Negative ausländische Betriebsstätteneinkünfte wirken sich grundsätzlich sowohl im Stammhaus- als auch im Quellenstaat aus. Die Verlustberücksichtigung auf Ebene der ausländischen Betriebsstätte ist dabei von der Berücksichtigung auf Ebene des Stammhauses unabhängig[25].
Im Außensteuerrecht des Quellenstaates bildet das Bestehen einer (gewerblichen) Betriebsstätte die Voraussetzung für die beschränkte Steuerpflicht (analog § 49 (1) Nr. 2a EStG i. V. m. § 1 (4) EStG bzw. § 2 Nr. 1 KStG) im Ausland und begründet, durch Anknüpfung an das Steuergut, das Besteuerungsrecht des Belegenheitsstaates[26]. Der Besteuerungsanspruch des Quellenstaates ist auf die aus der inländischen Quelle stammenden Einkünfte begrenzt und bildet zugleich die Grundlage für die Verlustberücksichtigung im Betriebsstättenstaat[27].
Die steuerliche Berücksichtigung von negativen Betriebsstätteneinkünften bestimmt sich im DBA- wie im Nicht-DBA-Fall nach den quellenstaatlichen Regelungen für den Verlustausgleich und den Verlustabzug[28]. Die Besteurungsvorschriften für beschränkt Steuerpflichtige orientieren sich dabei grundsätzlich an denen für unbeschränkt Steuerpflichtige[29].
Die deutschen Vorschriften sehen für beschränkt Steuerpflichtige grundsätzlich eine ebenso umfassende Verlustberücksichtigung wie für unbeschränkt Steuerpflichtige vor. Sofern die Verluste der Betriebsstätte nicht mit anderen positiven Einkünften im Quellenstaat ausgeglichen werden können (innerperiodischer Verlustausgleich), verbleibt der interperiodische Verlustabzug in Form des zeitlich unbegrenzten Verlustvor- und/oder des einjährigen Verlustrücktrags (§ 10d i. V. m. § 50 (1) S. 2 EStG)[30].
In den Steuerrechtsordnungen zahlreicher Quellenstaaten ist kein Verlustrücktrag[31] vorgesehen. Ein Verlustvortrag wird häufig nur zeitlich beschränkt gewährt[32] oder an die Erfüllung bestimmter (zusätzlicher) Voraussetzungen geknüpft[33] und so die interperiodische Verlustberücksichtigung im Quellenstaat eingeschränkt[34].
Eine unterschiedliche Behandlung des beschränkt Steuerpflichtigen bzw. dessen erlittener Betriebsstättenverluste gegenüber einem unbeschränkt Steuerpflichtigen kann im DBA-Fall gegen das Diskriminierungsverbot gem. Art. 24 (3) OECD-MA sowie, im Falle der Belegenheit der Betriebsstätte in einem EU-Staat, gegen die Grundfreiheiten des EGV verstoßen[35]. Nach Art. 24 (3) OECD-MA bzw. dem EGV dürfen im ausländischen Steuerrecht enthaltene Einschränkungen der Verlustverrechnung für beschränkt Steuerpflichtige nur insoweit angewendet werden, als sie auch für unbeschränkt Steuerpflichtige gelten[36].
Im Außensteuerrecht des Stammhausstaates entscheidet das Vorliegen einer ausländischen Betriebsstätte grundsätzlich über die Anwendbarkeit unilateraler Maßnahmen zur Vermeidung bzw. Verminderung der Doppelbesteuerung des im Inland unbeschränkt Steuerpflichtigen (§ 34c EStG, § 26 KStG)[37]. Bei Feststellung ausländischer Betriebsstättenverluste entfalten diese jedoch grundsätzlich keine Wirkung, da im Regelfall keine ausländischen Steuern erhoben werden[38].
Im Gegensatz zur Quellenbesteuerung knüpft das Besteuerungsrecht des Stammhausstaates an die Person des Steuerpflichtigen und leitet sich damit aus der Gebietszugehörigkeit des Stammhauses bzw. dessen Inhabers ab[39].
Im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht (§1 (1) EStG, § 1 KStG) umfasst der Besteuerungsanspruch im Stammhausstaat nach dem Grundsatz der Kapitalexportneutralität[40] sowohl die innerhalb, als auch die außerhalb des Hoheitsgebietes verwirklichten Steuertatbestände. Das Besteuerungsrecht des Stammhausstaates erstreckt sich damit auf die Erfassung des gesamten Welteinkommens[41].
Vom sog. Welteinkommensprinzip sind grundsätzlich alle positiven und negativen Einkünfte aus in- und ausländischen Quellen erfasst[42]. Daher sind bei unbeschränkt Steuerpflichtigen grundsätzlich auch aus ausländischen Quellen stammende negative Einkünfte bei der Ermittlung der inländischen Bemessungsgrundlage gemäß § 2 (3) EStG zu berücksichtigen (innerperiodischer Verlustausgleich)[43]. Übersteigen die Verluste der ausländischen Betriebsstätte die positiven Einkünfte des inländischen Stammhauses, ist grundsätzlich ein Verlustrücktrag bzw. -vortrag nach § 10d EStG möglich (interperiodischer Verlustabzug)[44].
Ausnahmen vom Welteinkommensprinzip ergeben sich einerseits aus dem seit 1983 geltenden Ausgleichsverbot für negative ausländische Einkünfte nach § 2a (1), (2) EStG, andererseits aus den Verteilungs- oder Vermeidungsnormen der DBA, die das Besteuerungsrecht an den jeweiligen Einkünften ausschließlich einem Vertragsstaat zuweisen (DBA-Freistellung i. S. v. Art. 23 A OECD-MA)[45]. Folge ist die Nichtberücksichtigung negativer ausländischer Einkünfte bei Ermittlung der nationalen Bemessungsgrundlage[46].
2.1 Passive Verluste i. S. v. § 2a EStG
Die Einführung dieser Vorschrift diente dazu, den Transport volkswirtschaftlich nicht sinnvoller Verluste ins Inland und damit eine Senkung der nationalen Einkommen- oder Körperschaftsteuerbelastung zu vermeiden[47]. Nach § 2a EStG können passive ausländische Verluste oder Gewinnminderungen grundsätzlich nicht mit inländischen Einkünften verrechnet werden und sind insoweit vom Welteinkommen auszunehmen[48].
2.1.1 Regelungstechnik
Nach der besonderen Regelungstechnik für negative Einkünfte einer im Ausland belegenen gewerblichen Betriebsstätte werden nach dem Regel-Ausnahme-Gegenausnahme-Prinzip zunächst alle negativen Einkünfte, die in ausländischen Betriebsstätten erzielt werden, als passiv und damit als nicht abzugsfähig eingestuft (§ 2a (1) S. 1 Nr. 2 EStG)[49].
Die Ausnahme des § 2a (2) S. 1 EStG (Produktivitätsklausel) qualifiziert ausländische Betriebsstätteneinkünfte betreffend die Herstellung und Lieferung von Waren, die Gewinnung von Bodenschätzen sowie die Bewirkung gewerblicher Leistungen als aktiv und ermöglicht insoweit wieder die uneingeschränkte Verlustberücksichtigung auf der Ebene des Welteinkommens[50]. Die Betriebsstätte muss sich dabei zu mindestens 90% mit vorgenannten gewerblichen Tätigkeiten befassen[51].
Die Gegenausnahmen in § 2a (2) S. 1 EStG schließlich führen dazu, dass einzelne aktive gewerbliche Einkünfte dennoch als passiv zu qualifizieren sind, darunter insbesondere der Betrieb von Anlagen, die dem Fremdenverkehr dienen, mit der Folge einer nur eingeschränkten Verlustberücksichtigung gemäß § 2a (1) S. 1 Nr. 2 EStG[52].
2.1.2 Auswirkungen im negativen Progressionsvorbehalt
Nach der Rechtsprechung des BFH geht § 2a (1), (2) EStG als Spezialnorm der Vorschrift des § 32b EStG[53] vor und wirkt somit mittelbar auch bei der Ermittlung des Steuersatzeinkommens i. S. d. negativen Progressionsvorbehalts[54]. § 2a EStG schließt somit im DBA-Freistellungs-Fall grundsätzlich den negativen Progressionsvorbehalt aus[55].
2.1.3 Durchführung des Verlustverrechnungsverbots
Nach der Regel von § 2a (1) Nr. 2 EStG bzw. von der Gegenausnahme in § 2a (2) S. 1 EStG betroffene passive ausländische Betriebsstättenverluste sind lediglich mit ausländischen positiven Einkünften der jeweils selben Art aus demselben ausländischen Staat verrechenbar (quellen- und staatengleiche Verrechnung)[56]. Ein innerperiodischer Verlustausgleich mit anderen in- oder ausländischen Gewinnen (§ 2 (3) EStG) ist damit genauso ausgeschlossen wie der interperiodische Verlustabzug nach § 10 d EStG[57].
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