Tiefgreifende Veränderungen ökonomischer, struktureller, technologischer und gesellschaftlicher Art charakterisieren die gegenwärtige Zeit. Angefangen bei der Globalisierung und Internationalisierung der Märkte können beispielhaft die steigende Innovationsdynamik, Ausgliederungen, Privatisierungen, das Entstehen von Käufermärkten und Änderungen im Werte- und Anspruchsverhalten der Menschen genannt werden (vgl. KOLB 1992, S. 38, SCHULZ 2000, S. 1). Unternehmen, die unter den verschärften Wettbewerbsbedingungen erfolgreich am Markt agieren wollen, müssen durch Geschwindigkeit, Anpassungs- und Innovationsfähigkeit den gewandelten und durch „neue Unübersichtlichkeiten“ (HABERMAS 1985) gekennzeichneten Anforderungen gerecht werden. Hierbei ist es ebenso wichtig wie notwendig das intellektuelle Kapital ihrer Mitarbeiter[1] als so genannte Humanressourcen zu erkennen, zu nutzen und zielorientiert einzusetzen. Mit diesen ungewissheitsbelasteten Rahmenbedingungen und vorhandenen sozialen Problemen sehen sich sowohl erwerbswirtschaftliche Unternehmen als auch zunehmend Non-Profit-Organisationen (NPO) der Freien Wohlfahrtspflege[2] sowie öffentliche Träger von Bund, Ländern und Kommunen konfrontiert.
Der Themenbereich Ökonomie gewinnt in der Sozialen Arbeit und der Sozialpolitik immer mehr an Bedeutung. Forciert durch die neoliberal gekennzeichnete Entwicklung zu mehr Markt und Wettbewerb in Europa steigt die Notwendigkeit, dass sich NPO´s verstärkt als „Partner der Wirtschaft“ verstehen und dementsprechend „marktorientiert“ agieren[3]. Dies setzt Verständnis wirtschaftspolitischer Zusammenhänge und Kenntnisse über Grundlagen wirtschaftlichen Denkens und ökonomisch-unternehmerischen Handelns voraus, welche zunehmend auch von den Mitarbeitern sozialer Dienstleister eingefordert werden. Wissen über Aspekte der Wirksamkeit, der Messbarkeit, der kausalen Wirkungszusammenhänge, der Prognose von Wahrscheinlichkeiten von Fallverläufen und des sozialpädagogischen Grenznutzens sind demnach unverzichtbar für sozialwirtschaftlich agierende Organisationen. „Das Ökonomische darf keine Tabuzone für die Sozialarbeit sein oder bleiben.“ (GRÜNDGER 1988) Nur durch den kontinuierlichen Dialog zwischen Wirtschaft und Sozialer Arbeit wird es möglich sein, sich dem zunehmenden Konflikt zwischen ökonomischer Notwendigkeit und sozialstaatlicher Verantwortung zu stellen (vgl. SCHWARZ 2001, S. 60). Die Diskussion über Effektivität, Effizienz und diesbezüglich über Sozialmanagement muss offensiv durch Vertreter der Sozialarbeit diskutiert werden, um nicht von falsch geführten Kosten-Argumenten überfahren werden zu können (vgl. GEHRMANN/MÜLLER 1999, S. 16). Der wirtschaftliche Ressourceneinsatz in der Sozialen Arbeit bedeutet formal rational zu handeln, das heißt das Ökonomische Prinzip auf den zu erfüllenden sozialen Auftrag anzuwenden. Es geht also nicht darum, Gewinnmaximierung im Sinne der Erreichung von Rentabilitätszielen zu betreiben. Auch das Interesse sozialer Dienstleistungsanbieter muss notwendigerweise dahin gehen, ihren sozialen Auftrag ressourcenschonend umzusetzen. Thema von Effizienz in der Sozialen Arbeit kann daher weder Gewinnmaximierung noch Rentabilität sein, vielmehr geht es um Wirtschaftlichkeit. „Eine soziale Ökonomie (vgl. ETZIONI/LAWRENCE 1991; BÜRGERMEIER 1994) ist auf ein unreduziert breites Verständnis von Wirtschaften in allen Lebensbereichen angewiesen. Danach schließt auch die Sozialarbeitswissenschaft von vornherein die Erörterung ökonomischer Fragen ein, denn ihr Thema ist das individuelle und gemeinsame Zurechtkommen im Leben heutzutage.“ (WENDT 2000, S. 60)
Die Ökonomik der Sozialen Arbeit hat demnach einen anderen Charakter als die 1:1 Ökonomisierung Sozialer Arbeit durch Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre. Vielmehr will die Ökonomik die Effizienz (Wirtschaftlichkeit) mit der Effektivität (Wirksamkeit) Sozialer Arbeit verbinden, z. B. durch die Verbesserung der Sozialen Arbeit mit Managementmethoden oder den verstärkten Einbezug von Nutzerinteressen. Gelingt es der Sozialen Arbeit nämlich, ihre Wohlfahrtsproduktion[4] ökonomisch darzulegen, könnte darin eine Gegenstrategie zu einer fremdbestimmten Ökonomisierung Sozialer Arbeit bestehen.
In diesem Sinne plädieren auch STAIBER und KUHN für mehr Menschlichkeit durch Soziales Unternehmertum. Je mehr und je besser sich die Soziale Arbeit auf eine rationelle, nachfrageorientierte und qualitätskontrollierte Leistungserbringung versteht, desto mehr und besser wird sie ihrem humanen bzw. sozialen Auftrag gerecht (vgl. STAIBER/KUHN 2000, S. 68 ff.).
Neue Steuerung, New Public Management, Effizienz, Effektivität, Kundenorientierung, dezentrale Ressourcenverantwortung, outputorientierte Steuerung, Controlling und Budgetierung sind Schlagworte, welche die aktuelle Diskussion über die Bedeutung betriebswirtschaftlichen Denkens und Handelns in der Sozialen Arbeit, in sozialen Unternehmen und in öffentlichen Verwaltungen charakterisieren.
Soziale Einrichtungen und Kommunen sind gezwungen wirtschaftlich, das heißt ökonomisch mit den knappen zur Verfügung stehenden Ressourcen umzugehen, um den ihnen übertragenen sozialen Auftrag erfüllen zu können.
Kritisch zu sehen sind die häufig vorgenommene Gleichstellung und der reduzierte Einsatz der Begrifflichkeiten “Ökonomik” und “Ökonomisierung” in diesem Zusammenhang. Entgegen der eigentlichen Intention der Anwendung ökonomischer Denk- und Entscheidungsprinzipien im sozialen Bereich, wird deren Inhalt fälschlicherweise auf ein einseitig verstandenes Kosten-Nutzen-Denken zu Lasten fachlicher Gesichtspunkte herunter gebrochen. Dabei wird häufig ausgeblendet, dass es einer Ökonomik Sozialer Arbeit vorrangig um Verbesserung durch Restrukturierung und die Aufforderung zur Auseinandersetzung mit Zielen und Wirksamkeit Sozialer Arbeit geht. (vgl. FINIS SIEGLER 1997, S. 9). Kurz gesagt: ökonomische Entscheidungsregeln und Terminologie werden in der praktischen Anwendung als Deckmantel für Mittelkürzungen und Ausgabendeckelung missbraucht.
Unbestritten haben Bund, Länder und Kommunen einen hohen Bedarf, ihre Haushalte zu konsolidieren. Vor diesem Hintergrund desolater Staatsfinanzen, Diskussionen um den Wirtschaftsstandort Deutschland und die Erkenntnis, dass die öffentliche Verwaltung einen Wettbewerbsfaktor darstellt, wird seit mehr als zehn Jahren die Debatte um die Modernisierung und Umgestaltung der Kommunalverwaltung mittels Einführung des Neuen Steuerungsmodells (NSM) geführt (vgl. HILL 1997, S. 67 f.).
Die öffentliche Verwaltung steht der Forderung, der unausweichlichen Notwendigkeit gegenüber, ihr Image, ihre Kundenorientierung und vor allem ihre Effizienz (wirtschaftliche Rationalität) und Effektivität (technische Rationalität) zu verbessern. Aber nicht nur von außerhalb, sondern auch aus den eigenen Reihen wird der Modernisierungsdruck zunehmend stärker (vgl. RICKARDS 1997, S. 184 f.).
Einen konkreten Vorschlag hat die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung mit dem NSM erarbeitet, das zur Zeit noch auf kommunaler Ebene erprobt wird und hier für sehr viel Unruhe gesorgt hat. Die Zielstellung des Steuerungsmodells besteht vor allem darin, die lokalen Verwaltungen in Dienstleistungsanbieter mit unternehmensähnlichen Strukturen umzuwandeln, wobei bereits Zweifel an der Übertragbarkeit von Managementkonzepten aus der Privatwirtschaft auf den öffentlichen Sektor bestehen (vgl. OTTING 1997, S. 237 ff.; PALANDT 2004, S. 145).
Neben der langfristigen Konstruktion der öffentlichen Verwaltung geht es hierbei außerdem um den Rahmen der praktizierten kommunalen Sozialpolitik (und zeitversetzt den der freien Wohlfahrtsverbände), die die Praxis der Sozialen Arbeit insgesamt grundlegend verändern wird. Angestrebt ist eine flächendeckende Anwendung der neuen Steuerung auf alle Bereiche der Kommunalverwaltung, wobei auch die Sozial- und Jugendhilfe in diese umfassenden und grundlegenden Veränderungen einbezogen ist. Die sich abzeichnende Tendenz zu mehr Markt, Wettbewerb und überprüfbaren Leistungen[5] auch im Non-Profit-Sektor hat in den letzten Jahren bereits eine heftige Diskussion der “Ökonomisierung Sozialer Arbeit ausgelöst. Die Reaktionen der Fachvertreter der Sozialen Arbeit reichen dabei von konsequenter Ablehnung bis hin zu kritischer Prüfung (vgl. FINIS SIEGLER 1997, S. 145 ff.). Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass ökonomisches Denken häufig in Gegensatz zu sozialem Handeln gesetzt wird. Aber „nicht die Ökonomie verunmöglicht Identität, sondern mangelnde Einbeziehung ökonomischer Rahmenbedingungen sabotiert die Möglichkeiten, identitätsstiftend zu arbeiten, indem auf diese Weise die Möglichkeiten der Organisation ruiniert werden“ (KLUG 2000, S. 65).
Um den Bezug der bearbeiteten Thematik zur Erziehungswissenschaft angemessen darstellen zu können, ist eine kurze Exkursion zu den Definitionen, Entwicklungen und Methoden der Erziehungswissenschaft erforderlich.
Die vom Brockhaus Lexikon...