Einleitende Gedanken
Sie wollen Ihr eigener Chef werden? Gut so!
Wie immer man den Dingen des Lebens auch gegenüberstehen mag: Sein eigener Herr zu sein ist vielleicht die höchste Art von Lebensqualität, die es geben kann.
Gewiss, als Selbstständiger tragen Sie mehr Verantwortung und arbeiten auch mehr, als wären Sie irgendwo angestellt. In dem scherzhaften Ausspruch „Der Selbstständige arbeitet selbst und das ständig“ steckt ein wahrer Kern. Doch dafür ist der Selbstständige auch weitgehend Herr seiner Entschlüsse. Es liegt an ihm, seine Zeiteinteilung zu bestimmen. Er lenkt die Geschicke seines Betriebs selbst. Natürlich trägt er auch das unternehmerische Risiko. Doch abwägende Risikobereitschaft und Erfolgsfähigkeit stehen immer in einem gewissen Verhältnis zueinander. Schließlich liegt es wiederum in der Hand des Unternehmens, mit dem unvermeidlichen Faktor Risiko klug umzugehen, er hat den unmittelbaren Einfluss darauf. Wie hoch das Risiko ist, bestimmt er selbst aufgrund eigenen Urteilsvermögens. Dagegen ist der Angestellte den Entscheidungen seines Arbeitgebers – oder womöglich sogar denen einer übergeordneten Konzernleitung – praktisch ausgeliefert. Wird er entlassen, so ist es mit dem anscheinend risikolosen Dasein ganz plötzlich vorbei, er ist arbeitslos und in der heutigen wie auch in der kommenden Zeit ohne sichere Perspektive. Alles hat eben seinen Preis, das Angestelltendasein ebenso wie die Selbstständigkeit.
Völlig frei von Abhängigkeit ist aber natürlich niemand. Der Selbstständige ist zwar von keinem Arbeitgeber abhängig, aber dafür von seinen Kunden. Diese Abhängigkeit kann er allerdings weitgehend selbst steuern, kann sie durch gute Arbeit sogar bis zu einem gewissen Grade ausschalten. Insofern lohnt es sich, das Wagnis der Selbstständigkeit einzugehen, diesen Schritt zu unternehmen.
Das Wort „unternehmen“ – unternehmerisch denken und handeln – ist in diesem Satze bereits enthalten. Wie fast alles im Leben setzt auch Unternehmertum sowohl die mentale Eignung wie auch eine gewisse Begabung voraus. Ganz ähnlich wie zum Malen oder für die Musik spezielle Talente vonnöten sind, gilt dies auch für den Unternehmer. Diesbezüglich müssen Sie sich selbst einschätzen können, das wird Ihnen niemand abnehmen. Es gibt eben Fragen, die nur das eigene Gefühl beantworten kann.
Ist auf dieser Ebene das „Ja“ ausgesprochen – gewissermaßen von Ihnen an Sie selbst –, so haben alle weiteren Fragen rationalen Charakter. Bei sorgsamem Durchdenken sämtlicher Faktoren können Sie Fehler weitgehend vermeiden, wenn auch nie vollkommen ausschließen. Das liegt nun einmal in der Natur des Menschen. Dieser läuft immer Gefahr, Fehler zu begehen – sei es aus Unwissenheit, aus Unbedachtsamkeit oder womöglich aufgrund von Selbstüberschätzung. Als nützliches Denkprinzip zum Vermeiden von Fehlern hat sich die Kybernetik bewährt: Durch das Ermitteln der „kybernetischen Engpässe“ ist es möglich, Punkt für Punkt zu objektiv richtigen Antworten zu gelangen. Einfach gesagt: Sie gehen in Ihrer Fragestellung immer bis an den Punkt, an dem nur noch ein „Ja“ oder ein „Nein“ möglich ist. Auf diese Weise zwingen Sie sich zu jener unerlässlichen Selbstdisziplin, die das Reale von etwaigem Wunschdenken scheidet. Denn: Visionen sind gut! Illusionen indes wären schädlich! Es ist mitunter schwer, sich nicht durch Wunschdenken beeinflussen zu lassen. Das geht jedem so, völlig unabhängig von Erfahrung und Lebensalter. Es heißt, auf der einen Seite sehr wohl die große Vision im Auge zu behalten – das unternehmerische Ziel – auf der anderen Seite aber stets Kontrolle über die eigene Vision zu behalten.
Wenn die Dinge bis zur Entscheidung gereift sind, werden Sie auf alle Fälle einen Unternehmensberater oder eine Unternehmensberaterin brauchen. In diesem Stadium benötigen Sie die Hilfe einer sachkundigen Person Ihres Vertrauens, die sich in allen Details auskennt und zielführend Rat geben kann, wo es schwierig zu werden scheint oder tatsächlich schwierig wird.
Wie für andere Berufe gilt auch für Unternehmensberater: Nicht jeder ist gleich gut. In Österreich darf sich als Unternehmensberater bloß bezeichnen, wer nachweislich über die entsprechenden Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt und von der Wirtschaftskammer zugelassen ist. In Deutschland besteht solch eine Regelung nicht. Jeder kann sich Unternehmensberater nennen und solche Dienste anbieten – auch wenn der eine oder andere vielleicht weniger von der Sache versteht als Sie nach der Lektüre dieses Buches. Aus diesem Grund entstand der Bund Deutscher Unternehmensberater (BDU). Er verlangt für die Aufnahme ähnliche Voraussetzungen, wie sie als Zulassungsbestimmungen in Österreich gelten. Wenn Sie bei der Wahl Ihres Unternehmensberaters auf die Mitgliedschaft im BDU achten, haben Sie zumindest die Grundsicherheit, sich einem seriösen Berater anzuvertrauen. Mit Geschicklichkeit, gesundem Menschenverstand und dank dieses Buches können Sie sich vorerst recht gut alleine an die Dinge heranwagen. Zumindest in der letzten und entscheidenden Phase sollten Sie aber einen fähigen Unternehmensberater hinzuziehen. Das gilt bei einer Unternehmensneugründung, aber ganz besonders, wenn Sie eine Unternehmensnachfolge ins Auge fassen, was gerade in dieser Zeit sehr klug sein kann.
Außer Frage steht: Die Möglichkeiten der Unternehmensnachfolge sind zurzeit besonders günstig. Die Anzahl der mittelständischen Unternehmen, in denen sich die Nachfolgefrage stellt, wird allein für Deutschland auf über 70.000 pro Jahr geschätzt, und diese Schätzung ist sicher zutreffend.1
Auf einer stabilen Plattform aufbauen zu können bietet selbstverständlich Vorteile. Nehmen wir beispielsweise einen Handwerksbetrieb. Als Handwerker sind Sie in allererster Linie von der Qualität und der Zuverlässigkeit Ihrer Arbeit abhängig. Sie haben nicht das Problem einiger anderer Branchen, in denen die Kunden sich sehr stark mit der Inhaberpersönlichkeit verbunden fühlen, etwa bei Chefs von Werbeagenturen oder bei Köchen. Solch eine Persönlichkeitsproblematik besteht am ehesten dort, wo die erbrachten Leistungen nicht objektiv messbar, sondern zumindest teilweise vom subjektiven Gefallen oder Nichtgefallen abhängig sind. Bei Handwerksbetrieben gibt es diese Schwierigkeit naturgemäß nicht. Sie schaffen objektiv messbare Werte.
Eine Unternehmensnachfolge wäre also ein sinnvolles Projekt. Auch der geeignete Betrieb ließe sich sicherlich finden. Darüber werden wir noch ausführlich sprechen.
Jeder Wechsel in der unternehmerischen Verantwortung hat nun logischerweise zwei Seiten: Für den ausscheidenden Unternehmer heißt es, den Betrieb, dessen Geschicke er jahrzehntelang gelenkt hat, dieses Unternehmen, das durch seine Ideen und von seiner Persönlichkeit geprägt ist, in gute Hände zu übergeben. Das ist für den Betreffenden gewiss kein leichter Schritt. Er wird vielleicht Wert darauf legen, in dem Nachfolger auch sich selbst wiederzuerkennen. Persönliches Verstehen ist daher sehr wichtig.
Die klassische Familiennachfolge in den Betrieben wird zunehmend seltener. Natürliche Vorteile, die mit der Übertragung von Verantwortung auf Jüngere verbunden sind – wie etwa der Zugewinn an persönlicher Bewegungsfreiheit –, werden auf den ersten Blick häufig kaum wahrgenommen. In jedem Falle stellt die Suche nach einem geeigneten Kaufinteressenten den übergabewilligen Unternehmer vor eine Aufgabe, auf die er kaum vorbereitet sein kann. So tüchtig er als Kaufmann auch sein mag – dies ist für ihn ein einmaliger Vorgang. Selbst wenn der Unternehmer vielleicht gar nicht an den Ruhestand denkt, sondern die Neugründung einer anderen Firma im Auge haben sollte, ist er in der Übergabe naturgemäß unerfahren. Dazu kommt, dass der technische Ablauf einer Nachfolgeregelung nicht immer unkompliziert ist. So herrscht in Sachen Unternehmensübergabe oft eine ablehnende Haltung – bewusst oder sogar unbewusst.
Für den Nachfolger wiederum, also eventuell für Sie, bedeutet die Unternehmensübernahme gleichsam eine Existenzgründung – die Gründung einer neuen, einer selbstständigen Existenz. Auch dies ist ein Weg zu neuen Ufern.
Vor einigen Jahren sahen diese Dinge noch einfacher aus, ohne darum unbedingt besser gewesen zu sein. Als Verhandlungsgrundlage für eine Übernahme galt es als ausreichend, die letzten Ertragszahlen des zur...