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Das erste 24-Stunden-Gebetshaus
Der erste Haltepunkt auf dieser Reise liegt etwa dreitausend Jahre vor unserer Zeit. Es war die Zeit, in der ein junger Mann namens David von Gott auserwählt wurde, um an die Stelle Sauls, des ersten Königs Israels zu treten, nachdem Gott diesen verworfen hatte.6 David war ein ungewöhnlicher und leidenschaftlicher Mensch. Sein Herz brannte lichterloh für Gott. In den überlieferten Liedern und Gebeten Davids kann man die Intensität seiner Liebe zu Gott geradezu spüren. Durch seine Hingabe an Gott, sein Gebetsleben, dem wir viele der Psalmen verdanken, aber auch durch seinen Mut und seine Demut zugleich, ist David ein großes Beispiel für eine Gottesbeziehung, die von Vertrautheit und Liebe geprägt ist. Sein Leben war voller Zuneigung und Hingabe, obwohl er auch große Schwächen hatte und dunkle Abgründe in sich trug, die ihn immer wieder in Sünde fallen ließen. Trotzdem wird er uns in der Bibel als jemand vorgestellt, über den Gott sagt: „Ich habe David gefunden, den Sohn Isais, einen Mann nach meinem Herzen, der meinen ganzen Willen tun wird“ (Apostelgeschichte 13,22).
Dieser Mann steht beispielhaft für die Art von Beziehung, die Gott sich zu uns Menschen wünscht, ein Leben, das durch Gebet geprägt ist. Der Ursprung des Wunsches nach nie mehr endendem Gebet liegt in einem brennenden Herzen, das sich nach Gott verzehrt. Das, was David vor mehr als dreitausend Jahren zum Gebet motivierte, lässt sich heute auch in vielen der Menschen finden, die sich in Gebetshäusern einbringen. Es ist die gleiche Sehnsucht und Leidenschaft, die den Wunsch entstehen lässt, Gott Tag und Nacht Anbetung und Gebet – also ungeteilte Aufmerksamkeit – zu schenken. David war zeit seines Lebens von diesem besonderen Verlangen getrieben, das er selbst so formuliert hat:
Eins habe ich vom Herrn erbeten, danach trachte ich: zu wohnen im Haus des Herrn alle Tage meines Lebens, um anzuschauen die Freundlichkeit des Herrn und nachzudenken in seinem Tempel.
PSALM 27,4
Davids Herzensanliegen, also die eine Sache, die für ihn über allem anderen stand, war die Sehnsucht nach Nähe zu seinem Gott. In diesem einen Vers definiert er nicht nur seine erste Priorität („eins“) und seine wichtigste Bitte („habe ich vom Herrn erbeten“), sondern beschreibt das, was er vor allem anderen tun möchte („danach trachte ich“). Nicht nur ist die Aussage des Psalmwortes an sich schon erstaunlich, sondern auch der historische Kontext, in dem David sie offenbar gemacht hat. Der Text zeigt, dass er sich zu der Zeit auf der Flucht vor Feinden befand, vermutlich spricht er von Saul (Vers 2, 3, 10, 12). David wäre demnach zu diesem Zeitpunkt bereits vom Propheten Samuel zum König gesalbt worden. Obwohl er von Feinden verfolgt wird, die ihm nach dem Leben trachten, und er zugleich das Wissen in sich trägt, dass er von Gott zum König seines Volkes auserwählt worden ist, überragt eine Sache die eminente Bedrohung seines Lebens genauso wie den Ausblick auf eine grandiose Zukunft: Das Wichtigste für David ist es, in Gottes Nähe zu sein. Er stellt weder seine Rettung noch seine Berufung als König von Israel in den Vordergrund seines Denkens und Handelns, sondern seine Sehnsucht nach Gott.
David ist der Inbegriff eines leidenschaftlichen Beters. In ihm vereinen sich ein gewaltiges Verlangen, das allein durch die direkte Begegnung mit Gott gestillt werden kann, das Bewusstsein der eigenen Zerbrochenheit und die daraus resultierende, völlige Abhängigkeit von Gottes Gnade. Über allem zeichnet ihn eine durch Liebe motivierte Hingabe aus, durch deren Kraft er in der Lage ist, Gott an die erste Stelle seines Lebens zu stellen. Auch diese Merkmale fallen mir immer wieder bei denjenigen auf, die ihre Zeit und ihre Gaben in ein Gebetshaus einbringen. Sie sind erfüllt von einem inneren Brennen, das der Hitze des Feuers in Davids Herzen gleicht. Ihr Beten entspringt an erster Stelle aus dem Verlangen, nah bei Gott zu sein und mit ihm zu kommunizieren. Davids außergewöhnliche Leidenschaft für Gott sollten wir im Blick behalten, wenn wir im Folgenden betrachten, wie er in späteren Jahren als König seiner Sehnsucht Ausdruck gibt.
In der von ihm eroberten und zur Hauptstadt seines Reiches erwählten Jebusiterstadt Jerusalem7 errichtete er das erste 24/7-Gebetshaus, dem später durch die Kirchengeschichte hindurch viele folgten. Bevor der König diesen Ort des kontinuierlichen Gebets schaffen konnte, musste er allerdings die Bundeslade nach Jerusalem überführen, die das Volk im Kampf gegen die Philister verloren hatte. Sie war der wichtigste religiöse Gegenstand Israels, denn Gott hatte zu Mose gesagt, dass er an dem Ort zwischen den beiden Cherubinen, die oben auf der Bundeslade angebracht waren, erscheinen und dort zu ihm sprechen werde.8
Nachdem die Bundeslade, begleitet von außergewöhnlichen Zeichen und Wundern, nach Jerusalem gebracht worden war, stellte sie David dort in ein Zelt, welches er extra für sie errichten ließ. Eigentlich verstieß er damit in mehrfacher Hinsicht gegen die Anweisungen, die Gott für die Aufbewahrung der Bundeslade gegeben hatte. Sie sollte im Heiligtum der Israeliten, das als „Zelt der Begegnung“ oder „Stiftshütte“ bekannt ist (siehe Anhang), ihren festen Standort haben. Doch David wollte einen neuen Ort für sie schaffen, an dem etwas zuvor nie Dagewesenes stattfinden würde: Gott sollte bei Tag und bei Nacht ohne Unterbrechung angebetet werden. Bisher existierten zwar Vorschriften für den Gottesdienst Israels, aber ein ununterbrochenes, musikalisches Beten gehörte nicht dazu. Es war David, der das Verlangen hatte, Gott ewigen Lobpreis zu schenken. Mit der sogenannten „Hütte Davids“ fing an, was später im Tempel Salomos über viele Jahre fortgeführt wurde. Insgesamt 4000 Musiker und 288 Sänger9 wurden angestellt, um für die ununterbrochene Anbetung zu sorgen.
Weil die „Hütte Davids“ der Ursprung und das biblische Modell für die 24/7-Gebetshäuser ist, möchte ich sie und ihre Geschichte im folgenden Abschnitt genauer betrachten.
Mein Vater David hatte schon lange einen großen Wunsch: Er wollte dem Herrn, dem Gott Israels, einen Tempel bauen.
1. KÖNIGE 8,17 (HFA)
Obwohl die Idee des ununterbrochenen Lobgesangs im Herzen Davids entstanden ist, ist er doch nicht der eigentliche Urheber dieses Gedankens, vielmehr entspringt dieser einem Geschehen, welches es im Himmel in Ewigkeit geben wird. Vielleicht hat David, der im Neuen Testament als Prophet bezeichnet wird10, in seinem Geist einen Blick in die himmlische Realität geworfen und konnte nicht anders, als ein irdisches Pendant zu schaffen. Eines Tages sprang wohl ein Funke auf Davids Herz über, in dem bereits so viel Zunder vorhanden war, dass der Funke ein gewaltiges Feuer entzündete, das niemals aufhörte, zu brennen. Der Hirtenjunge und spätere König liebte Gott so sehr, dass diese Liebe nicht von seinem Status abhängig war. Er wurde nicht erst zum Liebhaber Gottes, nachdem er für ihn und das Volk Israel völlig überraschend durch den Propheten Samuel zum König gesalbt worden war. Soweit wir es aus den biblischen Berichten und den von David verfassten Psalmen herauslesen können, war er ein Mensch, der Gott mit jeder Faser seines Seins liebte. Davids Liebe, die er ihm entgegenbetete und -sang, berührte Gott mehr als seine Leistungen und wog schwerer als seine Sünden. Deshalb ist er zu einem „Mann nach dem Herzen Gottes“ (1. Samuel 13,14) geworden, ein Mensch, den Gott seinen Freund nennt.
David ist der Archetyp des (An-)Beters. Die folgende Geschichte gewährt uns einen Blick in sein Herz und zeigt, wie Gott darauf reagiert hat. Wenn ich einen Schluss aus der Geschichte der „Hütte Davids“ ziehen kann, dann den, dass Gott auf das kontinuierliche Gebet eines in Gott verliebten Menschen hin nicht anders kann, als die Welt zu bewegen und Segen im Übermaß auszugießen. In unserer Zeit sehen wir, wie Frauen und Männer mit einem Herzen und Glauben wie David auf der ganzen Welt sichtbar werden. Oft sind sie es, die wie der israelitische König damals den Ruf Gottes hören, ein Gebetshaus zu gründen oder sich einem bestehenden anzuschließen. Die große Liebesgeschichte zwischen Mensch und Gott, wie sie uns die Bibel am Beispiel von David erzählt, wiederholt sich in diesen Tagen tausendfach. Wir erleben das Erwecken einer „davidischen Generation“, die das Potenzial hat, die Welt zu verändern und die Kirche neu zu beleben. Sie kann uns zurückführen zu dem, was die Bibel als „erste Liebe“ beschreibt.
Die nähere Betrachtung der Geschichte rund um die „Hütte Davids“ zeigt, warum Gott sowohl im Alten als auch im Neuen Testament durch seinen Geist davon spricht, „die Hütte Davids“ wieder aufzurichten.11 Die Zusammenfassung der damaligen Ereignisse legt Zeugnis davon ab, wie an diesem heute kaum mehr bekannten Ort der Anbetung etwas begann, das noch immer die Kraft besitzt, die Schönheit Gottes in einer Welt offenbar zu machen, die sich immer weiter von ihm entfernt. Was sich dort ereignet hat, soll wieder geschehen. Eine Herzensmotivation, wie sie David antrieb, den Dienst der kontinuierlichen Anbetung aufzurichten, und Werte, wie er sie in seinem Inneren trug, gehören auch in unserer Zeit zu den Voraussetzungen für die alles verändernde Erweckung, die wir für unsere Länder ersehnen. Deshalb baut Gott diese „Hütte“ wieder auf und stellt die sogenannten „Ordnungen Davids“ wieder her, von denen im Folgenden noch die Rede sein wird und deren Berücksichtigung erstaunliche Ergebnisse nach sich...