ANGEKÜNDIGTES EINHALTEN
VERLÄSSLICHKEIT IST EIN WICHTIGER Baustein des Zusammenlebens. Dazu gehört, dass es gewisse Verhaltensmuster gibt, auf die ein Kind vertrauen kann. Wenn es die Eltern umarmt, umarmen sie es auch. Wenn die Mama sagt, sie holt den Sohn ab, dann kommt sie hundertprozentig. Wird versprochen, am Nachmittag zum Ententeich zu gehen, sollte auch das eingehalten werden. Stellen Sie sich vor, Ihr Chef verheißt eine Gehaltserhöhung und überlegt es sich dann plötzlich anders: Für Ihr Kind hat die Aussicht aufs Entenfüttern in etwa die gleiche Bedeutung. Und wenn’s regnet? Egal, macht auch Spaß! Oder aber Ihr Kind lernt, dass es ab und zu Sinn macht, Versprochenes zu vertagen. Dieses »Aufgeschoben ist nicht aufgehoben« sollte unbedingt verlässlich sein, weshalb Sie den Ersatztermin am besten sofort festlegen.
Wer konsequent Angekündigtes einhält, erzielt einen tollen Langzeiteffekt: Das Kind lernt, dass es auf seine Eltern bauen kann. Sie sind »eine Bank«. Das stärkt ihm den Rücken.
KINDER MÜSSEN SICH HÄUFIG Wünschen und Erwartungen der Großen fügen, das gehört zu ihrer »das Leben lernenden« Rolle. Darf das Kleinkind bei einer Veranstaltung nicht herumlaufen, muss es sich damit abfinden, im Buggy zu bleiben. Und wenn Mama verlangt, dass der Sprössling den verschütteten Saft selbst aufwischt, muss er dies akzeptieren und erledigen lernen. Verbunden ist dies allerdings meistens mit Protest. Denn Kinder spuren nicht immer so, wie wir Erwachsenen das gerne hätten. Sie haben ihren eigenen Kopf und Rhythmus. Genau wie die Großen. Und beides passt leider nicht immer zusammen. Eltern sitzen zwar am längeren Hebel, aber sie sollten ihn verantwortungsbewusst bedienen. Denn sie sind diejenigen, die das Familienleben leiten, sie sind diejenigen, die erziehen.
Gehorcht ein Kind nicht, reagieren Eltern oft mit Drohungen: »Wenn du den verschütteten Tee jetzt nicht sofort aufwischst, ist die Gutenachtgeschichte gestrichen.« Drohungen sind jedoch nicht das Gelbe vom Ei, da sie gewissermaßen der unfeine Verwandte der Konsequenz-Ankündigung sind. Die Grenze ist manchmal hauchdünn. Im obigen Fall wäre es sinnvoller, dem Kind die Folgen seiner Aufsässigkeit vor Augen zu führen: »Du hast den Tee verschüttet, du wischst ihn auch auf. Und ich rate dir, das schnell zu tun, denn bevor du rausgehen darfst, muss das erledigt sein. Und ist der Tee erst festgetrocknet, dauert es länger.«
Wenn Sie Konsequenzen ankündigen (oder androhen), sollten Sie sich in jedem Fall vorher überlegen, ob Sie das Gesagte auch tatsächlich durchziehen werden. Wütende Ausrufe wie »Ich schmeiß dich gleich aus dem Auto, wenn du nicht Ruhe gibst!« oder »Du kriegst heute überhaupt nichts mehr zu essen, wenn du so herumschmierst!« sind natürlich undurchführbarer Blödsinn, und Ihr Kind checkt das ganz schnell. Es lernt dann, dass Drohungen/Ankündigungen leere Worthülsen sind, denen es keine größere Bedeutung beimessen muss, und Sie verlieren ein Stück Glaubwürdigkeit. Ist dieses Terrain erst mal verspielt, ist es schwer, es zurückzuerobern.
Achim wollte mit den Brettchen spielen, die Hans für eine Holzarbeit zurechtgesägt hatte. Und weil der Junior hoch und heilig versprach, sorgsam damit umzugehen, erlaubte es der Vater. Als er von der Arbeit kam, traute er allerdings kaum seinen Augen: Jedes, wirklich jedes Brettchen war durchgebrochen. Achim hatte Wippe gespielt… Hans war so erbost, dass er spontan »eine Tracht Prügel« ankündigte. Doch kaum waren die Worte heraus, taten sie ihm leid. Hans überlegte fieberhaft, wie er aus der Nummer wieder herauskäme, ohne sein Gesicht zu verlieren. »Statt der Tracht Prügel«, bot er schließlich an, »könntest du auch das Unkraut im Küchengarten jäten.« Zu seiner Erleichterung griff Achim zu, obwohl er Jäten hasste. Bei Papas Kontrollgang ragte kein einziger Halm mehr aus der festgetrampelten Erde.
HINTERTÜR KOMPROMISS
Wenn Eltern sich vergaloppiert haben
KEINE REGEL OHNE AUSNAHME: Vom strikt konsequenten Verhalten sollten sich Eltern immer dann verabschieden, wenn sie sich vergaloppiert haben. Erwachsene müssen oft blitzschnell Entscheidungen fällen, die nicht immer optimal sein können. Es wäre allerdings dem Kind gegenüber unfair, eine im Nachhinein als überzogen erkannte Entscheidung durchzuziehen. Aber wie lässt sie sich abändern und trotzdem die elterliche Glaubwürdigkeit wahren?
Eine geschickte Möglichkeit ist der Kompromiss. Bei ihm bleiben Sie bei Ihrer Position, kommen dem Kinderwunsch jedoch entgegen: »Nein, ein ganzer Schwimmbadtag ist heute echt nicht drin. Wir könnten höchstens vorm Abendessen noch eine Stundenkarte nehmen.« Der Kompromiss ist auch immer dann eine gute Lösung, wenn Sie merken, dass Sie die Dringlichkeit des Kinderwunsches unterschätzt haben. »Du kannst das Theater lassen, ich habe gesagt, ich mache jetzt keinesfalls dieses Spiel mit dir. Aber wenn du alles aufbaust, können wir nach dem Abendbrot eine Runde spielen.«
HEUTE IST GESTERN
In gleicher Situation gleich handeln
WENN ELTERN SICH DAS LEBEN LEICHT machen möchten, sollten sie in gleichen Situationen gleich reagieren und handeln. Diese Verlässlichkeit gibt dem Kind Orientierung. Viele Betteleien entfallen bei solch eindeutigem Verhalten, weil das Kind weiß: Das hat in diesem Fall null Aussicht auf Erfolg. Wenn heute, morgen und nächste Woche gilt, dass das TV-Gerät werktags ausbleibt, spart sich Ihr Kind in dieser Zeit das Betteln, fernsehen zu dürfen. (Nun ja, vielleicht testet es allmonatlich mal an, ob die Regel noch gilt.) Solche Klarheit entstresst alle Lebensbereiche. Ist für Ihr Kind dagegen ungewiss, ob Sie heute wie gestern reagieren, erscheint es lohnend nachzuhaken. Nicht aus Boshaftigkeit, sondern aus Neugier. Es ist eine Art Spiel, bei dessen Ausgang Ihr Kind 50 Prozent Gewinnchance wittert. Als erwachsener »Mitspieler« brauchen Sie dafür gute (Nerven-)Kondition!
Hundertprozentige Konsequenz in allen Dingen ist allerdings Utopie, denn Eltern sind keine Maschinen, sondern stimmungsabhängige Wesen. Es entspannt jedoch ungemein, wenn Sie sich überlegen, welche Regeln für Ihr Familienleben wirklich wichtig sind und daher grundsätzlich eingehalten werden sollen, vielleicht diese: Bei Tisch wird korrekt auf dem Stuhl gesessen, nach dem Gutenachtsagen geht das Licht aus, und Schuhe werden an der Tür ausgezogen.
Das i-Tüpfelchen verlässlicher Reaktionen: Wer den Kinderalltag konsequent managt, kann zwischendurch ausnahmsweise krass davon abweichen (siehe >). Das bringt Spaß und wirkt wie eine belebende Dusche fürs Miteinander!
WIRD EIN BALL durch den Garten geschmettert, ist das meistens akzeptabel. Aber wer will das Geschoss durch die Küche zischen sehen? Auch anderes wird von Kindern gern durchs Zimmer katapultiert. Das kann manches demolieren und Eltern auf die Palme bringen. Was tun? Am besten ist es, wenn Sie eine einfache Regel einführen und konsequent anwenden: »Was fliegt, ist weg.« Sobald ein Flugobjekt – ob Stift oder Kuscheltier – im »verbotenen Raum« unterwegs ist, sprechen Sie nur eine Warnung aus. Fliegt das Ding erneut, kassieren Sie es sofort ein. Ohne viele Worte, es genügt das Wiederholen der Regel in sachlichem »Auf-Montag-folgt-Dienstag-Ton«. Informativ für Ihr Kind ist ein Zusatz wie »Nach dem Abendessen kannst du den Pinguin wieder haben«.
Aller guten Dinge sind drei
WENN ELTERN EIN VERHALTEN ihres Sprösslings stört, nehmen sie sich vor, soundso zu reagieren, damit es sich ändert. Doch das Problem ist: Fruchtet der Vorstoß nicht sofort und werden sie erneut mit dem Fehlverhalten konfrontiert, werfen sie häufig die Flinte ins Korn. Nach dem Motto »Nützt ja doch nichts« geben sie auf, probieren bestenfalls ein anderes »Gegenmittel« aus.
Aber mal ehrlich: Welches aufgeweckte Kind gibt gleich beim ersten Anpfiff durch die Eltern klein bei? Womöglich hat es sich bei seinem Verhalten sogar etwas gedacht, oder es macht ihm Vergnügen. Warum also sofort gehorchen? Lieber noch mal testen, ob die Erzeuger ein paar Minuten später wieder so reagieren – als Spielverderber, Auftragerteiler, Neugierbremse.
Allen Eltern zum Ansporn: Durchhalten lohnt sich. Ich habe bemerkt, dass die Volksmundweisheit »Aller guten Dinge sind drei« überraschend zutreffend ist. Wenn Ihr Kind beispielsweise am Waschbecken mit Schiffchen spielen möchte und Sie unter der Bedingung einwilligen, dass das Wasser im Becken bleibt, kann es sehr gut sein, dass kurz darauf der Boden schwimmt. Stoppen Sie dann das Vergnügen sofort nach dem Grundsatz »Verabredung missachtet, also Schluss«! Vermutlich wird auch beim nächsten Mal die Überschwemmung nicht lange auf sich warten lassen. Doch wenn Sie nun (und auch beim dritten Mal) exakt gleich reagieren, begreift die kleine Wasserratte, dass es in dieser Sache keinen Verhandlungsspielraum gibt – und das Problem ist erledigt. Zumindest für geraume Zeit – bis Ihre Reaktion erneut getestet...