Da sich die vorliegende Arbeit mit der Falldidaktik am Beispiel QM beschäftigt, soll an dieser Stelle zunächst genau definiert werden, was Qualitätsmanagement ausmacht und was genau dahinter steckt. Die folgenden Kapitel werden sich mit den Teilaspekten des QM beschäftigen.
Was bedeutet überhaupt der Begriff „Qualitätsmanagement“? Um dies zu definieren, wird der Begriff in seine Bestandteile zerlegt. Qualität, abgeleitet vom lateinischen „qualitas“ = Beschaffenheit wird für den hier zugrunde gelegten Geltungsbereich eindeutig durch DIN EN ISO 9000:2000 definiert als „Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale Anforderungen erfüllt“. Daraus geht hervor, dass Qualität nicht von einem Preis für ein Gut oder von der Beschaffenheit von Rohstoffen abhängig ist, sondern lediglich von der Übereinstimmung des Gutes mit den a priori festgelegten Anforderungen an das Gut. Dieser Ansicht folgt auch die IEC[26], indem sie Qualität als „Übereinstimmung zwischen den festgestellten Eigenschaften und den vorher festgelegten Forderungen einer Betrachtungseinheit“ definiert.
Nachdem der Begriff der Qualität hinreichend bestimmt ist, muss nun noch der Begriff des Management näher betrachtet werden. Hierfür reicht bereits eine Ableitung vom Ursprung: Im Lateinischen bedeutet „manum agere“ nichts anderes als „an der Hand führen“. Daraus werden bereits die entscheidenden Aufgaben des Managements in diesem Zusammenhang ersichtlich: Begleiten und Lenken.
Als Definition für Qualitätsmanagement lässt sich festhalten:
Qualitätsmanagement ist als die Steuerung und Leitung einer Organisation als Ganzes unter dem Aspekt der Qualität zu betrachten[27].
Diese Definition zeigt, dass Qualitätsmanagement nicht nur Aufgabe einer bestimmten Abteilung ist, sondern im gesamten Unternehmen verankert sein muss und dabei von zentraler Stelle koordiniert und auch vorgelebt wird. Zuverlässigkeit, Kundenorientierung und Kontinuität im Handeln sind dabei von großer Bedeutung.
Qualitätsmanagement wird daher oftmals auch mit dem Total Quality Management gleichgesetzt, welches ebenfalls die Erhöhung der Kundenzufriedenheit durch Einbindung aller Unternehmensteile und -mitarbeiter zum Ziel hat.[28] Qualitätsmanagement ist jedoch nicht nur durch eine bestimmte Methode definiert, sondern bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten, die Qualität von Prozessen und damit von Produkten und Dienstleistungen zu verbessern. Dabei ist weniger die Methode entscheidend als der Erfolg und vor allem die nötige Überzeugung aller Miterbeiter vom QM. Dies wird das Kapitel 3 im Folgenden noch genauer zeigen.
Zunächst ist unstrittig, dass eine Organisationseinheit QM zusätzliche Kosten verursacht, ohne direkt zurechenbare Erlöse zu generieren. Diese Eigenschaft teilt sich das QM mit Organisationseinheiten wie „Personal“, „Materialwirtschaft“ und anderen Verwaltungseinheiten, welche keinerlei Leistungen extern verkaufen. Hinzu kommt beim QM, dass es oftmals höhere Ansprüche an die Mitarbeiter stellt, zusätzliche Aufgaben durch diese übernommen werden müssen und Aufzeichnungen notwendig bzw. unabdingbar werden. Dieser Mehraufwand wird für viele in keinerlei Verbindung mit zusätzlichen Erlösen stehen, da zunächst kein kausaler Zusammenhang erkennbar ist. QM ist nicht direkt ergebniswirksam.
Während Organisationseinheiten wie Personal allgemein wenigstens als notwendig erachtet werden, muss dieses Bewusstsein für Notwendigkeit beim QM häufig erst geschaffen werden. Hierin liegt auch die Herausforderung für das Management.[29]
Um den Nutzen des QM im Bewusstsein der Mitarbeiter und Führungskräfte entsprechend zu verankern, muss die Auswirkung des QM aufgezeigt werden. So wird es für Kunden sicher angenehmer sein, wenn sie sicher sein können, dass ein Produkt stets gewisse Mindestanforderungen und Erwartungen erfüllt und in der Beschaffenheit gleich bleibt. Dies weckt ein Gefühl von Zuverlässigkeit und Sicherheit. Für dieses Gefühl ist der Kunde letztlich dann auch bereit, einen Aufpreis zu akzeptieren.
Der Erfolg eines Unternehmens lässt sich u.a. über den ROI messen. Die PIMS-Studie und das daraus resultierende Modell, welches in den 70er und 80er Jahren entwickelt wurde, soll erklären, weshalb manche Unternehmen einen höheren ROI haben als andere und wodurch der daran gemessene Unternehmenserfolg beeinflusst wird[30]. Maßgabe der Studie war es, ca. 80% der Unterschiede in den ROI-Werten zu erklären[31].
Die PIMS-Studie zeigt dabei deutlich, dass Unternehmen mit hohem Qualitätsniveau – welches langfristig nur über ein gutes QM erreicht werden kann – einen signifikant höheren ROI erzielen können[32]:
Abbildung 3: Erträge durch überlegene Qualität
[Quelle: Buzell/Gale: Das PIMS-Programm, 1989]
So weisen Unternehmen, welche über eine sehr hohe relative Qualität verfügen und den Mitbewerbern damit deutlich überlegen sind einen rund doppelt so hohen ROI auf wie Unternehmen, welche eine eher geringe relative Qualität erzielen. Auch der ROS steigt in ähnlichen Dimensionen mit zunehmender relativer Qualität.
Damit ist eindeutig belegt, dass Qualität und die damit verbundene Qualitätssicherung bzw. das Qualitätsmanagement nicht nur als Kostenstelle ohne Nutzen zu sehen ist, sondern über Effekte, welche die Verkaufabteilungen betreffen, auch den Erlös des Unternehmens positiv beeinflussen. Qualitätsmanagement ist somit ein Teil des Unternehmens und seiner Philosophie, welcher in die tägliche Arbeitsweise integriert sein muss, um erfolgreich zu sein.
Da ein Kunde jedoch nicht jeden Aufpreis akzeptieren wird und die meisten Märkte nicht monopolistisch geprägt sind, ist stets auf die Elastizität der Nachfrage zu achten[33]. Ist die Kundenbindung gut ausgeprägt, wird ein Kunde bei geringfügig erhöhten Preisen nicht zur Konkurrenz wechseln. Bei zu starken Aufschlägen greift jedoch das Kundenbindungsmanagement nicht mehr und der Kunde ist - zunächst - als verloren zu sehen. Eine Rückgewinnung ist i.d.R. aufwendig und teuer.
Somit ist durch das QM stets abzuwägen, ob der Zuwachs an gefühlter Qualität dem Kunden den Preisaufschlag wert ist. Auch eine gute Kommunikation des Qualitätszuwachses ist wichtig, da der Kunde sonst nur eine Erhöhung des Preises ohne Gegenleistung feststellt oder die Gegenleistung als zu gering einschätzt.
Die Integration und Überführung des QM in automatisches Handeln ist ein Ausbildungsbestandteil für dipl. Bankbetriebswirte, welcher sich besonders gut durch die Verknüpfung von theoretischem Wissen und praktischer Erfahrung anhand von Fallstudien verwirklichen lässt. Da Führungskräfte Multiplikatoren im Hinblick auf die Verinnerlichung des QM-Gedanken darstellen, ist hier ein idealer Ansatzpunkt geschaffen, um den Nutzengedanken sowie Methoden des QM zu vermitteln und anhand von realitätsnahen Fällen eine Umsetzungsmöglichkeit im Arbeitsalltag aufzuzeigen.
QM ist nicht nur notwendig, sondern auch äußerst wertvoll für das Unternehmen. Da dies schnell und gut belegbar kommuniziert werden kann, stellt sich die Frage, wie QM in der Ausbildung vermittelt werden kann. Zunächst bieten sich herkömmliche Methoden der Lehre an; hierzu sind Frontalunterricht, Selbststudium und klassische Gruppenarbeit zu zählen. Doch warum soll gerade im Managementstudium der Bankakademie die Fallstudienmethode als wichtige Ergänzung dienen?
Einfache Inhalte erfordern keine komplexen Methoden der Lehre. Grundkenntnisse können schnell und einfach vermittelt werden. Hierbei handelt es sich um Kenntnisse, welche auf Tatsachen beruhen und welche für Standardsituationen benötigt werden: Eröffnung eines Sparbuches, Verbuchung von Erträgen, Erfassen von Kennzahlen. Komplexe Situationen hingegen, welche auf vielen Einflussfaktoren beruhen und strategische Planungen beinhalten, erfordern kein einfaches Vorgehen nach „Schema F“, sondern ein strukturiertes, fast immer auch kreatives Denken. Probleme im Vertrieb z.B. beruhen häufig auf schlechtem QM; Kunden finden keine Kontinuität im Service, erhalten falsche Auskünfte, können sich nicht auf die Bank verlassen. Oberflächlich betrachtet könnte man dem Vertriebsmitarbeiter die Schuld zuweisen. Betrachtet man die Situation jedoch unter dem Gesichtspunkt des QM, so stellt sie sich komplexer dar. Um eine Lösung zu entwickeln ist eine globale Sichtweise notwendig. Strategien und Standards müssen entwickelt werden, Probleme und Störungen vermieden werden. Hierfür gibt es kein in jeder Situation einfach anzuwendendes Schema. Sicherlich lassen sich für einzelne Punkte Arbeitsschemen entwickeln, doch kann ein Verständnis für QM oft nur hervorgerufen werden, wenn der Student...