Weil der Begriff des E-Recruiting per Definition eine Gesamtbetrachtung neuer Technologien, Verfahren und Methoden in der Personalbeschaffung darstellt, werden in diesem Kapitel die einzelnen Elemente, die Verfahren und Technologien behandelt.
Wurden in dem traditionellem Personalbeschaffungsprozess die Stellenanzeigen noch in Printmedien veröffentlicht, erfolgt die Veröffentlichung der Vakanzen zunehmend auch in digitaler Form bei Jobbörsen oder im eigenen Internetauftritt.
Bewerbungen gehen nicht mehr nur auf dem Postweg per Bewerbungsmappe den Unternehmen zu, sondern werden immer häufiger digitalisiert per E-Mail oder elektronischer Bewerbungsmappe versendet. Dadurch erhöht sich der Digitalisierungs-grad des Bewerbungsweges stetig.
Bei den Personalverantwortlichen angekommen, werden die Bewerbungen in eine digitale Bewerberdatenverwaltung übertragen, und es erfolgt eine automatisierte Weiterverarbeitung der Daten in ERP-Systemen.
Ebenso kann die Auswahl der Bewerber digitalisiert erfolgen. Elektronische Assessment-Center und Online-Recruiting-Spiele tragen zu Profilerstellungen bei und können bereits zur Vorselektion von Kandidaten eingesetzt werden.
Abbildung 3 belegt die zunehmende Digitalisierung des Personalbeschaffungs-prozesses. An Hand des Bewerbungsweges werden die Digitalisierungspotentiale aufgezeigt.
Abbildung 3: Digitalisierung des Bewerbungsweges[17]
Diese Abbildung zeigt auch, dass im Personalbeschaffungsprozess eine Vielzahl von Medien und Informationsträger parallel genutzt werden. So gehen bereits 38 Prozent der Bewerbungen bereits digitalisiert den Unternehmen zu. Bewerber favorisierten im vergangenen Jahr den Weg per E-Mail. Das Bewerbungsverhalten der Kandidaten hat sich geändert und es kommen neue Medien zum Einsatz. Es muss somit betrachtet werden, wie die Nutzung der neuen Medien den Personalbeschaffungsprozess verändert bzw. beeinflusst. Strategien und Methoden zum zielgerichteten Einsatz von neuen Medien müssen demnach in der Personalbeschaffung festgelegt werden.
Das folgende Kapitel gibt einen Überblick über verschiedene Elemente des
E-Recruiting, zeigt Konzepte zu dessen Anwendung und beschreibt Techniken sowie Softwarelösungen zur Umsetzung.
Das sich noch durchaus in der Entwicklungsphase befindliche Thema kann nicht einheitlich mit Literatur und fundiertem theoretischem Wissen untermauert werden. Um jedoch trotzdem die Möglichkeiten und Verfahrensweisen aufzeigen zu können, werden an einigen Stellen bewusst Praxisbeispiele, Benchmarks und ‚best practice’ – Lösungen angeführt. Diese Beispiele zeigen bereits bestehende und in der Praxis eingesetzte Lösungen. Ergänzt durch literarische Ausführungen soll ein detaillierter Überblick des Themas gegeben werden.
Bewusst werden nicht an jeder Stelle sämtliche Elemente, insbesondere deren Umsetzungen, bis ins Detail beschrieben. Vielmehr geht es um das dahinterstehende Wissen und den verfolgten Zeck einzelner Elemente.
Die Praxisbeispiele zeigen, wie einzelne Unternehmen E-Recruiting-Ansätze bereits implementiert haben. Dabei muss berücksichtigt werden, dass diese unternehmens-
spezifisch wirken und nicht ohne weiteres auf andere Unternehmen zu übertragen sind.
Auch wenn die einzelnen Elemente des E-Recruiting, wie Online-Jobbörsen, Human Resource-Seiten im Internet oder einer Bewerberverwaltung nachfolgend durch einzelne Kapitel dargestellt sind, dient dies ausschließlich der übersichtlichen Darstellung in der Arbeit. Denn die Tatsache, dass die einzelnen Elemente untereinander in einem komplementären oder substitutiven Verhältnis stehen, ist Bestandteil des Kapitels Digitaler Bewerbungsprozess.
Zu Beginn des Beschaffungsprozesse muss zunächst der Bedarf der Unternehmen artikuliert werden. Dies erfolgt über die Stellenanzeigen.
Zur Veröffentlichung können bereits verschiedene Medien genutzt werden.
Die Veröffentlichung kann analog dem traditionellen Personalbeschaffungsprozess in Printmedien erfolgen, bei Jobbörsen im Internet oder es kann der unternehmenseigene Internetauftritt genutzt werden. Daneben kann der Bedarf auch bei der Bundesagentur für Arbeit oder sonstigen Personalberatern oder Headhuntern aufgezeigt werden.
Die aktuell genutzten Veröffentlichungsorte belegt Abbildung 4.
Blau dargestellt sind die veröffentlichten Stellen je Medium. Bei einer Summierung ist zu erkennen, dass ein Mehrfachnennung möglich war und eine parallele Schaltung von Anzeigen medienübergreifend durchgeführt wurde[18]. Zu erkennen ist jedoch eindeutig die Dominanz der Online-Stellenanzeige, was sicherlich damit zu begründen ist, dass Unternehmen zunehmend ihren Internetauftritt zur Veröffentlichung ihrer Vakanzen nutzen.
Gelb dargestellt sind die generierten Einstellungen auf Grund der genutzten Medien der Bewerber. Für den Fall der Internetanzeigen bedeutet dies, dass von hundert Prozent der geschalteten Stellen im Internet über die Hälfte auch mit Bewerbern, die sich über diese Medium beworben haben, besetzt worden sind.
Abbildung 4: Anteil der veröffentlichten Stellen und generierten Einstellungen
Darüber hinaus ist der Abbildung zu entnehmen, welche Effektivität die einzelnen Veröffentlichungsorte aufweisen. Dies drückt sich in dem Verhältnis von veröffent-lichten Stellen und generierten Einstellungen aus.
In Printmedien werden 37 Prozent der Stellen veröffentlicht. Bei 35 Prozent der Bewerbungen folgt eine Einstellung des Probanden, der sich über dieses Medium beworben hat. Diese grafische Darstellung belegt die Dominanz der Stellenanzeigen in Printmedien bei dem Vergleich zwischen veröffentlichten Stellen und generierten Einstellungen.
Des weiteren sind jedoch parallel dazu die Kosten und die positiven Einflüsse auf das Image der Unternehmung mit in Betracht zu ziehen.
Abbildung 4 zeigt auch, dass bereits knapp siebzig Prozent der veröffentlichten Stellen unabhängig von dem Ort der Veröffentlichung, also Jobbörse oder Unternehmens-website, in digitaler Form angepriesen werden.
Es ist somit zu untersuchen, ob die Digitalisierung der Stellenanzeige gegenüber den gedruckten Stellenanzeigen eine Veränderung dieser verursacht.
Mit der digitalen Stellenanzeige sei hier die Stellenanzeige im engeren Sinne gemeint, d.h. die konkrete Stellenanzeige, die in Jobbörsen oder dem unternehmenseigenen HR-Bereich geschaltet ist und eine konkrete und aktuelle Vakanz ausschreibt.
Stellenanzeigen in gedruckter Form sind bis heute noch fester Bestandteil von Tageszeitungen. Die Betrachtung geläufiger Anzeigenteile in Tageszeitungen
- oftmals Wochenendausgaben überregionaler Zeitungsverlage - zeigt, dass Verlage dem Leser auf Grund der Menge an Stellenanzeigen einen Stellenindex anbieten. Diese Indices sind häufig nach Art der Stellen oder nach Unternehmen aufgestellt. Sie bieten dem Leser zwar eine bessere Orientierung und ermöglichen die schnellere Suche einer Vakanz. Das Blättern in der Zeitung bleibt dem Suchenden nicht erspart.
Die Kategorisierung der digitalen Stellenanzeigen[19] und dazu abgestimmte Suchfunktionen bei kommerziellen oder unternehmensspezifischen Jobbörsen erleichtern das Auffinden einer Stelle, ob nach Art der Stellen, Standorten oder Vertragslaufzeiten, die Stellen können vom Bewerber effizienter gefunden werden[20].
Wenn die Suchfunktion als Volltextsuchfunktion deklariert ist, so hat die digitale Stellenanzeige noch weitere Vorteile. Jedes Stichwort einer Suche kann in der Stellenanzeige gefunden werden. Diese Tatsache muss im Umkehrschluss jedoch auch Erstellungskriterium von Online-Stellenanzeigen sein. Bei der Erstellung ist auf eine stellenbezogene Auswahl der Schlagworte zu achten, damit diese im Fall der Suche vom Bewerber gefunden werden. Besonders hervorzuheben ist die inter-nationale Ausrichtung von Stellenanzeigen. Sucht beispielsweise ein Jobbörsen-besucher lediglich in englischer Sprache, werden keine deutschsprachigen Schlagworte angezeigt.
Unübertroffen bleibt bei der Online-Stellenanzeige die zeitliche Betrachtung der Veröffentlichung. Mit der Ausnahme von Mehrfachschaltungen in Zeitungen erscheint eine Printanzeige lediglich singulär. Je nach Zeitschriftenart kann zwar von einer Mehrfachlesung ausgegangen werden, beispielsweise bei einer Weitergabe von Fachzeitschriften in Unternehmen durch ein Umlaufverfahren, jedoch gilt es an dieser Stelle die Rücklaufzeiten zu bedenken. Nimmt ein Leser erst zwei Monate nach Erscheinungsdatum der Zeitschrift Kenntnis der Anzeige, kann sich dies unvorteilhaft auf die Wiederbesetzungszeit einer Vakanz auswirken...