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E-Book

Mit einer Reise fing alles an

Frauen erzählen

AutorKatja Büllmann
VerlagPiper Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl272 Seiten
ISBN9783492974424
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Es kann in der Idylle eines apulischen Dorfes oder beim Trekking in Südamerika passieren: Oft genug gibt ein Aufenthalt fern von zu Hause unserem Alltag eine neue Wendung, und manchmal mündet das, was als Kurzreise geplant war, in ein neues Leben. Die Reisejournalistin Katja Büllmann stellt die unterschiedlichsten Lebensläufe vor - Frauen, die sich selbst auf faszinierenden Reisen ganz neu kennenlernten und darin die Kraft fanden für den Aufbruch: aus Begeisterung für eine andere Region der Erde, für einen neuen Beruf oder eine große Liebe.

Katja Büllmann, geboren 1969 arbeitete als Redakteurin und Textchefin für »Amica«, »Cosmopolitan« und »Freundin«, ehe sie sich als reisende Reporterin auf den Weg um die Welt machte. Heute lebt sie in Apulien. Bei Malik erschien ihr erfolgreiches Buch »Eine einzige Reise kann alles verändern«.

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Leseprobe

Anette


»Wenn ich esse, gibt es nichts

außer dem Geschmack roten Currys

auf meiner Zunge.«

Anette, die Frau mit den vielen Identitäten, lernt bei einem Thailandurlaub, bei dem so ziemlich alles schiefgeht, loszulassen. Die Zeit des Müßiggangs wird für sie ebenso zum Glückssymbol wie ein kleines Fläschchen Öl – und ein ganz besonderes Geschenk, das sie von dort mitbrachte.

Anette hat 101 Persönlichkeitsprofile, auf Facebook, Xing, Flickr und ihrem eigenen Baby, einem Onlinemagazin von Frauen für Frauen. Sie wechselt ihre Moodmitteilungen wie Unterwäsche, pflegt Onlinefotoalben wie andere ein neues Auto, und wenn man sie als Junkie bezeichnet, beobachtungssüchtig, mitteilungswütig, vor allen Dingen jedoch arbeitsversessen und niemals müde, lächelt sie nur.

Anette lebt in Geschichten und für Geschichten – von Kindheit an. Da dachte sie sich bereits ganze Drehbücher für ihr kleines Streichholzschachtel-Püppchen aus, eine Art Alter Ego, das sie ständig in der Tasche mit sich herumtrug. Sitzt man heute mit ihr an einer Bar, trinkt ein Glas Chardonnay und sieht nebenbei den Leuten zu, wie sie ihrem ganz normalen Leben nachgehen, kommt es gern mal zu Dialogen wie folgendem:

»Ich glaube, der Mann dort, der in der grauen Jacke, betrügt seine Frau.«

»Ja, er ist auf dem Weg zu seiner Geliebten, die eine Straße weiter in einer Dachgeschosswohnung lebt.«

»In der Jackentasche hat er eine kleine Schachtel – bestimmt vom Juwelier!«

»Der Arme. Schau, wie er grinst. Er freut sich auf ein paar schöne Stunden, auf entspannten Sex, und weiß noch nicht, was passieren wird.«

»Na ja, er kann ja nicht ahnen, dass seine Ehefrau und seine Geliebte sich zufällig in der Sauna kennengelernt haben und Freundinnen geworden sind …«

Blühende Phantasie. Im Web lebt Anette sie nach Herzenslust aus, begeistert eine ständig wachsende Fangemeinde mit ihren lebensnahen, selbstironischen, authentischen Erzählungen. Was an Emotionen übrig bleibt, verwertet sie in ihren Büchern: Protagonist »Paul«, ihre Erfindung, ist längst eine Kultfigur auf dem Markt der Frauen- und Beziehungsliteratur. Neuerdings haben Anettes Stories noch eine weitere Hauptdarstellerin: Töchterchen Linda ist jetzt auf allen Kanälen Thema Nummer eins.

Wenn sie nun noch reisen könnte – »am liebsten ganz weit weg, nach Asien oder Australien oder die USA« –, würde der passionierten Geschichtenerzählerin nichts mehr fehlen zum Glück. Dank Linda ist bereits ein Wochenende auf der Skihütte ein großes Abenteuer. Was sie auf ihrer letzten großen Reise nach Thailand, im Oktober 2007, erlebte und was sie von dort mitbrachte, erzählt sie hier.

Bangkok – Planlos


Ich bin in Bangkok, und ich bin unzufrieden. Unsere Reise sollte eigentlich nach Myanmar gehen. Seit Monaten habe ich mich darauf gefreut, Bücher über Birma gelesen, Freunde befragt, die schon dort waren, DVDs ausgeliehen. Wir hatten den Trip so sorgfältig geplant, in wochenlanger Arbeit. Sightseeing in Rangun – ich mag den alten Namen der birmanischen Hauptstadt, er erinnert mich immer an Jules Vernes In 80 Tagen um die Welt –, eine Dschungeltour auf Elefanten im Norden, Bootsfahrt über den Lake Inle bis hin zum Strandurlaub im Süden. In dieser Gegend zu reisen ist nicht so einfach wie in Thailand, wo man in einen der klimatisierten »V.I.P.«-Busse steigt und so lange thailändische Comedyserien guckt, bis einen das Spaßmobil am Ziel wieder ausspuckt.

Alles umsonst. Die birmanischen Mönche lehnen sich gegen die Militärdiktatur auf. Von Urlaubsreisen in die Region wird daher dringend abgeraten. Deswegen sind wir nun hier, in Bangkok. Eine spontane Alternative, es gab günstige Flüge, wir haben zugeschlagen.

Drei lange Wochen liegen vor uns, und Hals über Kopf, wie wir uns umentschieden haben, gibt es nun überhaupt keinen Plan.

Das stört mich, ich reise gerne vorbereitet. Schließlich möchte ich in der knappen Zeit, die ich außerhalb des Büros verbringe, möglichst viel erleben und nicht am Ende das Interessanteste verpassen. Überraschungen konnte ich noch nie leiden, und Fahrten ins Blaue mag ich nicht mal, wenn es nur das Blau des Tegernsees ist. Das Schlimmste: Ich kann niemanden dafür verantwortlich machen. Da müssen wir jetzt durch.

Suvarnabhumi Airport. Die größte Drehscheibe Asiens, ein Megaflughafen. Meine Laune ist mäßig; meinem Mann zuliebe reiße ich mich zusammen, lenke mich mit den exotischen Destinationen auf der Anzeigentafel ab. Singapore, Kuala Lumpur, Sydney, Phnom Penh, Denpasar, Chiang Mai – die fremdländischen Namen verursachen irgendwie ein Kribbeln im Bauch …

Vielleicht ist es doch nicht so schlecht, nichts vorgebucht zu haben. Allemal eine Abwechslung zum Gewohnten. Auf einmal fühle ich mich frei.

Na ja, nicht ganz so frei. Mist. Als ich meinen Rucksack vom Gepäckband ziehe und mit Schwung schultere, spüre ich es. Meine Tage, ausgerechnet jetzt, das hat gerade noch gefehlt. Eine Woche zu früh! Ich fühle mich ungerecht behandelt. »Ach komm, dann hast du’s hinter dir, wenn wir in einer Woche irgendwo am Strand liegen«, tröstet mich mein Mann. Trotzdem ärgerlich. So war das nicht geplant. Dass ich mich auf die birmanischen Mönche nicht verlassen kann, ist eine Sache. Aber dass jetzt auch noch mein Zyklus spinnt, nervt mich.

Bangkok, Chinatown – Kopflos


Abends gehen wir in Chinatown essen und streiten ein bisschen. Ich bin mir ganz sicher, dass wir das Straßenlokal – eigentlich ist es nur ein fahrbarer Herd mit ein paar winzigen Plastikstühlen und -tischen, an denen die unzähligen pinkfarbenen Taxis mit Zentimeterabstand vorbeirasen – gefunden haben, in dem wir vor vier Jahren aßen, auf unserer Hochzeitsreise. »Kann sein, mein Schatz, es kann aber auch genauso gut ein anderer Essensstand gewesen sein. Ist doch eigentlich auch egal«, findet mein Mann. »Aber ich erkenne genau die Ecke wieder! Dort drüben, die rot blinkende Leuchtreklame, und hier der Shop mit den kopflosen, toten Hühnern und den Barbiepuppen …« So geht das hin und her, wir können beide nicht einlenken, vielleicht ein bisschen Jetlag, es kriselt, bis wir zu müde zum Zanken sind und auf den roten Plastikstühlen ganz einträchtig und friedlich undefinierbar Leckeres essen und chinesisches Tsingtao-Bier dazu trinken.

Ich weiß nicht, ob es der Alkohol ist, die Müdigkeit oder das nie endende Brummen und Summen dieser übervollen Stadt – aber ich fühle mich frei, schon zum zweiten Mal an diesem Tag. Und langsam gewöhne ich mich daran. Ich fühle mich so frei, wie man sich nur fühlen kann, wenn man alles, was man braucht, selbst tragen kann. Drei Wochen liegen vor uns, und ich denke keine Sekunde weiter nach vorne. Langsam werde ich wieder warm mit Thailand. Wird auch Zeit.

Trat – Ziellos


Am liebsten würde ich pausenlos reisen. Unterwegs bin ich so anders als zu Hause. Da bin ich, wie ich zu Hause gerne wäre, entspannt und gelassen und sorgenfrei. Was bringt es, sich Gedanken über Dinge zu machen, die in der Zukunft oder in der Vergangenheit liegen? Daheim bin ich eine Meisterin darin. Hier in Asien: Kein hysterischer Anfall, als wir gestern nach hundert Kilometern Busfahrt feststellten, nach Trat unterwegs zu sein statt nach Trang. Trat und Trang – was benachbart klingt, liegt weit auseinander, weiter geht’s fast nicht. Trang ist im Südwesten Thailands, südlich von Krabi, da wollten wir hin. Und Trat … »Wo liegt Trat?«, frage ich die freundliche Thailänderin, die uns aufklärte, wo wir eigentlich hinfuhren, nachdem mein Mann bemerkt hatte, dass irgendwas mit der Himmelsrichtung nicht stimmte. – »Nahe der Grenze zu Kambodscha.« – »Oh.« – »Warum hast du denn nicht aufgepasst? Wie kann man nur so verplant sein!« Mein Mann kennt mich nicht anders, wenn irgendwas schiefläuft. Er hätte sich auch nicht gewundert, wenn ich mit dem Lonely Planet nach ihm geworfen hätte; sein Gleichmut in kleinen und größeren Krisensituationen ist bewundernswert. Doch auf dieser Reise ist alles anders. »Ach was, macht doch nichts, dann fahren wir eben nach Trat. Kann man sich doch mal angucken, vielleicht ist es sehr schön da?«, höre ich mich sagen.

Lonely Beach, Koh Chang – Obdachlos


Trat ist toll. Eine kleine, unbedeutende Provinzstadt mit einem riesigen Nachtmarkt, auf dem man für ein paar Baht die leckersten Dinge essen kann. Und Trat hat noch eine Spezialität: Zauberöl, Yellow Oil, Namman Leuang. Es duftet nach Pfefferminz, Eukalyptus und anderen ätherischen Subs-tanzen und wird nach einem Geheimrezept einer längst verstorbenen...

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