wollte nicht an eine friedliche Koexistenz mit der Sowjetunion glauben, woraus seine strikte Partnerschaft mit den Westmächten und mit der NATO resultierte. Dazu gehörten auch die atomare Abschreckung und die damit verbundene Stationierung von Atomwaffen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Eines seiner großen Vorhaben war die Bildung einer europäischen Verteidigungsgemeinschaft, die sich nicht verwirklichen sollte.

Um diesem Gesamtziel zu dienen, führte er Deutschland 1950 in den Europarat, Deutschland wurde Gründungsmitglied der Europäischen Kohle- und Stahl-Union und stand damit am Anfang der heutigen Europäischen Union. 1955, nach dem Scheitern der europäischen Verteidigungsgemeinschaft, wurde das Land souverän und damit Vollmitglied der NATO. In den nächsten Jahren erfolgte die deutsche Wiederbewaffnung.

Diese Politik Adenauers erfuhr in den Wahlen 1953 und 1957 ihre Honorierung, die CDU gewann beachtlich an Stimmen. Eine wichtige Ursache dieses Wahlerfolgs lag sicherlich auch in Adenauers Wahl seines Wirtschaftsministers: Ludwig Erhard und seine soziale Marktwirtschaft führten das Land in nur wenigen Jahren zu einem nie gekannten Wohlstand aller Bürger. Eine breite Palette von sozialstaatlichen Maßnahmen sicherte den innenpolitischen Frieden. Allerdings wollte Adenauer nie zulassen, dass Erhard mehr als das Amt des Wirtschaftsministers erreichen könnte. Immer wieder erklärte er ihn als ungeeignet für das Amt des Kanzlers, was zu schweren Differenzen zwischen den beiden führte. Letztlich erwies sich aber die Richtigkeit seines Urteils – Erhards Kanzlerschaft war ein Misserfolg.

Erst die Wahlen von 1961 zeigten Abnutzungserscheinungen der regierenden CDU und ihres greisen Kanzlers. Weltpolitisch stand es ebenfalls nicht zum Besten, im August 1961 begann das DDR-Regime mit dem Bau der Berliner Mauer. Adenauer musste eine Koalitionsregierung mit der FDP bilden. Vor seinem Rücktritt schloss er noch den seine Karriere als Außenpolitiker krönenden Vertrag, der zugleich der bedeutendste dieser Nachkriegszeit war: 1963 unterzeichnete er mit Charles de Gaulle den deutsch-französischen Freundschaftsvertrag, der das gute Verhältnis der beiden altgedienten Politiker auf Dauer auf die beiden Staaten ausdehnen sollte.

Nach seinem Rücktritt 1963 blieb Adenauer noch drei Jahre Vorsitzender der CDU. In diesen Jahren kam es öfter zu Angriffen auf ihn – er hätte sich zu wenig der Frage der deutschen Wiedervereinigung gewidmet. Er jedoch hatte dies als eine Aufgabe der Westalliierten erachtet. Die Bundesrepublik Deutschland war unter Adenauers Führung strikt nach der Hallstein-Doktrin vorgegangen, die besagte, dass nur der Westen Deutschlands den Alleinvertretungsanspruch für Deutschland wahrnehmen könne. Versuche der in der Opposition agierenden SPD, Deutschland auf eine neutrale oder bündnisfreie Politik einzuschwören, scheiterten am unerbittlichen Nein des Kanzlers.

Adenauer überzeugte die Menschen durch die Einfachheit und die Klarheit seiner Sprache, er war unprätentiös, bescheiden und diszipliniert. Zweimal verheiratet, blieb er beide Male als Witwer zurück. 1904 hatte er Emma Weyer, eine Tochter aus einer wohlhabenden Kölner Familie, geheiratet, die ihm politisch und gesellschaftlich so manche Wege ebnete. Sie starb 1916, aus dieser Ehe stammten drei Kinder. Aus seiner Ehe mit Auguste Zinsser gingen fünf Kinder hervor.

Im Gedächtnis der Deutschen ist Adenauer der Gründungskanzler der Bundesrepublik Deutschland, der »Größte« der Nachkriegszeit, der für Parlamentarismus und Grundgesetz stand. Politisch hatte er zu seiner Zeit keinen Widerpart – Kurt Schumacher, in diesen Jahren SPD-Chef, war für Adenauer kein ernsthafter Gegner. Schumachers Sozialismus war ideologisch aufgeladen und aufdringlich, während die Menschen in der Nachkriegszeit Sicherheit, Klarheit und Würde suchten. Sicherlich war Adenauer ein Mann mit Fortune, der in der Politik vernünftige und moralisch vertretbare Lösungen fand. Integration war für ihn ein wichtiger Grundsatz, an dem er auf europäischer Ebene, im Verhältnis zu Frankreich und in der Stellungnahme zur NATO konsequent festhielt. Die Alternative dazu wäre die...

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