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Die Subsidiarität der Notwehr.

Zum Verhältnis von eigenhändiger Verteidigung und der Abwehr eines Angriffs durch staatliche oder private Helfer.

AutorRené Sengbusch
VerlagDuncker & Humblot GmbH
Erscheinungsjahr2010
ReiheSchriften zum Strafrecht 194
Seitenanzahl355 Seiten
ISBN9783428526673
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis79,90 EUR
Muss der Angegriffene auf die eigenhändige Ausübung des Notwehrrechts verzichten, sobald sich Dritte der Klärung der Konfliktsituation angenommen haben? - Der Beantwortung dieser Frage, die traditionell unter dem Stichwort >Subsidiarität der Notwehr< diskutiert wird, nähert sich René Sengbusch in zwei Schritten. Zunächst begründet er, dass §32 StGB kein Recht zur eigenhändigen Verteidigung statuiert. Sodann wendet er sich der Frage zu, unter welchen Voraussetzungen die Hilfe Dritter unter Ausschluss einer eigenhändigen Angriffsabwehr in Anspruch zu nehmen ist. Bei der näheren Bestimmung dieser Voraussetzungen differenziert der Verfasser zum einen danach, ob der potentielle Helfer privater oder staatlicher Natur ist. Zum anderen stellt er darauf ab, ob die Hilfe sofort zur Verfügung steht oder ob abwesende Helfer erst herbeigeholt werden müssen. Zwar sei der Angegriffene grundsätzlich nicht verpflichtet, Hilfe herbeizuholen. Aus dem Merkmal der Erforderlichkeit folge aber, dass der Angegriffene präsente Hilfe gleich welcher Herkunft immer dann vorrangig in Anspruch nehmen müsse, wenn diese den Angriff besser abwehren kann oder wenn sie bei gleicher Eignung die mildeste Abwehrmaßnahme darstellt. Eine darüber hinausgehende Subsidiarität der Notwehr gegenüber >privater< Hilfe gebe es hingegen nicht. Etwas anderes gelte wegen des staatlichen Gewaltmonopols jedoch bei Beteiligung >hoheitlicher< Helfer. Die Selbstverteidigung sei gegenüber hoheitlichen Abwehrmaßnahmen auch dann subsidiär, wenn diese ebenso effektiv und eingriffsintensiv sind wie eine eigenhändige Verteidigung des Angegriffenen.

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Inhaltsverzeichnis
Vorwort8
Inhaltsverzeichnis10
Abkürzungsverzeichnis17
Einleitung24
1. Kapitel: Das Verhältnis von Selbstverteidigung und einer Angriffsabwehr durch hilfsbereite Dritte. Erscheinungsformen der Subsidiarität der Notwehr27
A. Das Verhältnis von Selbstverteidigung und Nothilfe durch private Dritte27
I. Die in der Rechtsprechung vertretenen Positionen zur Pflicht einer Inanspruchnahme privater Hilfe28
1. Entscheidungen des Reichsgerichts28
2. Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und unterinstanzlicher Gerichte30
a) Zur Inanspruchnahme nicht präsenter privater Hilfe30
b) Zur Inanspruchnahme präsenter privater Hilfe32
II. Die im Schrifttum vertretenen Positionen zur Pflicht einer Inanspruchnahme privater Hilfe38
1. Beurteilung der Reichweite des Notwehrrechts unter Außerachtlassung potentieller Helfer39
2. Verhältnis von Selbstverteidigung und Nothilfe bei einer objektiven Bestimmung der Erforderlichkeit einer Verteidigungshandlung40
a) Präsente Hilfe von Privatpersonen40
b) Nicht präsente Hilfe von Privatpersonen43
B. Das Verhältnis von Notwehr und staatlicher Gefahrenabwehr46
I. Rechtshistorische und rechtsphilosophische Entwicklung des Verhältnisses von Notwehr und staatlicher Gefahrenabwehr46
1. Subsidiarität der Notwehr im gemeinen deutschen Strafrecht46
a) Zu den Rechtsquellen des gemeinen deutschen Strafrechts47
aa) Corpus Iuris Civilis47
bb) Kanonisches Recht48
cc) Constitutio Criminalis Carolina50
b) Der Subsidiaritätsgedanke im gemeinen deutschen Strafrecht52
aa) Der Subsidiaritätsgedanke in der gemeinrechtlichen Rechtswissenschaft52
bb) Der Subsidiaritätsgedanke in der gemeinrechtlichen Gesetzgebung53
2. Subsidiarität der Notwehr im Strafrecht der Aufklärung54
a) Subsidiarität der Notwehr in den politischen Philosophien der Aufklärungszeit55
aa) Thomas Hobbes55
bb) John Locke58
cc) Samuel Pufendorf61
b) Vorrang staatlicher Gefahrenabwehr im Allgemeinen Landrecht für die Preußischen Staaten64
3. Subsidiarität der Notwehr im deutschen Idealismus65
a) Subsidiarität der Notwehr in den philosophischen Lehren Kants und Hegels65
aa) Subsidiarität der Notwehr in der Lehre Kants65
bb) Subsidiarität der Notwehr in der Lehre Hegels69
b) Vorrang staatlicher Gefahrenabwehr in den Strafgesetzbüchern für das Königreich Bayern und für die Preußischen Staaten73
II. Die in der Rechtsprechung vertretenen Positionen zur Pflicht einer Inanspruchnahme staatlicher Hilfe75
1. Entscheidungen des Reichsgerichts75
2. Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und unterinstanzlicher Gerichte77
a) Zur Inanspruchnahme präsenter staatlicher Hilfe77
b) Zur Inanspruchnahme nicht präsenter staatlicher Hilfe78
III. Die in der Literatur vertretenen Positionen zur Pflicht einer Inanspruchnahme staatlicher Hilfe87
1. Präsente Hilfe von Hoheitsträgern87
a) Abwehr von Angriffen durch hoheitliche Maßnahmen gleicher Eignung87
aa) Abwehr von Angriffen durch gleich geeignete, aber mildere hoheitliche Maßnahmen88
bb) Abwehr von Angriffen durch gleich effektive hoheitliche Hilfe mit gleichwertigen Mitteln91
cc) Abwehr von Angriffen durch gleich geeignete, aber mit intensiveren Eingriffen verbundene hoheitliche Maßnahmen94
b) Abwehr von Angriffen durch weniger effektive hoheitliche Maßnahmen95
c) Verhältnis von staatlicher Gefahrenabwehr und Nothilfe durch Privatpersonen97
2. Nicht präsente Hilfe von Hoheitsträgern98
a) Pflicht zum Herbeiholen obrigkeitlicher Hilfe in einer konkreten Konfliktsituation98
b) Pflicht zum Herbeiholen hoheitlicher Hilfe im Vorfeld einer Konfliktsituation101
2. Kapitel: Grundsätzliche Überlegungen103
A. Inanspruchnahme fremder Hilfe als unzumutbares Ausweichen?104
B. Zum Verhältnis von Notwehr und staatlichem Gewaltmonopol108
I. Grundlagen und Ausgestaltung des staatlichen Gewaltmonopols108
II. Verhältnis von Notwehr und staatlichem Gewaltmonopol113
1. Keine Geltung des staatlichen Gewaltmonopols in notwehrspezifischen Konfliktlagen114
2. Notwehr als Durchbrechung des staatlichen Gewaltmonopols116
a) Notwehr als Übertragung staatlicher Zwangsbefugnis117
aa) Zulässigkeit der Übertragung von Hoheitsbefugnissen im Bereich der Gefahrenabwehr117
bb) Übertragung hoheitlicher Befugnisse ohne inhaltliche Beschränkungen121
b) Notwehr als Ermächtigung zur Ausübung privater Gewalt123
III. Ergebnis125
C. Grundgedanken der Notwehr125
I. Individualistische Notwehrkonzeptionen126
1. Recht auf eigenhändige Verteidigung bei psychologisierender Betrachtungsweise127
2. Das Vertragsmodell Hoyers128
3. Das Gegenseitigkeitsverhältnis Hruschkas131
4. Individualistische Notwehrbegründung bei Betonung des Rechtsgüterschutzgedankens133
II. Überindividualistische Notwehrkonzeptionen134
1. Selbstbehauptung des Rechts (Schmidhäuser)136
2. Verteidigung der normativen Geltung der Rechtsordnung (Bitzilekis)142
III. Dualistische Notwehrkonzeptionen144
IV. Eigener Lösungsvorschlag146
D. Analogieverbot und Subsidiaritätsgedanke153
I. Norminhalt des Art. 103 Abs. 2 GG154
II. Geltung des Analogieverbotes für den Rechtfertigungsgrund der Notwehr156
1. Generelle Anwendbarkeit des Analogieverbotes im Allgemeinen Teil des Strafrechts156
2. Anwendbarkeit des Analogieverbotes auf den Rechtfertigungsgrund der Notwehr161
a) Wortlaut und Gesetzgebungsgeschichte des Art. 103 Abs. 2 GG163
b) Das Argument der „Einheit der Rechtsordnung“165
aa) Einheit des Rechtswidrigkeitsurteils als Ausprägung des Grundsatzes der Einheit der Rechtsordnung165
(1) Rechtsgebietsübergreifende Geltung des Analogieverbotes für alle Rechtfertigungsgründe168
(2) Geltung des Analogieverbotes ausschließlich für strafrechtliche Erlaubnissätze169
bb) Spaltung des Rechtswidrigkeitsurteils171
(1) Anerkannte Ausnahmen von der „Einheit des Rechtswidrigkeitsurteils“172
(2) Möglichkeit eines eigenständigen Rechtswidrigkeitsurteils im Strafrecht176
cc) Zwischenergebnis180
c) Das Erfordernis eines „Angemessenheitsvorbehalts“181
d) Der Vorbehalt kriminalpolitischer „Kostenerwägungen“182
III. Ergebnis184
3. Kapitel: Das Verhältnis von eigenhändiger Verteidigung und Angriffsabwehr durch private Hilfe185
A. Angriffsabwehr durch anwesende Privatpersonen185
I. Erforderlichkeit der Verteidigungshandlung als Anknüpfungspunkt186
1. Zur Bestimmung des konkreten Umfangs der Verteidigungsbefugnis der Verteidigungsgemeinschaft186
a) Verhältnis von Notwehr und Nothilfe191
aa) Befugnis zur Nothilfe als originäres Recht des hilfsbereiten Dritten192
bb) Nothilfe als Wahrnehmung der Interessen des Angegriffenen durch einen Dritten195
cc) Keine Einschränkung der Nothilfebefugnis durch Verhältnismäßigkeitserwägungen196
b) Zulässigkeit eines Verzichts auf optimale Verteidigung199
c) Konsequenzen für die Reichweite der Befugnisse der Verteidigungsgemeinschaft201
2. Zu den Voraussetzungen des Entstehens einer Verteidigungsgemeinschaft202
a) Maßstab für die Beurteilung der Erforderlichkeit der Verteidigungshandlung eines ohne Unterstützung handelnden Angegriffenen202
aa) Beurteilungszeitpunkt202
bb) Beurteilungsperspektive204
(1) Beurteilung aufgrund der objektiven Sachlage unter Berücksichtigung nachträglicher Erkenntnisse205
(2) Beurteilung aus Sicht des Notwehrübenden208
(3) Objektive Beurteilung ohne Berücksichtigung nachträglicher Erkenntnisse209
cc) Zwischenergebnis211
b) Maßstab für die Beurteilung des Bestehens einer Verteidigungsgemeinschaft211
II. Gebotenheit der Verteidigungshandlung als Anknüpfungspunkt217
III. Verteidigungswille als Anknüpfungspunkt220
IV. Ergebnis222
B. Zur Inanspruchnahme von Hilfe nicht präsenter Privatpersonen222
I. Pflicht zum Herbeiholen fremder Hilfe in einer konkreten Notwehrsituation223
II. Pflicht zum Herbeiholen fremder privater Hilfe im Vorfeld einer Notwehrlage225
C. Besonderheiten professioneller Nothilfe228
I. Gefahrenabwehr durch private Sicherheitskräfte ohne staatliche Veranlassung229
II. Staatlich veranlasste Gefahrenabwehr durch private Sicherheitskräfte234
4. Kapitel: Das Verhältnis von eigenhändiger Verteidigung und Angriffsabwehr durch staatliche Hilfe237
A. Angriffsabwehr durch präsente staatliche Hilfe237
I. Vorrang staatlicher Hilfe als Schranke privater Notwehrbefugnisse239
1. Die Regelung des Vorrangs obrigkeitlicher Hilfe in § 229 BGB239
2. Vorrang hoheitlicher Angriffsabwehr und staatliches Gewaltmonopol242
II. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 32 StGB als mögliche Anknüpfungspunkte für den Subsidiaritätsgedanken246
1. Notwehrlage als Anknüpfungspunkt für einen Ausschluss privater Notwehr bei präsenter staatlicher Gewalt246
a) Der rechtswidrige Angriff als Anknüpfungspunkt247
aa) Verneinung des Vorliegens eines rechtswidrigen Angriffs bei präsenter hoheitlicher Gewalt (Haas)247
bb) Kritik einer Verneinung des rechtswidrigen Angriffs bei präsenter staatlicher Hilfe248
(1) Enttäuschung allgemein anerkannter Erwartungen249
(2) Rechtsgeschichtliche Anhaltspunkte249
(3) Anwesenheit staatlicher Hilfspersonen und Vorliegen eines Angriffs250
(4) Anwesenheit staatlicher Hilfspersonen und Rechtswidrigkeit des Angriffs252
cc) Zwischenergebnis256
b) Gegenwärtigkeit des Angriffs als Anknüpfungspunkt256
2. Verteidigungshandlung als Anknüpfungspunkt258
a) Erforderlichkeit der Verteidigungshandlung als Anknüpfungspunkt258
aa) Entstehen einer Verteidigungsgemeinschaft unter Beteiligung staatlicher Helfer und Ausgestaltung ihres Innenverhältnisses259
bb) Erforderlichkeit eigenhändiger Verteidigung bei Anwesenheit staatlicher Helfer261
(1) Angriffsabwehr durch wirksamere oder gleich geeignete, weniger einschneidende hoheitliche Maßnahmen262
(2) Angriffsabwehr durch gleich geeignete, eingriffsintensivere oder weniger wirksame hoheitliche Maßnahmen262
(3) Angriffsabwehr durch hoheitliche Maßnahmen gleicher Eignung und Eingriffsintensivität267
(4) Erweiterung hoheitlicher Befugnisse durch strafrechtliche Notrechte?268
b) Gebotenheit der Verteidigungshandlung bei Anwesenheit staatlicher Helfer273
III. Verhältnis von staatlicher Gefahrenabwehr und Fremdverteidigungsmaßnahmen anwesender Privatpersonen277
IV. Ergebnis280
B. Zur Inanspruchnahme nicht präsenter staatlicher Hilfe280
I. Pflicht zum Herbeiholen staatlicher Hilfe in einer konkreten Notwehrlage281
II. Pflicht zum Herbeiholen staatlicher Hilfe im Vorfeld einer konkreten Notwehrlage282
1. Pflicht zur präventiven Inanspruchnahme hoheitlicher Hilfe282
a) Präventive Inanspruchnahme staatlicher Hilfe und Anzeigepflicht des § 138 StGB283
b) Präventive Inanspruchnahme hoheitlicher Hilfe und staatliches Gewaltmonopol289
2. Folgen eines Verzichts auf präventive Inanspruchnahme staatlicher Hilfe290
a) Übertragbarkeit des Gedankens der sog. Angriffsprovokation290
b) Übertragbarkeit des Gedankens der sog. Abwehrprovokation295
c) Übertragbarkeit des Gedankens der zumutbaren Hinnahme einer selbst verursachten Gefahr, § 35 Abs. 1 S. 2 1. Alt. StGB303
d) Bindung des Notwehrübenden an die Schranken hoheitlichen Handelns306
3. Erklärungsansatz für BGHSt 39, 133307
III. Ergebnis311
Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse313
Anlagen315
I. Abschrift der Art. 139 f., 150 der Constitutio Criminalis Carolina315
II. Abschrift der §§ I und X des Verbesserten Landrechts für das Königreich Preussen, Pars III, 6. Buch, Articulus XIV315
III. Abschrift der §§ 76–78, 89 der Einleitung zum sowie der §§ 517 f., 520 des zweyten Theils, zwanzigster Titel des Allgemeinen Landrechts für die Preußischen Staaten316
IV. Abschriften von Notwehrregelungen ausgewählter Partikularstrafgesetzbücher des 19. Jahrhunderts317
V. Abschrift des § 53 des Strafgesetzbuches für das Deutsche Reich321
VI. Abschrift der §§ 53, 367 Abs. 1 Nr. 8 StGB a.F.321
VII. Abschrift des § 37 des Entwurfs eines Strafgesetzbuches (E 1962)321
VIII. Abschrift des § 14 des Alternativ-Entwurfs eines Strafgesetzbuches, Allgemeiner Teil (1966)322
Literaturverzeichnis323
Sachregister355

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