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E-Book

Von Drüben I

Botschaften, Informationen, praktische Ratschläge

AutorEva Herrmann
VerlagReichl Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl100 Seiten
ISBN9783876676333
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Die medial übermittelten Botschaften behandeln im ersten Teil den Entwicklungsweg der Menschheit in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Der Leser erhält einen Eindruck, wie eine Umordnung von Wertvorstellungen im neuen Zeitalter aussehen kann und welche Bedeutung ein Bewußtseinswandel für die verschiedenen Lebensbereiche hat. Der zweite Teil vermittelt einfache Meditations- und Konzentrationsübungen, die den Zugang zu höheren Sphären erleichtern sollen, und gibt praktische Hinweise zu Gefahren und Schwierigkeiten, die Kontakte zwischen den Welten mit sich bringen können. Der Band schließt mit einem Post-Mortem-Nachwort von Thomas Mann.

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Leseprobe

VORWORT

Einiges aus meinem Leben

1

Im Jahre 1936 oder 1937 sah ich in Paris ein Stück von Giraudoux – es war „La Guerre de Troie n’aura pas lieu“ – in dem die Seherin Kassandra auftritt. Während ich sie aus dem dunkeln Zuschauerraum beobachtete, kam es mir in den Sinn, daß ich vielleicht gar nicht primär zur Kunst berufen war, sondern für das Psychische und Mediale. Dabei hatte ich keinen Grund, mit meiner damaligen Tätigkeit unzufrieden zu sein: als Zeichnerin hatte ich Erfolg; viele Koryphäen hatten mir gesessen und ich hatte Freude am Malen. Und doch war ich mir in manchen Augenblicken bewußt, daß etwas in mir unerfüllt geblieben war und daß ich mich mein ganzes Leben nach etwas gesehnt hatte, das ich nicht hätte benennen können.

Die Gabe des Hellsehens war mir keineswegs angeboren, obwohl es nicht ganz an Erlebnissen fehlte, die vage in diese Richtung wiesen. Beim ersten derartigen Erlebnis war ich etwa vier Jahre alt. Mein Vater, ein geborener Amerikaner, hatte sich als junger Maler in München niedergelassen und war mit seiner Frau und vier Kindern – und dem damals bei wohlhabenden Familien üblichen Personal – auf ein paar Jahre nach Oberstdorf im Allgäu gezogen, um sich dort seiner Kunst zu widmen. Zwei Gouvernanten, eine Französin und eine Deutsche, waren engagiert, den Eltern die Kinder vom Leibe zu halten.

Das Erlebnis, von dem ich sprach, ereignete sich an einem sonnigen Nachmittag auf einem unserer täglichen Spaziergänge. Ich erinnere mich noch deutlich an den hübschen Bauernhof, an dem unser Weg vorbeiführte, an die Geranien an den Fenstern, an die ländlichen Gerüche und den sanften, blauen Himmel, der sich über all das spannte. Aber mit einem Mal war in meiner Vorstellung das Ganze wie ausgelöscht und in Nacht versunken, und ich begriff auf einen kurzen Augenblick, daß jenes farbenfreudige Bild nicht die endgültige Wirklichkeit war und daß diese etwas ganz anderes sei. Natürlich wäre ich damals nicht imstande gewesen, dieses Erlebnis in Worte zu fassen, doch war es so stark, daß ich mich noch heute daran erinnere.

*

Meinen Vater sahen wir in jenen Tagen nur selten. Von meiner Mutter zu sprechen, fällt mir nicht ganz leicht; sie war der Schrecken meiner Kindheit. Wir bekamen sie nur zu sehen, wenn unerwünschte Geräusche aus den Kinderzimmern in den Teil der Villa drangen, der für die Eltern reserviert war. Dann erschien sie mit aufgerissenen Augen und einem Stock, der in ihrer Hand wippte, bis sich das Unwetter auf einen von uns entlud. Ich fürchtete und haßte sie auf den Tod.

Es dauerte ein halbes Menschenleben, ehe ich mich von der Erinnerung an die vielen häßlichen und entwürdigenden Szenen und von den damit verbundenen Haßgefühlen befreien konnte. Das gelang mir erst, als es mir klar wurde, daß mein Karma1 sich meiner Mutter als Werkzeug bedient hatte. Es hätte sich ebenso gut eines anderen Mittels bedienen können, wenn diese Frau sich nicht bereitwillig in jene Rolle gefunden hätte. Sie war aber durch eine unglückliche Ehe, welche die in ihr schlummernden bösen Neigungen verstärkte, zum willigen Instrument eines Schicksals geworden, das im Licht späterer Erkenntnis eine völlig neue Bedeutung für mich annahm. Sie war auch nicht das einzige Werkzeug dieses unbarmherzig scheinenden Schicksals: von meinem dritten bis zu meinem vierzehnten Lebensjahr war ich zu allem anderen Unglück auch noch mit einer Hautkrankheit geschlagen, die mir das Leben vollends zur Hölle machte.

Ich war acht, als sich meine Eltern trennten und ich meiner Mutter zugesprochen wurde. Erst nach vielen Jahren des Herumgestoßenwerdens (neun Schulen und Internate, von Krankenhäusern und einem Hautsanatorium ganz zu schweigen) wurde ich nach einem erbitterten Kampf meinem Vater zugesprochen und war somit wieder mit meinen Geschwistern vereint. Es begann eine glücklichere Zeit in meinem Leben, in der ich mich bis 1919 in München, danach in New York zunächst dem Tanz und schließlich aber dem Zeichnen zuwandte.

*

Auch äußerlich war eine Wandlung eingetreten. In den Blicken meiner Mitmenschen, die sich früher peinlich berührt von mir abgewandt hatten, gewahrte ich nun oft unverhohlenes Wohlgefallen. Ich nahm dies mit einer gewissen inneren Gleichgültigkeit hin. Weder die frühere noch die jetzige Reaktion, fand ich, hatten mit meinem eigentlichen Wesen etwas zu tun. Ich hatte nichts dagegen, daß es jetzt anders war als zuvor, doch mein Glücksgefühl hielt sich in Grenzen. In jene Zeit fiel auch mein erstes Liebeserlebnis. Mein Vater war bereit, mich nach Europa zurückkehren zu lassen, und zwar allein, was damals für sehr fortschrittlich galt. Ich hatte ein kleines Monatsfixum und zog nach Berlin, das zu Beginn der Zwanziger Jahre viel zu bieten hatte und schrieb mich auf einer Kunstschule ein.

Vom Augenblick der ersten Begegnung fühlte ich mich zu einem jungen Menschen, der Dichter war, hingezogen. Er war dreißig, hatte bereits einen Namen, dazu einen schlechten Ruf – und keinen Pfennig Geld. Seine „Vergangenheit“ kümmerte mich wenig. Ich glaubte an seine Begabung und an die unantastbare Unschuld seines Herzens. Sein ungezügeltes Temperament hielt ich für bezähmbar und glaubte sogar, eine Wandlung habe bereits begonnen.

Trotz meiner zwanzig Jahre war ich damals fast noch ein Kind. Dies mochte mit einer eher schwächlichen Konstitution zusammenhängen und mit den Entbehrungen der Kriegsjahre oder aber auf psychischen Faktoren beruhen. (Ich benutze „psychisch“ in der in diesem Buch gebrauchten umfassenderen Bedeutung des Wortes.) Jedenfalls scheute ich vor der Stärke des Gefühls, das mir mein Freund entgegenbrachte, zurück. Wir waren nach Natur und Weltanschauung sehr verschieden, was die Beziehung nicht unerheblich komplizierte; allmählich nahmen innere und äußere Schwierigkeiten überhand, und es kam nach zwei, drei Jahren zur Trennung. Im Rückblick erscheint mir diese nie ganz erfüllte Liebe ungemein zart und innig und ich frage mich manchmal, ob sie überhaupt je geendet hat. – Später war ich weniger mimosenhaft und begann das Leben zu nehmen, wie es sich bot.

*

Mit vierzehn und danach hatte ich hin und wieder hellseherische Momente, die aber kaum über das hinausgingen, was andere bisweilen auch erleben. So konnte ich etwa einen Menschen im Geist an einem Ort sehen, an dem er vor Jahren gewesen war oder wo er in absehbarer Zukunft sein würde, aber alles das undeutlich, wie eine schlecht entwickelte Photographie. Oder ich wußte plötzlich, wo jemand zu einer gewissen Zeit gewesen war und was er dort getan hatte. Es stimmte durchaus nicht immer, aber ich machte mich damit ganz gern vor dem einen oder anderen Vertrauten interessant. Im übrigen ließ ich diese Winke eines zweiten Gesichts auf sich beruhen. Auch begann mich meine Arbeit weitgehend in Anspruch zu nehmen, da inzwischen in den Vereinigten Staaten ein Buch mit meinen Karikaturen erschienen war. Damals war ich siebenundzwanzig. Amerikanische und europäische Zeitschriften interessierten sich für meine Arbeiten, und es fehlte nicht an Aufträgen und somit an Gelegenheiten, bedeutende Menschen kennenzulernen, wie z. B. Einstein, G. B. Shaw und Thomas Mann.

*

Früh schon und ungewöhnlich häufig wurden mir nahestehende Menschen durch Selbstmord entrissen. Es begann mit dem Tod einer geliebten Freundin, dem bald ein weiterer folgte. Doch der schwerste Schlag traf mich, als ich einunddreißig Jahre alt war. Der Freund, den ich damals verlor, stand mir näher als irgend jemand davor oder danach. Er hätte mein jüngerer Bruder sein können, so sehr sprachen wir die gleiche Sprache. Er war Maler, und wir konnten so vieles teilen: die Vorliebe für schöne entlegene Plätze, die Freude an Kindereien und am Skilaufen. An einem nordamerikanischen See fanden wir eine Jägerhütte, in der Schweiz ein zufällig leerstehendes Bauernhaus, ein andermal ein Ferienhäuschen am Ligurischen Meer. Wir lachten viel, und es hätte die glücklichste Zeit meines Lebens sein können, aber von Anbeginn spürte ich etwas, das wie ein Verhängnis über ihm schwebte. Es war eine tiefe Melancholie, die sich zunächst nur in seinen Bildern äußerte, und es waren die ersten Symptome einer Krankheit, die sich später als Folge einer früheren Enzephalitis herausstellen sollte. Unaufhaltsam mehrten sich die Petit-mal-Anfälle und ebenso unaufhaltsam verdüsterte sich sein Geist. Ich sah das Unheil kommen und konnte es nicht abwenden.

Dann war alles vorüber, und ich mußte sehen, wie ich mit dieser tödlichen Leere zurechtkam. Man kann über solche Dinge nicht sprechen: man ist innerlich wie erstarrt und macht trotzdem weiter. Ich möchte aber nicht, daß der Leser meint, ich hätte mich aus Verzweiflung über den Verlust meines Freundes der jenseitigen Welt zugewandt. Sicherlich war mein Schmerz nicht der Anlaß. Neun Jahre später – ich war damals längst wieder in Amerika – hieß etwas ganz anderes mich diese Richtung einschlagen.

*

Inzwischen lebte ich in den Dreißiger Jahren in Südfrankreich. Eine Freundin und ich bewohnten ein hübsches kleines Haus in den Hügeln hinter Sanary-sur-mer. Der Pinienduft, der weite Blick über Meer und Inseln und der Geschmack der frisch gefischten Seeigel sind mir noch lebhaft in Erinnerung. Wir hatten einen großen Bekanntenkreis; ich arbeitete viel, reiste während der Wintermonate, und mein Leben erweckte sicher den Anschein, als sei es durchaus erfreulich. Drei meiner Reisen führten mich in die Sowjetunion. Dort war ich als Zeichnerin tätig und konnte zur gleichen Zeit Land und Staatssystem studieren. Wenn ich sage „studieren“, so ist das nur eine Redensart, denn...

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