Teil 1:
Die Prüfpunkte – worauf es ankommt
Eigentlich sollte die Entscheidung für die richtige Rechtsform nicht schwer fallen, denn das Angebot ist begrenzt. Die Auswahl reduziert sich weiter durch die Vorgabe, ob solo oder im Ensemble gearbeitet werden soll. Was dann übrig bleibt, weist häufig recht markante Unterschiede auf, die eine schnelle Wahl erleichtern – so sieht es wenigstens auf den ersten Blick aus. Tatsächlich verlieren diese Merkmale bei genauerem Hinsehen oft ihre scharfen Konturen.
Nehmen wir als Beispiel die Haftungsbeschränkung der GmbH: Sie bietet dem GmbH-Unternehmer keineswegs Rundumschutz gegen alle Haftungsmöglichkeiten. Trotzdem gibt sie bei manchen Risiken brauchbare Sicherheit, man muss nur wissen bei welchen.
Noch schlimmer sieht es mit den Steuern aus, für viele das Entscheidungskriterium Nummer eins. Weil die Unternehmensbesteuerung von der Rechtsform abhängt, aber trotzdem ein gewisser Ausgleich geschaffen werden soll, haben wir als Ergebnis ein Durcheinander, bei dem die Birne für die eine Rechtsform gerechtigkeitshalber bei der anderen durch einen Apfel ausgeglichen wird. Beide lassen sich bekanntlich sehr schlecht vergleichen. Konkret heißt das: Ohne präzise Rechnerei im Einzelfall – und das bedeutet praktisch meist: ohne Steuerexperten – lassen sich hier nur Eckwerte nennen. Beim steuerlichen Vergleich der GmbH mit anderen Rechtsformen zum Beispiel kann es in bestimmten Konstellationen passieren, dass, abhängig von der Höhe des Unternehmensgewinns, mal der eine Konkurrent die Nase vorn hat, mal der andere. Ob die Unternehmenssteuerreform, die derzeit ausgebrütet wird, an diesem Problem wirklich etwas ändert, bleibt abzuwarten.
Auch abgesehen davon, dass das jeweilige steuerliche Optimum schon deswegen schwer zu erreichen ist, weil die ständigen Änderungen der Steuergesetze laufende Korrekturen der Rechtsform verlangen würden, empfiehlt es sich, die anderen Gesichtspunkte nicht unterzubewerten. Das rechtliche Gewand für das Unternehmen muss auch dem Unternehmer persönlich passen – jedenfalls solange es die Größe des Unternehmens noch nicht erlaubt, die Rechtsformverwaltung an Spezialisten zu delegieren.
Dies alles hat zur Konsequenz, dass eine Entscheidung nur aufgrund einer persönlichen Prioritätenliste gefunden werden kann.
Damit Sie eine solche erstellen können, informiert dieses Kapitel über alle wesentlichen Gesichtspunkte, die für die Entscheidung über die Rechtsform interessant sein können, und darüber, ob, warum und für wen sie eine Rolle spielen.
Für wen kommt die Rechtsform in Frage?
Nicht alle Rechtsformen stehen allen Berufen offen. Eine OHG kann nur für ein Handelsgewerbe gegründet werden, nicht für eine freiberufliche Tätigkeit, ein Kaufmann andererseits kann sein Unternehmen nicht als GbR führen und die Partnerschaft ist den freien Berufen reserviert. Es ist deshalb wichtig zu wissen, welche Tätigkeiten diesen Gruppen zugerechnet werden. Besonders für die Besteuerung kommt es außerdem oft darauf an, ob jemand „selbstständig tätig“ ist.
Wer ist Freiberufler?
Die Beantwortung dieser Frage hat der Gesetzgeber ausnahmsweise einmal leicht gemacht. Er gibt in § 1 Partnerschaftsgesellschaftsgesetz Auskunft, wer dazugehört. Das sind die Angehörigen folgender Berufe, vorausgesetzt, sie sind selbstständig tätig: Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Heilpraktiker, Krankengymnasten, Hebammen, Heilmasseure, Diplom-Psychologen, Mitglieder der Rechtsanwaltskammern, Patentanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratende Volks- und Betriebswirte, vereidigte Buchprüfer (vereidigte Buchrevisoren), Steuerbevollmächtigte, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Lotsen, hauptberufliche Sachverständige, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer und ähnliche Berufe sowie Wissenschaftler, Künstler, Schriftsteller, Lehrer und Erzieher.
Wer ist selbstständig tätig?
Das sind in erster Linie die Freiberufler, es gibt aber auch andere Tätigkeiten, die dazugerechnet werden, etwa die des Testamentsvollstreckers, des Vermögensverwalters oder des Auktionators.
Wer ist Gewerbetreibender?
Gewerbetreibender im Sinne des Handelsrechts (nicht unbedingt des Steuerrechts) ist, wer als Selbstständiger seine Brötchen verdient, ohne freiberuflich tätig zu sein. Die Rechtsformen OHG und KG können nur Gewerbetreibende wählen und nur sie haben die Möglichkeit (oder Pflicht), sich als Kaufmann ins Handelsregister eintragen zu lassen.
Für wen gilt das Handelsrecht?
Es hat weit reichende Konsequenzen, wenn der Unternehmer als Kaufmann gilt und damit unter das Handelsrecht fällt: Sein Unternehmen wird ins Handelsregister eingetragen. Auf allen Geschäftsbriefen muss das Unternehmen neben der Firma, also dem offiziellen Namen, die Rechtsform, den Sitz und die Registernummer angeben. Das kann durchaus erwünscht sein, gibt es doch dem Unternehmen einen seriösen Anstrich. Schwerwiegender und manchmal auch lästiger ist die Pflicht, die Bücher nach HGB-Regeln zu führen. Da genügt die schlichte Gewinn-und-Verlust-Rechnung nicht mehr. Die Verletzung dieser Pflicht ist sogar strafbar, wenn es zur Insolvenz kommt.
Auch sonst gelten für Kaufleute oft Sonderbestimmungen. So wird ihnen mehr wirtschaftliche Selbstverantwortung abverlangt als gewöhnlichen Sterblichen. Viele Verbraucherschutzbestimmungen wie etwa die Regeln über Haustürgeschäfte oder Verbraucherkredite helfen ihnen nicht. Bürgschaften können sie auch mündlich wirksam abgeben. Der Normalbürger muss das schriftlich tun, was – so stellt sich das Gesetz das wenigstens vor – einen gewissen Schutz vor übereilten Entscheidungen gibt.
Für die Beantwortung der Frage, wer Kaufmann ist, gelten folgende Regeln:
- Sie betreffen bei Einzelunternehmern nur Gewerbetreibende. Diese sind grundsätzlich Kaufleute, es sei denn, ihr Unternehmen erfordert nicht „nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb“. Im Klartext: Wer sehr einfach strukturierte und überschaubare Geschäftsbeziehungen hat, ist auch bei hohem Umsatz kein Kaufmann, ebenso wie ausgesprochenes Kleingewerbe. Schon ein Lebensmittelhändler wird wegen der großen Zahl von Waren und Lieferanten meist Kaufmann sein. Diese Unternehmer sind Kaufleute, egal, ob sie im Handelsregister stehen oder nicht. Sie sind allerdings verpflichtet, sich dort eintragen zu lassen.
- Kleingewerbetreibende (nicht aber Freiberufler) haben die Wahl, ob sie sich als Kaufmann ins Handelsregister eintragen lassen. Überlegen sie es sich anders, können sie die Eintragung auch wieder streichen lassen. Solange sie allerdings im Register stehen, sind sie Kaufleute mit allen Rechten und Pflichten.
- Sonderbestimmungen gelten für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft. Sie müssen sich auch dann nicht eintragen lassen, wenn sie die entsprechende Betriebsgröße haben. Sie dürfen aber. Dann kommen sie vom Kaufmannsstatus aber nur noch los, wenn das Unternehmen so weit geschrumpft ist, dass es keinen „in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb“ mehr benötigt. Kleinbetriebe können sich nicht eintragen lassen.
- OHG und KG sind den Kaufleuten vorbehalten, für Freiberufler also tabu. Neu ist hier die Möglichkeit für Kleingewerbetreibende, eine OHG oder KG zu gründen. Bisher gab es für sie nur die GbR.
- Wichtig ist, dass GmbH und AG per se als Kaufleute gelten, egal, womit sie sich befassen. Das gilt auch für Freiberufler-Gesellschaften.
Wie sieht es mit der Haftung aus?
Eine der wichtigsten Fragen bei der Wahl einer Rechtsform ist, ob und wie weit sie den Unternehmer vor persönlicher Haftung schützt. Um dies beantworten zu können, muss zwischen den verschiedenen Haftungsrisiken unterschieden werden, denn zum einen gelten für sie unterschiedliche Regeln, zum anderen hat jede Unternehmensart ihre spezifische Risikokombination. Die wichtigsten Haftungsrisiken sollen kurz vorgestellt werden, damit dem Kriterium Haftungsbegrenzung das angemessene Gewicht für die eigene Entscheidung zugeordnet werden kann.
Vertragshaftung...