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Die Gesetze des Menu

AutorMenu
VerlagHenricus - Edition Deutsche Klassik
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl467 Seiten
ISBN9783847813880
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis2,99 EUR
Hindu Gesetzbuch oder Menu's Verordnungen nach Cullucas Erläuterung, ein Inbegriff des Indischen Systems religiöser und bürgerlicher Pflichten. Aus der Sanscrit-Sprache wörtlich ins Englische übersetzt von Sir William Jones, und verteutschet nach der Calcuttischen Ausgabe, und mit einem Glossar und Anmerkungen begleitet, von Joh. Christ. Hüttner, Weimar: Verlag des Industrie-Comptoirs, 1797. Verfasst zwischen 200 v. Chr. und 200 n. Chr. Auch als »Gesetzbuch des Manu« oder »Manusmriti« bekannt. Hier in der Übersetzung aus dem Englischen von Joh. Christ. Hüttner.

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Leseprobe

Zweites Kapitel.

Ueber die Erziehung, oder die Priester-Classe und den ersten Stand.

1. Lernet das System der Pflichten kennen, welches von denen, die in den Vedas gelehrt sind, verehrt wird, und welches, als Mittel zur Glückseligkeit, den Herzen der Gerechten aufgedrückt ist, die immer von Haß und unordentlicher Neigung frey sind.

 

2. Selbstliebe ist kein löblicher Bewegungsgrund, aber Freyheit von Selbstliebe ist in dieser Welt nicht zu finden; auf Selbstliebe gründet sich das Studium der Schrift und die Ausübungen der darinn empfohlenen Handlungen.

 

3. Heftiges Verlangen zu handlen entspringt aus der Erwartung eines Vortheils; in dieser Erwartung werden Opfer vollzogen: die Vorschriften religiöser Strenge und Enthaltung von Sunde entstehen, wie bekannt, aus der Hoffnung einer Vergeltung.

 

4. Man sieht hienieden keine menschliche Handlung ohne Selbstliebe ausüben; der Mensch mag thun, was er will, er wird dazu durch einen Wunsch nach Belohnung angetrieben.

 

5. Wenn aber Jemand diese Pflichten unablässig, ohne Rücksicht auf den darauf folgenden Vortheil erfüllte, so würde er dereinst in den Stand der Unsterblichen treten, und schon in diesem Leben alle die tugendhaften Freuden genießen, die ihm seine Einbildungskraft nur immer eingeben könnte.

 

6. Die Wurzeln des Gesetzes sind der ganze Veda, die Verordnungen und tugendhaften Sitten derer, die ihn vollkommen verstehen, die uralten Gebräuche guter Menschen, und in ganz gleichgültigen Fällen, Gutbefinden.

 

7. Jedes Gesetz, das Menu irgend Jemanden vorgeschrieben hat, ist ausführlich im Veda aufgezeichnet, denn Er was vollkommen in göttlicher Wissenschaft.

 

8. Ein wahrhaft gelehrter Mann, der dieses vollständige System mit den Augen heiliger Weisheit betrachtet hat, wird unfehlbar alle Pflichten ausüben, deren Verordnung durch das Ansehn des Veda bestätigt ist.

 

9. Wahrlich der, welcher die Vorschriften, die im Sruti und Smriti enthalten sind, ausübt, wird sich Ruhm in diesem Leben und im künftigen unaussprechliche Glückseligkeit erwerben.

 

10. Durch Sruti, oder was von oben her gehört wurde, versteht man den Veda; und durch Smriti, oder was seit dem Anfange erinnerlich war, den Inbegrif der Gesetze: diese beyde müssen nicht durch heterodoxe Gründe bestritten werden, da aus diesen beyden das ganze Pflichtensystem hergeleitet wird.1

 

11. Wenn irgend ein Mann der drey höchsten Classen aus Vorliebe für häretische Bücher, diese zwey Quellen des Gesetzes mit Verachtung behandelt; so soll er als ein Atheist2 und Verächter der Offenbarung aus der Gesellschaft der Tugendhaften gestoßen werden.

 

12. Die Schrift, die Gesetzbücher, gutgeheißene Gebräuche, und, in allen gleichgültigen Fällen, Gutbefinden sind, nach der unzweydeutigen Erklärung der Weisen die vier Quellen der Gesetzkunde.3

 

13. Menschen, die nicht dem Wucher oder der Sinnlichkeit ergeben sind, finden hinlängliche Aufmunterung in der Kenntniß von dem was Rechtens ist; und für die, welche nach Kenntniß des Rechts streben, hat göttliche Offenbarung das höchste Ansehn.

 

14. Aber wenn sich zwey heilige Schriftstellern finden, die einen scheinbaren Widerspruch enthalten, so haben beyde Gesetz-Kraft: denn nach dem Ausspruche der Weisen sind beyde gültig und vereinbar.

 

15. So befinden sich im Veda folgende Stellen: »nach Aufgang der Sonne soll geopfert werden« und »vor Sonnen Aufgang« und »wenn weder Sonne noch Sterne sichtbar sind«: solchemnach kann man in irgend einem oder in jedem dieser Fälle opfern.

 

16. Derjenige, welcher von seinem Empfängnisse an, bis zum Scheiterhaufen4 sein Leben nach heiligen Aussprüchen einrichtet, hat ein ausdrückliches Recht dieses Gesetzbuch zu studieren; aber kein andrer ohne Ausnahme.

 

17. Zwischen den zwey göttlichen Flüssen Saraswati und Dhrishadwati liegt die Strecke Landes, welche die Weisen Brahmaverta benannt haben, weil sich die Götter oft dort aufhielten5.

 

18. Eine Sitte, welche sich durch uralte Ueberlieferung unter den vier reinen Classen und unter den gemischten aufbehalten hat, heißt gebilligter Gebrauch6.

 

19. Curucshetra, Matsya, Panchala, oder Canyacubja, und Surasena, oder Mathura bilden die Gegend, welche Brahmarshi genannt wird, und von Brahmaverta verschieden ist.

 

20. Von einem Brahminen, der in diesem Lande gebohren ist, sollen alle Menschen auf der Erde ihre verschiednen Gebräuche lernen.

 

21. Das Land, welches zwischen Himavat und Vindhya, gegen Morgen von Vinasana und gegen Abend von Prayaga, liegt, ist unter der Benennung Medhya-desa oder Mittel-Land berühmt.

 

22. Bis zum Ost-Meere und West-Meere zwischen den oben erwähnten Bergen erstreckt sich das Land welches die Weisen Ariaverta, oder bewohnt von angesehenen Männern, benannt haben.

 

23. Das Land welche der schwarze Antelop zur Weide sucht, wird für tüchtig zur Vollziehung der Opfer gehalten; aber das Land der Mlechhas, oder derer die barbarisch reden, ist davon weit unterschieden.

 

24. Die drey ersten Classen sollen unveränderlich in den vorerwähnten Ländern wohnen; aber ein Sudra, dem es an Lebensunterhalt fehlt, mag sich aufhalten wo es ihm gefällt.

 

25. So ist euch der Ursprung der Gesetze und die Erschaffung dieses Universums kürzlich verkündigt worden: vernehmt nun die Gesetze der verschiedenen Classen.

 

26. Gebräuche bey Empfängnissen und dergleichen, welche die Körper der drey Classen in diesem Leben reinigen und sie für das künftige fähig machen, müssen mit gehörigen Ceremonien, unter günstigen Umständen7, begangen werden.

 

27. Durch Spenden ins Feuer während der Mutter Schwangerschaft, durch heilige Gebräuche bey der Geburt ein Kindes, durch Abscheerung der Haupthaare desselben, so daß nur etwas davon stehen bleibt, und durch die Umbindung des Opfer-Bandes werden alle Saamen- und Bär-Mutter-Befleckungen der drey Classen gänzlich vertilgt8.

 

28. Das Studium des Veda, religiöse Beobachtungen, Spenden ins Feuer, die Ceremonie Traividia Opfer den Göttern und Manen dargebracht, Kinderzeugung, die fünf großen Sakramente, und feyerliche Opfer; alles das macht den menschlichen Körper eines göttlichen Zustandes empfänglich.

 

29. Bey der Geburt eines Knaben ist vor der Absonderung des Nabelstranges eine Ceremonie verordnet: man muß ihm, unter der Hersagung heiliger Schriftstellen, etwas Honig und gesäuberte Butter aus einem goldnen Löffel zu kosten geben.9

 

30. Am zehnten oder zwölften Tage nach der Geburt, oder an einem glücklichen Tage des Mondes, zu einer glücklichen Stunde und unter dem Einflusse eines Gestirns mit guten Eigenschaften, soll der Vater die Ceremonie der Nahmengebung verrichten, oder, im Falle er abwesend ist, verrichten lassen.

 

31. Der erste Theil in dem zusammengesetzten Nahmen eines Brahminen sollte Heiligkeit; in dem eines Cshatriya, Macht; in dem eines Vaisya, Reichthum; und in dem eines Sudra, Verachtung ausdrücken.

 

32. Der zweyte Theil in eines Priesters Nahmen soll Heil; in dem eines Kriegers Erhaltung; in dem eines Handelsmannes Nahrung; und in dem eines Dieners unterthänige Aufwartung bedeuten.

 

33. Weibernahmen sollten gefällig, sanft, leicht, die Einbildungskraft bezaubernd, guter Vorbedeutung, mit langen Selbstlautern schließend, und Segnungsworten ähnlich seyn.

 

34. Im vierten Monathe sollte das Kind aus dem Hause getragen werden, die Sonne zu sehen: im sechsten Monathe sollte man ihm Reiß zu essen geben; oder man mag so verfahren wie es nach dem Herkommen der Familie am zuträglichsten gehalten wird.

 

35. Auf Verordnung des Veda sollte die Ceremonie des Abscheerens der Haare gesetzmäßig von den drey ersten Classen, im ersten oder dritten Jahre nach der Geburt, vollzogen werden.10

 

36. Im achten Jahre nach der Empfängniß eines Brahminen, im elften nach der eines Cshatriya, und im zwölften nach der eines Vaisya soll der Vater dem Sohne das Unterscheidungszeichen seiner Classe feyerlich mittheilen.11

 

37. Wenn ein Brahmin oder dessen Vater für ihn in heiliger Kenntniß Fortschritte zu machen, wenn eine Cshatriya seine Macht auszubreiten, oder ein Vaisya in Handlungs-Geschäfte sich einzulassen wünscht, so kann jene Mittheilung, oder Einkleidung, im fünften, sechsten oder achten Jahren nach ihren verschiedenen Stufen geschehen.

 

38. Die Ceremonie der Einkleidung, welche durch die Gayatri geheiligt ist, muß bey einem Priester nicht über das sechzehnte Jahr, bey einem Krieger nicht über das zwey und zwanzigste, und bey einem Handelsmanne nicht über das vier und zwanzigste aufgeschoben werden.

 

39. Nach dieser Zeit werden alle Jünglinge der drey angeführten Classen,...

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