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E-Book

Du bist gut genug!

Wie Sie Ihre inneren Antreiber erkennen und gelassener werden können

AutorBeate M. Weingardt
VerlagSCM R.Brockhaus im SCM-Verlag
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl192 Seiten
ISBN9783417219715
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Wir alle lassen uns in unserem Handeln und in unserer Lebensgestaltung von Zielen, Werten und Wünschen leiten. Doch kaum jemand nimmt diese 'inneren Antreiber' genauer in den Blick: Woher stammen sie eigentlich? Wer hat sie uns vermittelt oder eingepflanzt? Sind sie wirklich das, was wir wollen? Denn diese Leitsätze und Wertvorstellungen ('Sei perfekt!'; 'Sei bei allen beliebt!'; Sei in jeder Lage stark!') können uns nicht nur beflügeln, sondern auch einengen, blockieren und belasten. Dann werden sie zu einem großen Stressfaktor, der uns die Lebensfreude abschnürt. Beate Weingardt zeigt in ihrem neuen Buch, wie wir diesen 'inneren Einpeitschern' auf die Schliche kommen und sie in die Schranken weisen können. Es ist sogar möglich, sie ganz aus unserem Leben zu verbannen und durch positive Lebensbotschaften zu ersetzen. Auf diese Weise finden wir nicht nur zu größerer Gelassenheit, sondern werden auch als Christen glaubwürdiger. Denn die gute Nachricht des Evangeliums besteht gerade darin, dass wir nicht länger Getriebene sein müssen. Gott bietet uns an, uns mit seiner Liebe zu tragen, damit unser Leben gelingt.

Beate M. Weingardt, Jahrgang 1960, hat Psychologie und Ev. Theologie studiert und 1999 über den 'Prozess des Vergebens in Theorie und Empirie' promoviert. Beate M. Weingardt ist mit vielen Themen in der Erwachsenenbildung tätig und berät Menschen mit seelischen Verletzungen.

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Leseprobe

1. Menschsein heißt Bedürfnisse haben

Wir sind einander nah durch die Natur, aber sehr entfernt durch die Bildung.

KONFUZIUS

Die Bedürfnispyramide von Abraham Maslow

Welche Bedürfnisse haben wir als Menschen? Sind sie bei allen gleich? Vordergründig gesehen natürlich nicht – da sind wir Menschen ungeheuer verschieden. Deshalb ist es ja auch oft so schwer, einander zu verstehen und miteinander auszukommen. Aber letztlich verhält es sich wie bei den Pflanzen: So unterschiedlich sie aussehen, so verschieden die Wachstumsbedingungen oder die Früchte sein mögen – sie alle brauchen Wurzeln, Wasser, Licht und Luft, um zu gedeihen. Ähnlich ist es bei uns Menschen: Je mehr es ums »Grundsätzliche« geht, desto ähnlicher sind die Bedürfnisse.

Der amerikanische Psychologe Abraham Maslow veröffentlichte vor einigen Jahrzehnten ein Modell der »menschlichen Grundbedürfnisse«, das ich Ihnen im Folgenden kurz vorstellen möchte. Die Besonderheit dieses Modells liegt in der stufenförmigen Aufeinanderfolge der von ihm aufgelisteten Bedürfnisse. Stellen Sie sich also eine Pyramide vor. Welche Bedürfnisse würden Sie an der Basis ansiedeln? Maslow verankert hier den

•  Wunsch nach Befriedigung grundlegender körperlicher Bedürfnisse: Nahrung, Wärme, Schlaf, Schmerzfreiheit.

Solange wir hungern, können wir an (fast) nichts anderes denken als daran, wie wir Nahrung bekommen. Das Gleiche gilt für Durst, der uns noch viel früher quält als der Hunger. Wer todmüde ist, ist für nichts mehr in seiner Umwelt wirklich aufnahmefähig – all sein Sinnen und Trachten ist nur noch darauf gerichtet, schlafen zu können. Auch starke Schmerzen bewirken, dass wir für nichts anderes mehr offen sind: Wer Schmerzen hat, der ist in gewisser Weise Schmerz. Das ganze Menschsein, all unser Denken, Fühlen und Erleben, ist auf diesen einen Punkt reduziert: den Schmerzpunkt.

Anders gesagt: Ohne ein gewisses Maß an Pflege und Rücksicht, die wir unserem Körper zukommen lassen, kann er – und damit auch unser ganzer Mensch – weder existieren noch funktionieren.

Auf der nächsten Stufe der Pyramide folgt der

•  Wunsch nach Sicherheit.

Kinder schlafen oft leichter auf dem Arm der Mutter oder sonst einer Bezugsperson ein, obwohl es im Bettchen sicher genauso warm und bequem wäre. Doch der Arm der Mutter verleiht ihnen das Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit: »Er hat den Knaben wohl in dem Arm, er fasst ihn sicher, er hält ihn warm« heißt es im Gedicht »Der Erlkönig« von Johann Wolfgang von Goethe. Auch wir Erwachsenen sind Menschen, die eigentlich schnell in Angst zu versetzen sind – selbst wenn wir gelernt haben, nach außen Ruhe zu bewahren. Manchmal ist die Angst sehr hilfreich, weil sie uns in Bewegung setzt und uns vor Gefahren schützt, doch manchmal kann Angst auch geradezu gegenteilig wirken, indem sie uns lähmt.

Ich habe gelesen, dass in der Bibel nichts so häufig zum Menschen gesagt wie: »Fürchte dich nicht!«, und: »Habt keine Angst!« Das zeigt, wie anfällig wir Menschen für die Angst sind – weil wir bedürftige Wesen sind! Man kann im Grunde vor allem und um alles Angst haben – doch die elementarste Angst ist die Angst um sich selbst, sozusagen um Leib und Leben, und die Angst um Menschen, die man liebt.

Viele inzwischen alt gewordene Menschen erinnern sich noch lebhaft an ihre Ängste im Krieg, sei es im Luftschutzkeller, sei es auf der Flucht, sei es angesichts fremder Soldaten oder in sonst einer lebensbedrohlichen Situation. Die Angst, dieses elementare Gefühl der Unsicherheit, des Bedrohtseins oder der Schutzlosigkeit, hat sich in ihrem Gedächtnis unauslöschlich eingegraben, hat sie oft bis in ihre Träume verfolgt und auch zu viel späterem Leiden geführt. Wie viele in der Kriegszeit und zu Kriegsende noch nicht erwachsene Kinder und Jugendliche haben Entsetzliches miterlebt, das ihr Vertrauen ins Leben oder in fremde Menschen zutiefst erschüttert und für immer beeinträchtigt hat!

Ich denke an eine Frau, die zur Beratung zu mir kam und erzählte, wie schwer sie sich damit tue, auf Menschen vertrauensvoll zuzugehen. Sie sei einfach ein »sehr misstrauischer, ängstlicher Mensch«, meinte sie als Erklärung dafür, dass sie so wenig enge Freunde und Freundinnen hatte. Bald schon kamen wir im Gespräch auf ihre Kindheit zu sprechen, die in die Zeit des Kriegsendes und der Nachkriegswirren fiel. Viele Situationen von Angst und Unsicherheit waren ihr noch gegenwärtig – außerdem hatte sie eine Mutter, die ihr eigenes misstrauisch-distanziertes Denken und Fühlen ungeprüft an die Tochter weitergab. (»Verlass dich auf niemanden, nur auf dich selbst!« war einer ihrer mütterlichen Lehrsätze.) Das hat diese Frau geprägt.

Wie aber soll man vertrauensvoll und unbefangen Kontakte knüpfen, solange man sich unsicher fühlt und eher Angst und Abwehr gegenüber anderen Menschen empfindet? Man kann diese frühen Erfahrungen des eigenen Lebens nicht einfach ablegen wie ein zu eng oder unmodern gewordenes Kleid.

Doch auch in Friedenszeiten kann schnell eine Situation entstehen, in der wir uns in unserer Sicherheit bedroht fühlen. Wir wollen uns nicht von Woche zu Woche, von Monat zu Monat Sorgen machen müssen, wie wir über die Runden kommen, ob das Geld noch reicht und wie es zukünftig weitergehen soll. Angesichts der vielen Firmenschließungen und Entlassungswellen fühlen sich auch hierzulande viele Menschen nicht mehr sicher vor Kündigung oder Arbeitsplatzverlust. Dies bedeutet zwar keine so schwere Bedrohung wie die Angst um Leib und Leben, doch innere Anspannung und Unruhe sind dennoch damit verbunden.

Die dritte Stufe der Bedürfnispyramide ist bei Maslow der

•  Wunsch nach Zugehörigkeit und Gemeinschaft.

Wir alle sind auf Gemeinschaft und Bindung an andere Menschen angelegt und nicht auf ein Einzelgängerdasein. Diese Veranlagung zeigt sich überraschend deutlich, wenn man beispielsweise junge Menschen nach ihren Zukunftswünschen und -plänen fragt: Für die große Mehrheit der Jugendlichen und jungen Erwachsenen rangiert der Wunsch nach einer befriedigenden Partnerschaft an erster Stelle – und nicht das Streben nach Karriere oder materiellem Reichtum. Zweisamkeit steht nach wie vor höher im Kurs als das Single-Leben – und das aus gutem Grund.

Einsamkeit hat nämlich, wie zahlreiche psychologische und medizinische Untersuchungen nachweisen, gravierende Auswirkungen: Einsame Menschen haben ein erhöhtes Risiko, an einer seelischen oder körperlichen Störung zu erkranken. Auch der Genesungsprozess bei Krankheiten verläuft schleppender, wenn der betroffene Mensch über keinerlei seelischen Rückhalt verfügt.

An nächsthöherer Stelle der Pyramide siedelt Maslow das

•  Grundbedürfnis nach Anerkennung und Liebe an.

Was man von der Gesundheit nur eingeschränkt sagen kann (denn es gibt auch kranke oder behinderte Menschen, die glücklich sind), lässt sich von der Liebe uneingeschränkt behaupten: »Liebe ist nicht alles – aber ohne Liebe ist alles nichts!«

Wir alle kommen nicht als selbstbewusste Menschen auf die Welt. Selbstwertgefühl, Selbstachtung, Selbstvertrauen – das alles können wir nur erwerben, wenn uns andere Menschen mit Liebe, Einfühlung und Achtung begegnen und uns damit zeigen, dass wir liebens-wert sind. Ein afrikanisches Sprichwort bringt unsere Abhängigkeit von Liebe und Wertschätzung prägnant zum Ausdruck: »Das Wort, das dir hilft, kannst du dir nicht selber sagen.«

Und was steht am Ende der Pyramide? Was ist sozusagen die Spitze des Glücks? Maslow nennt es:

•  das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung, man könnte auch sagen: nach Selbstentfaltung.

Jeder Mensch kommt mit Gaben und Talenten, mit Neigungen und Interessen auf die Welt, die nur er in dieser einzigartigen Kombination in sich trägt. Wie ein Samenkorn das Bestreben hat zu keimen, damit das in ihm eingeschlossene kostbare Gut sich entfalten kann, so hat auch der Mensch den Wunsch, seine in ihm angelegten Gaben und Fähigkeiten zu entwickeln. Dies können künstlerische oder sportliche Talente sein, zwischenmenschliche Begabungen, die Nei gung zu einem bestimmten Feld des Wissens oder einer praktischen Tätigkeit und vieles andere mehr. Die Entwicklung der eigenen Spiritualität gehört meines Erachtens ebenfalls zur Selbstverwirklichung, denn erst im Gegenübersein zu Gott können wir die Tiefe unseres Wesens zu Blüte und Reifung bringen und den tiefsten Sinn unserer Existenz finden.

Das Besondere an Maslows Modell ist die Annahme, dass der Mensch seine tiefer liegenden Bedürfnisse erst bis zu einem gewissen Grad (der natürlich individuell verschieden ist) befriedigen muss,...

Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Cover1
Vorwort8
Einführung10
1. Menschsein heißt Bedürfnisse haben14
2. Lebensqualität ist Beziehungsqualität28
3. Liebe ist mehr als ein Gefühl36
4. Innere Antreiber – wie entstehen sie überhaupt?43
5. Die Dynamik unserer inneren Antreiber – warum sie so mächtig sind62
6. Neun häufige innere Antreiber75
6.1. »Sei perfekt und mach keine Fehler, denn Fehlermachen ist schlimm!«75
6.2. »Du bist so viel wert, wie du leistest«82
6.3. »Ich muss mindestens so gut sein wie ...«89
6.4. »Ich will von niemandem abhängig sein«92
6.5. »Vermeide Konflikte und Auseinandersetzungen!«96
6.6. »Sei immer tapfer und stark!«105
6.7. »Wenn du scheiterst, bist du selbst schuld!«112
6.8. »Mach es möglichst allen recht!«121
6.9. »Erlaube dir keine Zweifel oder Glaubenskrisen!«128
7. Glaube und innere Antreiber – getrieben oder getragen?135
8. Der dreifache Weg147
8.1. Unser Umgang mit Gott147
8.2. Unser Umgang mit uns selbst159
8.3. Unser Umgang mit dem Nächsten172
9. Verwandlung durch Beziehung178
10. »Du meine Güte, das schaffe ich nie ...!« – Anregungen für die Praxis184
Literaturverzeichnis191

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