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Die Großstadt als Bürgerkommune

Eine Fallstudie über die Entwicklung des zivilgesellschaftlichen Engagements und der kommunalen Demokratie in der Freien Hansestadt Bremen

AutorRolf Prigge, Winfried Osthorst
VerlagKellner-Verlag
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl159 Seiten
ISBN9783939928164
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,49 EUR
Seit einigen Jahren versuchen immer mehr deutsche Kommunen, ihre Bürger/Innen verstärkt an kommunale Entscheidungen zu beteiligen und das bürgerschaftliche Engagement zu fördern. Die Studie setzt sich mit dem von der Freien Hansestadt Bremen formulierten Konzept der "Aktiven Bürgerstadt - Modernisierung des öffentlichen Sektors" auseinander. Damit wird erstmals exemplarisch die Umsetzung des Leitbildes der Bürgerkommune in einer Großstadt empirisch untersucht. Gegenstand der Untersuchung sind der gesellschaftliche und politische Kontext des Konzepts, die Leitbildkonstruktion, der Implementationsprozess, die bestehenden Projekte und Förderungsmaßnahmen sowie die Entwicklungschancen. Gefördert durch die Arbeitnehmerkammer Bremen.

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Leseprobe
3 BürgerInnen als KundInnen kommunaler Dienstleistungen (S. 60-62)

3.1 Dienstleistungsqualität als kommunales Entwicklungsziel

Die Entwicklung der Dienstleistungsqualität öffentlicher Einrichtungen ist ein zentrales Ziel der auf das Neue Steuerungsmodell ausgerichteten Verwaltungsmodernisierung der 90er-Jahre. Durch die Orientierung an privatwirtschaftlichen Organisationsmodellen sollen nicht nur Einsparungen erzielt und kommunale Einrichtungen auf Wettbewerbsbedingungen vorbereitet werden, sondern auch die Leistungen für die KundInnen und NutzerInnen verbessert werden. Eine verbesserte Außenwirkung dient dabei sowohl den einzelnen Einrichtungen als auch den Kommunen insgesamt als wichtige Legitimation für die von ihnen verfolgten Reformstrategien. Die Kommunen gehen hierbei davon aus, dass als Ergebnis der soziostrukturellen Veränderungen auch bei hoheitlichen Tätigkeiten hierarchische Umgangsformen unzeitgemäß wirken und die BürgerInnen die Angebote der kommunalen Einrichtungen zunehmend an den Standards ähnlich angelegter privater Dienstleistungsangebote messen. Während selbstständige Einrichtungen der kommunalen Daseinsvorsorge wie Bibliotheken, Volkshochschulen oder Schwimmbäder sich bereits seit längerem als Dienstleistungsanbieter verstehen und eigenständige Entwicklungsstrategien verfolgen, nehmen seit Mitte der 90er-Jahre auch die Kernbereiche der hoheitlichen Verwaltungen wahr, dass sie in Hinblick auf Erscheinungsform und Servicequalität insbesondere mit Banken und Versicherungen verglichen werden (Kahrs, Osthorst 2000).

Für den Bereich der Kernverwaltungen werden dabei insbesondere die folgenden Strategien und Instrumente diskutiert (Bogumil, Holtkamp 2002: 25 ff.):

• Bürgerämter als bürgernahe aufgabenintegrierende Anlaufstellen,

• Qualitäts- und Servicegarantien gegenüber den BürgerInnen und Nut zerInnen

• E-Government

• Kundenbeteiligung durch Kundenbefragungen und Beschwerdemanagement

Bremen legt im Rahmen des auf die Haushaltskonsolidierung ausgerichteten Programms „Neuordnung der Aufgabenwahrnehmung“ (Bremen 2001a) einen besonderen Schwerpunkt auf die Bereiche E-Government und aufgabenintegrierende bürgernahe Anlaufstellen (hierzu auch Perschau 2002: 12), die in Bremen als Lokale Dienstleistungszentren entwickelt und als Bürger- ServiceCenter bezeichnet werden.

Die Bereiche Qualitäts- und Servicegarantien sowie Kundenbeteiligung, die in besonderem Maße auf die überprüfbare Festlegung von Leistungsstandards gegenüber den KundInnen und eine Ausweitung von Transparenz gerichtet sind, haben dagegen als Entwicklungsziele im Reformkonzept der Stadt Bremen keine hervorgehobene Bedeutung.

Diese Ziele werden gegenwärtig in unterschiedlichem Ausmaß und in unterschiedlicher Form von einzelnen kommunalen Einrichtungen und einzelnen Dienststellen der Stadt Bremen – beispielsweise der Stadtbibliothek – als Teil ihrer Organisationsentwicklung verfolgt. Um eine übergreifende kundenorientierte Qualitätspolitik zu fördern, wäre hier die Entwicklung von einheitlichen Maßstäben in einer Kundencharta erforderlich, an der die dezentral betriebenen Projekte im Hinblick auf ihren Beitrag zu Verbesserungen bei Leistungserbringung, Servicequalität und Transparenz gemessen werden können.

Die im Rahmen der Bremer Reformstrategie bedeutsamen Projektbereiche E-Government und Entwicklung dezentraler Dienstleistungsangebote werden dabei als Neuordnung des Vertriebsbereichs der Stadt Bremen gesehen, die langfristig den Vertrieb der städtischen Leistungen ressortübergreifend bündeln und durch diese Spezialisierung auch Effizienzgewinne erzielen soll (Perschau 2002: 12). In den folgenden Abschnitten soll auf die genannten zwei Projektbereiche genauer eingegangen werden. Die mit der Dezentralisierung des Amtes für soziale Dienste verbundenen Veränderungen in der Betreuung von SozialhilfeempfängerInnen stellen gleichzeitig ein wesentliches Merkmal zur Verwirklichung des „aktivierenden Sozialstaates“ dar.

3.2 E-Government

Die Stadt Bremen hat sich in den vergangenen Jahren bei der Nutzung der Neuen Medien auf kundenorientierte Anwendungen konzentriert. Neben der Erweiterung von Informationsangeboten stand dabei die Entwicklung von öffentlichen Dienstleistungsangeboten im Internet im Vordergrund, die über internetbasierte Außendarstellungen deutlich hinaus gehen:

• Ab 1996 hat die Stadt Bremen unter www.bremen.de ein Stadtinformationssystem aufgebaut, das Informationen über private und öffentliche Einrichtungen zur Verfügung stellt und inzwischen (Ende 2002) über 23 Mio. Zugriffe verzeichnet hat.
Inhaltsverzeichnis
Inhalt6
1 Die Großstadt als Bürgerkommune?10
1.1 Projektauftrag10
1.2 Vorgehensweise12
1.3 Die Bürgerkommune als neues Leitbild der kommunalen Entwicklung14
1.4 Das Konzept „Aktive Bürgerstadt Bremen“24
1.5 Indikatoren für die Bewertung der Entwicklung der „Aktiven Bürgerstadt Bremen“27
2 Die Mitwirkung von BürgerInnen an der öffentlichen Aufgabenerfüllung30
2.1 Ehrenamt und Dritter Sektor im Wandel31
2.2 Entwicklung freiwilligen Engagements in Bremen39
2.3 Entwicklung und Förderung von Selbsthilfe-Aktivitäten in Bremen45
2.4 Die Förderung bürgerschaftlichen Engagements in der „Aktiven Bürgerstadt Bremen“51
2.5 Zwischenresümee58
3 BürgerInnen als KundInnen kommunaler Dienstleistungen61
3.1 Dienstleistungsqualität als kommunales Entwicklungsziel61
3.2 E-Government63
3.3 Entwicklung dezentraler Dienstleistungsangebote64
3.4 Beispiele aus öffentlichen Einrichtungen: Der „KundenDialog“ der Bremer Entsorgungsbetriebe74
3.5 Zwischenresümee76
4 Bürgerbeteiligung an politischen Prozessen – Die Entwicklung der kommunalen Demokratie78
4.1 Dimensionen kommunaler Demokratie in Bremen78
4.2 Empowerment und ungleiche Partizipationschancen82
4.3 Entwicklung der direkten Demokratie88
4.4 Beiräte als Stadtteilvertretungen95
4.5 Der Müll und die Stadt – Bürgerbeteiligung auf einem Politikfeld99
4.6 Der Lokale Agenda-21-Prozess in Bremen104
4.7 Zwischenresümee108
5 Bürgerbeteiligung an der Stadtentwicklung112
5.1 Stadtentwicklung zwischen Partizipation und Privatisierung112
5.2 Bürgerbeteiligung an Grundfragen der Stadtentwicklung und Großprojekten117
5.3 Bürgerbeteiligung an der Stadtteilentwicklung123
5.4 „Wohnen in Nachbarschaften“ – Bürgerbeteiligung in der Quartiersentwicklung128
5.5 Zwischenresümee133
6 Bremen auf dem Weg zur Bürgerkommune?136
6.1 Leitbildkonstruktion136
6.2 Implementationsprozess137
6.3 Zwischenbilanz144
6.4 Kompetenzzentrum für Bürgerbeteiligung der Arbeitnehmerkammer Bremen145
Literatur149

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