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Die Päpste und ihre Maler

Von Raffael bis Tizian

AutorRoberto Zapperi
VerlagVerlag C.H.Beck
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl219 Seiten
ISBN9783406669774
FormatePUB/PDF
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Die Päpste der Renaissance pflegten ihre Beziehungen zu den großen Malern der Zeit besonders geflissentlich. Durch die Kunst wollten sie ihre politischen Ansprüche der Welt verkünden. Politik betrieben die Renaissancepäpste nicht nur im Namen der Kirche, sondern auch im Namen ihrer eigenen Familien. Sixtus IV., die Medici-Päpste Leo X. und Clemens VII., Paul III. Farnese - sie alle versuchten, Angehörige als Herrscher von Staaten und vor allem als ihre Nachfolger auf dem Thron Petri zu installieren. Diesen Ambitionen sollten auch die Bildnisse dienen, welche die Päpste bei Malern wie Raffael, Giorgio Vasari und Tizian in Auftrag gaben.Roberto Zapperi deckt die teils blutigen Machenschaften und die verborgenen Motive hinter diesen Bildnissen auf. Zugleich entlarvt er die Künstler, die diese Motive häufig unterliefen und in ihren Bildern die dunklen Seiten der Macht zum Vorschein brachten.

Roberto Zapperi lebt als Privatgelehrter in Rom. Er ist Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, war Fellow des Wissenschaftskollegs zu Berlin, Warburg-Professor in Hamburg und Gastprofessor an der ETH Zürich. Bei C.H.Beck sind von ihm u.a. erschienen: Das Inkognito. Goethes ganz andere Existenz in Rom (42002, bsr 2010), Abschied von Mona Lisa. Das berühmteste Gemälde der Welt wird enträtselt (2010), Eine italienische Kindheit (2011) und Alle Wege führen nach Rom. Die ewige Stadt und ihre Besucher (2013).

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2

Sixtus IV. und seine Familie: Die Della Rovere und die Riario


FRANCESCO DE RUVERE, der spätere Papst Sixtus IV., wurde 1414 als Sohn des Leonardo de Ruvere und der Luchina Monleone in Albissola, einem Vorort von Savona, geboren. Der Vater war Tuchscherer, das heißt, er schnitt die heraushängenden Fäden von Wolltuchen ab, um diese zu glätten. Um sein Handwerk ausüben zu können, hatte er sich in die Wollzunft eingeschrieben und beteiligte sich als Zunftmitglied an der Regierung der Stadt, der er dreimal angehörte. Seine gesellschaftliche und materielle Stellung war deshalb recht ansehnlich – immerhin war er in der Lage, ein Grab für sich und seine Frau im Innenhof des Franziskanerklosters in Savona zu erwerben. Luchina Monteleone stammte wahrscheinlich aus dem gleichen Handwerkermilieu wie er selbst. Neben Francesco hatte das Paar noch mehrere andere Kinder. Von Niccolò ist nur der Name bekannt, von Raffaele weiß man lediglich, dass er 1477 in Rom starb. Sein Sohn Giuliano ließ ihm von dem bekannten Bildhauer Andrea Bregno ein Grabmal in der römischen Kirche Santi Apostoli errichten.

Im Alter von neun Jahren, 1423 also, wurde Francesco vom Vater dem Franziskaner Giovanni Pinarolo anvertraut, der ihn auf das Klosterleben im Konvent von Savona vorbereitete. Francesco erhielt seine erste Ausbildung in Pinerolo und studierte danach Philosophie und Theologie an den Universitäten Bologna und Padua. 1444 erwarb er in Padua den Doktortitel und lehrte in den folgenden Jahren an den Universitäten in Padua, Bologna, Pavia, Siena, Florenz und Perugia. 1460 wurde er zum Ordensgeneral gewählt und am 18. September 1467 von Papst Paul II., Pietro Barbo mit weltlichem Namen, zum Kardinal erhoben. Am 15. November kam er nach Rom, um den roten Kardinalshut in Empfang und seine Titelkirche San Pietro in Vincoli in Besitz zu nehmen.

Kurz nach seiner Ernennung zum Kardinal schrieb Francesco Della Rovere am 18. Mai 1468 einen Brief an Cristoforo Della Rovere aus dem Geschlecht der Herren von Vinovo in Piemont. Darin drückte er ihm große Zuneigung und Wertschätzung aus und wandte sich an ihn wie an einen Verwandten. Eine Verwandtschaft zwischen den Handwerkern aus Savona und den piemontesischen Adligen ist jedoch nirgendwo bezeugt. Gemeinsam war ihnen nur der Name, wie der römische Chronist Jacopo Gherardi in seinem «Diario Romano» unmissverständlich vermerkte: «nulla tamen cognatione pontificem tangens, solo cognomine Ruvereo» – durch keine Verwandtschaft, nur durch den Familiennamen mit dem Papst verbunden. Während seiner kurzen Zeit als Kardinal beschäftigte sich Francesco Della Rovere vor allem mit theologischen Studien und Kontroversen, bis er am 9. August 1471 zum Papst gewählt wurde. Seine Wahl verdankte er nicht zuletzt Fra Pietro Riario, dem es gelang, die in Rom anwesenden Diplomaten des Herzogs von Mailand, Galeazzo Maria Sforza, davon zu überzeugen, dass Della Rovere der richtige Kandidat sei. Dieser nahm den Namen Sixtus IV. an und ernannte schon wenige Monate nach seiner Wahl am 15. Dezember 1471 zwei Neffen – für solche werden sie jedenfalls in der Forschung meist gehalten – zu Kardinälen. Es waren Giuliano Della Rovere und Pietro Riario.

Schon zuvor hatte Sixtus Cristoforo Della Rovere bedacht, indem er ihn am 19. Oktober 1471 zum Kastellan der Engelsburg ernannt hatte. Der piemontesische Adlige lag ihm so sehr am Herzen, dass er ihn am 3. August 1472 zum Erzbischof von Tarentaise und am 10. Dezember 1477 sogar zum Kardinal erhob. Cristoforo starb jedoch schon am 1. Februar 1478. Sein Bruder Domenico, der 1465 oder 1466 seinen Wohnsitz nach Rom verlegt hatte, war von Sixtus IV. bereits protegiert worden, als dieser noch Kardinal war. Als Papst überhäufte Sixtus ihn wie Cristoforo mit Pfründen und übertrug ihm nach dessen Tod schon am 10. Februar 1478 das Erzbistum Tarentaise und die Kardinalswürde. Außerdem verlieh er ihm am 24. August 1478 das Bistum Corneto und Montefiascone und am 19. Juli 1482 das Bistum Genf, das Domenico aber sofort gegen das Bistum Turin eintauschte. Es blieb nicht aus, dass die blitzartige kirchliche Karriere der beiden Brüder die zeitgenössischen Beobachter verwunderte. Von diesen geißelte der Chronist Jacopo Gherardi den Papst besonders heftig und warf ihm vor, zur Nobilitierung seiner Familie die höchsten Ämter der Kirche Christi zu verteilen, ohne den Glauben, die theologische Bildung und die kirchliche Eignung seiner angeblichen Verwandten in Betracht zu ziehen. Es war allgemein bekannt, dass die piemontesischen Della Rovere von theologischen Doktrinen und kirchlichen Gebräuchen nicht die geringste Ahnung hatten.

Schon Bartolomeo Sacchi, genannt Platina, der offizielle Geschichtsschreiber Sixtus’ IV., hielt Pietro Riario für einen Neffen des Papstes. Ihm folgten die modernen Historiker Ludwig von Pastor und Christine Shaw, die Bianca, eine Schwester Sixtus’ IV., als Mutter Pietros und seines Bruders Girolamo bezeichneten. In Wahrheit hatte Pietros Vater Paolo Riario jedoch eine Bianca Becala (auch «Becalla» in den zeitgenössischen Dokumenten) geheiratet. Die Becala waren Savoner Notabeln, von denen besonders Giovanni, Bartolomeo und Paolo in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts zahlreiche Ämter in der Stadtregierung bekleideten. Der einzige wahre Neffe des Papstes war also Giuliano Della Rovere. Dies geht auch aus einigen glaubwürdigen Quellen hervor. So schrieb am 13. Dezember 1471 der Mantuaner Agent Bonatto seinem Herrn, dass der Papst beabsichtige, zwei Kardinäle zu ernennen, «die entweder mit ihm verwandt oder aus seiner Heimat sind»; einer sei sein Neffe, der andere sein Schüler. Diese Aussage wird auch von einigen Chroniken bestätigt. Die wichtigste ist die des Leone Cobelli, eines Chronisten, der in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Forlì lebte und ein Höfling von Pietro Riarios Bruder Girolamo, dem Herrn der Stadt, war. Er musste deshalb über dessen Familienverhältnisse gut unterrichtet sein, auch wenn sein Bericht nicht einer gewissen Parteilichkeit entbehrt, da er sich sicher auf Äußerungen von Riario selbst stützte. Dennoch ist sein Zeugnis als glaubhaft anzusehen. Cobellis Darstellung nach waren Pietro und Girolamo Söhne des Paolo Riario, eines Edelmanns aus Savona, mit dem ein junger Franziskaner namens Francesco Della Rovere, als er noch Student war, in einem sehr familiären und vertrauten Verhältnis gestanden habe. Riario habe ihn daher als Erzieher seiner Söhne ins Haus geholt, ihm ein Salär gegeben und ihn in allen seinen Bedürfnissen unterstützt. Bruder Francesco habe große Zuneigung zu Pietro gefasst, den er zum Eintritt in den Franziskanerorden bestimmt und in den theologischen Fächern unterrichtet habe. Als er schließlich Papst wurde, habe er Pietro zum Kardinal ernannt. Eine ähnliche Version findet sich in etwas knapperer Form auch in der Chronik des Römers Stefano Infessura, der über Pietro Riario schrieb: «(…) ein kleiner Frate, den er (Sixtus IV.) sich aufzog, als er Bruder des heiligen Franziskus war, Frate Pietro genannt und danach Kardinal von San Sisto.»

Pietro Riario wurde am 30. April 1445 in Savona geboren. Er entstammte einer alten Familie der Stadt, die hier wichtige Ämter bekleidete. Raffaele, Tommaso und Giovanni Riario gehörten zur Schicht der Wohlhabenden und zur Elite der Bürgerschaft in der Stadtregierung. Vom Ende des 14. bis in die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts hinein hatten Mitglieder der Familie zahlreiche diplomatische und administrative Ämter von Bedeutung inne. Ein gewisser Teramo Riario war sogar Militär und befehligte 1443 eine Truppe von nach Genua entsandten Soldaten. Der junge Pietro Riario gehörte tatsächlich als Franziskaner zum Gefolge des späteren Papstes, und kurz nach seiner Wahl überschüttete ihn Sixtus IV. mit Bistümern: Am 4. September 1471 wurde Riario zum Bischof von Treviso ernannt, am 24. September 1472 zum Bischof von Valence, am 23. November desselben Jahres zum Patriarchen von Konstantinopel, am 28. April 1473 zum Bischof von Spalato, am 25. Juni zum Erzbischof von Sevilla, am 20. Juli zum Erzbischof von Florenz und schließlich am 3. November auch noch zum Bischof von Mende. Außerdem verlieh der Papst ihm üppige Pensionen aus den Einkünften von drei weiteren Bistümern, die Riario nicht besaß; sie beliefen sich auf 200 Dukaten und 400 Fiorini. Am 24. Dezember 1473 erhielt er dazu noch in Kommende das Kloster Santa Cristina im Bistum Pavia. Alle diese kirchlichen Pfründen sicherten ihm nach den Berechnungen von Ludwig von Pastor, die auch Christine Shaw übernimmt, Einkünfte von 60.000 Fiorini.

Aufgrund dieser Geldschwemme führte Kardinal Riario in Rom ein überaus luxuriöses Leben, das die Phantasie der Zeitgenossen zutiefst beeindruckte. Es möge hier genügen, die Worte des Historikers Ferdinand Gregorovius wiederzugeben, mit denen er den Empfang Riarios für Eleonora d’ Aragona im Jahr 1473 beschreibt; die Tochter des neapolitanischen Königs machte damals auf der Reise von Neapel nach Ferrara zur Hochzeit mit Herzog Alfonso I. d’ Este in der ewigen Stadt Station. «Der Kardinalnepot», schreibt Gregorovius, «welcher eben erst die Botschafter Frankreichs mit sardanapalischer Pracht bewirtet hatte, gab ihr Wohnung in seinem Palast bei den Santi Apostoli. Der dortige Platz war mit Segeltuch...

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