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E-Book

Die Heilkraft der Bewegung

Wie Sie Krankheiten besiegen und Ihr Leben verlängern

AutorJörg Blech
VerlagS. Fischer Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl272 Seiten
ISBN9783104030333
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Die Heilkraft der Bewegung - das Wundermittel der Medizin - jetzt mit neuem Vorwort Depressionen. Arthrose. Krebs. Diabetes. Rückenschmerzen. Chronische Müdigkeit. Osteoporose. Herzinfarkt - körperliche Bewegung hilft, Krankheiten zu besiegen. Der Bestsellerautor Jörg Blech präsentiert den Wendepunkt in der Medizin: Immer mehr klinische Studien weisen die Bewegung als verträgliches Heilmittel aus, das bessere Erfolge verzeichnet als Pillen und Apparatemedizin. Niemand muss Leistungssport treiben, um von der Heilkraft der Bewegung zu profitieren, denn bereits maßvolle Aktivität hält den Geist wach und verlängert das Leben. Und es ist nie zu spät - man kann in jedem Alter beginnen! Jörg Blechs Klassiker ?Heilen mit Bewegung? wurde in dieser Neuausgabe um ein neues Vorwort aktualisiert!

Seit seinem Enthüllungsbuch ?Die Krankheitserfinder? hat sich der studierte Biochemiker Jörg Blech als Autor etabliert, der den Dingen auf den Grund geht. Sein Buch löste eine bundesweite Debatte über das Ausufern der Medizin aus und stand auf Platz 1 der Bestsellerliste. Das Schreiben hat Jörg Blech an der Henri-Nannen-Journalistenschule in Hamburg gelernt. Er war Wissenschaftsredakteur der ?Zeit? und ist nunmehr Mitglied der SPIEGEL-Redaktion. Seine Bestseller ?Heillose Medizin? und ?Die Heilkraft der Bewegung? sowie sein zum Klassiker gewordener Erstling ?Das Leben auf dem Menschen? erscheinen im Fischer Taschenbuch.

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Leseprobe

Kapitel 2 Von den Gefahren, zu Bett zu gehen


Bettruhe ist häufig der erste Schritt einer medizinischen Behandlung. Einige von uns kennen das Ritual aus persönlicher Erfahrung. Kaum ist man in einem Krankenhaus aufgenommen, legt man die Straßenkleider ab, zieht Nachthemd oder Pyjama an und geht ins Bett. Die Bedeutung eines Hospitals spiegelt sich in der Bettenzahl wider. Die Schwere einer Krankheit bemisst sich nach der Zahl der im Bett verbrachten Tage. Und eine Ärztin oder einen Arzt beurteilen wir nach den Manieren am Krankenbett. Ein guter Doktor setzt sich auf die Bettkante und hört zu. Manche Mediziner haben heute keine Zeit mehr dafür.

Eine nur noch selten zu findende Dezenz am Bettrand legt der bärtige Doktor an den Tag, den Pablo Picasso vor mehr als 100 Jahren in seinem Bild »Wissenschaft und Barmherzigkeit« gemalt hat. Mit seiner Linken fühlt der Arzt den Puls seiner Patientin, drängt sich ihr aber nicht auf. Er vertritt die Wissenschaft. Auf der anderen Seite steht eine Ordensschwester. Sie wendet sich der im Bett liegenden, kranken Frau zu – und verkörpert die Barmherzigkeit. Für die Marburger Allgemeinärztin Annette Becker verbildlicht das Werk die Aspekte richtig verstandener Bettruhe. Schonung bedeute »mehr als nur die medizinisch verstandene Ruhigstellung, sondern auch Fürsorge, Behutsamkeit und Schutz einer durch Krankheit belasteten Person«.[33]

Eine besonders strenge und freilich nicht barmherzige Spielart der Bettruhe hat der Neurologe Silas Weir Mitchell (18291914) jenen Frauen und Männern angedeihen lassen, denen er eine Nervenschwäche (»Neurasthenie«) bescheinigte. Die Patienten wurden sechs bis acht Wochen ins Bett gesteckt, und manchen war es während dieser nur quälend langsam verrinnenden Zeit nicht einmal erlaubt, sich ohne fremde Hilfe zu drehen. Eine solche Ruhigstellung erfreute sich alsbald in der ganzen Medizin großer Beliebtheit, zumal für die Behandlung von Menschen, die als krankhaft hysterisch galten. Die im Bett festgehaltenen Seelen durften viele Wochen lang keinen Besuch empfangen und bekamen stets dieselbe Krankenschwester zu Gesicht, die sie massierte und wusch. Die eigenen Hände dafür zu verwenden war den Patienten untersagt. Als Diät wurden ihnen besonders fette Milchprodukte verabreicht. Aus den Krankenlagern des Doktors Mitchell werden bemerkenswerte Genesungen berichtet: Als der Arzt seine Patienten nach wochenlanger Abschirmung bat, sich wieder ganz normal in das Alltagsleben zu integrieren, flohen diese mehr als bereitwillig aus den Betten.

Der Internist Richard Asher (19121969), der am Central Middlesex Hospital in England Dienst tat, entdeckte eines Tages auf der Station eine Dame, die bereits 17 Jahre lang im Bett lag. Die einst wegen nervöser Erschöpfung eingewiesene Frau war offenbar vergessen worden, hatte sich aber in das Dasein im Liegen gefügt. »Sie hat diesen bemerkenswerten Winterschlaf ohne großen Schaden überlebt«, berichtete Asher im British Medical Journal, »und obwohl sie zunächst entsetzt war, als ich sie zum Aufstehen aufforderte, wurde sie ein völlig anderer Mensch, als sie ambulant betreut wurde.«[34]

Menschen zur Bettruhe zu verdammen war schon immer ein Mittel ärztlicher Macht. Als Hans Castorp im Internationalen Sanatorium Berghof anlangt, erfährt er das am eigenen Leib. »Sie gehen nun erst einmal in die Klappe, Castorp; wir müssen sehen, ob wir Sie durch ein paar Wochen Bettruhe nüchtern kriegen«, weist ihn der Hofrat Behrens in Thomas Manns Roman Der Zauberberg zurecht. »Als ob Stillgelegen nicht ein ebenso gutes Kommando wäre wie Stillgestanden!«[35]

Der französische Schriftsteller Jules Romains wiederum erzählt in dem Dreiakter »Knock oder Der Triumph der Medizin« die Geschichte des Landarztes Knock, der ein ganzes Bergdorf in ein Lazarett verwandelt, indem er den Bewohnern absonderliche Leiden andichtet. Seiner ersten Patientin gibt dieser Krankheitserfinder Folgendes auf: »Wenn Sie zu Hause sind, gehen Sie gleich zu Bett. Am besten in einem Zimmer, wo Sie so weit wie möglich ungestört liegen. Schließen Sie die Vorhänge und Jalousien, damit Sie das Licht nicht irritiert. Vermeiden Sie jeden Kontakt.« Eine ganze Woche müsse die Frau so ausharren, gebietet Dr. Knock, dann werde man sehen. »Wenn Sie sich gestärkt fühlen, wenn Kraft und Zuversicht sich wieder eingestellt haben, ist die Krankheit weniger schlimm als befürchtet, und ich werde der Erste sein, der Entwarnung gibt. Wenn Sie allerdings weiterhin allgemeine Müdigkeit und einen schweren Kopf verspüren, wenn Sie Mühe haben aufzustehen, dann sollten wir keine Minute verlieren und mit der Behandlung beginnen.«[36]

Im weiteren Verlauf der Komödie wird die Dame ein Fall für die Medizin – und die Forschung im echten Leben erklärt, warum das so kommen muss: Schon nach wenigen Tagen im Bett schrumpfen die Muskeln, und im Körper nehmen ungute Prozesse ihren Lauf. Diese Folgen der Schonung können der Gesundheit stärker abträglich sein als jene Beschwerden, derentwegen man ins Bett befohlen wurde. Die Bettruhe ist längst nicht so harmlos, wie der großzügige Umgang damit vermuten lässt.

»Bettruhe – eine potentiell gefährliche Behandlung, die einer vorsichtigeren Bewertung bedarf« überschrieben vor einiger Zeit australische Ärzte ihren Aufsatz im Fachblatt The Lancet.[37] Für ihre Übersichtsarbeit haben sie die medizinische Literatur gesichtet und nach Studien gesucht, in denen der Nutzen von Schonung erforscht worden war. Die Analyse von 24 Studien zur Bettruhe nach Operationen ergab: Bei keiner der Eingriffsarten verbesserte sich der Zustand der Patienten deutlich; in acht Fallreihen indessen wurde er schlechter – etwa nach Herzkatheter-Eingriffen, Entnahmen von Rückenmarkflüssigkeit per Hohlnadel (Lumbalpunktionen) oder Spinal-Anästhesie.

Es gab 15 Studien, in denen Bettruhe direkt als vermeintliche Therapie gegen eine Erkrankung eingesetzt wurde – hier fiel das Ergebnis noch ernüchternder aus: Richtig besser ging es dadurch keinem Einzigen; aber bei neun Diagnosen waren die Patienten deutlich schlechter dran. Das Liegen verschlimmerte die Beschwerden jener Menschen mit akuten Rückenschmerzen, akuter Hepatitis, Schwangerschaftsbluthochdruck, unkompliziertem Herzinfarkt oder Lungentuberkulose. Auch hochschwangeren Frauen bringt Bettruhe demnach keinen Vorteil.

Die Autoren des Übersichtsartikels wundern sich, warum große Teile der Ärzteschaft dennoch unverdrossen am Ritual der Ruhigstellung festhalten. Die von ihm ausgewerteten Bettruhestudien waren schließlich seit längerem veröffentlicht gewesen. »Die Vorstellung von Bettruhe scheint so eingeführt, dass die medizinische Praxis sich schwertut, etwas zu ändern, obwohl sie mit der Wirkungslosigkeit der Maßnahme konfrontiert wird.«

Besonders gravierend sind die Folgen für ältere Patienten, haben Forscher der Yale University (US-Bundesstaat Connecticut) in einer Studie nachgewiesen. Nach vier Wochen im Krankenhaus ist für einen 70 Jahre alten Menschen das Risiko, seine Selbständigkeit zu verlieren, um das Sechzigfache erhöht.[38] Der Zustand vieler Menschen verschlechtert sich im Krankenhaus so stark, dass manche von ihnen von hier aus direkt in ein Altenheim verlegt werden müssen. Angelika Zegelin von der Universität Witten/Herdecke gehört zu den wenigen Forscherinnen, die das Phänomen der Bettlägerigkeit erforschen. Sie hat zwölf Männer und 20 Frauen im Alter von 62 bis 98 Jahren befragt. Diese waren alle bei hellwachem Verstand, aber zum Teil schon seit vier Jahren bettlägerig – wie war es so weit gekommen?

Der Studie zufolge entwickelt sich die Bettlägerigkeit in fünf Stufen.[39] Das Unheil nimmt seinen Lauf in einer oftmals jahrelangen Phase der Instabilität. Die Menschen, eigentlich gesund, bewegen sich kaum – und stellen damit eine Weiche, dass sie dereinst im Altenheim gepflegt werden müssen. Eine Stichprobe unter 50 Bewohnern eines deutschen Altenheims ergab: 75 Prozent von ihnen berichteten, noch nie in ihrem Leben Sport getrieben zu haben.[40]

In aller Regel lässt dann ein plötzlich auftretendes Ereignis einen untätigen Menschen zu einem Bettlägerigen werden. Das kann ein Sturz sein oder auch die bloße Furcht davor, zu fallen. Aber häufig war der bloße Aufenthalt in einem Hospital der entscheidende Auslöser für den körperlichen Niedergang. Mehrere der befragten Frauen und Männer »sind im Krankenhaus einfach im Bett geblieben, schon nach einer Woche waren sie unfähig, aufzustehen«.[41]

Nun sind die betroffenen Menschen in der dritten Phase: in der Immobilität. Inzwischen werden sie zu Hause gepflegt oder bewohnen ein Zimmer in einem Heim. Die meiste Zeit des Tages verbringen sie im Sitzen oder Liegen, sie gehen nur noch wenige Schritte. Jetzt wäre Bewegung genau das Richtige – doch fehlt dafür meist die Zeit. Einer Studie der Universität Paderborn zufolge ist »Bewegungsmangel im Altenheim weit verbreitet«. Von knapp 70 befragten Heimbewohnern bewegten sich 66 Prozent weniger als zwei Stunden in der Woche, ein Drittel war sogar vollkommen inaktiv. Aus Rücksichtnahme auf das...

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