Um in die Entwicklung des Weiterbildungskonzeptes die Meinung der Betroffenen selbst einfließen zu lassen, wurden Gespräche mit einer Auswahl von langjährigen Führungskräften und neuen Führungskräften aus allen Unternehmensbereichen geführt. Als neue Führungskräfte wurden dabei Mitarbeiter angesehen, die bis zu drei Jahre Führungserfahrung bei XXX aufwiesen. Zusätzlich zu den Führungskräften wurden deren Vorgesetzte, die Mitglieder der Geschäftsleitung, interviewt. Dadurch konnten Ansichten zum Weiterbildungskonzept aus zwei Blickwinkeln erfasst werden. Aus Gründen der besseren Vergleichbarkeit wurde für alle Gespräche derselbe Leitfaden verwendet.
Es wurde bewusst nicht die Form eines Fragebogens gewählt, denn dieser bietet keine Flexibilität und ermöglicht kein individuelles Eingehen auf den einzelnen Mitarbeiter. Hingegen trägt die Verwendung eines Leitfadens dazu bei, das Gespräch zu strukturieren, wesentliche Gesprächsteile nicht zu vergessen und das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Darüber hinaus lässt er im Gegensatz zu einem vorgefertigten Fragebogen genügend Spielraum für Anregungen, aber auch für unerwartete Richtungsänderungen und neue Gedanken während des Gespräches.
In den Interviews standen die Ermittlung des aktuellen Weiterbildungsbedarfes der Führungskräfte sowie die Umsetzung dieses Bedarfes im Vordergrund. Außerdem sollten die Gesprächspartner Empfehlungen für die Weiterbildung neuer Führungskräfte aussprechen.
Der Gesprächsleitfaden wurde von der Autorin selbst entwickelt. Er besteht aus einer Einleitung, die das Thema vorstellt und das Gesprächsziel erläutert, sowie drei Hauptteilen:
1) Weiterbildungsbedarf
2) Weiterbildungsformen
3) Weiterbildungskonzept für Nachwuchsführungskräfte.
Dann folgt ein Schlussteil, in dem eine Gesprächszusammenfassung vorgenommen wird. Der Leitfaden befindet sich im Anhang (Anlage 1).
Die Gespräche führte die Diplomandin gemeinsam mit dem Personalleiter durch. Sie dauerten jeweils etwa eineinhalb Stunden, um intensiv auf den Einzelnen eingehen zu können. Zu Beginn wurde den Mitarbeitern absolute Vertraulichkeit über die Gesprächsinhalte zugesichert. Überdies wurde betont, dass die anschließende Auswertung in zusammengefasster und anonymer Form erfolgt. Durch die Vergabe von Gesprächsnummern konnte die Anonymität gewährleistet werden. Den Befragten wurde versichert, dass sie durch das Gespräch einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung des Weiterbildungskonzeptes leisten, ihre Aussagen jedoch keine beruflichen oder persönlichen Konsequenzen haben würden.
Es wurden mit Hilfe des Leitfadens 29 Gespräche geführt, davon 19 mit langjährigen Führungskräften, drei mit neuen Führungskräften und sieben mit Bereichsleitern. Die Auswahl der Gesprächspartner fand folgendermaßen statt: Es wurden anhand des Betriebsgliederungsplanes aus jedem Unternehmensbereich 1 - 3 Führungskräfte ausgewählt, die über mehrjährige Führungserfahrung verfügten und in der Vergangenheit bereits an Führungsseminaren teilgenommen hatten. Zusätzlich wurden die Mitarbeiter mit 0 - 3 Jahren Führungserfahrung eingeladen. Demzufolge nahmen zwei Frauen (sieben Prozent) und 27 Männer (93 Prozent) an einem Gespräch zum Thema Weiterbildung teil. Diese Verteilung entspricht der Mitarbeiterstruktur im Unternehmen am Standort YYY: Hier sind 120 (zehn Prozent) weibliche und 1.030 (90 Prozent) männliche Personen tätig.
Nach der Einleitung bildete die Erhebung des Weiterbildungsbedarfes den ersten Hauptteil im Gespräch mit der Führungskraft. An dieser Stelle wurde der Befragte darauf aufmerksam gemacht, dass die Weiterbildung der fachlichen Kompetenzen ausdrücklich als Aufgabe der Abteilungen angesehen und nicht Inhalt des Gespräches sein würde.
Mit Hilfe eines Brainstormings sollte der Teilnehmer spontan die Themen nennen, zu denen er für sich selbst Weiterbildungsbedarf hinsichtlich der methodischen, personalen und sozialen Kompetenzen sah. Dadurch konnten evtl. Gedanken und Hinweise zum Vorschein kommen, die von der Autorin und dem Personalleiter nicht berücksichtigt worden waren.
Nach dem Brainstorming wurde der Führungskraft ein Katalog mit möglichen Weiterbildungsthemen vorgelegt. Dieser Katalog fasste einen breiten Querschnitt der Inhalte der Führungsseminare zusammen, die bei XXX in der Vergangenheit durchgeführt worden waren, wie z.B. das letzte mehrtägige Seminar im Jahr 2001 (s. S. 36). Zusätzlich wurden Themen aufgenommen, die in den Verzeichnissen der Anbieter für Führungskräfteweiterbildung dominierten, sodass der Katalog insgesamt 23 Vorschläge enthielt. Diese sind im Anhang zu finden (Anlage 2).
Die Themen wurden in die Kategorien Führung, Kommunikation, Motivation und Konfliktmanagement gegliedert, da diese Aufteilung den Führungskräften aus der Vergangenheit vertraut war. Die Inhalte der einzelnen Module wurden im Katalog kurz in Stichpunkten beschrieben und während des Gespräches noch einmal ausführlich erläutert. Somit wurden die Themen dem Teilnehmer wieder vor Augen geführt. Aus den Themen sollte die Führungskraft jeweils drei auswählen und ankreuzen, die für sie als erste und als zweite Priorität in Betracht kamen. Folglich waren insgesamt sechs Kreuze zu setzen. Falls der Mitarbeiter weniger als sechs Themen favorisierte, sollte keine weitere Auswahl erzwungen werden, um das Ergebnis nicht zu verfälschen.
In einem der ersten Gespräche bemerkte der Befragte, dass die Kategorien Führung und Kommunikation mit vielen einzelnen Modulen sehr detailliert aufgeführt, die Kategorien Motivation und Konfliktmanagement hingegen eher knapp gehalten wurden. Da dies den Eindruck erwecken könnte, dass die letztgenannten Bereiche weniger wichtig sind, wurde in den darauffolgenden Gesprächen noch deutlicher auf die gleiche Bedeutsamkeit aller aufgeführten Vorschläge hingewiesen.
Der zweite Hauptteil des Gespräches begann ebenfalls mit einem Brainstorming. Hier sollte der Befragte seine Meinung hinsichtlich der Vermittlung von Weiterbildungsmaßnahmen äußern. Das Brainstorming diente wieder dazu, neue Ideen zu gewinnen. Danach wurde dem Teilnehmer eine Tabelle mit Weiterbildungsformen ausgehändigt, welche vier Fragenblöcke enthielt:
1) Wer sollte die Weiterbildungsmaßnahme durchführen?
2) Wann sollte die Weiterbildungsmaßnahme stattfinden?
3) Wie lange sollte die Weiterbildungsmaßnahme dauern?
4) Wo sollte die Weiterbildungsmaßnahme stattfinden?
Nach der Erörterung der verschiedenen Möglichkeiten hatte der Gesprächspartner zunächst die Aufgabe, ganz allgemein die unterschiedlichen Durchführungsformen zu bewerten. Er sollte dabei die Abstufungen 1 (= ja), 2 (= eher ja), 3 (= eher nein) und 4 (= nein) benutzen.
Es wurde eine bipolare Antwortskala mit vier Antwortkategorien gewählt und keine mittlere Kategorie angeboten. Dadurch war der Befragte gezwungen, ein Richtungsurteil abzugeben; er musste angeben, ob er eher einer Zustimmung oder einer Ablehnung zuneigte. Eine “bequeme“ Antwort wurde so verhindert. Darüber hinaus waren mehr als vier Kategorien nicht sinnvoll, denn das hätte der Führungskraft ein unrealistisch feines Differenzierungsvermögen unterstellt[82].
Nach der allgemeinen Einschätzung der vorgeschlagenen Weiterbildungsformen sollte der Mitarbeiter seine im Hauptteil 1 favorisierten Themen nach den gleichen Abstufungen beurteilen. Insgesamt mussten demzufolge sieben Spalten ausgefüllt werden. Beachtet werden sollte bei der gesamten Bewertung das Anliegen des Unternehmens, die jeweilige Weiterbildung möglichst ohne große Störung des Betriebsablaufes stattfinden zu lassen. Ohne Berücksichtigung dieses Anliegens wäre das Weiterbildungskonzept nicht realisierbar. Die Tabelle mit den Umsetzungsmöglichkeiten ist im Anhang (Anlage 3) beigefügt.
In diesem letzten Hauptteil sollte der Gesprächspartner seine berufliche Entwicklung bei XXX Revue passieren lassen und dabei ein besonderes Augenmerk auf den Beginn seiner Führungstätigkeit legen. Er sollte versuchen, sich an die Weiterbildungsmaßnahmen zu erinnern, die er zu der damaligen Zeit absolviert hatte. Dann bekam er die Aufgabe, den Erfolg dieser Maßnahmen zu bewerten und ggf. fehlende Maßnahmen zu benennen. Schließlich sollten hieraus Empfehlungen für die Weiterbildung von jetzigen und zukünftigen Nachwuchsführungskräften ausgesprochen werden. Ziel dieser Vorgehensweise war es, aus einer Primärquelle Vorschläge und Hinweise zur Entwicklung des...